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27.01.05
10:26 Uhr
SSW

Konsequenzen aus Pisa II: Ungeteilte Schule als Fundament für mehr Qualität

Presseinformation Kiel, den 27.01.2005 Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk
TOP 29 Konsequenzen aus PISA II Drs. 15/3933

Es ist schon bemerkenswert, dass uns zu diesem Tagesordnungspunkt ganze drei
Anträge vorliegen. – Wobei es tröstlich ist, dass es zwischen diesen Anträgen auch
Gemeinsamkeiten gibt. Richtig ist, dass sich die Leistungen von deutschen Schülerinnen
und Schülern laut PISA II leicht verbessert haben. – Wenn auch signifikant nur in den
naturwissenschaftlichen und mathematischen Fachbereichen. Woran sich aber nichts
geändert hat, ist die Tatsache, dass der schulische Erfolg von Kindern und Jugendlichen in
keinem anderen OECD-Land so sehr von sozialen Faktoren abhängt wie in Deutschland.
Anders formuliert, müssen wir uns also die Frage stellen, ob es für uns als Gesellschaft
weiterhin hinnehmbar ist, dass sich so viele Kinder nicht mit der Schule identifizieren, in
der sie Tag täglich gezwungen sind, so viele Stunden zu verbringen. Wer dies als soziale
Lyrik abtut, begreift nicht, dass es zu den Hauptaufgaben von Schule gehört, Kinder und
Jugendliche zu Bürgerinnen und Bürgern unserer Gesellschaft zu erziehen.


Vor diesem Hintergrund sagt der SSW ganz klar: Wir brauchen eine Schule, in der das
Kind und nicht die Aufrechterhaltung bestimmter Schulstrukturen im Mittelpunkt stehen.
Leider gewinnt man den Eindruck, dass es in der aktuellen Schuldebatte nicht nur um 2


diese Zielsetzung geht, sondern auch um Verbandsinteressen und die Zementierung
bestehender Machtverhältnisse. Wie sehr bestimmte Lehrer die Kultur des Aussortierens
verinnerlicht haben, ging kürzlich aus einem Leserbrief im Flensburger Tageblatt hervor.
Dort wurde behauptet, dass ein Grundschullehrer oder eine Grundschullehrerin häufig
schon im zweiten Schuljahr wüsste, welche Kinder für die weiterführende beziehungs-
weise für die Hauptschule geeignet sind. Wer so denkt, wird Schule nicht verändern
können. Da wird es auch nichts bringen, einfach mehr Geld oder mehr Lehrerstellen in das
System Schule zu schleusen.


Aus Sicht des SSW geht kein Weg daran vorbei, den Zusammenhang von Inhalt und
Struktur in der Schulpolitik mit einzubeziehen, wenn wir den Herausforderungen des
21.Jahrhunderts gerecht werden wollen. Dass es sich dabei nicht um die nahtlose
Fortsetzung der Bildungsdebatten aus den 70’er Jahren handelt, sollte mittlerweile allen
klar sein. Im Übrigen gehe ich jede Wette ein, dass wir unter allen Umständen in fünf
Jahren eine völlig andere Schullandschaft in Schleswig-Holstein haben werden als heute.
Dafür spricht nicht nur die Entwicklung in den anderen Bundesländern, sondern auch die
vom Landesrechnungshof angestoßene Debatte über die Wirtschaftlichkeit kleiner
Schulen. „Demographischer Wandel“ lautet das Stichwort.


Umso wichtiger wird es sein, dass wir rechtzeitig die Weichen stellen. Ansonsten riskieren
wir, dass wir an einem Bahnsteig stehen, wo kein Zug mehr vorbei kommt. – Dies sei auch
in Richtung bestimmter Lehrerverbände gesagt, die anscheinend nicht begriffen haben,
dass sie ihre Möglichkeit verspielen, die Schule der Zukunft mitzugestalten, wenn sie sich
ausschließlich auf eine Zementierung des Status Quo festlegen.


Um es noch mal deutlich zu machen: Schulstrukturen stellen das Fundament von Schule
dar. In einer ungeteilten Schule, wie vom SSW gefordert, können sich daher alle an Schule
Beteiligten auf das konzentrieren, was letztlich entscheidend ist – nämlich die Frage, wie
wir es schaffen, eine inhaltlich gute Schule zu bekommen. Dass eine PISA-Debatte anders 3


verlaufen kann als bei uns, zeigt das Beispiel unseres nördlichen Nachbarlandes, wo man
natürlich auch nicht mit allen PISA-Ergebnissen zufrieden war. Die Schulstrukturen sind
dort so flexibel, dass man sich ganz auf das konzentrieren kann, worauf es ankommt:
Schule so zu gestalten, dass allen Kindern gleichermaßen die Chance geboten wird,
entsprechend ihren Fähigkeiten gefördert und gefordert zu werden.


Für den SSW steht fest, dass wir den Einstieg in eine neue Schulpolitik nicht auf die lange
Bank schieben können. Ein Einstieg ist die Einführung einer sechs jährigen Grundschule.
– Und wie aus allen drei Anträgen hervor geht, unterstützen auch wir die Forderung nach
einer besseren Verzahnung von Schule und Kindergarten.


Zur Verbesserung der Qualität von Schule gehört sicherlich auch, dass das Thema
Evaluation auf den Prüfstand kommt. Wir wollen keine Tests, die letztlich zu einem
Ranking von Schulen genutzt werden können. Denn diese Art von Testkultur wird nicht zu
einer inhaltlich besseren Schule führen. – Oder anders ausgedrückt: „Vom vielen Wiegen
wird das Schwein auch nicht fetter!“ Es wird nur fett, wenn es gut gefüttert, oft gestreichelt
und Art gerecht gehalten wird.