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12.11.04
10:42 Uhr
CDU

Martin Kayenburg: Simonis, die Ahnungslose aus dem Nor-den!

Nr. 534/04 12. November 2004


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

2. Parlamentarischer Untersuchungsausschuss TOP 48 Martin Kayenburg: Simonis, die Ahnungslose aus dem Norden! Anfang des Jahres 2002 leitete die Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Staatssekretär im Finanzministerium Dr. Lohmann ein strafrechtliches Ermittlungs- verfahren wegen des Verdachts der Korruption und anderer Delikte ein. Nahezu zeit- gleich begann die Staatsanwaltschaft, gegen Dr. Pröhl, den damaligen EXPO- Beauftragten der Landesregierung, zu ermitteln. Auch diese Ermittlungen wurden unter anderem wegen des Verdachts der Korruption eingeleitet.
Herr Dr. Lohmann hat zwischenzeitlich einen Strafbefehl akzeptiert. Gegen Dr. Pröhl ist wegen verschiedener Straftaten Anklage erhoben worden.
Diese strafrechtlichen Ermittlungsverfahren haben für uns elementare Fragen aufge- worfen, und zwar:
Wie ist eine Landesregierung organisiert, wenn in ihrem innersten Bereich derart schwere Verfehlungen begangen werden können?
Wie konnte es dazu kommen, dass die Landesregierung nicht frühzeitig einge- schritten ist?
und
Was will die Landesregierung unternehmen, um derartige Verfehlungen zukünftig zu unterbinden?
Diese Fragen zu stellen und zu klären, ist die verfassungsmäßige Pflicht der Opposi- tion.
Zur Klärung dieser Fragen gibt die Verfassung der Opposition ein wichtiges Hilfsmit- tel an die Hand: Sie ist nach Artikel 18 der Landesverfassung berechtigt, und war in diesem Fall auch verpflichtet, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen.
Die CDU-Fraktion hat deshalb im April 2002 den Antrag gestellt, einen Untersu- chungsausschuss einzusetzen. Der Landtag ist diesem Antrag einstimmig gefolgt. Wer aufgrund des einstimmigen Votums des Landtages davon ausging, dass sich auch die Regierung um die Aufklärung der Sachverhalte bemühen würde, der wurde bitter enttäuscht.
Von den großen Ankündigungen der Landesregierung bei der Einsetzung des PUA ist nichts übrig geblieben. Stets dann, wenn sich der Ausschuss zentralen Fragen näherte, verweigerte die Landesregierung dem Ausschuss die notwendigen Informa- tionen.
Zum Beispiel wurde den Obleuten die Vorlage von Terminkalendern zunächst schrift- lich von der Chefin der Staatskanzlei zugesagt. Später wurde diese Zusage still und heimlich wieder einkassiert. Ein Gerichtsverfahren wurde damit provoziert und un- ausweichlich.
Wer ein reines Gewissen hat, hat es doch nicht nötig, solche Verschleierungstaktiken anzuwenden.
Wenden wir uns nun den Ergebnissen der Untersuchung zu.
Die Landesregierung hat sich bislang nicht dazu durchringen können, auch nur einen einzigen Fehler einzugestehen. Die SPD-Fraktion hat immerhin einen Fehler ausgemacht: Ein Antrag von Dr. Pröhl sei nicht schnell genug bearbeitet worden.
So leicht können es sich die Landesregierung und die SPD-Fraktion nun wirklich nicht machen.
Wer die Auffassung vertritt, es gehe hier nur um die - natürlich viel zu lange - Bear- beitungszeit von Anträgen, will nicht einsehen, dass die Arbeit der Landesregierung in ihren Strukturen fehlerhaft war und immer noch ist. Wer jetzt die begangenen Fehler nicht einräumt und sich nicht bemüht, diese zukünf- tig zu verhindern, kann oder will aus den gravierenden Vorgängen nichts, aber auch rein gar nichts lernen.
Die elementare Bedeutung des Vergaberechts wird von der Landesregierung nach wie vor unterschätzt. Das Vergaberecht schützt das Vermögen der öffentlichen Haushalte. Es ist zwingendes Recht und deshalb zwingend zu beachten.
Bei der Beschaffung neuer Soft- und Hardware für die Mittelbewirtschaftung und Kos- tenrechnung ging es schließlich um zig Millionen DM. Alleine die Bewertung der vor- handenen Softwareprodukte hat 300.000 DM gekostet.
Ausgerechnet bei diesem wichtigen Verfahren, ausgerechnet vom Ministerium für Finanzen und Energie, und ausgerechnet unter dem damaligen Minister Möller und heutigem Landes- vorsitzenden der SPD
wurde das Vergaberecht nicht nur unverantwortbar verletzt, es wurde sogar massiv gebrochen. Deshalb kann auch im Nachhinein nicht mehr eindeutig festgestellt werden, wie das Produkt von SAP als Schlusslicht in der Ursprungsbewertung plötzlich die Nummer 1 werden konnte.
Die Verantwortung für die Verletzungen des Vergaberechts kann nicht nur den da- maligen Sachbearbeitern zugeschoben werden. Sie hatten nämlich nur eine ganz kurze und oberflächliche Einweisung in das Vergaberecht erhalten.
Es ist das Verschulden des damaligen Ministers Möller, dass er Sachbearbeiter für die Durchführung dieses Verfahrens eingesetzt hat, von denen er wissen musste, dass sie die notwendigen Qualifikationen für dieses Vergabeverfahren nicht besa- ßen.
Dafür hatte der damalige Staatssekretär Dr. Lohmann die besondere Qualifikation, direkt nach seiner aktiven Laufbahn zu SAP zu wechseln und - so die Feststellung der Staatsanwaltschaft - für das Halten von Kontakten in das Finanzministerium die schier unglaubliche Summe von rund 385.000 DM zu erhalten.
Interessant ist zum einen, dass die Landesregierung nach wie vor jeden Zusammen- hang der Zahlungen von SAP an Dr. Lohmann mit seiner früheren Tätigkeit bestrei- tet.
Interessant ist zum anderen, dass ein Unternehmen 385.000 DM zahlen muss, damit der Kontakt zu den Ministerien erhalten bleibt.
Wenn allerdings bezahlte Türöffner notwendig sind, um den Kontakt zu den Ministe- rien zu halten, ist dies natürlich auch eine Form der Wirtschafts- und Finanzpolitik! Ein Schelm, der Arges dabei denkt!
Nach dem gleichen Muster wurde es Dr. Pröhl ermöglicht, sich für seine privaten In- teressen im Rahmen der geplanten Veräußerung des Kieler Schlosses einzusetzen. Jeder aus der Regierung und Verwaltung, den der Ausschuss vernommen hat, wuss- te, dass Dr. Pröhl in die private Wirtschaft wechseln wollte. Jeder? Nein, einsam in der Staatskanzlei und weit weg vom Geschehen will nur die Ministerpräsidentin davon nichts mitbekommen haben.
Wie hätte sie es auch erfahren sollen? Dr. Pröhl war schließlich so unbedeutend, dass er zusammen mit dem Chef der Staatskanzlei Ausritte wagte und zusammen mit der Ministerpräsidentin an ihrem Geburtstag auf Staatskosten in kleinem Kreise speisen durfte.
Dementsprechend "plausibel" haben Sie, Frau Simonis, sich dann ja auch zu den Vorgängen geäußert.
Manchmal frage ich mich wirklich, ob das Land nicht ein Wörterbuch "Simonis- Deutsch/Deutsch-Simonis" benötigt.
Wenn Sie sagen: Das Wikingerschiff wird an die Stadt Kappeln verkauft. Ich habe es an diesem Abend entschieden
bedeutet das im Ergebnis eigentlich: Das Wikingerschiff wurde Jahre später an die Stadt Kappeln verkauft. Trotzdem war es wichtig, dass wir uns an diesem Abend einmal darüber unterhalten haben.
Wenn Sie sagen: „Ich habe den Grund genannt gekriegt, dass es im Gesundheitsinitiativenbereich Är- ger geben würde“, wenn die Nebentätigkeit von Dr. Pröhl nicht untersagt wird
dann meinen Ihre Mitarbeiter damit eigentlich:
Achtung, es gibt Ärger beim Kieler Schloss. Von der Gesundheitsinitiative war nie die Rede.
Wenn Sie sagen:
Ich erzähle aus Kabinettssitzungen normalerweise nicht, dennoch mache ich es an dieser Stelle ganz gerne.
dann heißt das eigentlich: Ich habe an dieser Kabinettssitzung gar nicht teilgenommen und natürlich auch das Protokoll nicht gelesen.
Zufällig wird von Ihren sprachlichen Irrläufern auch die Person betroffen, die Ihnen als einzige widerspricht:
Wenn Sie sagen, Dr. Pröhl habe sich zu Unrecht eine Urlaubsreise nach Qatar von der EXPO bezah- len lassen
dann meinen Sie damit eigentlich:
Dr. Pröhl ist aus dienstlichen Gründen nach Palästina gereist und die Kostenrege- lung sei schon in Ordnung gewesen.
Da verwundert es dann auch nicht mehr, wenn Sie über Monate die Berichterstattung über das Kieler Schloss weder in Ihrer morgendlichen Zeitung und erst recht natürlich nicht im Pressespiegel der Landesregierung verfolgen.
Bei so vielen Millionenprojekten der Landesregierung in Ihrer Wahlkreisstadt Kiel kann der Überblick schon mal verloren gehen.
Nun aber noch einmal ohne Ironie.
Es widerspricht zwar jeder Lebenserfahrung, dass ein interessierter Zeitungsleser Ereignisse von einer derartigen Dimension nicht wahrnimmt, - aber sei es drum, bei Ihnen war das offenbar anders.
Es widerspricht jeder politischen Erfahrung, dass ein Abgeordneter der Stadt Kiel Vorgänge in seiner Stadt nicht zur Kenntnis nimmt oder bekommt, - aber sei es drum, Sie haben offenbar kein besonderes Interesse an Ihrem Wahl- kreis.
Es widerspricht zwar jeder verantwortlichen Regierungsausübung, Protokolle von Kabinettssitzungen nicht zu lesen - insbesondere von solchen, an denen man nicht teilgenommen hat - - aber sei es drum, morgen beginnen Ihre letzten 100 Tage in Regierungsverant- wortung.
Seltsam bleibt es aber auch, dass ausgerechnet bei den Verhandlungen, mit denen Dr. Pröhl seine Zukunft in der Privatwirtschaft sichern wollte,
andere Bieter belogen und aus dem Verfahren ausgeschlossen wurden, andere Bieter aufgefordert wurden, erst gar kein Angebot abzugeben, wichtige Unterlagen vernichtet wurden, und der privaten Gesellschaft von Dr. Pröhl der Zuschlag erteilt wurde, noch bevor über den Preis verhandelt wurde.
Aber um auf den Anfang zurückzukommen: Nach Ansicht der Landesregierung wur- den ja überhaupt keine Fehler gemacht. Fragt sich nur, weshalb der damalige Chef der Staatskanzlei zurückgetreten ist? Als er zurücktrat, waren diese ganzen Fehler nämlich noch gar nicht bekannt. Wer trägt eigentlich für diese Fehler die Verantwortung?
Zukünftig wird eine Landesregierung sich anders organisieren und ein wirksames Controlling einführen müssen:
Wir werden bei allen Verantwortlichen Sensibilität dafür wecken, dass Mitarbeiter, die den Absprung in die private Wirtschaft suchen, auch an ihre eigenen und nicht nur an die Landesinteressen denken könnten. Die Durchlässigkeit zwischen öffentlichem Dienst und privater Wirtschaft begrü- ßen wir uneingeschränkt. Nur muss den wechselwilligen Landesbediensteten ver- wehrt werden, sich auf Kosten des Landes während der Dienstzeit für ihre priva- ten Interessen einzusetzen.
Zukünftig wird ein größeres Augenmerk auf die rechtssichere Anwendung des Vergaberechts gelegt werden müssen. Die korrekte Anwendung des Vergabe- rechts ist nicht einfach. Die Mitarbeiter müssen geschult werden. Vergabeverfah- ren dürfen nur qualifizierten Mitarbeitern anvertraut werden.
Die Kommunikation zwischen Staatskanzlei und den einzelnen Ministerien werden wir institutionell verbessern. Nur so wird verhindert, dass Landesbedienstete für eigene Zwecke Informationsdefizite zu ihren Gunsten nutzen können.
Die Willensbildung der Landesregierung und der Verwaltung muss zukünftig - nicht nur im Rahmen eines Vergabeverfahrens durch den Vergabevermerk - nachvollziehbar dokumentiert werden. Diese Pflicht besteht zwar ohnehin schon. Es wurde innerhalb der Regierung nur ständig dagegen verstoßen. Wenn in die- sen Fällen dann noch der Verdacht der Korruption hinzukommt, muss man über- prüfen, ob die Lücken in der Dokumentation absichtlich geschaffen wurden.
Und schließlich, Frau Simonis, schadet ein gelegentlicher Blick in die Zeitung oder den Pressespiegel der Landesregierung auch einer Ministerpräsidentin nicht. Sie ha- ben in Ihrer jetzigen Funktion noch 100 Tage Zeit dazu.