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24.09.04
15:21 Uhr
CDU

Manfred Ritzek: Ostseeaktivitäten müssen Kernkompetenzen von Schleswig-Holstein werden

Nr. 481/04 24. September 2004


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Europapolitik TOP 31 Manfred Ritzek: Ostseeaktivitäten müssen Kernkompetenzen von Schleswig-Holstein werden Zwei Seiten „Konferenz-Resolution“ und 181 Seiten „Bericht über Ostseeaktivitäten der Landesregierung 2003/ 2004“ sollen sicherlich generell kein Hinweis auf die Be- deutung oder den Erfolg dieser beiden Aktivitäten sein. Aber in großen Teilbereichen stimmt das diesmal.
Zum ersten Thema, die 13. Ostseeparlamentarierkonferenz in Bergen vom 29. bis 31. August:
Wenn man persönlich an solch einer Konferenz teilnimmt, stellt sich das Bild über Erfolg oder Nichterfolg, über Ergebnisse oder Nichtergebnisse sicherlich anders da als wenn man nur Zuschauer aus der Ferne ist, wie ich es diesmal war. Dann be- schafft man sich Material über diese Konferenz, spricht mit Teilnehmern, sucht nach Pressemitteilungen.
Nicht jede Konferenz der gleichen Organisation, in diesem Fall die BSPC, kann gleich erfolgreich sein. Diese 13. Ostseeparlamentarierkonferenz in Bergen war si- cherlich eine der am wenigsten erfolgreichen, was konkrete Ergebnisse betrifft.
Unser in der letzten Landtagsdebatte gemeinsam formulierter Antrag an die Ostsee- parlamentarierkonferenz zur Ernennung eines Beauftragten für demokratische Fra- gen und Minderheiten verschwand chancenlos im Papierkorb der BSPC. Bedauern wir das.
Bedenklicher ist schon, wenn Jörgen Kosmo, Präsident des Norwegischen Storting, in seiner Ansprache zum Auftakt der Ostseeparlamentarierkonferenz sagt, dass mit der jüngsten EU-Erweiterung die Ostsee zwar zum Binnenmeer geworden ist, es a- ber bisher keine Anzeichen dafür gibt, dass sich das politische Gravitationszentrum der EU nach Norden verlagert hat.
Auch sagt er in seiner Rede, dass eine parlamentarische Partnerschaft in Nordeuro- pa notwendig sei, um als politische Triebfeder gegenüber den Regierungen im Ost- seeraum und gegenüber der Europäischen Union aufzutreten. Es gibt eine solche Triebfeder, nämlich das Parlamentsforum südliche Ostsee mit den Landtagen aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern sowie der Sej- miks der Wojewodschaften Pommern und Westpommern. Wir hatten Anfang dieser Woche das II. Forum in Westpommern, ich meine, ein sehr erfolgreiches.
„Wo die Ostseewellen trecken …“ ist ja ein schöner Titel in der letzten Parlaments- zeitschrift über die Ostseeparlamentarierkonferenz.
Aber das ist zu wenig nach 13 Jahren Ostseeparlamentarierkonferenz. Müssen wir als Parlamentarier uns nicht intensiver - und zwar ergebnisorientierter - um die auch in der letzten Konferenz wichtigen Themen kümmern?
Die Abschluss-Resolution der Ostseeparlamentarierkonferenz bleibt im Unklaren.
Ist es wirklich eine wichtige Aussage der Resolution, „dass man überzeugt ist, dass sich die Parlamente gemeinsam auf Ostseefragen konzentrieren müssen“, oder „dass Regierungen und Parlamentarier die Erfahrungen der NGO anerkennen und nutzen sollen“, oder „dass die Regierungen in der Ostseeregion aufgefordert sind, die Partnerschaft im Bereich der öffentlichen Gesundheit und der öffentlichen Wohl- fahrt zu unterstützten“.
Wenn Maßnahmen zum Schutz der Ostsee, zur Minderung der Belastung der Mee- resumwelt, zur Verbesserung des Gesundheitsstandards von den Regierungen der Ostseeregion gefordert werden, so ist das richtig. Nur wie geht es weiter? Was wird aus der Resolution, wer packt Maßnahmen an, wer konkretisiert Defizite, wer Fort- schritte?
Die Bedeutung der Parlamente in der Ostseepolitik muss gestärkt werden, damit konkrete internationale Arbeit geleistet werden kann.
Diese Baltic Sea Parliamentary Conferenz lässt viele Fragen offen. Hoffentlich gelingt es der nächsten Konferenz in Vilnius, auch mal auf Ergebnisse zu verweisen. Das wäre mein Wunsch, das würde die Bedeutung der BSPC deutlich erhöhen.
Nun zum Ostseebericht 2004.
Wir haben in dieser gesamten Legislaturperiode den Ostseebericht 2000, 2002 und jetzt 2004 erhalten. Das Volumen dieser Berichte ist ständig umfassender geworden, sicherlich auch zu recht, weil die Aufgaben vielfältiger geworden sind.
Doch wer kann bei der unglaublichen Vielzahl der genannten Aktivitäten überhaupt die Effektivität und Effizienz beurteilen, also die Wirksamkeit und die Wirtschaftlich- keit? Wenn überhaupt, dann ist das nur in Teilbereichen für unmittelbar Verantwortli- che und Betroffene möglich. Ich habe den Eindruck, wir sollen mit diesem Bericht einfach inhaltlich überschwemmt werden.
Bei so viel Aktivitäten, wie schon beschrieben im Bericht 2000, fortgesetzt im Bericht 2002 und jetzt 2004, müsste doch eine erkennbarer, ja spürbarer Kompetenz unse- res Landes für alle deutlich werden in der Ostseeregion und hier im hohen Hause, und auch bei den Menschen in unserem Land?
Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Auf den ganzen Bericht kann niemand eingehen. Ich will nicht verkennen, dass es erneut eine Fleißarbeit war. Neue Entwicklungen wurden auch mit neuen Formulie- rungen versehen. Aber wo sind Kernkompetenzen und deren Umsetzung erkennbar, die uns gegenüber anderen Anrainerstaaten der Ostsee auszeichnen? Weniger wäre deshalb mehr gewesen.
Einige kurze Anmerkungen zu konkreten Beschreibungen seien erlaubt, wobei ich mich auf den Vergleich der Berichte von 2002 und 2004 konzentriere, auf einige Auf- fälligkeiten.
Im Bericht 2002 wurde auf die 1997 vereinbarte Zusammenarbeit der Energieminister des Ostseerates hingewiesen mit der Einrichtung eines eigenen BASREC- Sekretariats in Stockholm. (Baltic Sea Region Energy Cooperation). Im Bericht 2004 steht“, dass im November 2002 sich die Energieminister in Vilnius auf Empfehlungen zum Aufbau integrierter Strom- und Gasversorgungsmärkte verständigten, zur effi- zienten Energieversorgung und zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen sowie zur regionalen Umsetzung des Kyoto-Protokolls“. Leider sagt der neue Bericht nichts aus über die Ergebnisse. Gibt es welche? Dann sollten diese uns auch genannt werden.
Im Bericht 2002 wurde darauf verwiesen, dass sich auf schwedische Initiative die Zusammenarbeit zur Bekämpfung sexueller Ausbeutung von Kindern entwickelt hat. Im Bericht 2004 wird darauf nicht mehr hingewiesen, wie es z.B. bei der Bekämpfung von verbreitbaren Krankheiten oder Drogenkriminalität durchaus geschah. Gibt es diese Initiative noch?
Die Rolle des gemeinsam von Schleswig-Holstein und Hamburg getragenen Hanse- Office wird im Bericht als „Focus für regionale Ostseeinteressen in Brüssel“ genannt. Ich empfehle dringend, den FOCUS inhaltlich anzureichern und die Zusammenarbeit des Hanse-Office mit der deutsch-dänischen Grenzregion, d.h., mit dem Bund deut- scher Nordschleswiger und mit der dänischen Minderheit, aufzunehmen. Hier ist eine Lücke, gehören sie doch zu den Subregionen des Ostseeraumes.
Die Reisen der Regierungsmitglieder werden ja immer detailliert aufgezählt. Es fällt auf, dass die Anzahl der Reisen der Ministerpräsidentin in den Ostseeraum im Be- richtzeitraum mit 6 Reisen um zwei niedriger ist als im vorigen Berichtsraum und dass in dem Zeitraum 2003/2004 keine Reise der Ministerin nach Kaliningrad erfolg- te. Das hat allerdings der Wirtschaftsminister für sie getan, das reicht dann wohl aus, anders ist das nicht zu erklären.
Dennoch bin ich der Meinung, dass es anlässlich des 200-ersten Todestages von Immanuel Kant in 2004 „Raum und Zeit“ hätte geben müssen, dass unsere Regie- rung oder unser Parlament diesen Todestag für einen der bedeutensten Persönlich- keiten von Königsberg – immerhin wurde er dort geboren – würdig hätte begehen müssen. Was denn sonst bedeutet die Partnerschaft? „Der Mensch ist Gestalter und Erfinder“, so Kant: Hier galt das leider nicht.
Im Rahmen des PHARE-Programms erfahren wir, dass Projekte im Justizbereich, so mit Estland im Drogenbereich, im Agrar- und Fischereibereich erfolgreich abge- schlossen wurden. Das ist erfreulich, jedoch wäre eine Kurzbeschreibung des erfolg- reichen Projektabschlusses ganz interessant. Bei der Übersicht der Regierungs-Aktivitäten im Bereich Forschung und Bildung muss einmal kritisch überprüft werden, ob das Institut für Friedensforschung „Schiff“ vom Auftragsvolumen her überhaupt noch mit Fragen von Kooperation und Konflikt in der Ostseeregion ausgelastet ist. Auch der wesentlich umfangreiche Text in dem neuen Bericht gegenüber der nur 4-Zeilen-Beschreibung der Schiff-Aktivitäten in der vorigen Ausgabe des Ostseeberichtes von 2002 kann diesen Eindruck nicht verhin- dern.
Es gibt unzweifelhaft positive Entwicklungen, besonders im grenzüberschreitenden Bildungsbereich und im Gesundheitsbereich, auf die hingewiesen wurde. Ich emp- fehle, dies mal nachzulesen.
Der Bericht ist als Nachschlagewerk wichtig. Er muss aber erkennbar unsere Kompe- tenzen herausstellen, um die Ostseepolitik unseres Landes deutlicher zu machen mit der erkennbaren Verlagerung des politischen Gravitationszentrums der EU nach Norden, wie es Jörgen Kosmo fordert.
Der neue Ostseebericht 2006, erstellt von der CDU-FDP-Regierung, wird diese An- forderungen erfüllen.

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