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22.09.04
12:17 Uhr
B 90/Grüne

Monika Heinold zum Nachtragshaushalt

Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Es gilt das gesprochene Wort! Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel TOP 26 – Nachtrag zu den Haushalten 2004/2005 Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Dazu sagt die finanzpolitische Sprecherin Telefax: 0431/988-1501 Mobil: 0172/541 83 53 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Monika Heinold: Internet: www.gruene-landtag-sh.de

Nr. 314.04 / 22.09.2004



Alte Zöpfe müssen abgeschnitten, nicht wieder angenäht werden!
Seien wir ehrlich miteinander: Die regierungstragenden Fraktionen können gut verste- hen, warum die CDU einen Nachtragshaushalt fordert. Und die Opposition versteht mit Sicherheit genauso gut, warum wir diesen Antrag ablehnen. Die heutige Debatte ist aber ein guter Anlass um sich grundsätzlich mit den unterschiedlichen finanzpolitischen Kon- zepten zu beschäftigen.
Das GRÜNE Konzept ist klar und praxiserprobt: Wir reduzieren die Ausgaben des Lan- des kontinuierlich und nachhaltig – von Weihnachtsgeld bis Urlaubsgeld, von gestriche- nen Förderprogrammen bis zu prozentualen Kürzungen, von der Schließung von Ämtern bis zum Abbau von 2000 Stellen in der Verwaltung.
Mit diesen und anderen – auch schmerzlichen – Beschlüssen haben wir den Landes- haushalt nachhaltig entlastet. Dennoch reichen die Einnahmen des Landes nicht aus, um sowohl die Zinslast als auch die laufenden Ausgaben zu bezahlen.
Deshalb unterstützen wir weitere geplante Strukturmaßnahmen wie die Finanzamtsstruk- turreform oder die Polizeistrukturreform. Deshalb entwickeln wir neue Vorschläge wie unser Konzept einer Gebietsreform. Die Opposition haben wir aber meistens nicht an un- serer Seite, wenn es um Veränderungen geht, sondern sie polemisiert gegen beinahe je- den neuen Denkansatz.
Ein Beispiel ist die Diskussion um den Verkehrskasper. CDU und FDP haben erreicht, dass das Handpuppenspiel ein hoheitlicher Bereich bleibt – so viel zur Ehrlichkeit, wenn es darum geht, die Kernaufgaben des Staates zu benennen. 1/4 Aber es sind nicht nur die Ausgaben, die uns drücken. Die öffentliche Hand hat zuneh- mend auch ein Einnahmeproblem. Die CDU in Schleswig-Holstein verweigert sich dieser Feststellung, aber ein Blick über den Tellerrand zeigt, dass CDU-PolitikerInnen in ande- ren Bundesländern unsere Auffassung teilen.
In Hamburg hat Finanzsenator Peiner erst kürzlich problematisiert, dass die Steuerquote bundesweit zu niedrig und damit für die Länder nicht auskömmlich ist. In Niedersachsen hat Ministerpräsident Wulff schlicht erklärt, dass er unter diesen Voraussetzungen bis 2008 keinen verfassungskonformen Haushalt aufstellen kann.
Deshalb setzt sich die grüne Fraktion auch für Einnahmeverbesserungen ein. Verlustver- rechnungen für Unternehmen müssen weiter reduziert werden, Vermögen muss höher besteuert werden und der Subventionsabbau muss weitergehen. Sparen, Investition in Schwerpunktprojekte und eine Steigerung der Einnahmen – das ist die Perspektive für den Landeshaushalt.
Hinzukommen muss eine deutliche Reduzierung der Arbeitslosigkeit. Die Umsetzung von Hartz IV ist dabei nur ein Baustein – wir brauchen außerdem eine drastische Senkung der Lohnnebenkosten nach skandinavischem Modell.
Ich fordere die CDU erneut auf, ihrem Fraktionschef Kayenburg zu folgen, der bereits er- kannt hat, dass eine derartige Reform zwingend notwendig ist.
Die CDU hat in der heutigen Debatte alle Erwartungen erfüllt und die Finanzpolitik der Landesregierung heftig kritisiert. Aber: Welches Konzept hat die CDU selbst? Welche Versprechungen hat sie in den letzten Jahren gemacht, was findet sich davon im Wahl- programm wieder und welche Politik setzen CDU regierte Bundesländer tatsächlich um?
Ich werde Ihnen einige Beispiele dieser verlogenen Politik zeigen. Etwa das Weih- nachts- und Urlaubsgeld von Beamten. Die CDU hat die von uns beschlossene Kürzung hart bekämpft. In ihrem Wahlprogramm steht allerdings kryptisch: „Deshalb bekennen wir uns zu weiteren Reformen des öffentlichen Dienstes in allen Bereichen, insbesondere im Bereich der Organisation, des Dienst- und Versorgungsrechts“.
Aha – die CDU findet also die bisherigen Kürzungen richtig und schließt weitere nicht aus. Ein Blick nach Niedersachsen zeigt: Hier plant die CDU Landesregierung, das Weihnachtsgeld für Beamte komplett zu streichen.
Das Landesblindengeld ist ein weiteres Beispiel. Vor zwei Jahren hat die CDU die von uns vorgenommene Kürzung um zehn Prozent heftig kritisiert. Im Parteiprogramm wird – natürlich – keine Rücknahme der Kürzung erwähnt. Und der Praxistest? In Niedersach- sen will die CDU das Landesblindengeld komplett streichen. Noch ein Beispiel: Die Landwirtschaftskammer. Wir haben die Kammer reformiert und die institutionelle Förderung um ein Drittel gekürzt – natürlich gegen den lautstarken Protest der CDU. Im Wahlprogramm der CDU wird die Landwirtschaftskammer mit keinem Wort erwähnt. Auch hier will die CDU die von uns durchgefochtene Reform klammheimlich übernehmen - alte Versprechungen sind vergessen.
Das vierte Beispiel ist die Haltung zum Familiengeld. Vor zwei Jahren hat die CDU groß- zügig ein Landeserziehungsgeld von monatlich 500 DM pro Kind versprochen –der dem- entsprechende Flyer wird noch immer munter verteilt, zuletzt auf dem Schleswig- Holstein-Tag in Flensburg. Im CDU Programm taucht nichts dazu auf. Wen wundert´s, weiß die CDU doch selbst, dass auch sie dieses Versprechen nicht bezahlen kann.
Vom Literaturfestival über die Abendrealschulen bis zum Haus der Geschichte: Fehlan- zeige im CDU-Programm. Großspurig versprochen und nicht im Wahlprogramm aufge- nommen – das zeichnet die CDU in Schleswig-Holstein aus. Wie sagte doch der CDU- Spitzenkandidat, als er gefragt wurde, wieso die CDU die von ihr bekämpften Wasserab- gaben nun doch nicht gleich abschaffen wolle: „Wozu der eine oder andere in der Ver- gangenheit Ja oder Nein gesagt hat, ist mir herzlich egal“.
Welch eine schallende Ohrfeige für die Arbeit der CDU-Landtagsfraktion!
Der Mann von der Westküste hat alle alten Versprechungen einkassiert, verleibt sich die Reformerfolge der Landesregierung ein und kommt nun mit einem bunten Strauß neuer Versprechen.
Zum Beispiel im Bereich der inneren Sicherheit. Die CDU fordert doch tatsächlich die Wiederbelebung der Reiterstaffel. Die CDU ist noch nicht in der Realität angekommen: Alte Zöpfe müssen abgeschnitten und nicht wieder angenäht werden!
Die CDU will bei der Polizei punkten: Sie verspricht eine zweite Einsatzhundertschaft, Neueinstellungen und verbindliche Beförderungen. In Hamburg zeigt sich dann die Reali- tät einer CDU-geführten Landesregierung: Die Polizei demonstriert, weil Planstellen re- duziert und die freie Heilvorsorge komplett gestrichen werden sollen.
Auch die Kindertagesstätten sind ein Beispiel für diese Art, Politik zu machen. Die CDU spricht im Programm von „ bedarfsgerechter Betreuung für alle“. Und der Praxistest? CDU-Kommunalpolitiker kürzen die Gelder für Kindertagesstätten und CDU- Bürgermeister kämpfen seit Jahren für die Abschaffung jeglicher pädagogischer Stan- dards. CDU geführte Bundesländer wollen sogar das „Gesetz zum Aufbau einer flächen- deckenden Versorgung mit Krippenplätzen“ im Bundesrat blockieren.
Im Bereich Bildung lohnt sich ein Blick nach Hessen: Die hessische CDU- Landesregierung streicht gerade 1000 LehrerInnenstellen – in Schleswig-Holstein ver- spricht die CDU natürlich neue Stellen für LehrerInnen. Mehr Gefängnisplätze, neue Straßen, neue Flughäfen – und der Transrapid lebt auch wieder auf.
Sogar Landesausgaben, die bisher von der CDU im Rahmen der Haushaltsdebatte re- gelmäßig zur Streichung vorgeschlagen wurden, haben sie in ihren Wunschkatalog auf- genommen. Beispiel: „Modellprojekte für generationsübergreifende Wohnformen“.
Um nicht komplett unseriös zu wirken, taucht immer wieder der schöne Halbsatz „im Rahmen des finanzpolitisch möglichen“ auf. Das heißt doch im Klartext: Keiner hat ge- rechnet – nix ist durchfinanziert!
Wer in seinem Wahlprogramm schreibt, er wolle eine „ehrliche Eröffnungsbilanz“ machen um dann „die tatsächliche Finanzlage unseres Landes zu ermitteln“, der zeigt, dass er entweder die Finanzlage des Landes tatsächlich nicht kennt – das wäre blamabel. Oder aber, dass er nur so tut, als würde sie die Finanzlage nicht kennen, um für keine ge- machte Versprechung bürgen zu müssen.
So viel zur Seriosität der CDU-Finanzpolitik!
Die CDU will die Nettoneuverschuldung innerhalb von zehn Jahren auf Null reduzieren? Wie soll das funktionieren, wenn die CDU im Bundesrat Subventionsabbauvorschläge der Regierungsfraktionen in Höhe von 15 Mrd. Euro blockieren?
Und wie passt das zu ihren Vorschlägen einer Steuerreform, die zu jährlichen Minderein- nahmen von ca. 30 Milliarden Euro führen würde? Ich appelliere an die CDU, ihre Blo- ckadepolitik im Bundesrat zu stoppen, ihr unsinniges Klageverfahren gegen den Landes- haushalt zurückzuziehen, und stattdessen die Landesregierung bei sinnvollen Reformen zu unterstützen.
Damit würden sie zum Wohl des Landes beitragen!