Thomas Rother zu TOP 12: Die Reform ist eine Chance für zweckmäßige und zeitgemäße Polizeiarbeit
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 17.06.2004 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 12 – Polizeiorganisationsgesetz:Thomas Rother:Die Reform ist eine Chance für zweckmäßige und zeitgemäße PolizeiarbeitNach zwei großen Polizeireformen wird mit der Vorlage eines neuen Polizeiorganisati- onsgesetzes die Umsetzung der Ergebnisse der dritten großen Polizeireform auf den Weg gebracht. Nach der Zusammenführung der Aufgabenwahrnehmung von Schutz- und Kriminalpolizei, der Neuordnung der Wachenstruktur wird nun in einem dritten, darauf aufbauenden logischen Schritt die Führungsstruktur der Landespolizei erneuert. Damit kann einerseits der Entwicklung moderner technischer Möglichkeiten Rechnung getragen werden, andererseits kann sich die Polizei aus eigener Kraft finanzielle Handlungsspielräume eröffnen. Alle Gewinne aus der Reform verbleiben im Haushalt der Polizei.Mit der Reform der Führungsstruktur steht die Landespolizei Schleswig-Holstein im Bundesvergleich nicht allein. In vielen Ländern werden diese Strukturen überarbeitet. Allerdings ist der Eingriff in Schleswig-Holstein vergleichsweise am umfangreichsten, weil eine komplette Führungsebene durch die Reform drei entfallen, eingespart und umgesteuert werden kann. Das ist beispielhafter Bürokratieabbau!Und das alles wurde ohne externe Beratung entwickelt, konnte aus eigener Kraft erar- beitet werden. Das hat personelle Kapazität gebunden, aber nicht zu zusätzlichen Ausgaben geführt. Der Praxisbezug kann auf diesem Weg ebenso gesichert werden, weil Praktiker am Werk waren und sind. Und eine weitere Besonderheit: Rund 17,5 % Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: Internet: pressestelle@spd.ltsh.de www.spd.ltsh.de SPD -2-der Polizeibeschäftigten - also gut 1.400 Personen - üben Führungsfunktionen aus. Gut 100 davon haben in den Arbeitsgruppen der Reformkommission mitgewirkt und sich dabei selbst in Frage gestellt. Dafür gebührt den Führungskräften der Polizei ho- her Respekt, denn sie sind in erster Linie das „Umsteuerungspotenzial“, das im Zuge der Reform neue Aufgaben übernehmen werden muss.Polizeiarbeit besitzt in Schleswig-Holstein einen hohen Stellenwert. Das wird nicht nur durch die Focus-Umfrage aus dem Jahr 2002 bestätigt, sondern ist auch ablesbar aus der Politik der Landesregierung, die vom Parlament – in dieser Frage sogar oftmals fraktionsübergreifend – unterstützt wird. Die Verbesserung der Sachausstattung der Polizei ist dafür ein Beleg. EDV, Kraftfahrzeuge, Schutzwesten und die Verbesserung der Gebäudesituation sind die damit verbundenen Stichworte.Die personelle Situation ist etwas schwieriger zu beurteilen. Nach der Vorlage der Ver- teilungskriterien bei der Schutzpolizei ist zu Recht die Frage nach dem Bedarf an Poli- zeikräften gestellt worden. Auch wenn diese Frage wahrscheinlich nie gesichert und zufriedenstellend beantwortet werden kann, ist Bewegung in die Sache gekommen. Das 100-Mann und Frau-Paket in Folge der Terroranschläge des 11. September 2001 wird insbesondere die personelle Situation in den Bereichen Segeberg, Neumünster und Pinneberg verbessern.Die Umsteuerungspotenziale aus der Reform drei werden ebenso der Polizeiarbeit vor Ort zu gute kommen. Damit wird sich auch die Frage nach der Ableistung von Über- stunden relativieren. Der Kernpunkt der Reform „mehr Beamte auf die Straße zu brin- gen“ kann so erfüllt werden. Damit wird sich auch die Besoldungsstufenstruktur der Polizei verbessern. Dort sind wir im Bundesvergleich in den letzten beiden Jahren ab- gerutscht. Beförderungszahlen von rund 1.000 wie in den Jahren 2000 und 2001 wa- ren 2002 und 2003 und werden auch noch 2004 nicht zu finanzieren sein. -3-Auch wenn andere Bereiche der öffentlichen Verwaltung – bei der Polizei arbeiten rund 7.000 Vollzugs-Beamte – von solchen Zahlen nur träumen können, müssen die besonderen Merkmale der Polizeiarbeit auch bei der Besoldung spürbar sein, denn diese Tätigkeit ist anders und wie anders kann jeder bestätigen, der einmal eine Nachtschicht mit einem Schutzmann auf Streife verbracht hat.Es ist in der Vergangenheit immer wieder kritisiert worden, dass zu wenig Polizei „auf der Straße“ ist und dass diese Polizei nicht anständig bezahlt sei. Nun entsteht hier Bewegung nach einem Prozess, der seit gut zwei Jahren läuft. Es wäre gut, das nicht alles auf die lange Bank zu schieben. Ich wäre froh, wenn wir die Reform schon vor zwei Jahren gehabt hätten!In einem beispielgebenden Prozess der Beteiligung von Beschäftigten, von Gewerk- schaften und von Politik sind die Ergebnisse der Reformkommission erarbeitet worden. Daher sollten manche Kritiker bei der Diskussion dieser Ergebnisse auch aufpassen, sich inhaltlich nicht zu überheben. Abwegig ist die im Vorfeld geäußerte Kritik, in dem Gesetzentwurf würden zu viele Regierungsermächtigungen für weitere Regelungen stehen. Das müsse alles ins Parlament gezogen werden. Sonst wollen Sie ja immer die Überregulierung vermeiden – jetzt nicht? Und haben Sie nicht in das geltende POG von 1994 geguckt, wie viele Ermächtigungen dort enthalten sind – nämlich genauso viele – bis auf die in § 13 der Übergangsbestimmungen? Und warum kann dieser Pro- zess nicht einfach weiterhin vom Innen- und Rechtsausschuss begleitet werden?Sie auf der rechten Seite gönnen der Regierung nicht den Erfolg! Gut, das rechtfertigt Ihre Existenz. Aber mit einer Verzögerungstaktik verweigern Sie auch der Polizei die Ernte der Früchte dieses Erfolgs und den Bürgern und Bürgern verweigern Sie ein Stück mehr Sicherheit.• Die neue Struktur der Polizei ist richtig, weil sie führungstechnisch machbar und wirtschaftlich ist. -4-• Die Gründung eines Landespolizeiamtes führt zentral wahrzunehmende Aufgaben in sinnvoller Weise zusammen.• Die Beziehungen der Polizei zu Staatsanwaltschaften und Gerichten sowie der Schutz-, der Kriminal, der Bereitschafts-, der Verkehrs- und der Wasserschutzpoli- zei untereinander sind durch Vereinbarungen und Vorschriften regelbar. Es ist gut dass dort, wo Strukturen nicht vollständig angepasst werden können, ein Probelauf von zwei Jahren und eine Evaluation vorgesehen ist.Natürlich wollen wir nicht – wie mancherseits befürchtet – im Schweinsgalopp ein Ge- setz „durchziehen“. Natürlich wollen wir ein ordentliches Anhörungsverfahren. Natür- lich wollen wir im Ausschuss Fragen stellen, wie zum Beispiel nach der Notwendigkeit der Veränderungen bei der Mitbestimmung. Dennoch ist es richtig, schon jetzt Organi- gramme und Geschäftsverteilungspläne zu erstellen. Es ist richtig, schon jetzt Daten für die personelle Umsetzung der Reformergebnisse zu erheben und Mitarbeiter- Vorgesetzen-Gespräche zu führen. Es ist richtig, schon jetzt Unterbringung- und Um- zugspläne zu erstellen. Und es ist richtig, schon jetzt die vielen Fragen, die sich mit einzelnen Dienststellen befassen, einer Lösung oder einem weiteren Verfahren zuzu- führen.Damit wird kein Parlamentsbeschluss vorweg genommen. Wer sich einmal mit Organi- sationspraxis befasst hat wird wissen, dass zu so einem umfassenden Organisations- vorschlag natürlich auch die entsprechenden Detailregelungen gehören. Das ist Teil des Nachweises der Realisierbarkeit, im Projektauftrag enthalten und in den Informati- onsbriefen nachlesbar. Wie sollte sonst auch die Frage „wie wollen Sie das denn alles umsetzen?“ qualifiziert beantwortbar sein!In einem Unternehmen mit über 8.000 Mitarbeitern wie der Landespolizei ist Organisa- tion ein Dauerprozess. Viele Details der Polizeireform drei sind nicht für die Ewigkeit -5-festgeschrieben. Gerade die Regelung durch Dienstvorschriften – auch dafür gibt’s ja ein Mitbestimmungsverfahren – macht eine flexible Handhabung möglich, weil man- ches auch erst erprobt werden muss. Schon im Entstehungsverfahren hat es ja an der einen oder anderen Stelle bedeutendere Korrekturen gegeben. Die Nachvollziehbar- keit aller Entscheidungen ist gegeben.Also: Es muss niemand Angst haben und auch nicht Angst verbreiten vor der Polizei- reform. Die Reform gibt uns die Chance, in diesem Land Polizeiarbeit in einer zweck- mäßigen Struktur, an zeitgemäß eingerichteten Arbeitsplätzen mit den erforderlichen Arbeitsmitteln und mit ordentlich bezahlen Mitarbeitern zur Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger besser zu leisten. Diese Chance werden wir nicht zerreden, sondern wir werden sie nutzen!