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30.04.04
15:05 Uhr
CDU

Herlich Marie Todsen-Reese: Ministerpräsidentin ist bei

Nr. 234/04 30. April 2004


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Umweltpolitik TOP 39 Herlich Marie Todsen-Reese: Ministerpräsidentin ist bei NATURA 2000 in der Verantwortung Seit Wochen und Monaten erleben wir alle die heftigen Auseinandersetzungen um die Umsetzung von NATURA 2000 in unserem Land. Heute haben wir die letzte Chance, die Notbremse zu ziehen, damit "NATURA 2000" nicht endgültig zum Fiasko für Schleswig-Holstein wird.
Darum haben wir unseren Antrag gestellt! Die zunehmende parteiübergreifende Kritik im Land, aber auch in anderen Fraktionen in diesem Haus, hatten mich hoffen lassen, dass noch eine Korrektur des unseligen Müller-Kurses möglich wäre. Der Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90 / Die Grünen verhindert diese dringend erforderliche Kurskorrektur.
Und darum, Frau Ministerpräsidentin, sind Sie jetzt gefordert!
„Es ist kein butterweicher Appell, sondern eine unmissverständliche Forderung: Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin soll den Vogelschutzkonflikt auf der Halbinsel Eiderstedt zur Chefsache machen … Wir erwarten das von Heide Simonis“. „Alles muss völlig neu bewertet und fair abgewogen werden, und zwar nicht vom Umweltminister, sondern mit der Autorität der Ministerpräsidentin“. Dieses – liebe Kolleginnen und Kollegen – sind nicht meine Worte, sondern ein Zitat der SPD- Fraktionsvorsitzenden im Nordfriesischen Kreistag, Anke Rönnau, und ihres Stellvertreters, Thomas Nissen, aus dem Nordfriesland-Tageblatt vom 24.04.2004.
Ich kann nur sagen: Recht haben Sie!
Diese Forderung gilt allerdings nicht nur für das geplante Vogelschutzgebiet auf Eiderstedt, sondern für alle in Frage stehenden Problemgebiete, z. B. im Bereich der Eider-Treene-Sorge-Niederung, auf Fehmarn, im Bereich Großbrode, für Neustadt und die Kaltenkirchener Heide.
Spätestens die Gutachten des Kölner Instituts für Faunistik zu Eiderstedt, dem ETS- Gebiet sowie zu geplanten Vogelschutzgebieten im Norden Ostholsteins, die vor wenigen Tagen vorgelegt worden sind, belegen eindrucksvoll unsere wiederholte Kritik: Der Umweltminister ist bei der Gebietsauswahl – insbesondere der 3., 4. und 5. Tranche – weit über das erforderliche Ziel hinausgeschossen.
Die Informationen und Aussagen der letzten Tage in diesen Gutachten bestärken uns in unserer seit Monaten gebetsmühlenartig vorgetragenen Kritik, die wir mit unserem heutigen Antrag erneut vorbringen: Herr Minister Müller, Sie haben bei der Umsetzung der EU-Vogelschutzrichtlinie und der FFH-Richtlinie grobe handwerkliche Fehler gemacht:
• Fehlende bzw. veraltete Daten, eine mangelhafte Strategie und Transparenz sowie das fehlende naturschutzfachliche Konzept, das diesen Namen auch wirklich verdient, sind dafür kennzeichnend. • Bei den Vogelschutzgebieten haben Sie es versäumt, vorher zu überprüfen, inwieweit die wertgebenden Vogelarten bereits in ausreichender Anzahl und gleichmäßiger Verteilung in den NATURA 2000-Gebieten der ersten und zweiten Tranche vorhanden sind. Dieser Fehler wäre zu vermeiden gewesen, wenn Sie von Anfang an ein in sich schlüssiges Konzept gehabt hätten, in dem alle in Frage kommenden Gebiete in Schleswig-Holstein einer zeitgleichen Bewertung, Abwägung und Entscheidung unterzogen worden wären. • Dass Sie dieses Konzept – trotz aller ihrer gegenteiligen Behauptungen – nie in der notwendigen Qualität gehabt haben, belegt allein die Tatsache, dass Sie immer wieder neue Tranchen nachgeschoben haben.
Sie gehen bei der Umsetzung von "NATURA 2000" über die Vorgaben der EU- Richtlinien hinaus. Gerade dieser Vorwurf ist durch das Kölner Büro für Faunistik eindrucksvoll belegt worden.
Freuen Sie sich doch über das große Lob von Herrn Dr. Esser, dass Sie bereits mit der Meldung der 1. und 2. Tranche, sowohl im nationalen und internationalen Vergleich – Spitze sind.
Dazu gehört natürlich, dass man ehrlicherweise auch in Schleswig-Holstein die Wasserflächen in die Bilanzierung mit einbeziehen muss. Es gibt keine Begründung dafür, sich in dieser Frage anders zu verhalten, als andere Staaten, so zum Beispiel Dänemark, das von der EU-Kommission als vorbildlich bewertet wird.
Wie sagte Dr. Esser so klar: Die Landesregierung sollte die Meldungen der 1. und 2. Tranche mit ihrer Gebietskulisse gegenüber der EU-Kommission offensiver als ausreichend und damit als Erfolg verkaufen. Sonst sind Sie doch auch so gut darin sich gut zu verkaufen, Herr Minister – warum hier nicht?
Und um abwertenden Äußerungen über das Kölner Büro für Faunistik gleich zu begegnen – es handelt sich hierbei nicht um irgendein „Feld-, Wald- und Wiesen- Institut“, sondern um ein außerordentlich renommiertes Büro, das u. a. bereits für das Umweltbundesamt, verschiedene Landesämter für Natur und Umwelt, z. B. auch in NRW und für den BUND tätig war.
An dieser Stelle will ich dann auch noch einmal mit dem ewigen Märchen des Umweltministers von der fordernden zwingenden EU-Kommission aufräumen. Herr Minister Müller, Sie haben bei den Menschen hier im Land – aber auch bei uns hier im Parlament – immer wieder den Eindruck erweckt, dass Sie von der EU- Kommission gezwungen würden, nicht nur die EU-Richtlinien umzusetzen, sondern ganz bestimmte Gebiete zu melden.
Reisen bildet, Herr Minister! Wir haben bei unserem kürzlichen Besuch in Brüssel von der für Deutschland zuständigen Mitarbeiterin der Generaldirektion Umwelt in der EU-Kommission dazu klare gegenteilige Aussagen erhalten.
Es wurde unmissverständlich erklärt, dass die Umsetzung der Richtlinien im Rahmen von NATURA 2000 und deren Detail-Ausgestaltung ausschließlich Sache der Mitgliedsstaaten und in unserem Fall der Landesregierung Schleswig-Holstein sei.
Dies gilt insbesondere für die Auswahl und Benennung der einzelnen Gebiete. Und lassen Sie mich gleich mit Ihrem weiteren Märchen über enge Fristsetzungen aufräumen.
Schon bei vergangenen Tranchen haben Sie in den Beteiligungsverfahren den Kommunen sowie den betroffenen Menschen viel kürzere Fristen zugestanden, als es Ihnen auf Grund viel weitreichenderer Fristen gegenüber der Bundesregierung und der EU-Kommission möglich gewesen wäre.
Sie haben in Kenntnis einer außerordentlich schwierigen Materie unanständig kurze Fristen gesetzt, völlig unzureichende Planunterlagen versandt und sich dann über die eingegangenen Stellungnahmen mokiert. Das war der unanständige Versuch, die Betroffenen und Beteiligten mundtot und unglaubwürdig zu machen, um sie anschließend mit Ihrer überzogenen Gebietskulisse über den Tisch zu ziehen.
Wir haben auch zum Thema Fristen eine klare Auskunft in Brüssel erhalten. Im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens der EU-Kommission gegenüber der Bundesrepublik Deutschland zur Umsetzung der FFH-Richtlinie hat man sich hinsichtlich der Fristen darauf geeinigt, dass Deutschland die FFH-Meldung abschließend bis zum Februar 2005 an die Kommission vornehmen soll.
Und deshalb frage ich Sie an dieser Stelle, Herr Minister Müller: Wann haben Sie eigentlich welche Gespräche bei der Kommission geführt? Ist es richtig, dass Sie erst Tage nach dem Besuch der CDU-Landtagsfraktion in Brüssel vorgesprochen haben?
Wie kommen Sie vor dem Hintergrund dieser Fristen eigentlich dazu, Herr Minister, erneut die viel zu knapp bemessene Frist bis Ende Mai 2004 für die Möglichkeit Stellungnahmen abzugeben, zu setzen? Gegenüber der EU-Kommission ist also offensichtlich noch ausreichend Zeit und darum fordern wir Sie heute mit unserem Antrag auf, die Frist bis zum Ende Jahres 2004 zu verlängern.
Diese Fristverlängerung ist angesichts der Aussagen und Ergebnisse der bereits erwähnten neuen Gutachten, unabdingbar erforderlich geworden. Wir müssen uns noch einmal grundlegend mit der naturschutzfachlichen Notwendigkeit der gesamten Gebietskulisse – von der 1. bis zur 5. Tranche – in aller gebotenen Sachlichkeit auseinandersetzen.
Dazu gehört als allererstes, dass die Landesregierung das lange angemahnte und längst überfällige naturschutzfachliche Konzept endlich erstellt. Nach allen bisher gemachten Erfahrungen sollte diese Überprüfung der geplanten Gebietsmeldungen aller Tranchen und das daraus entwickelte Konzept nicht mehr unter der Federführung des Umweltministers erfolgen. Vielmehr, Frau Ministerpräsidentin, sollten Sie es zur Chefsache erklären und eine unabhängige Instanz mit der Prüfung und Erarbeitung beauftragen.
Nach meinem Eindruck haben wir nur eine leise Ahnung davon, wie die bisherige Gebietsauswahl und Meldung erfolgt ist. Auch hier gibt es aus meiner Sicht viele Ungereimtheiten und Aufklärungsbedarf. Das gilt sowohl für die angewandte fachliche Systematik, als auch für die Gutachterauswahl und die Rolle und Bedeutung der Naturschutzverbände mit ihren so genannten „Schattenlisten“.
Es fällt schon auf, dass es in Schleswig-Holstein offensichtlich eine sehr einseitige Vergabe von Gutachteraufträgen an den NABU gegeben hat. Es ist auch bemerkenswert, dass die Kommission nach Aussage des Landesgeschäftsführers des NABU Schleswig-Holstein die Naturschutzverbände ausdrücklich um Stellungnahme gebeten hat.
Es regt die Phantasie an, wenn man weiß, dass die für Deutschland zuständige Mitarbeiterin der Generaldirektion Umwelt in Brüssel aus dem Umweltministerium der grünen Ministerin Frau Höhn in Nordrhein-Westfahlen stammt und dass der zuständige Abteilungsleiter im Bundesumweltministerium des grünen Bundesministers Trittin ein früherer Präsident des NABU-Deutschland ist.
Wenn man hört, dass der grüne Umweltminister in Schleswig-Holstein etwa einmal im Monat insbesondere mit Vertretern des NABU die Leitlinien der Umweltpolitik ausrichtet, dann frage ich mich, ob der grüne Umweltminister in Schleswig-Holstein nun zum Erfüllungsgehilfen des NABU mutiert ist, oder aber, ob es nicht viel wahrscheinlicher eine ganz bewusst eingegangene Allianz zwischen ihm und dem NABU gibt, die gemeinsame Ziele verfolgt:
Sie wollen gemeinsam „NATURA 2000“ und die EU-Kommission nutzen, um im Rahmen einer dogmatischen Naturschutzpolitik eine viel umfangreichere Gebietskulisse zu melden, als es auf Grund der EU-Richtlinien und naturschutzfachlich erforderlich gewesen wäre.
Unabhängig davon verstärkt sich der Eindruck, dass hierdurch eine knallharte Klientelpolitik betrieben wird, um im Jahr 2005 ein gutes Wahlergebnis für die Grünen einfahren zu können. Das ist in bestimmten Grenzen sicherlich verständlich. Diese Grenzen werden jedoch überschritten, wenn die Profilierung auf dem Rücken Schleswig-Holsteins und insbesondere auf dem Rücken der Menschen im ländlichen Raum ausgetragen wird.
Abschließend fasse ich unsere wichtigsten Forderungen zusammen:
- Wir brauchen umgehend das naturschutzfachliche Konzept. Ziel muss sein, eine Gebietskullisse für Schleswig-Holstein zu entwickeln, die den Ansprüchen der EU-Richtlinien genügt, aber nicht über dieses Ziel hinausschießt.
- Das erfordert aktuelle Daten und Planunterlagen. Es muss einen bundesweiten Abgleich der geeignetsten Gebiete geben. Und bei diesem Abgleich sind die naturschutzfachlichen Ermessensspielräume zu nutzen.
- Dazu gehört auch größtmögliche Transparenz und Rechtsklarheit. Die Landesregierung muss für alle geplanten Gebiete eindeutig festlegen, mit welchem Schutzgebietsstatus das jeweilige Gebiet gesichert werden soll und welche Schutzziele und welche konkreten Maßnahmen beabsichtigt sind.
- Darüber hinaus muss klargestellt sein, welche Einschränkungen damit verbunden sind und wie diese finanziell ausgeglichen werden sollen.
- Es muss endlich rechtsverbindlich geklärt sein, ob und in welcher Weise freiwillige vertragliche Vereinbarungen möglich sind und in welchen Gebieten sie angewandt werden sollen.
- Bei der Umsetzung muss prioritär auf lokale freiwillige Bündnisse von engagierten Bürgern vor Ort zurückgegriffen werden, die Natur- und Umweltschutz im Sinne der lokalen Agenda 21 selber gestalten wollen. Trauen wir es ihnen doch endlich zu!
- Um all dieses zwar zügig, aber dennoch sorgfältig erarbeiten und vorlegen zu können, ist Zeit erforderlich. Darum ist eine Fristverlängerung unerlässlich und ich fordere Sie auf: Nehmen Sie den zeitlichen Druck aus dem Meldeverfahren und gewähren Sie Fristverlängerung bis zum Jahresende.
Es ist wirklich keine Zeit mehr zu verlieren. Wenn man sich den Antrag von SPD und Bündnis 90 / Die Grünen ansieht, dann kann man nur noch sagen: Aus gemachten Fehlern nichts gelernt! Hier wird stramm grüner Kurs gefahren, nach dem Motto: Augen zu und durch!
Scheuen Sie so sehr den Konflikt mit Ihrem kleinen grünen Koalitionspartner, dass Sie sich in dieser Weise im ganzen Land vorführen lassen?
Frau Ministerpräsidentin, hauen Sie endlich mit der Faust auf den Tisch. Noch haben Sie die Verantwortung für Schleswig-Holstein und nicht für Ihre Partei.