Karl-Martin Hentschel zur grünen norddeutschen Hafenkonferenz
Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Bundestagsfraktion GAL-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft Telefax: 0431/988-1501 Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Mobil: 0172/541 83 53 Landtagsfraktion Niedersachsen E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.gruene-landtag-sh.de Nr. 176.04 / 10.05.2004Gemeinsame Initiative der norddeutschen Grünen:Hafenentwicklung als nationale AufgabeAnlässlich der der bündnisgrünen norddeutschen Hafenkonferenz „Europäische Hä- fen zwischen Konkurrenz und Kooperation“ (heute) in Hamburg erklärte der Bundes- tagsabgeordnete Rainder Steenblock: „Der durch die Erweiterung der Europäi- schen Union und die Globalisierung boomende Containerverkehr darf nicht zu einem weiteren Ausbau- und Subventionswettlauf der norddeutschen Häfen führen. Es ist an der Zeit, eine volkswirtschaftlich sinnvolle, nachhaltige und alle Interessen be- rücksichtigende Hafenentwicklung auch als nationale Aufgabe zu begreifen.“Wenn die Bundesrepublik sich in der europäischen und weltweiten Konkurrenz der Häfen behaupten wolle, dann dürfe Hafenpolitik nicht nur als regionale Struktur- und Wirtschaftspolitik der Länder begriffen werden. Es könne nicht sein, so Steenblock, dass wie bisher mit Geldern des Bundes die innerdeutsche Hafenkonkurrenz finan- ziert werde. Die wichtigen, weltweit und überregional bedeutsamen Häfen wie Ham- burg, Bremerhaven, der Ölterminal Wilhelmshaven, und der geplante neue Tiefwas- serhafen hätten einen so hohen wirtschaftlichen Stellenwert für die Bundesrepublik, der bisher nicht angemessen berücksichtigt werde. Steenblock: „Wir müssen die Tradition der `Hanse´ neu definieren: Nicht mehr der einzelne Hafenstandort, son- dern die Wirtschaftsregionen müssen Bezugspunkte der Hafenpolitik sein. Dem Bund sollte dabei die Aufgabe der Entwicklung von Infrastrukturen des globalen Wa- renaustauschs, den Länder die für den regionalen, innereuropäischen Warenver- kehrs zukommen.“Zur Elbvertiefung stellt Karl-Martin Hentschel, Fraktionsvorsitzende im Landtag Schleswig-Holstein fest: „Die bündnisgrünen Hafenpolitiker sind sich einig in der Ab- lehnung der von Hamburg geplanten weiteren Vertiefung der Fahrrinne der Elbe.1/4 Dagegen sprechen nicht nur ökologische Gründe, sondern es ist auch zu bezweifeln, dass die Kosten von jeweils mehreren 100 Millionen Euro sowohl für die Elbvertie- fung als auch für den Bau des Tiefwasserhafens Wilhelmshaven volkswirtschaftlich vertretbar sind. Die knappen Steuermittel müssen sinnvoll eingesetzt werden.“Der hafenpolitische Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion Jens Kerstan forderte den Hamburger Senat auf, mit dem Bund und den Nachbarländern über den Bau ei- nes Tiefwasserhafens erneut Gespräche aufzunehmen. Kerstan: “Ein gemeinsames Projekt Tiefwasserhafen bietet die große Chance einen ruinösen Ausbauwettlauf der norddeutschen Länder zu Lasten der öffentlichen Haushalte zu verhindern. Der Standort Cuxhaven als Ergänzungshafen Hamburgs sollte dabei erneut ernsthaft geprüft werden.“ ***Anlage:Arbeitspapier der hafenpolitischen Sprecher der GRÜNEN Landtagsfraktionen aus Norddeutschland und der Bundestagsfraktion1.) Das Schiff ist das Transportmittel Nummer 1. 60 Prozent aller Exporte (in Ton- nen) und 91 Prozent aller Transportleistungen im Export (in Tonnen-Kilometer) erfolgen mit dem Schiff, nur 6 Prozent dagegen mit dem LKW (siehe „Verkehr in Zahlen“ des BMVBW). Wir wollen, wo möglich, weitere Verkehre nach der Philo- sophie „road to sea“ verlagern. Deshalb betrachten die norddeutschen GRÜNEN die Leistungssteigerung, den Ausbau der Häfen als eine wichtige nationale Auf- gabe. Häfen verbrauchen generell viel Fläche. Eine Optimierung vorhandener Kajen geht immer mit der Erhöhung der Produktivität einher, macht Hafenneu- bauten oft überflüssig und schont damit wertvolle Uferlandschaft.2.) Wir setzen uns für eine Arbeitsteilung der norddeutschen Häfen ein. Dabei sind drei Typen zu unterscheiden: • Intercontinental Hubs mit Wassertiefen von 14 bis 20 Metern. Davon gibt es nur wenige auf jedem Kontinent. Sie sind in erster Linie Umschlaghäfen von Schiff zu Schiff. • Die Mehrzahl der klassischen Universalhäfen wie Hamburg und Bremerhaven hat Wassertiefen zwischen 12 und 14 Metern. Ihre Stärke ist die weit entwi- ckelte Infrastruktur und Hinterlandanbindung an Schiene, Straße und Binnen- schifffahrt. • Die Vielzahl der kleineren Häfen, die durch Feeder-Verkehre und Short-Sea- Shipping geprägt sind, wie sie für die Ostsee typisch sind (Kiel, Lübeck, Ros- tock usw.). 3.) Aus ökologischen und ökonomischen Gründen ist eine vertiefte Arbeitsteilung zwischen den deutschen Nordseehäfen in einem abgestimmten Konzept erfor- derlich. Für große Containerschiffe mit Ladekapazitäten von 7.000 bis 12.000 TEU reicht ein deutscher Tiefwasserhafen mit mehr als 16 m Fahrwassertiefe aus. Deshalb unterstützen wir den Bau eines solchen Tiefwasserhafens in der Deutschen Bucht mit arbeitsplatzschaffender Wertschöpfung unter der Voraus- setzung einer maßgeblichen privatwirtschaftlichen Finanzierung der Infrastruktur und der Suprastruktur. Die einfachere Möglichkeit, zu einer Arbeitsteilung mit Hamburg zu kommen und die für Feederverkehre in die Ostsee optimale Lage (Nord-Ostsee-Kanal) spricht dafür, alternativ zu Wilhelmshaven auch den Stand- ort Cuxhaven als deutschen Tiefwasserhafen mit Ergänzungsfunktion für Ham- burg erneut zu prüfen. Aufgabe der Hafenpolitik muss auch sei, die Entwicklung nachhaltiger, umsetzbarer Modelle zur privaten Finanzierung der Hafeninfrastruk- tur zu befördern.4.) Eine weitere Vertiefung der Elbe und der Weser ist ökonomisch und ökologisch nicht sinnvoll, da bei weiteren Größensteigerungen der neuen Klasse von Con- tainerschiffen diese Schiffe voll beladen auch bei weiteren Elb- bzw. Weservertie- fungen nicht mehr Hamburg oder Bremerhaven anlaufen können. Auch in Zu- kunft wird die große Mehrzahl der Schiffe mit Wassertiefen von bis zu 14 Metern auskommen, da größere Schiffe voll beladen nur eine begrenzte Anzahl von Hä- fen anlaufen können. Deshalb ist der weitere Ausbau der Flüsse nicht zu recht- fertigen, da er mit großen ökologischen Problemen, mit Gefahren für die Küsten- sicherheit und mit immensen Kosten verbunden ist, ohne die angestrebten Ziele erreichen zu können.5.) Hamburg, Bremerhaven und die Feederhäfen brauchen leistungsfähige An- schlüsse an Schiene und Kanäle. Wir setzen uns deshalb für den Ausbau der er- forderlichen Infrastruktur ein und begrüßen die Aufnahme der Verkehrsanschlüs- se an die Hafeninfrastrukturen in den Bundesverkehrswegeplan. Der Schiff/Schiff-Umschlag auf Feederschiffe als Alternative zum Weitertransport mit LKW muss ausgebaut werden (short-sea-shipping).6.) Um mehr Verkehre auf die Schiene zu verlagern, brauchen wir die Ausweisung und den Neubau von Hauptstrecken für den Güterverkehr von den Häfen zu den wichtigsten Bevölkerungs- und Wirtschaftszentren, die unabhängig von den Hochgeschwindigkeitstrassen für den Personenverkehr sind. Dazu gehört auch der Bau der Y-Trasse Hamburg-Bremen-Hannover als Hochgeschwindigkeits- trasse, um auf den bestehenden Trassen Raum für Güterverkehre zu schaffen. Wir setzen uns dafür ein, die Schienenprojekte des vordringlichen Bedarfs im BVWP im norddeutschen Raum, trotz Mautausfall schnellst möglichst zu verwirk- lichen.7.) Wir unterstützen ebenso den verträglichen Ausbau der Binnenwasserstraßen wie den Elbe-Seitenkanal und den Elbe-Lübeck-Kanal und ihre Aufnahme in das TEN-Programm der EU den Bundesverkehrswegeplan.8.) Die steigende Größe der Feederschiffe bis zu 1000 TEU erfordert einen Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals zwischen Königsförde und Kiel-Holtenau, zumindest aber eine Entschärfung der Kurven auf dieser Strecke. Diese Ertüchtigung des NOK wird von den GRÜNEN mitgetragen. 9.) Hafengebühren sind so zu gestalten, dass der Einsatz emissionsarmer, umwelt- verträgliche Schiffe (green-shipping) belohnt wird. In den Häfen muss die Alt-Öl- Entsorgung kostengünstig angeboten werden. Wir fordern eine Ausweitung der Lotsenpflicht für unfallträchtige Schiffsrouten, wie in der Kadetrinne.Karl-Martin Hentschel, Mitglied im Landtag Schleswig-Holstein Hans-Joachim Janßen, Mitglied im Landtag Niedersachsen Jens Kerstan, Mitglied der Hamburger Bürgerschaft Peter Lehmann, Mitglied der Bremer Bürgerschaft Rainder Steenblock, Bundestagsabgeordneter