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25.08.04
10:27 Uhr
SPD

Lothar Hay zu TOP 1a + 12: Grundsturktur des Sparkassenwesens für die Zukunft sichern

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 25.08.2004 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 1a + 12 – Situation der öffentlich-rechtlichen Sparkassen und Entwicklung des Sparkassenwesens



Lothar Hay:

Grundstruktur des Sparkassenwesens für die Zukunft sichern

Die Kreditwirtschaft trägt mit mehr als fünf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt in Schleswig-Holstein bei. Nach eigenen Angaben aus dem Bereich der Kreditwirtschaft sind bei Banken und Sparkassen zurzeit mehr als 10.000 Menschen beschäftigt. Wir reden also über einen der größten Arbeitgeber im Lande, wenn wir uns heute über Zu- kunft und Perspektiven der Kreditwirtschaft unterhalten.

Wir Sozialdemokraten verfolgen das Ziel, die Grundstruktur des Sparkassenwesens, die ortsnahen Angebote für die Menschen im Lande und auch die Arbeitsplätze in die- sem Bereich für die Zukunft weitgehend zu sichern.

Das dreigliedrige System von öffentlichen, genossenschaftlichen und Privatbanken hat sich grundsätzlich bewährt. Daran besteht überhaupt kein Zweifel. Natürlich versuchen die Privatbanken mit einem Anteil von circa 39 Prozent gegenüber 48 Prozent der Sparkassen und Landesbanken, ihre Marktanteile auf Kosten des öffentlichen Ban- kensektors zu vergrößern.

Das gleiche Ziel versuchen auch ihre Treuhänder in den Parlamenten, die Liberalen in ihrer Ausformung der heutigen FDP, umzusetzen. Doch hierbei geht es gar nicht um mehr Markt, sondern um mehr Macht für die Privatbanken, die sich in den letzten Jah- Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



ren immer mehr aus der Fläche zurückgezogen haben. Dieser Entwicklung zu Lasten der privaten Kunden wollen wir durch die dauerhafte Stärkung und Absicherung der Sparkassen im Lande entgegenwirken.

Natürlich müssen und wollen auch wir die Umstrukturierungsprozesse im Bankenbe- reich berücksichtigen. Dies gilt in Folge der Globalisierung sowohl für den privaten als auch für den öffentlichen Bankensektor. Es kommt für die öffentlichen Institute darauf an, sich nach dem Wegfall der Gewährträgerhaftung und der Staatsgarantien neu auf- zustellen. Wir sind allerdings mit der Landesregierung und in diesem Fall – so wie ich es sehe – auch mit der CDU im Lande der festen Überzeugung, dass die öffentlich- rechtliche Grundstruktur im Bereich des Sparkassenwesens erhalten bleiben soll.

Werfen wir einen Blick auf die Situation der Sparkassen im Lande. Hatten wir 1968 noch 60 Institute in Schleswig-Holstein, so war es 1996 noch die Hälfte, und heute zählen wir noch 22 Sparkassen. Allein 2003 kam es zu vier Zusammenschlüssen: Die Wilster und Steinburger Sparkasse zur Sparkasse Westholstein, der sich drei Monate später noch die alte Marner Sparkasse anschloss. Die Kassen Nordfriesland und Schleswig-Flensburg fusionierten zur Nord-Ostsee-Sparkasse und die Kreissparkas- sen Pinneberg und Bad Segeberg zur Kreissparkasse Südholstein. Und nun haben sich vor wenigen Wochen die Kreissparkassen Ostholstein und Stormarn zur Sparkas- se Holstein zusammengeschlossen. Diese wird die größte in unserem Land sein. Gab es 1979 noch 712 Geschäftsstellen, so sind es heute nur noch 426 mit Personal be- setzte Filialen.

Des weiteren steht die Hamburger Sparkasse Haspa offenbar unmittelbar vor einem Einstieg bei der privaten Sparkasse zu Lübeck, nachdem sie schon bei der Sparkasse Mittelholstein AG mit 14 Prozent eingestiegen ist und mit der Sparkasse Bredstedt ein Vertrag kurz vor dem Abschluss stehen soll. -3-



Die Fusionsbeispiele machen eines deutlich: Es ist Bewegung in die Sparkassenland- schaft des Landes gekommen. Dies ist natürlich auch in unserem Sinn, wenn es denn zu einer Stärkung der Sparkassen führt. Regional verankerte starke Sparkassen leis- ten einen entscheidenden Beitrag zur Stärkung der Strukturen vor Ort.

Und ein besonders wichtiger Punkt: Sie gewährleisten eine Versorgung der mittelstän- dischen Wirtschaft und aller Bevölkerungsschichten mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen in der Fläche. Sie sind damit ein entscheidender Faktor der Daseinsvor- sorge. Und das soll auch so bleiben. Für uns ist es unvorstellbar, dass eine Entwick- lung wie in England und den USA Platz greift. Wir wollen, dass Banken und Sparkas- sen für jedermann ein Girokonto sicherstellen. Die liberalen Hüter des Marktes schei- nen an dieser Frage eher uninteressiert zu sein.

Natürlich müssen starke Sparkassen ihre Kostenseite optimieren, um konkurrenzfähig zu bleiben. Die einzelne Sparkasse muss darauf achten, ihre Gesamtkosten unter Bei- behaltung von Qualität und Service für den Kunden zu verringern. Sie muss ihre Dienstleistungen so professionell und kostengünstig wie möglich anbieten.

Starke Sparkassen benötigen eine solide Kapitalbasis, die von die Kommunen als An- staltsträger nicht erwartet werden kann. Für eine finanzielle Stärkung helfen natürlich die schon angesprochenen Zusammenschlüsse einzelner Sparkassen. Gleichzeitig muss darüber nachgedacht werden dürfen, ob weitere Maßnahmen der Kapitalbe- schaffung – also moderate Änderungen ohne Rechtsformänderung – Sinn machen. Einen Ausverkauf an Private – auch durch die Hintertür – lehnen wir in jedem Fall ab.

Die Sparkassen und ihre öffentlich-rechtlichen Träger haben sich schon in der Ver- gangenheit den Erfordernissen des Marktes gestellt. Sparkassen und Landesbanken übernehmen Verantwortung in der Region und für die Stärkung des Finanzplatzes Schleswig-Holstein. Sie haben die Verständigung mit der EU- Kommission über An- -4-



staltslast und Gewährträgerhaftung konstruktiv unterstützt. Die übrigen Strukturele- mente sollen im Gegenzug erhalten bleiben. Der Vorwurf mangelnder Reformbereit- schaft ist deshalb nur lächerlich.

Was die Fusionsabsichten des Sparkassen- und Giroverbandes angeht, so müssen auch hier die Landesinteressen eindeutig im Vordergrund stehen. Eine Lösung, die sowohl den niedersächsischen Verband als auch die Haspa mit einbezieht, wäre na- türlich wünschenswert. Diese Lösung allerdings scheint kurzfristig nicht erreichbar zu sein.

Natürlich ist es mehr als sinnvoll, zwischen den norddeutschen Sparkassenorganisati- onen Möglichkeiten der Zusammenarbeit unter Ausnutzung der denkbaren Synergieef- fekte zu prüfen. Allerdings ist eines klar: Wenn Sparkassenpolitik zukünftig in einem anderen Land gemacht wird, kann das nicht im Interesse Schleswig-Holsteins und sei- ner Sparkassen sein. Und deshalb hat der niedersächsische Finanzminister Möllring Recht, wenn er unterstellt, Schleswig-Holstein wolle nicht der Juniorpartner Nieder- sachsens sein. Stimmt! Wir wollen, dass sich die möglichen Partner auf gleicher Au- genhöhe begegnen. Wir wollen, dass alle wichtigen Entscheidungen gemeinsam und nicht zum Nachteil eines Partners getroffen werden.

Jede Verbundlösung sollte für weitere Partner offen sein. Und natürlich ist es gut, dass der Sparkassen- und Giroverband sich um die Zusammenarbeit mit Niedersachsen so intensiv gekümmert hat. Jetzt muss es darum gehen, in möglichst kurzer Zeit nach ei- ner norddeutschen Lösung zu suchen. Darum werden wir uns in den nächsten Mona- ten, aber auch nach dem 20. Februar, gemeinsam mit dem grünen Koalitionspartner bemühen.

Auch im Bereich der Versicherungen gibt es die Entwicklung zu größeren Einheiten, die wir unterstützen wollen. Aber auch für eine mögliche Fusion der Provinzial gilt, -5-



dass Landesinteressen in besonderer Weise zu berücksichtigen sind. Der öffentlich- rechtliche Vertrag mit dem Sparkassen- und Giroverband zur Übertragung der Träger- schaft über die Versicherung macht den Willen des Gesetzgebers in Schleswig- Holstein deutlich. Jedes Fusionsmodell ist hieran zu messen. Entscheidungen über die Provinzial-Nord in fernen Konzernzentralen zu Lasten des Landes wäre eben nicht in unserem Interesse. Auch hier geht es darum, länderübergreifend die beste Lösung zu suchen.

Wir wollen Schleswig-Holstein als Finanzplatz für die öffentlichen Banken und Versi- cherungen erhalten. Bei Fusionsüberlegungen stehen die Interessen der Sparkassen, der HSH Nordbank, der Provinzial und des Landes im Mittelpunkt. Am Erhalt dieser für alle Bürgerinnen und Bürger wichtigen Struktur werden wir auch in der nächsten Legis- laturperiode weiterarbeiten.