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29.04.04
12:41 Uhr
B 90/Grüne

Angelika Birk zur Bewerbung Lübecks zur Kulturhauptstadt Europas

Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 39a – Bewerbung Lübecks zur Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel „Kulturhauptstadt Europas“ Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Telefax: 0431/988-1501 Dazu sagt die kulturpolitische Sprecherin Mobil: 0172/541 83 53 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.gruene-landtag-sh.de Angelika Birk: Nr. 150.04 / 29.04.2004


In Lübeck wird alles zu Kultur Unsere prächtige Hansestadt, die Königin des Nordens wird 2010 Kulturhauptstadt Euro- pas – das ist doch eine attraktive Zukunftsvision! Damit steht Lübeck in einer Reihe mit den nordeuropäischen Städten Glasgow, Dublin, Kopenhagen, Stockholm, Bergen, Hel- sinki, Reykjavik und Rotterdam, und es ist nicht unbescheiden, Lübeck in dieser Reihe kultureller Hafenstädte zu nennen. Lübeck steht jetzt im Wettbewerb mit so schönen Städten wie Bremen, Regensburg, Bamberg und Potsdam, aber auch so kontrastreichen und reibungsvollen wie Köln.
Ist eine Abgeordnete aus Lübeck, auch wenn sie kulturpolitische Sprecherin ist, nicht be- fangen, dieses zu beurteilen? Ich hatte das Glück, während meines Erwachsenenlebens nur in Städten meiner Wahl – meiner kulturellen Wahl – zu leben: In Düsseldorf, Heidel- berg, Hamburg und in Lübeck. Und auch in diesem Vergleich kann ich sagen, Lübeck bewirbt sich zu Recht.
In Lübeck wird alles zu Kultur – selbst das berühmte Marzipan ist nicht einfach eine Sü- ßigkeit, sondern ein Kulturgut, das jedem Besucher des Rathauses überreicht wird. Und selbst aus dem Sandstrand im Lübecker Seebad Travemünde wird alljährlich ein Festival der Sandskulpturen. Lübeck ist die Stadt der Musik: von der Brahms-Forschung an der Musikhochschule bis zur Rockmusikausbildung auf den Media-Docks. Zur Lübecker Kul- tur gehören aber auch die vielen Projekte der neuen Wohnkultur, wie die Bürgerinitiative „Miteinander“, die den Dialog zwischen den Religionen pflegt.
Lübeck ist die Stadt des kulturellen Bürgersinns: Viele Institutionen blühen und gedeihen, weil Bürgerinnen und Bürger der Stadt sich mit ehrenamtlicher Arbeit und mit Spenden für sie engagieren. Die öffentlichen Mittel alleine würden hierfür nicht ausreichen. Dies verweist auf eine weitere Besonderheit Lübecks: Pro Kopf der Bevölkerung
1/2 gibt es in keiner anderen Stadt so viele Stiftungen und so viel Stiftungsengagement, was sich insbesondere im Denkmalschutz zeigt. Die rot-grüne Bundesregierung hat das Stif- ten durch Gesetzesänderungen attraktiver gemacht. Das kulturelle Engagement der Lü- becker ist an der Renovierung der Marienkirche zu sehen, die durch Spenden zustande gekommen ist und durch weitere Spenden für die anderen gotischen Kirchen ergänzt werden soll.
Städtebauförderung, EU-Regionalisierungsmittel, Denkmalschutzmittel und Hochschul- entwicklungsförderung sind Meilensteine der Landes- und Bundesfinanzierung, von de- nen die Hansestadt in den letzten Jahren sich immer wieder ein großes Tortenstück er- obern konnte. Wir können an dieser Stelle als Landtag soviel zusagen, dass Lübeck auch zukünftig Anspruch auf diese Mittel hat, allerdings dann auch selber entsprechende kulturelle Schwerpunkte setzen muss. Die Ernennung Lübecks zur Kulturhauptstadt wird hoffentlich den Kürzungsplanungen bei den Städtischen Theatern ein Ende setzen. Die Meldung vom Wochenende, dass die Mittel für das städtische Theater trotz deutlich ge- stiegener Zuschauerzahlen, existenzbedrohlich um drei Millionen gekürzt werden sollen, passt nicht in die Bewerbung einer Kulturhauptstadt.
Ebensowenig wie die drohende Schließung des über 25-jährigen erfolgreichen selbst- verwalteten Jugendkulturzentrums „Alternative“. Als Talentschmiede für die kommenden Musikbands, als kritischer und solidarischer Begegnungsort für junge Leute wäre dieses Zentrum für den jungen Willy Brandt und den jungen Günter Grass – um nur zwei der Nobelpreisträger der Hansestadt zu nennen – ein beliebter Treffpunkt gewesen. Streiten könnte man sich darüber, ob Thomas Mann einen Fuß dorthin gesetzt hätte. Ohne Zwei- fel aber sein Bruder Heinrich, ganz zu Schweigen von dem erst neulich in Lübeck wie- derentdeckten Mitbegründer der Münchener Räterepublik Erich Mühsam. Auch dieser Lübecker repräsentiert das Erbe des Hansestadt.
Für unser Kulturverständnis gehört die „Alternative“ genauso zu Lübecks Kultur, wie die nordischen Filmtage, die Völkerkunde Sammlung oder das Haus der Kulturen, das von vielen Migrantenvereinigungen mit Leben gefüllt wird. Die Nordischen Filmtage sind das Fenster des skandinavischen Qualitätsfilms in Deutschland, in dem die Dogma-Filmer ihr erstes deutsches Publikum fanden. Sie waren auch das Sprungbrett für deutsche Nach- wuchsfilmer aus Schleswig-Holstein wie Lars Büchel und Detlev Buck.
Eine europäische Kulturhauptstadt soll ja nicht nur regionale kulturelle Besonderheiten zeigen, sondern ein breites Panorama verschiedenster kultureller Bereiche, und da ist Lübeck nicht nur mit Architektur, Geschichte, Musik, Theater, Marzipan und Sandskulptu- ren dabei, sondern auch mit seiner uralten Hansegeschichte, die die kulturelle Befruch- tung durch den ganzen Ostseeraum, von Skandinavien und den baltischen Staaten bis zum russischen St. Petersburg und polnischen Danzig widerspiegelt. All dies ist nach der Grenzöffnung wieder ganz aktuell geworden und wird vom ganzen Land nicht zuletzt auch von dem politischen Engagement rund um die Ostsee dieses Landtages getragen.
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