Renate Gröpel zu TOP 6b+c: Lotteriehoheit der Länder erhalten und durch Regionalisierung Finanzausgleich schaffen
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 17.06.2004 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 6 b + c – Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland + Staatsvertrag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten EinnahmenRenate Gröpel:Lotteriehoheit der Länder erhalten und durch Regionalisierung Finanzausgleich schaffenUns liegen heute der Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland und der Staatsver- trag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des deutschen Lot- to- und Totoblocks erzielten Einnahmen zur Entscheidung vor. Und ich will gleich am An- fang für die SPD-Landtagsfraktion erklären, dass wir beiden Verträgen heute unsere Zu- stimmung geben. Wir stehen ausdrücklich zum Staatsmonopol und somit zur Lotterieho- heit der Länder.Mit diesem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland soll der ordnungsrechtliche Vorrang des staatlichen Glückspiels gewährleistet und die Zulassung privater gemein- nütziger Lotterien unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht werden. Gleichzeitig sind Regelungen zur Durchführung von Lotterien durch Dritte sowie zu den Aufsichts- und Überwachungsbefugnissen der Behörden und zur gewerblichen Spielvermittlung vorgesehen.Die unterschiedlichen Regelungen in den Ländern, die sich zum Teil hier in Schleswig- Holstein auf die Lotterieordnung von 1937 stützen, sowie auch eine neuere Rechtspre- chung zur Zulassung privater Lotterien machten es erforderlich, zu einer Neuordnung und länderübergreifenden Vereinheitlichung zu kommen. Alle Landesregierungen der 16 Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: Internet: pressestelle@spd.ltsh.de www.spd.ltsh.de SPD -2-Bundesländer haben den Lotteriestaatsvertrag bereits unterzeichnet und er soll am 01. Juli 2004 in Kraft treten.Und, meine Damen und Herren von der Opposition, wir wundern uns schon über Ihre ab- lehnende Haltung. Sie nehmen damit bundesweit eine Außenseiterposition ein. Die SPD- Landtagsfraktion unterstützt die Ziele des Staatsvertrages, die ich hier noch einmal vor- tragen möchte. Ziel des Staatsvertrages ist es: 1. Den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken und insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern. 2. Übermäßige Spielanreize zu verhindern. 3. Eine Ausnutzung des Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken auszuschließen. 4. Sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß und nachvollziehbar durchge- führt werden. 5. Sicherzustellen, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Förderung öffentlicher oder steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der Abgabenord- nung verwendet wird.Gerade über den letzten Punkt, das heißt über die Verwendung von Lotterieeinnahmen, werden wir uns ja noch in der nächsten Landtagssitzung beim Gesetz über Lotterien und Sportwetten ausführlich unterhalten. Um insbesondere den gemeinnützigen Vereinen und Organisationen weiterhin die wirtschaftliche Veranstaltung von Lotterien und Aus- spielungen zu ermöglichen, ist im Lotteriestaatsvertrag vorgesehen, dass für so genann- te Lotterien abweichende Regelungen getroffen werden können. Der Reinertrag muss aber ausschließlich und unmittelbar für gemeinnützige, kirchliche oder mildtätige Zwecke verwendet werden.Neu hinzugekommen ist die Verpflichtung, dass gewerbliche Spielvermittler, die ihren Sitz in Schleswig-Holstein haben, ihre Tätigkeit anzuzeigen haben. Durch diese Anzei- -3-gepflicht soll der zuständigen Behörde die Kontrolle über die gewerblichen Spielvermittler ermöglicht werden. Die Tätigkeit bleibt weiterhin unter zumutbaren Bedingungen möglich.Insgesamt trägt der Lotteriestaatsvertrag mit seinem ordnungsrechtlichen Ansatz auch dem so genannten Gambelli-Urteil des Europäischen Gerichtshofes Rechnung. Der Ge- richtshof hat festgestellt, dass der Staat – hier bezogen auf Italien – sich nicht auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung berufen kann, um einschränkende Maßnah- men zu rechtfertigen, wenn er zur Teilnahme an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten mit dem Ziel ermuntert, daraus Einnahmen zu erzielen. Bei der Zulassung von Lotterien und Sportwetten können Beschränkungen zu Gunsten staatlicher Veranstalter nur erlassen werden, wenn sie unter Berücksichtigung der sittlichen und finanziellen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft zum Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung erforderlich sind.Alle Bundesländer sind einvernehmlich der Auffassung, dass der Lotteriestaatsvertrag mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist und mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Warum bedarf es nun darüber hinaus noch eines Regionalisierungsstaatsvertrages? In den letzten Jahren sind verstärkt gewerbliche Spielvermittler aufgetreten, die in ganz Deutschland und zum Teil auch im Ausland Spielteilnehmer akquirieren und Spielverträ- ge an ein oder mehrere Lotto- und Totounternehmen vermitteln.Dadurch kommen die Lotterieerträge aus diesen Spielvermittlungen der Lotto- und Toto- gesellschaft bzw. dem Land zugute, in dem der gewerbliche Spielvermittler die Spielein- sätze tätigt, und nicht dem Land, in dem die Spielteilnehmer ihren Wohnsitz haben, wie es die Lotteriehoheit der Länder vorsieht. Diese Tätigkeiten sind im Grunde nicht zulässig und wurden bisher lediglich geduldet.Daher hatte bereits am 20. September 2001 die Finanzministerkonferenz einstimmig be- schlossen, zukünftig diese Umsätze zu regionalisieren. Daraufhin ist der Entwurf des Staatsvertrages erarbeitet und von der Finanzministerkonferenz am 11. September 2003 genehmigt worden. Mit der Regionalisierung soll durch eine Art Finanzausgleich der -4-rechtmäßige Zustand wieder hergestellt und somit der Lotteriehoheit der Länder Rech- nung getragen werden. Das bedeutet konkret, dass in der jetzigen Situation Schleswig- Holstein Einnahmeverluste wird hinnehmen müssen, da beim NordWestLotto in Schles- wig-Holstein überproportional viele Spieleinsätze von gewerblichen Spielvermittlern ein- gezahlt werden. Schleswig-Holstein müsste also in den sauren Apfel beißen und anteil- mäßig die anderen Bundesländer an seinen Einnahmen beteiligen. Wir wären sozusagen zurzeit Geberland.Abgesehen davon, dass Schleswig-Holstein in anderen Fällen Nehmerland ist und vom Föderalismus ebenso profitiert, kann heute niemand von uns sagen, wie die Aktivitäten der gewerblichen Spielvermittler in Zukunft sein werden. Denn sie können in ein anderes Bundesland wechseln oder es können sich in anderen Bundesländern ebenso gewerbli- che Spielvermittler niederlassen. Dann würde Schleswig-Holstein natürlich auch an den dortigen Einnahmen beteiligt werden. Das heißt, ohne die Regionalisierung bestünde e- benso ein Risiko von Mindereinnahmen, und daher begeben wir uns langfristig auf die si- chere Seite.Die SPD-Landtagsfraktion geht allerdings davon aus, dass die Länder auch alle Einnah- men gemäß dem Regionalisierungsstaatsvertrag melden. Der Finanzausschuss hatte aus gutem Grund sehr kritisch nachgefragt, ob es eine Postwettannahmestelle in Bayern gibt und wenn ja, ob die Einnahmen ebenso regionalisiert werden.Wir haben nicht nur großes Vertrauen in unsere Landesregierung, sondern auch in die bayrische Staatsregierung, dass sie sich an diesen Vertrag hält. Dieses Vertrauen sehen wir bestärkt durch das Schreiben des Staatssekretärs Meyer aus dem bayerischen Fi- nanzministerium an unseren Staatssekretär Döring. In dem Schreiben vom 8. Juni 2004 wird ausdrücklich bestätigt, dass auch die von gewerblichen Vermittlern der Postwettan- nahmestelle in Bayern erzielten Einnahmen nach den Vorschriften des Staatsvertrages der Regionalisierung unterworfen würden. -5-Da hier ein Rechtsstreit der Staatlichen Lotterieverwaltung des Freistaates Bayern an- hängig ist und niemand sagen kann, wie der Prozess ausgeht bzw. wie das Gericht ent- scheidet, möchten wir als SPD-Landtagsfraktion gern Vorsorge treffen. Für den Fall, dass der Prozess für die bayrische Landesregierung negativ ausgeht und die Einnahmen nicht regionalisiert werden können, fordern wir mit unserem gemeinsamen Antrag von SPD und Bündnis90/Grüne in der Drucksache 15/3346 die Landesregierung auf, Neuverhand- lungen aufzunehmen.Im § 5 Abs. 2 des Regionalisierungsvertrages heißt es: „Die nach Abs. 1 vorgenommene Regionalisierung ist zu ändern, sofern sich nachträglich herausstellt, dass unzutreffende Daten zu Grunde gelegt worden sind. Jedes Land ist berechtigt, innerhalb von 2 Jahren nach Ablauf des Jahres, für das die Regionalisierung vorgenommen wurde, eine Prüfung der vorgenommenen Berechnungen zu verlangen.“Und liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich will auch nicht verhehlen, dass wir in diesem Fall ebenso davon ausgehen, dass die Landesregierung prüfen wird, ob nicht auch in Schleswig-Holstein eine derartige Postwettannahmestelle eingerichtet werden kann.Zusammenfassend möchte ich noch einmal betonen: Im Gegensatz zu Ihnen von der CDU und FDP stehen wir zur gesellschaftspolitischen Verantwortung des Staates beim Glücksspiel und bei Lotterien. Mit diesem Staatsvertrag wollen wir das Monopol für staat- liche Lotterien und Wetten sichern. Wir sind grundsätzlich der Auffassung, dass die Lot- teriehoheit der Länder zu beachten ist. Dazu dient der Regionalisierungsstaatsvertrag. Daher werden wir beiden Staatsverträgen unsere Zustimmung geben. Gleichzeitig bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag.