Detlef Matthiessen zur FFH- und Vogelschutzrichtlinie
Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 39 – Umsetzung von FFH- und Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Vogelschutzrichtlinie Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Dazu sagt der umweltpolitische Sprecher Telefax: 0431/988-1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Detlef Matthiessen: Internet: www.gruene-landtag-sh.de Nr. 162.04 / 30.04.2004CDU macht Parteipolitik und keinen NaturschutzKeine Landtagssitzung ohne einen CDU-Antrag zu Natura 2000! Der Antrag von Frau Todsen-Reese und ihrer Fraktion mutet schon eher wie eine Presseerklärung an. Wenn ich mir die Vorwürfe betrachte, die dort gegen die Landesregierung erhoben werden, muss ich unwillkürlich an die schlichtweg falsche CDU-Presse denken, die sich Frau Todsen-Reese und Herr Schlie nach ihrem Brüssel-Ausflug im März erlaubt haben, in- dem der Kommission Dinge unterstellt wurden, die so gar nicht gesagt wurden.Für die Debatte im parlamentarischen Raum halte ich es geboten, nüchtern, sachlich und profunde vorzugehen. Die CDU drückt ihre Missbilligung über die „nicht frühzeitige Ein- beziehung aller Beteiligten und Betroffenen“ aus. Dazu ist erstens zu sagen, dass das Beteiligungsverfahren vollkommen ordnungsgemäß und fristgerecht eröffnet wurde. Ein- zelheiten entnehmen Sie bitte den entsprechenden Amtsblättern.Zweitens erweist sich die Naturschutzpolitik von Herrn Kayenburg, Frau Todsen-Reese und Fraktion als außerordentlich widersprüchlich. In dem CDU-Entwurf für ein neues Landesnaturschutzgesetz vom 29.11.2002 Unterabschnitt 3, Paragraf 21 Abs. 1 ist zu le- sen: „Die Gebiete, die der Kommission von der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG zu benennen sind, werden nach den in dieser Bestim- mung genannten Maßgaben durch die oberste Naturschutzbehörde aus-gewählt.“ Und nun kommt es:Abs. 2 des CDU-Vorschlages, der ja glücklicherweise keine Mehrheit hier im Hause ge- funden hat, besagt, dass die oberste Naturschutzbehörde die Betroffenen, die Behörden und die öffentlichen Planungsträger sowie die nach Paragraf 45 anerkannten Vereine über die ausgewählten Gebiete lediglich „informiert“. Möglichkeiten einer Bürgerbeteili- gung? Fehlanzeige!1/3 Mit keinem Wort ist in dem CDU-Gesetzentwurf zur Novellierung des Landesnatur- schutzgesetzes die Rede von Beteiligungsverfahren im Rahmen der Benennung von FFH- und Vogelschutz-Gebieten. Und jetzt, wo sich auf Eiderstedt die - von einermögli- chen Ausweisung betroffenen - Bürgerinnen und Bürger lautstark melden, präsentiert sich die CDU als eiserne Verfechterin von Bürgernähe und Transparenz und wirft der Landesregierung vor, viel zu wenig zu tun.Da die Debatte gewissermaßen zu einem Evergreen avanciert, erlaube mir auch noch andere Töne aus vergangenen Tagen wiederzugeben. Der Landesnaturschutzverband Schleswig-Holstein, in dem nicht nur die anerkannten Naturschutzverbände in Schleswig- Holstein , sondern auch der Landesjagdverband, der Sportfischerverband, der Schles- wig-Holsteinische Heimatbund und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald organisiert sind, bezogen in der Anhörung der Verbände am 5.3.2003 im Umweltausschuss folgen- dermaßen zum Thema Beteiligung bei Natura 2000-Benennungen Stellung:„Die Öffentlichkeitsbeteiligung nach Paragraf 20 b Abs. 1 des Landesnaturschutzgeset- zes erhöhe die Akzeptanz der ... Grundstückseigentümer und komme der Umsetzung zugute. Nicht nur in der Begründung, auch im Gesetzestext sollte in den Absätzen 1 und 2 von „ausschließlich“ fachlichen Auswahlgründen die Rede sein.“Und ganz genau diesen Weg beschreitet das Umweltministerium dankenswerterweise, so wie es die EU-Vorschriften verlangen.Zehn schleswig-holsteinische Naturschutzorganisationen haben sich fachlich hinter die Landesregierung gestellt.Ich möchte einen weiteren Punkt aufgreifen, der in dem Antrag der CDU, ebenso wie in der verzerrenden Darstellung der Rolle der EU, in der oben genannten Presseerklärung zum Tragen kommt. Selbstverständlich trägt das Land und letztlich der Bund die Verant- wortung für die Umsetzung der beiden Richtlinien – wer sonst? Auf eine Änderung der EU-Richtlinien zu verweisen, kann ich nur als plumpes Ablenkungsmanöver deuten. Mir ist nicht bekannt, dass sich irgendein EU-Parlamentarier der CDU für eine aktuelle Ände- rung der Natura 2000 Richtlinien eingesetzt hätte. Richtlinien, die eine Unionsgetragene Bundesregierung 1979 und 1992 mitentwickelt und verabschiedet hat. Sie können doch an richtiger Stelle auf der EU-Ebene aktiv werden, wenn sie die Richtlinien ändern wol- len.Wir, das heißt das Land Schleswig-Holstein, stehen in der Pflicht, die Richtlinien umzu- setzen. Sie sind doch im Grunde froh, dass nicht Sie es sind, sondern ein grüner Minis- ter. Sie würden ganz anders reden, wenn Sie an der Regierung wären, siehe das Bei- spiel der bayerischen Landesregierung. Schauen Sie doch einfach mal in den Newsletter der EU-Kommission, wo Deutschland den vorletzten Tabellenplatz bei der Umsetzung der FFH-Richtlinie einnimmt, und bei der Vogelschutz-Richtlinie stehen wir auch nicht besser da. Glauben Sie allen Ernstes, dass sich das Vertragsverletzungsverfahren in Luft auflösen wird? Wie der Umweltminister im letzten Plenum bereits aufzeigte, nehmen sowohl Bürgerin- nen und Bürger als auch Verbände, Behörden, Körperschaften und Vertreter der Wirt- schaft ihr Recht war. 2.700 Einwendungen sind bis dato beim Ministerium eingegangen. Im Übrigen hat die Landesregierung die Anhörungsfristen deutlich über die gesetzlich er- forderlichen Zeiträume hinaus verlängert. Was soll eine noch größere Fristverlängerung bitteschön bringen? Sie wollen den Konflikt, den sie selber kräftig schüren, doch am liebsten möglichst direkt in den Wahlkampf schieben.Es ist von den wirtschaftlichen Einbußen die Rede, die eine Meldung als FFH- oder/und Vogelschutz-Gebiet nach sich ziehen würde. Selbst der Tourismus würde leiden - so von Landrat Bastian auf der Anhörung zur Vorstellung des Gutachtens des Kölner Büros für Faunistik.Ich bezweifle, dass der massive Streit um Eiderstedt zu einem touristischen Imagege- winn für die Region führt.Unsere touristischen Gäste wollen gern ihren Urlaub in einer naturnahen Landschaft er- leben. Sie wollen die kräftigen Mastrinder auf Eiderstedts fetten Weiden sehen. Sie wol- len auch Wiesenvögel und Natur sehen. Die Landwirte tragen mit ihrer Wirtschaft einen wichtigen Teil zum Erhalt der Kulturlandschaft bei. Meine Fraktion legt Wert darauf, diese z.B. für die Wiesenvögel wertvollen vielfältigen Lebensräume langfristig zu erhalten – und zugleich alle Hebel in Bewegung zu setzen, um der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein eine wirtschaftliche Perspektive zu geben. Naturschutz und Landwirtschaft, das muss kein Gegensatz sein.Die CDU überspannt den Bogen völlig. Was steckt dahinter, wenn der Landtagskollege Feddersen, wenn der CDU-Landrat Bastian davon reden, dass sie sich nicht vorstellen können, dass die Trauerseeschwalbe auf Eiderstedt überlebt? Von Bauern habe ich sol- che Töne nicht gehört. Die CDU ist an einer sachgerechten Lösung der Probleme nicht interessiert, sondern nur an Taktik im Hinblick auf die Landtagswahl. Die FDP ist sowieso gegen Naturschutz.Ich bin fest davon überzeugt, dass der Naturschutz nicht negative wirtschaftliche Folgen hat. In vielen Fällen werden wir mit Naturschutz mehr Geld für die Region organisieren können als ohne.Das jetzt vorgestellte Gutachten des Kölner Büros für Faunistik muss als eine Meinung von mehreren sorgfältig in die Diskussion einbezogen werden.Aus diesen Gründen appelliere ich zum wiederholten Male für einen konstruktiven Um- gang mit den Natura 2000-Meldungen. Für Kommunen, Wirtschaft, Tourismus, Planer schaffen wir mit dem Abschluss des Verfahrens im Sommer 2004 Planungs- und Rechtssicherheit. Die Ausweisung, gekoppelt mit Angeboten des Landes für Vertragsna- turschutz, bleibt aus unserer Sicht für LandwirtInnen und die zu schützenden Lebens- räume weiterhin der am besten gangbare Weg. ***