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12.08.04
09:26 Uhr
Landtag

Arens: "Soldatinnen und Soldaten wird immer größere Vielseitigkeit abgefordert"

97/2004 Kiel, 11. August 2004 Sperrfrist: 12. August 2004, Redebeginn Es gilt das gesprochene Wort!


Landtagspräsident Arens: „Soldatinnen und Soldaten wird immer größere Vielseitigkeit abgefordert“
Kiel (SHL) – Anlässlich des feierlichen Gelöbnisses des III. Bataillons des Luftwaffenausbildungsregiments 1 und des Spezialpionierbataillons 164 am 12. August 2004 in Büsum sagte Landtagspräsident Heinz-Werner Arens den Soldatinnen und Soldaten unter anderem:
„Das feierliche Gelöbnis ist ein Versprechen zwischen Staat und Gesellschaft. Es ist Ausdruck und Verpflichtung unseres demokratischen Selbstverständnis- ses. Ihr Gelöbnis am heutigen Tage ist Ausdruck des Willens an der Beteili- gung an unserer Demokratie und Bekenntnis zu unserem Staat. Sie bekennen mit dem feierlichen Gelöbnis, dass Sie sich für die durch die Verfassung ver- bürgten freiheitlichen Rechte einsetzen wollen. Sie äußern am heutigen Tag ihren Willen zur Verteidigung unseres Staates, unseres politischen Systems und schließlich der Menschen in unserem Land. Es erfüllt mich mit Stolz, dass Sie ihr Gelöbnis ablegen werden.
Sie geloben der Bundesrepublik Deutschland Treue und Einsatz, die damit verbundenen Verpflichtungen gehen jedoch über unser Staatsgebiet hinaus. Die globalen Rahmenbedingungen haben sich innerhalb eines Jahrzehnts ra- pide geändert und mit ihnen haben sich Art und Umfang der Aufträge der Bun- deswehr erheblich verändert. Die Entwicklung hat zuallererst dazu geführt, dass der eigentliche Wehrauftrag zur Verteidigung unseres Landes nur noch nachrangig ist. Das ist an sich eine gute Nachricht. Deutschland hat an seinen Außengrenzen keine Gefährdungslage mehr. Es ist ausschließlich von Freun- den und seit dem 1. Mai Partnern in der Europäischen Union umgeben. Dennoch steht Deutschland als Bündnispartner und auch als Nation mehr denn je in der Pflicht. Die Situation ist im wahrsten Sinne des Wortes als entgrenzt zu bezeichnen. NATO und UN sind die Mandatsgeber für Friedens-, aber auch Kampfeinsätze in aller Welt geworden. 2


Dies führt zu einer veränderten Auftragslage, zu veränderten Einsatzformen und dies führt auch in der militärischen Planung zu neuem Denken. Betroffen von dieser Entwicklung ist jedoch nicht nur die Militärplanung, sondern letztlich und vor allen Dingen Sie, die Soldatinnen und Soldaten, an die andere und höhere Anforderungen gestellt werden. Den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr wird eine große Vielseitigkeit der Einsetzbarkeit abgefordert: Natürlich bestimmt maßgeblich der militärische Zweck immer noch die Gene- rallinie des jeweiligen Auftrags. Und bereits im rein militärischen Feld bestehen große Herausforderungen, da über die herkömmliche Formen der bewaffneten Auseinandersetzung eine Vielfalt möglicher anderer Einsätze dazugekommen sind. Es dreht sich immer oder in erster Linie um die Abwehr oder Verhinde- rung von Gewalt; es kann im Einzelfall auch die Anwendung von Gewalt erfor- derlich sein.
Die Handlungsoptionen der Bundeswehr sind in den letzten Jahren erweitert worden und dies insbesondere aufgrund der Herausforderungen durch den internationalen Terrorismus. Damit die Bundeswehr dabei nicht überfordert wird, ist auch die Politik gefordert. Und sie muss erfolgreicher sein als in den 90er Jahren. Denn entscheidend ist es, den Konfliktfall zu vermeiden und nicht unter Einsatz der Streitkräfte eine Konfliktlösung herbeizuführen zu müssen: Krieg oder der Einsatz von Gewalt muss nach wie vor das letzte Mittel der Aus- einandersetzung sein. Das ist kein strategisches oder politisches Gebot, sondern ein zutiefst humanitäres und moralisches Gebot.
Zu den militärischen Herausforderungen kommen in immer stärkerem Maße humanitäre und zivile Einsätze. Das heißt aber auch, dass im Bereich der Aus- bildung von Soldatinnen und Soldaten neue, bisher nicht vorgesehene Kompe- tenzen vermittelt werden müssen, um dieses Spektrum abzudecken. Es geht also nicht mehr ausschließlich um die Vermittlung des militärischen Hand- werks, sondern auch um die Vermittlung gezielt kultureller und sozialer Kennt- nisse im jeweiligen Einsatzgebiet. Für Sie als Soldatinnen und Soldaten bedeu- tet dies die Notwendigkeit von umfassenderen Kenntnissen über kulturelle und ethnische Voraussetzungen rund um ihren Einsatzort. Was zum einen Ab- wechslung verheißt, erfordert zum anderen ein erhöhtes Maß an Flexibilität und Eigenständigkeit im Handeln und Denken. Wenn Sie so wollen, sind Sie gerade in diesem Aufgabenbereich immer auch Diplomaten in Uniform: Sie vertreten Deutschland und Europa in der Welt. Mit ihrem Auftreten werben Sie immer auch für ein tolerantes und weltoffenes Deutschland und für Europa.
Der heutige Anlass ist und bleibt in meinen Augen etwas Besonderes und soll auch Grund sein, sich über das Gelöbnis und dem dahinter stehenden Sinn Gedanken zu machen. Ihnen, den Soldatinnen und Soldaten, gebührt mein Dank und Respekt sowie der Bürgerinnen und Bürger für die Übernahme von Verantwortung und dem damit bekundeten Willen, Ihren Beitrag zur Sicherung und zum Erhalt des Friedens hier und in der Welt zu leisten. Ich wünsche Ihnen für Ihre weiteren Verwendungen und Aufträge innerhalb der Bundeswehr und auch danach Erfolg und alles Gute.“