Joachim Behm: Europa braucht Beteiligung
FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Nr. 200/2004 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Ekkehard Klug, MdL Kiel, Freitag, 28. Mai 2004 Parlamentarischer Geschäftsführer Christel Aschmoneit-Lücke, MdL Sperrfrist: Redebeginn Joachim Behm , MdL Günther Hildebrand, MdL Es gilt das gesprochene Wort! Veronika Kolb, MdLEuropa/Europawahl/Europapolitik www.fdp-sh.de Joachim Behm: Europa braucht Beteiligung In seinem Redebeitrag zu TOP 26 (Europapolitik ist Landespolitik) sagte der europapolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Schleswig- Holsteinischen Landtag, Joachim Behm:„Pünktlich zur Europawahl entdecken wir erneut, dass Europapolitik auch Landespolitik ist und geben dies erneut mit einem besonderen Antrag bekannt. Ich denke, wenn nicht in wenigen Tagen die Europa-Wahl anstünde, hätten wir getrost darauf verzichten können. Dieser Landtag hat gewiss in vielen Aussprachen seinen Anteil geliefert, Interesse für die Erfolgsgeschichte der Europäischen Union zu wecken. Dabei wird häufig vergessen, dass mittlerweile ein Großteil der gesetzlichen Regelungen und die Politik in Deutschland vom Europarecht nicht nur beeinflusst, sondern auch bis in das kleinste Detail bestimmt wird. Wir sehen uns dann häufig nur noch in der Rolle, Europa-Recht umzusetzen. Ein aktuelles Beispiel macht dies besonders deutlich: das Landesseilbahngesetz. Zwar ist der höchste Berg, den wir derzeit in Schleswig-Holstein haben, der Schuldenberg, den diese Landesregierung in den letzten 16 Jahren angehäuft hat – doch für die sichere Besteigung dieses Gipfels benötigen wir nicht das Landesseilbahngesetz. Allein dieses Gesetz zeigt, dass nicht nur bei der Umsetzung Europäischer Richtlinien und Verordnungen sondern auch über Förderprogramme und Beschlüsse die Europäische Kommission immer kleinteiliger auf Schleswig-Holstein einwirkt.Die einzelnen Regionen spielen in der Europäischen Union noch immer eine zu geringe Rolle, da diese im Regelfall nicht die Ansprechpartner bei entsprechenden Entscheidungen sind. Zwar wurde durch die Einrichtung eines Ausschusses der Regionen der europäischen Vielfalt an Völkern, Sprachen, Kulturen ein Sprachrohr gegeben – doch leider sind die Möglichkeiten dieses Ausschusses weiterhin zu sehr beschränkt. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2Daran hat auch der vom Konvent vorgelegte Verfassungsentwurf wenig geändert. Diese sehr wichtige Institution des „Ausschusses der Regionen“ hat immer noch zu wenig Gewicht. Neben einer reinen beratenden Funktion hat es lediglich eine Aufwertung im sogenannten „Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit“ gegeben. Das ist einfach zu wenig. Deshalb hat der „Ausschuss der Regionen“ auch zu recht gefordert, dass seine beratende Funktion gerade in den Bereichen der geteilten Zuständigkeit mehr Gewicht haben sollte. Darüber hinaus sollte wir ernsthaft darüber nachdenken, inwieweit ein Recht der Vorabkontrolle über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit durch den „Ausschuss der Regionen“ noch stärker zukommen sollte.Selbst das Europaparlament, zu dessen Wahl allein in Deutschland 63,6 Millionen Menschen, davon 2 Millionen EU-Bürger, am 13. Juni aufgerufen sind, hat leider immer noch zu wenig Einflussmöglichkeiten, um die Interessen der einzelnen EU-Bürger wirksam vertreten zu können. Um so wichtiger ist es deshalb, dass wir in Schleswig-Holstein unseren Einfluss in der EU noch stärker geltend machen. Die Einrichtung des Hanse Office ist dabei ein erster und wichtiger Schritt, um in Brüssel vor Ort eine Vertretung unseres Landes zu etablieren. Der jetzt verabschiedete Chef dieser Einrichtung, der ehemalige Wirtschaftsminister dieses Landes Froschmaier, hat so weit ich das beurteilen kann, einen gewichtigen Anteil am Ansehen des Hanse-Büros. Gleichzeitig wird angesichts der jetzt erweiterten Union immer deutlicher, dass Schleswig-Holstein noch bessere und intensivere Lobbyarbeit vor Ort braucht: Zukünftig werden wir uns auf immer weniger Förderung von Seiten der EU einzustellen haben, da die neuen Mitglieder in der Union die Verbesserung ihrer Strukturen ebenfalls anstreben. Deshalb ist es um so wichtiger, die Informations- und Beratungsstrukturen für Schleswig-Holstein in der Union weiter zu optimieren und auszubauen. Ein wichtiges Anliegen ist es deshalb für mich, dass wir das vorhandene Netzwerk mit den Partnern in den Nachbarstaaten noch enger knüpfen, um die Interessen des Ostseeraumes in der EU noch weiter zu intensivieren.Wenn es stimmt, dass bereits heute die Bundesrepublik mit Abstand der größte Handelspartner mit den am 1. Mai beigetretenen neuen Mitgliedsländern ist und allein durch den „Ost-Handel“ rund 100.000 Arbeitsplätze im deutschen Mittelstand gesichert werden – dann sollte eigentlich Schleswig-Holstein einen wesentlichen Anteil daran haben. Diese Hoffnungen haben sich leider für Schleswig-Holstein nicht erfüllt. Und dies – obwohl mit dem Beitritt der neuen Mitgliedsländer gerade die gesamte Ostseeregion einen immer größeren Stellenwert in Europa einnimmt. Unsere Vorteile, die wir allein aus unserer geografischen Lage hätten ziehen könnten, wurden in den letzten Jahren noch zu wenig genutzt.Anstatt sich immer mehr zu einer Drehscheibe für das nördliche Europa zu entwickeln und damit von den Handelsströmen zu profitieren, begebenChristian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 wir uns in die Gefahr, mittelfristig zu einem Transitland degradiert zu werden.Eine entsprechende Entwicklung zeichnet sich bereits jetzt ab: Nach wie vor hinken wir in der Zahl der Arbeitsplätze und unserer Wirtschaftskraft hinter den westdeutschen Flächenländern hinter her. Firmen wandern in die Metropolregionen – oder gleich in die neuen Mitgliedsländer ab. Dabei hat auch der in den letzten Jahren gewollte und von der EU geförderte Strukturwandel das Land noch lange nicht so weit vorangebracht, dass es inzwischen auf eigenen Füßen stehen könnte. Die Chancen, die durch entsprechende Förderprogramme der EU in der Vergangenheit gegeben worden sind, wurden durch Rot-Grün nicht vollständig ausgeschöpft weil die Möglichkeiten, die geforderten Eigenmittel einzubringen, unserem Land nicht möglich war. Siehe meine Anmerkungen zum Schuldenberg! Stattdessen wurden Erwartungen an die Strukturprogramme der EU, insbesondere von Seiten der Landesregierung geweckt, die sich bei weitem nicht erfüllt haben. Und eine nachhaltige Stärkung der Wirtschaftskraft ist unter den jetzigen Gegebenheiten auch nicht mehr zu erwarten.Europapolitik ist Landespolitik. Ein schönes Schlagwort. Doch leider wird dieses in unserem Land allzugerne dazu missbraucht, erfolglose Landespolitik zu verdecken: Ob beim Ausbau unserer Infrastruktur oder der wirtschaftliche Entwicklung:Immer wieder werden die Vorgaben oder gar Zwänge aus Brüssel vorgeschoben, um eine weitere Entwicklung unseres Landes zu verhindern. Konkrete Beispiele kann ich hier gerne anführen: Sei es der Ausweis der A20 oder die feste Fehmarn-Belt-Querung, sei es der Ausweis von weiteren Gewerbegebieten: Anstatt unser Land wirtschaftlich weiter voranzubringen, werden fleißig und systematisch FFH-Gebiete, Schweinswalschutzgebiete oder auch ganze Landstriche gleich als Vogelschutzgebiete ausgewiesen. Dabei wird immer die gleiche Leier gespielt: Angeblich zwingt Brüssel Schleswig-Holstein dazu das Land nach und nach unter Schutz zu stellen. Dass dabei die Landesregierung sich ab und an dabei selber in die Quere kommt, zeigt dann der Umstand, dass unsere Ministerpräsidentin im Jahr 2004 aus der Zeitung erfahren muss, dass die geplante Fehmarn-Belt- Querung durch einen Bereich verläuft, der bereits seit 2001 als FFH- Gebiet ausgewiesen ist.Europapolitik kann nur dann erfolgreich sein, wenn der Bürger im Land nicht die Erfahrung machen muss, dass die Landespolitik mittlerweile von Brüssel ferngesteuert wird. Dazu gehört für mich ein umfassende und transparente Informationspolitik. Dazu gehört auch, dass dem Bürger deutlich gemacht wird, welche Perspektiven diese rot-grüne Landesregierung in der künftigen Europapolitik verfolgen wird. Denn wenn Europapolitik Landespolitik sein soll – hat diese Politik direkte Auswirkungen auf unser Land.“ Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/