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24.09.04
15:25 Uhr
SPD

Ulrike Rodust zu TOP 31: Ostseeraum als Region der sozialen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 24.09.2004 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 31 – Ostseebericht

Ulrike Rodust:

Ostseeraum als Region der sozialen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit

Die Ostseezusammenarbeit ist für uns nie als alleiniges Aktionsfeld der Regierungen der Anrainerstaaten denkbar gewesen. Es kommt Heinz-Werner Arens das große Ver- dienst zu, über unser Land hinaus das Selbstbewusstsein der Ostseeparlamentarier als unverzichtbare und eigenständige Kraft in der Fortentwicklung der Ostseezusam- menarbeit gestärkt zu haben. Er hat das Projekt der Parlamentarischen Dimension, ei- gener parlamentarischer Gestaltung der Großregion Ostsee vorangebracht. Dafür schulden wir ihm Dank. Diese Rolle der Parlamente ist nicht in allen zugehörigen Staaten selbstverständlich. Das war auch in Bergen spürbar. Bedenklich ist aus meiner Sicht, dass es nicht gelun- gen ist, weitergehende Vorstellungen zur Verstetigung der Arbeit der Ostseeparlamen- tarierkonferenz zu verankern. Dies bleibt zwingend notwendig und muss nun vom Standing Committee zur Zusammenkunft im nächsten Jahr versucht werden.

Gleichwohl bleibt es wichtig, bestimmte Themen auch jetzt schon auf die Tagesord- nung zu setzen und gemeinsam zu diskutieren, auch wenn nicht immer und nicht gleich eine gemeinsame Position daraus erwächst. Das gilt für die Einsetzung eines Beauftragten für Minderheiten und die demokratische Entwicklung. Das gilt auch für das Thema „Zukunft Meer“, Eine Initiative der Ministerpräsidentin. Vielen Dank dafür.


Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Wir haben damit ein zukunftsfähiges Beispiel für „nachhaltige Politik“. Schleswig - Holstein als Ganzes hat schon aufgrund seiner Geografie ein besonders enges Ver- hältnis zu den Meeren, zu Flüssen und Seen. Daher ist es kein Wunder, dass sich in Schleswig-Holstein auch eine sehr starke maritime Wirtschaft entwickelt hat. Dies be- trifft zum einen den traditionell starken Bereich des Schiffbaus und die Zuliefer- Industrie. Zum anderen wächst unsere Maritime Wirtschaft durch neue Technologien.

In Schleswig-Holstein ist mit dem Kompetenznetz Meerestechnik das erste Kompe- tenznetz im Innovationsfeld Maritime Technologien entstanden. Durch unsere Institute und Forschungseinrichtungen haben wir das entsprechende Know-how und werden nicht nur im Ostseeraum als Experten anerkannt. Diese Leistungsfähigkeit wurde ges- tern Abend deutlich und wird eindrucksvoll in der Ausstellung hier im Haus dargestellt.

Gerade im Ostseeraum gibt es – vor allem durch die neuen EU-Beitrittskandidaten und Russland – sehr große Potenziale für neue Kooperationen. Wie groß die Potenziale sind, zeigt schon ein Blick in die Vergangenheit der Hanse. Ich bin fest davon über- zeugt, dass sich der Wirtschaftsraum Ostsee auch in Zukunft zu einem Zugpferd der technologischen und ökonomischen Entwicklung in Europa entwickeln wird!

An diesen Beispielen erkennen Sie, wir haben in unserem kleinen aber feinen Land viel zu bieten. Ostseekooperation heißt für mich auch zu gucken, was machen die Nachbarn gut, was sollte übernommen werden oder aber was läuft nicht so gut und welche Fehler sollten wir vermeiden. Die neue OECD-Studie hat gezeigt, wir können sehr viel von unseren Nachbarn, zum Beispiel Finnland, lernen. Das hat auch die De- batte am Mittwoch hier im Haus gezeigt.

Die Ostseekooperation lebt von der praktischen Zusammenarbeit rund um die Ostsee. Die Landesregierung hat in den vergangen zehn Jahren erfolgreich ein gut funktionie- rendes Netzwerk von Partnerschaften im Ostseeraum aufgebaut und somit die ent- -3-



sprechenden Voraussetzungen geschaffen. Dafür gilt unser besonderer Dank der Mi- nisterpräsidentin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Die 60 Millionen Menschen, die rings um die Ostsee zu Hause sind, erleben in diesem Jahr eine neue Dimension ihrer Identität: Sie sind, bis auf Russland, Bürger der Euro- päischen Union und damit Mitglieder einer Völkerfamilie, wie es sie auf dem alten Kon- tinent noch nie gegeben hat. Die EU ist beispiellos in der Geschichte, es gibt keine Vorbilder. Das ist sicher auch der Grund, warum sich manche so schwer tun, die Ge- meinschaft anzunehmen. Andere Auffassungen anzuhören, sie zu tolerieren und letzt- lich auch zu akzeptieren, bedeutet ein Stück eigener staatlicher Souveränität ab- zugeben. Sich gegenseitig kennen und schätzen lernen, ist daher eine wichtige Grund- lage, die auch die Landesregierung in ihrem Ostsee-Bericht formuliert hat.

Aber wir werden die Zukunft verlieren, wenn wir nicht die nachwachsende Generation in diesen Prozess mit einbeziehen. Wir beklagen, – leider oft zu recht –, das gesell- schaftliche Desinteresse von jungen Menschen und die Fokussierung auf die persönli- chen Interessen. Dass es auch anders sein kann, beweist die Aktion „Schüler helfen Leben“.

Wenn wir aber fordern, dass die jungen Menschen rund um die Ostsee miteinander in Kontakt kommen sollen, dann müssen dieser Forderung auch Taten folgen. Der Schleswig- Holsteinische Landtag ist sich darin einig, dass die „Ostsee- Jugendstif- tung“ dazu ein geeignetes Instrument ist.

Junge Menschen finden es immer spannend und aufregend mit Jugendlichen aus an- deren Ländern zusammen zu kommen, Erfahrungen auszutauschen und festzustellen, dass eine Menge von gemeinsamen Interessen vorhanden ist. Aber auch zu erfahren, dass es andere Traditionen und Gewohnheiten gibt. Dies führt dazu, dass man einan- der vertraut, denn nur das Unbekannte schürt Misstrauen und Ängste. -4-



Am Anfang dieser Woche haben einige von uns mit unseren Freunden aus Mecklen- burg-Vorpommern, den Wojewodschaften Pommern und Westpommern eine Resoluti- on verabschiedet, die uns verpflichtet, Struktur-, Tourismus- und Jugendpolitik für die- se vier Regionen an der Ostssee so zu organisieren, dass wir alle einen Mehrwert er- halten. Wir haben drei Tage gemeinsam gearbeitet, Erfahrungen ausgetauscht, aber auch gefeiert. Das Spannende daran war, wir Politiker waren nicht unter uns, sondern wurden begleitet von Jugendlichen aus allen vier Regionen. Dies waren drei Tage ge- lebte Ostseepolitik.

Die Akzeptanz, die Nachbarn in ihrem Anders-Sein anzunehmen und sie zu tolerieren, ist ein Grundpfeiler für das friedliche Zusammenleben von Völkern. Je mehr ich über meinen Nachbarn weiß, desto einfacher ist es, mit ihm zusammen zu arbeiten, Prob- leme gemeinsam zu lösen und gemeinsame Entwicklungschancen zu erkennen.

Was wir über die genannten Ziele und Kooperationen hinaus brauchen, was wir uns wünschen sollten, ist die Ostsee als Region der Gerechtigkeit. Ich meine damit nicht so sehr die Rechtsgrundlagen im Sinne der Rechtsprechung sondern vielmehr Rege- lungen für soziale Gerechtigkeit, für wirtschaftliche Gerechtigkeit und für demokrati- sche Gerechtigkeit. Letztere ist, was die formalen Voraussetzungen betrifft, durch freie Wahlen weitestgehend erfüllt. Aber mir geht es um den demokratischen Umgang z.B. mit Minderheiten, um die Beteiligungsmöglichkeit aller Volksgruppen und Schichten und um Transparenz von Entscheidungen.

Die soziale Gerechtigkeit wird am schwersten zu erringen sein. Aber wenn ein friedli- ches Miteinander langfristig von Dauer sein soll, dann darf kein zu großes Gefälle zwi- schen den Staaten herrschen und auch innerhalb der Staaten nicht zwischen den Ge- nerationen. Nur wenn die EU mit all ihren Einrichtungen von den Menschen als ge- -5-



recht empfunden wird und sie sich sicher fühlen, wird es ein zukunftsfähiges Europa geben.

Ich freue mich, dass die Landesregierung und wir Parlamentarier in Sachen Ostseeko- operation durch neue Ideen und Aktivitäten der Motor im Ostseeraum sind.

Der Bericht gibt eine Menge von Anregungen und Diskussionsstoff. Und: Es ist nicht nur eine Diskussion, die die Europapolitiker der Fraktionen führen sollten. Alle Mitglie- der dieses hohen Hauses sind aufgefordert, mitzumachen und sich auch einzumi- schen. Darum bitte ich. Das belebt die Diskussion und bringt die Sache voran.