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22.10.04
15:38 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki: "Wir brauchen eine Schwachstellenanalyse der be stehenden Sicherheitssysteme statt gesetzgeberischen Aktionismus"

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Sperrfrist: Redebeginn Dr. Heiner Garg, MdL Stellvertretender Vorsitzender Es gilt das gesprochen Wort! Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Nr. 343/2004 Christel Aschmoneit-Lücke, MdL Joachim Behm , MdL Kiel, Freitag, 22. Oktober 2004 Günther Hildebrand, MdL Veronika Kolb, MdL Innenpolitik/ Fachtagung Polizei
Wolfgang Kubicki: „Wir brauchen eine Schwach-



www.fdp-sh.de stellenanalyse der bestehenden Sicherheitssysteme statt gesetzgeberischen Aktionismus“ Zur „Fachtagung Polizei“ im Kieler Landtag erklärte der Vorsitzende der FDP- Fraktion, Wolfgang Kubicki:
„Der Schutz vor Kriminalität und terroristischen Anschlägen ist Teil der staatlichen Verantwortung. Zwar kennt unsere Verfassung im Gegensatz zur Grundrechte Charta der Europäischen Union ein explizit geregeltes Grundrecht auf Sicherheit nicht, dennoch ergibt sich aus dem Gesamtsinn der Verfassung eine Pflicht des Staates, für die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu sorgen. Grundlage hierfür sind das Rechtsstaatsprinzip und das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.
Die Polizei ist die in den Ländern zuständige Behörde zur Abwehr von Gefahren für die o.a. Rechtsgüter.
Über die Jahrzehnte hinweg hat sich das Aufgabenspektrum der Polizei erheblich verändert. Insbesondere die letzten anderthalb Jahrzehnte haben durch die Öffnung der Grenzen innerhalb Europas aber auch durch die globale Ausbreitung des Terrors die Ansprüche an die Polizei entscheidend verändert.
Die Aufgaben der Polizei sind dabei quantitativ gewachsen, sie sind aber auch qualitativ vielfältiger geworden.
Durch die Verschlechterung der Konjunktur und die damit einhergehenden Einnahmeausfälle der öffentlichen Haushalte, ist der Druck auf den Öffentlichen Dienst und damit auch auf die Polizei von einer anderen Seite erhöht worden.
So sind bundesweit in den letzten fünf Jahren über 7000 Stellen bei der Polizei weggefallen.
Wie geht es nun weiter? Wie muss eine zukünftige Polizei aussehen, die ihre durch den Gesetzgeber auferlegten Aufgaben bewältigen kann und den Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 1 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 Schutzauftrag gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern auch wahrnehmen kann?
Ist es so, dass wir bundesweit eine neue Sicherheitsarchitektur im Sinne neuer bzw. durch neue bundesweite Kompetenzen ausgestattete Zentralbehörden brauchen oder ist hingegen eine bessere Kommunikation beispielsweise durch optimierten Informationsaustausch notwendig?
Welche Aufgaben soll und kann die Polizei zur Zeit überhaupt noch wahrnehmen? Werden wir in Zukunft damit rechnen müssen, dass vermehrt Aufgaben durch Privatunternehmen erledigt werden müssen?
Wie wird die neue Polizeistruktur in Schleswig-Holstein aussehen? Wie werden wir es schaffen möglichst viele Polizeibeamte für den operativen Dienst einzusetzen, ohne dass Qualitätseinbußen in der Führung des Personals auftreten und gleichzeitig die neue Struktur die Zusammenarbeit mit den kommunalen Ordnungsbehörden und den Staatsanwaltschaften sicherstellt?
Ich fange mit der Beantwortung der letzten Frage an, weil diese mit der Beschlussfassung des Innen- und Rechtsausschusses über eine neues Polizeiorganisationsgesetz (POG) quasi beantwortet wurde. Es ist bedauerlich, dass bereits am Mittwoch die Schlussabstimmung des Ausschusses über das POG stattgefunden hat. Zumal gerade diese Reform auch ein wichtiger Baustein für die Frage der Perspektiven der Landespolizei in Schleswig-Holstein gewesen wäre.
Die neue Polizeistruktur im Land wird nun wie folgt aussehen: Es wird das sogenannte 8+1 Modell umgesetzt, welches aus einem Landespolizeiamt und acht Polizeidirektionen bestehen wird.
Wir hätten uns gewünscht, dass insbesondere noch weiter erläutert worden wäre, wie das Innenministerium zu der Auffassung gelangt ist, dass durch das 13+1 Modell 50 Stellen im operativen Dienst verloren gehen. Wir teilen auch nicht die Einschätzung, des Innenministeriums, dass es durch die Zusammenlegung der Behörden Segeberg und Elmshorn nicht zu den oben dargestellten Reibungsverlusten zwischen Polizei, Staatsanwaltschaften und Ordnungsbehörden kommen wird. Wir hätten uns noch mehr Beratungszeit gewünscht. Diese steht nun nicht mehr zur Verfügung. Mit den nunmehr wohl feststehenden Fakten werden wir leben müssen.
Was die Polizei in Zukunft nötiger brauchen wird denn je ist die Planungssicherheit im Personalhaushalt. Diese ist zur Zeit nicht gegeben. Der Personalhaushalt der Polizei weist zur Zeit ca. 280 Millionen Euro aus. Er ist allerdings mit einer Einsparvorgabe des Finanzministers von einem Prozent und einer weiteren Tarifsteigerung in Höhe von einem weiteren Prozent vorbelastet. Macht 5,6 Millionen Euro, die noch für 2004 aus dem Personalhaushalt erwirtschaftet werden sollen. Der Gegenwert beträgt ca. 120 Stellen A9.
Für 2005 sieht dies dann noch finsterer aus. dann liegt die Einsparvorgabe bei 2,5 Prozent bei Tarifsteigerungen von einem Prozent. Macht im Gegenwert 146 Stellen A9. Auch am Mittwoch konnte der Innenminister dem Innen- und Rechtsausschuss noch keine Auskunft darüber geben, wie diese Einsparungen erwirtschaftet werden sollen. Er verwies auf eine anstehende Pressekonferenz am nächsten Dienstag. Ich Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 2 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 denke, es muss bei der Aufstellung zu Haushaltsplänen die Finanzierung der Stellen im Personalhaushalt sichergestellt sein. Entweder man bringt die nicht finanzierbaren Stellen nicht aus oder man stellt die dazu notwendigen Mittel bereit.
Kommen wir zum Thema zweigeteilte Laufbahn. Wir als FDP wollen, dass bei der Landespolizei in Schleswig-Holstein die zweigeteilte Laufbahn schnellstmöglich umgesetzt wird. Wir werden uns weiter dafür stark machen, dass hoheitliche polizeiliche Aufgaben nicht an private Sicherheitsdienste übertragen werden.
Wir glauben, dass sich die föderale Polizeistruktur bewährt hat. Das hat zum einen historische Gründe.
Die prinzipielle Zuständigkeit der Länder für die staatliche Exekutive – und somit auch für die Polizei – ist Ausdruck der Machtbalance, die das Grundgesetz in bewusster Abkehr vom Zentralstaat nationalsozialistischer Prägung vorgegeben hat. Das sollten wir bei allen Diskussionen nicht vergessen.
Die föderale Polizeistruktur ist aber gleichwohl auch als Verpflichtung zur positiven Zusammenarbeit der Länder zu verstehen. Sie soll nicht als Vorwand für Kleinstaaterei dienen.
Ein besserer Informationsaustausch der Polizeibehörden der Länder und des Bundes ist möglich, ohne, dass es zentrale Strukturen geben muss. Bestehende Strukturen müssen weiter optimiert werden. Erst wenn wirklich der Nachweis erbracht ist, dass es bei den bestehenden Strukturen Sicherheitslücken gibt, sollte man über Zentralisierungen nachdenken.
Allerdings muss aus unserer Sicht eine möglichst einheitliche Ausstattung der Polizeien der Länder sichergestellt werden. Ich spreche hier nicht in erster Linie die Farbe der Uniformen an, auch sie ist wichtig im Hinblick auf den Wiedererkennungswert von Polizeibeamten in den verschiedenen Bundesländern. Die Bürgerinnen und Bürger wollen schließlich wissen, ob bzw. wann sie es mit der Polizei zu tun haben.
Entscheidender ist diese Frage beispielsweise bei den Standards im Funksystem – Stichwort Digitalfunk. Es ist schwer hinnehmbar und aus unserer Sicht unverständlich, wenn nun durch das Scheitern der bundesweiten Einführung des Digitalfunks zur Fußballweltmeisterschaft einzelne Länder mit der Einführung von digitalem Funk vorpreschen und andere Länder nicht folgen. Die Gefahr, dass dann nicht kompatible Systeme in den verschiedenen Ländern vorgehalten werden, ist zumindest gegeben.
Es fällt auch auf, dass die Innenministerkonferenz sich in der Vergangenheit aus unserer Sicht zu wenig mit den Polizeigesetzen der Länder beschäftigt hat. Die Unterschiede in den Eingriffskompetenzen der Polizeien der Länder sind insbesondere nach den Vorfällen des 11. September 2001 immer größer geworden.
Für die FDP ist dies eine besorgniserregende Entwicklung. Zum einen ist es für die Beamtinnen und Beamten der verschiedenen Länderpolizeien schwer verständlich, warum beispielsweise in Hamburg regelmäßig Brechmitteleinsatz gegen vermeintliche Drogenkuriere Teil einer polizeilichen Maßnahme sein kann, der Einsatz in Schleswig-Holstein aber so nicht erlaubt ist. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 3 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 4
Zum anderen muss aus unserer Sicht den Bürgerinnen und Bürgern, egal in welchem Bundesland sie sich aufhalten, erkennbar sein, wann und wie sie durch eine polizeiliche Maßnahme betroffen sein können.
Hier muss die Innenministerkonferenz stärker koordinierend tätig werden.
Ein Einsatz der Bundeswehr im Innern, wie er teilweise gefordert wird, kann kein richtiger Beitrag für eine Sicherheitsarchitektur in Deutschland sein. Man betrachte nur die verschiedenen Ausbildungen. Ein Soldat der Bundeswehr verfügt nicht über die Ausbildung, um in Krisensituationen die richtige polizeirechtliche Maßnahme zu treffen.
Die ständige Erweiterung der Eingriffsmöglichkeiten für polizeiliche Ermittlungen durch den Landes- oder Bundesgesetzgeber ist aus unserer Sicht nicht der richtige Weg für eine bessere Kriminalitäts- oder gar Terrorbekämpfung.
So hat sich das Instrument der Rasterfahndung zur Suche nach Terrorverdächtigen aus unserer Sicht nicht bewährt, ebensowenig die von vielen Seiten vorgeschlagene Kronzeugenregelung. Darüber hinaus ist sie aus rechtlicher Sicht höchst problematisch. Wir dürfen bei aller vermeintlicher Euphorie für dieses Mittel, die zumindest bei mir nicht vorherrscht, nicht vergessen, dass die Kronzeugenregelung das Rechtsstaatsprinzip in strafprozessualer Hinsicht massiv infrage stellt und eine Durchbrechung des Legalitätsprinzips darstellt.
All das müssen wir berücksichtigen, wenn wir ständig neue Befugnisse zur Kriminalitätsbekämpfung verlangen.
Jeder von uns kann auch Betroffene bzw. Betroffener einer solchen Maßnahme sein. Im übrigen haben mir meine Gespräche mit Beamtinnen und Beamten der Polizei immer wieder gezeigt, dass wesentlich mehr Wert auf eine gute Sach- und Personalausstattung gelegt wird.
Ich kann Ihnen aus Sicht der FDP heute noch kein Patentrezept für eine künftige Sicherheitsarchitektur anbieten. Was wir hierfür brauchen ist zunächst eine Schwachstellenanalyse des bestehenden Sicherheitssystems. Diese liegt bisher nicht vor. Vor gesetzgeberischem Aktionismus ist aber erst einmal geboten, eine solche Analyse vorzunehmen.
In den liberalen Fraktionen der Bundesländer und auch in der FDP- Bundestagsfraktion ist die Antwort auf die Frage nach der künftigen Sicherheitsarchitektur drängend. Sie bedarf einer baldigen Antwort.
Veranstaltungen wie heute, tragen mit Sicherheit dazu bei, vernünftige Lösungsansätze zu entwickeln.
Ich freue mich auf die Beiträge unseres hochkarätigen Podiums, auf die anschließende Diskussion mit Ihnen, unseren Gästen und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.“



Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 4 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/