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26.08.04
17:13 Uhr
SPD

Dr. Henning Höppner zu TOP 31: Schließung kleiner Schulen ist kein Allheilmittel

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 26.08.2004 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 31 – Unterrichtssituation im Schuljahr 2003/2004

Dr. Henning Höppner:

Schließung kleiner Schulen ist kein Allheilmittel!

Der Bericht zur Unterrichtsversorgung ist in den vergangenen Jahren eher als parla- mentarische Pflichtübung hier im Parlament abgehandelt worden und dann zu einer ausführlich im Bildungsausschuss debattierten Angelegenheit geworden. Heute aber erreicht dieser Tagesordnungspunkt eine neue Dimension: eine 60-minütige Debatte!

Einige Kollegen sind nun schon erklärte oder gewünschte Darsteller in der Schatten- truppe des Herrn Carstensen geworden. Sie befinden sich seit vergangenem Sonn- abend in der Pflichtkür. Wir kennen ihr Programm nur zu gut. Ein Herunterbeten be- kannter Sprechformeln über gefühlten Notstände, ein Einschmeicheln gegenüber For- dernden; selbst in diesem Hause vertreibt es die Zuhörer.

Kommen wir zum Bericht: Mit diesem Schuljahr haben wir an den allgemein bildenden Schulen nun endlich den Gipfelpunkt des Schülerzuwachses erreicht. Als ausgespro- chen positiv müssen wir die Entwicklung bei der Einschulung an den Grundschulen bezeichnen. Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich der Umfang der vorzeitigen Ein- schulungen von Kindern, die noch nicht sechs Jahre alt sind, verdreifacht; gleichzeitig ist der Anteil der verspäteten Einschulungen von 16 auf 6 Prozent zurückgegangen, die Zahl der Zurückstellungen von 15 auf 6 Prozent.


Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Hier zeigt sich, dass sowohl die Schuleingangsuntersuchungen wie auch die Einfüh- rung der flexiblen Eingangsstufe Wirkung gezeigt haben. Schleswig-Holstein war bun- desweit Spitzenreiter bei Zurückstellungen und verspätetem Schulbeginn; hier hat sich außerordentlich viel getan.

Es ist gelungen, an den Schulen in Schleswig-Holstein trotz gestiegener Schülerzahlen in den weiterführenden Schulen die Unterrichtsversorgung auf einem als konstant zu bezeichnenden Niveau zu halten. Auch durch die Bereitstellung von zusätzlichen Leh- rerstellen konnten 915 Lehrerinnen und Lehrer neu eingestellt werden; dadurch ist die Relation zwischen Lehrerstellen und Schülerinnen und Schülern geringfügig von 18,5 auf 18,6 angestiegen.

Wir vergleichen uns seit Veröffentlichung der PISA-Studie verstärkt mit der Unter- richtsversorgung in den anderen Bundesländern. In fast allen Vergleichsparametern liegt das Bildungsangebot der unterschiedlichen Schularten unseres Bundeslandes über dem Bundesdurchschnitt. Richten wir aus diesem Grund unser besonderes Au- genmerk auf die Tabellen 5.1 des Berichtes, auf den Bundesvergleich bei den Klas- senfrequenzen. Bei den Grundschulen liegt Schleswig-Holstein mit 21,4 Schülerinnen und Schülern pro Klasse. Kleinere Klassenfrequenzen finden sie nur in den neuen Bundesländern mit traditionell sinkenden Schülerzahlen und im Saarland mit 19,6. In Hamburg, Bayern und Nordrhein-Westfalen sind gut 10 Prozent mehr Schüler in einer Grundschulklasse.

Das stellt sich bei den Hauptschulen ganz ähnlich dar. Hier haben wir im Lande einen Durchschnitt von 20,5 Schülerinnen und Schüler pro Klasse, ein guter Mittelplatz. Nehmen wir die Realschule, dann liegt Schleswig-Holstein mit 23,6 Schülerinnen und Schülern hier auf Rang 2 hinter Mecklenburg-Vorpommern. An Realschulen im Saar- land, in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sind es bis zu fünf Schülerinnen und Schüler mehr in einer Realschulklasse. -3-



Und an den Gymnasien sind vor Schleswig-Holstein nur wieder Sachsen-Anhalt und Sachsen mit 0,2 Schülerinnen und Schülern weniger. Sprechen wir wieder nicht über Bayern und Baden-Württemberg, dort in den Südländern gibt es durchschnittlich vier Schüler pro Klasse mehr. Auch der Landesrechnungshof stellt in seinem Bericht vom 4. Juni 2004 fest, dass bei einem Vergleich der Relation Schüler je Klasse die schles- wig-holsteinischen Schulen bis auf die Förder- und Grundschulen die niedrigsten Wer- te haben.

Im Rahmen der schülerzahlenbezogenen Zuweisung der Lehrerstunden können die Schulen in Schleswig-Holstein nach eigener Abwägung entscheiden, ob sie bei Einhal- tung der Mindestklassengröße von 15 große Klassen bilden, in denen entsprechend mehr Unterricht erteilt wird, oder kleinere Klassen gebildet werden, in denen entspre- chend weniger Unterricht erteilt werden kann.

In Schleswig-Holstein ist ein Klassenteiler von 29 bestimmt. D.h. ab der 30. Schülerin können zwei Klassen gebildet werden, ab 59 drei Klassen, ab 88 vier und ab 117 fünf Klassen. Obwohl die „nicht konsequente Beachtung des Klassenteilers“ erhebliche Auswirkungen auf die Unterrichtsversorgung der Klassen hat, entscheidet sich eine beachtliche Zahl von Schulen gegen das 29er Prinzip. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind nicht die kleinen Schulen im Lande, sondern vielfach die großen Schu- len in den verdichteten Räumen, die z.B. bei der Aufnahme von 108 Schülerinnen oder 102 nicht vier Klassen bilden sondern fünf. Das können wir z.B. auch dem Landes- rechnungshofbericht auf Seite 36 entnehmen. Ein Beispiel gibt es auch im Nachbar- kreis, wo in einer Grundschule bei 57 Kindern zu Beginn dieses Schuljahres nicht zwei, sondern drei Klassen gebildet werden.

Was das für Folgen hat, ist eigentlich allen, die diese Entscheidung getroffen haben, bekannt. Wer statt vier fünf Klassen bildet, reduziert die Unterrichtsversorgung jeder -4-



der fünf Klassen um 25 % gegenüber der vierzügigen Jahrgangsbildung. Wer drei statt zwei Klassen bildet, mindert den möglichen Unterrichtsumfang noch stärker.

Die Handhabung dieses Verfahrens bei der Klassenteilung durch unsere Schulen, o- der anders gesagt: die Freiräume oder Spielräume hierbei, sind entscheidend für den Grad der Unterrichtsversorgung der einzelnen Schule. Auch das erwähnt der Landes- rechnungshof in seinem Bericht auf Seite 37.

Kommen wir zum Aspekt Unterrichtsversorgung und kleine Schulen. Der Landesrech- nungshof hat in seinem Bericht die Empfehlung ausgesprochen, im Zusammenhang mit der Erhöhung der Unterrichtsversorgung über die Zusammenlegung von kleineren Grundschulen nachzudenken. Dieses wird nach unseren Überprüfungen nicht den ge- wünschten Effekt haben.

Bezogen auf den Kreis Plön – hier sind fünf Grundschulen in der Auflistung des Lan- desrechnungshofes – kann man sehr gut ermitteln, was bei einer Zusammenlegung passiert. Legt man die 2-klassigen Grundschulen von Hüttenwohld und Schipphorst zusammen, werden aus zusammen 93 Schülerinnen und Schülern vier Klassen gebil- det. Ergebnis: keine Einsparung.

Schickt man die 50 Kinder aus der Grundschule in Dersau zur Grundschule Am Vogel- sang nach Ascheberg, müssen dort mit den 50 Dersauer Kindern zwei weitere Klassen eingerichtet werden. Und schickt man die 55 Kinder aus der Grundschule Großharrie nach Neumünster-Einfeld, müssen auch dort zwei oder drei weitere Klassen eingerich- tet werden.

Der Einsparungseffekt wird so gering sein, dass die Vorteile eines Schulangebotes im ländlichen Raum bei weitem überwiegen. Ich empfehle hierzu allen, die Seite 3 der Tageszeitung „Die Welt“ aufzuschlagen und die Äußerungen von Professor Horst -5-



Weishaupt nachzulesen (Sie finden diesen Artikel auch im heutigen 9-Uhr- Pressespiegel).

Die SPD Schleswig-Holstein hat sich immer für den Erhalt der kleiner Grundschulen im ländlichen Raum eingesetzt, solange dieses pädagogisch vertretbar ist. Zu dieser Aussage stehen wir auch heute und für die Zukunft!