Friedrich-Carl Wodarz zu TOP 19: Wir brauchen mehr marktwirtschaftliche Strategien
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 26.05.2004 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 19 – Maßnahmen gegen den Milchpreis-VerfallFriedrich-Carl Wodarz:Wir brauchen mehr marktwirtschaftliche StrategienDer aktuelle Milchpreis ist eingebrochen. Bauern demonstrieren vor Aldi und Lidl, Bau- ern wollen einen Hof anzünden, das Feuer mit Milch löschen, um zu demonstrieren, dass Milch zurzeit billiger als Wasser sei. Und die CDU-Fraktion im Schleswig- Holsteinischen Landtag stellt unverständliche Anträge im Landtag. Hinzu kommt die EU-Agrarstrukturreform, die zwar in diesen Diskussionsmix mit einbezogen wird, aber in keinem sachlichen Zusammenhang steht.Tatsache ist, dass die Diskussion um die Probleme zeitgleich geführt wird und die CDU in der Öffentlichkeit munter in unzulässiger Weise alles miteinander vermischt. Tatsache ist, dass wir eine Überproduktion an Milch haben, trotz oder wegen der vor- handenen Regulierungen, wie Quotierung oder Saldierung. Das hat zur Folge, dass der Milchauszahlungspreis in den letzten Jahren von netto ca. 32,06 Cent/kg in 2001 auf ca. 26 Cent/kg zurückgefallen ist.Nun wäre es angesichts dieser Situation vielleicht konsequent, die Quoten zu reduzie- ren. Bauernpräsident Sonnleitner fordert z. B. eine Kürzung um 5 %. Doch so einfach funktioniert es auf einem planwirtschaftlichen Markt leider nicht. Zunächst wehrten sich die südlichen EU-Länder gegen eine Quotenkürzung und erreichten gemäß den sog. Luxemburger Beschlüssen eine Erhöhung der nationalen Referenzmengen von 1,5 % für das Jahr 2006, gegen den Willen der Bundesregierung deren Position wir Schleswig- unter- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: Internet: pressestelle@spd.ltsh.de www.spd.ltsh.de SPD -2-stützen. Zum anderen führt nach Einschätzung der Zentralen Markt- und Preisbe- richtsstelle (ZMP) eine Kürzung zu einem erhöhten Quotenpreis und zu einem ver- mehrten Zustrom von Importen. So werden nennenswerte Preisvorteile für den Land- wirt nicht herauskommen.Weiterhin fordert die CDU die Abschaffung der Saldierung der Milchquotenunterliefe- rung und -überlieferung. Haben Sie einmal bedacht, wen Sie damit ansprechen? Es sind die leistungsfähigen Betriebe, die sich auf den Wettbewerb ausrichten. Bauern- präsident Steensen kritisiert: „Einige Berufskollegen powern bei der Milcherzeugung voll durch, in der Hoffnung, dass andere unterliefern.“ Klartext: Arbeitet nicht so effek- tiv. Diesen Landwirten so ins Gewissen zu reden ist planwirtschaftliche Romantik. Gleichwohl hat er das Problem auf den Punkt gebracht, wenn er sagt: „Das ist brutaler Wettbewerb. Wir haben zu viel Milch.“Wenn wir die betriebsindividuellen Prämienrechte im Zuge der Entkoppelung und auch die Quoten abschmelzen werden, so werden wir auf diesem Markt noch mehr Wettbe- werb haben.Auch unter den heutigen Bedingungen gelten einige Parameter, die in dem CDU- Antrag gar nicht angesprochen werden. Die großen Discounter tragen sicherlich zu dem Preisverfall bei, doch muss die Frage erlaubt sein, wer ihnen denn die günstigen Preise anbietet. Es sind die großen Meiereien, die sich auf diesen ruinösen Wettbe- werb einlassen. Meiereien, die meist genossenschaftlich organisiert sind und in deren Aufsichtsräten Landwirte sitzen.Auf dem Milchforum der ZMP in Berlin wurden richtige Strategien diskutiert: • Kostenführerschaft • Strategische Allianzen für Absatz und Bezug • Hohe Wertschöpfung durch die Erzeugung von Premiumprodukten • Ausrichtung als regionale Spezialisten (natürlich begrenzt) -3-Der Milchindustrieverband sieht daneben durch die EU-Erweiterung Chancen für die deutsche Milchwirtschaft, insbesondere für qualitativ hochwertige und innovative Pro- dukte. Das sind marktwirtschaftliche Strategien, wie sie eine Marktwirtschaft einfordert.Der CDU-Antrag macht wieder einmal deutlich: Sie reden in der Landwirtschaftspolitik zwar von Marktwirtschaft, sind aber tief in planwirtschaftlichem Denken verhaftet und rufen nach dem Staat. In der Sache lehnen wir Ihren Antrag ab.Da das Thema den betroffenen Landwirten unter den Nägeln brennt und diskutiert werden muss, schlage ich Überweisung des Antrages zur abschließenden Beratung in den Agrarausschuss vor.