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06.12.04
10:36 Uhr
Landtag

Arens: Wir wollen der Ostseeparlamentarierkonferenz ein eigenes Profil verleihen

144/2004 Kiel, 6. Dezember 2004 Es gilt das gesprochene Wort!


Arens: Wir wollen der Ostseeparlamentarierkonferenz ein eigenes Profil verleihen
Kiel (SHL) – In seiner Rede auf dem Workshop „Die parlamentarische Dimension der Ostseekooperation – Hintergrund und Zielsetzung“ erklär- te Landtagspräsident Heinz-Werner Arens unter anderem:
„Die Ostseeparlamentarierkonferenzen in Oulu und in Bergen haben in ihren Schlussresolutionen den Ständigen Ausschuss aufgefordert, die Ostseeparlamenta- rierkonferenz als parlamentarische Dimension des Ostseerates weiterzuentwickeln und zu stärken. Der Ständige Ausschuss hat die Aufgabe übernommen, entspre- chende Vorschläge in enger Abstimmung mit den teilnehmenden Parlamenten, mit anderen interparlamentarischen Versammlungen im Ostseeraum und mit dem Ost- seerat zu erarbeiten. Dabei werden auch Fragen zu der Finanzierung der Ostsee- parlamentarierkonferenz Gegenstand der Diskussion sein. Die 14. Ostseeparlamen- tarierkonferenz vom 28. bis 30. August 2005 in Vilnius wird über die ihr vorzulegen- den Vorschläge entscheiden.
Die Diskussion über die Weiterentwicklung der parlamentarischen Dimension der Ostseeparlamentarierkonferenz wurde vom Nordischen Rat angestoßen. Dahinter verbirgt sich die Idee, die Ostseeparlamentarierkonferenz zu einer interparlamenta- rischen Versammlung des Ostseerates aufzuwerten. Wir müssen die Bürger stärker in die Ostseepolitik einbinden und die Zivilgesellschaft stärker an den politischen Entscheidungsprozessen beteiligen. Und wir sind gefordert, dem Bürger die Auswir- kungen einzelner Politiken auf seine konkreten Lebensverhältnisse sichtbar zu ma- chen: Wenn ich an die Schiffssicherheit denke, an das organisierte Verbrechen oder an die Umweltpolitik, dann liegt die praktische Bedeutung der Ostseekooperation für unser aller Lebensqualität auf der Hand. Die Kadettrinne vor den Küsten Mecklen- burg-Vorpommerns, die Schleuserbanden in den Rotlichtvierteln der Hafenstädte oder das sommerliche Badeverbot bei Kolibakterienbefall – das alles hat mit Ost- seepolitik und vor allem mit ihren unmittelbaren lokalen und regionalen Auswirkun- gen zu tun. 2



Diese Probleme kann niemand allein bewältigen, sie sind nur lösbar durch eine ge- meinsame Ostseepolitik, die auf Ursachen und Wirkungen achtet und auch darauf, dass nicht ein Land oder eine Region seine Probleme auf Kosten anderer zu lösen sucht.
Um der Ostseeparlamentarierkonferenz ein eigenes Profil zu verleihen, sollten wir von einer parlamentarischen Selbstbefassung ausgehen und unsere vorrangigen Themen definieren. Vor allem sollten wir klassische parlamentarische Themen be- setzen.
Die finnische Reichstagsabgeordnete Outi Ojala, ehemalige Vorsitzende des Stän- digen Ausschusses, schlägt vor, die Ostseeparlamentarierkonferenz zu einem par- lamentarischen Forum für die Nördliche Dimension weiterzuentwickeln. Lassen Sie uns im Laufe des Workshops diskutieren, ob dieser Vorschlag zweckdienlich ist, um Profil und das Themenspektrum der Ostseeparlamentarierkonferenz zu schärfen. Unser Workshop sieht zwei Themenkomplexe vor, die neben anderen auf der Agen- da der Ostseeparlamentarierkonferenz stehen sollten. Dabei handelt es sich um die Stärkung der Zivilgesellschaft und deren Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen, und um die maritime Zukunft der Ostseeregion.
Wenn es der Ostseeparlamentarierkonferenz gelingt, in diesen und gegebenenfalls weiteren Bereichen politische Zielvorgaben zu machen, Rahmendaten zu benennen und nachhaltige Strategien zu entwickeln, dann ist sie auf dem richtigen Weg, dann wird sie ihre parlamentarische Dimension gegenüber dem Ostseerat stärken und ein adäquater Partner des Ostseerates sein.
Wenn die Ostseeparlamentarierkonferenz konkret umsetzbare und verwertbare Er- gebnisse vorzuweisen hat, dann wird die bislang abstrakte Formel „Weiterentwick- lung der parlamentarischen Dimension“ zu einer berechenbaren und ernst zu neh- menden Größe. Dann erreichen wir einen echten Mehrwert und Zugewinn nicht nur für die Ostseekooperation, sondern für alle daran beteiligten Parlamente – auf der nationalen wie auf der regionalen Ebene.
Die Weiterentwicklung der parlamentarischen Dimension beinhaltet auch den Prü- fungsauftrag, ob sich die Ostseeparlamentarierkonferenz von einer jährlichen Konfe- renz zu einem ständigen Parlamentsforum wandeln sollte. Auf diese Weise wäre sie das ganze Jahr über präsent und könnte sich auch zu aktuellen Entwicklungen zwi- schen den Jahreskonferenzen äußern.
Nördliche Dimension, maritime Zukunft und Stärkung der Zivilgesellschaft sind Themen von ostseeweiter und zugleich europäischer Dimension. Die Nördliche Di- mension, ursprünglich eine finnische Initiative, hat sich zu einer originären EU-Politik entwickelt. Die EU-Kommission hat in Aussicht gestellt, dass sie ein Grünbuch zur maritimen Zukunft vorlegen wird. Das Thema Bürgernähe und Zivilgesellschaft spielt im Zusammenhang mit der EU-Verfassung eine zentrale Rolle. Wäre es nicht folge- richtig, wenn die Schnittmengen zwischen Ostsee- und Europapolitik institutionell durch einen Sitz des Europäischen Parlaments im Ständigen Ausschuss der Ost- seeparlamentarierkonferenz abgebildet würden? 3


Die Liste der Fragen ist lang und ich komme jetzt zu der wohl schwierigsten: der Finanzierung der Ostseeparlamentarierkonferenz. Sie alle wissen, dass der Nordi- sche Rat bisher das mit einer Vollzeitstelle ausgestattete Sekretariat finanziert. Der Gastgeber trägt jeweils die Kosten der Jahreskonferenz. Projektbeiträge werden freiwillig, nach Leistungskraft, Interesse oder gemäß dem Prinzip der Solidarität fi- nanziert. Die Arbeitsgruppe zur Schiffssicherheit unter Federführung von Mecklen- burg-Vorpommern, die BSPC-Homepage, die Vergabe von Studien zur Zivilgesell- schaft, die Kosten für die Teilnahme von Vertretern der Ostseejugendversammlung an den Jahreskonferenzen der BSPC oder die Ostseejugendstiftung sind nur einige Beispiele für die Projektbeiträge, die Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig- Holstein in der Vergangenheit geleistet haben.
Es ist kein Geheimnis, dass die Bereitschaft der Teilnehmer, finanziell zu den Aktivitäten der Ostseeparlamentarierkonferenz beizutragen, sehr unterschied- lich ausgeprägt ist. Zudem hat der Nordische Rat signalisiert, dass er eine ge- meinschaftliche Finanzierung des Sekretariates anstrebt. Wenn sich die BSPC dann auch noch im Rahmen der Weiterentwicklung der parlamentarischen Di- mension zu einer weitergehenden Institutionalisierung entschließen sollte, müssen wir in der Tat ernsthaft die Finanzierungsfrage diskutieren. Mitglieds- beiträge wären eine Möglichkeit. Aber wie sollten diese bemessen werden? Sollten die autonomen Regionen und im Einzelfall auch bestimmte andere De- legationen analog der Regelung des Nordischen Rates von Beitragszahlungen ausgenommen werden? Was geschieht, wenn eine Delegation den Beitrags- zahlungen nicht nachkommt? Ich habe keine Antwort auf diese Fragen, aber ich hoffe, dass wir am Ende des heutigen Tages Lösungsvorschläge präsentie- ren können.