Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
29.04.04
11:01 Uhr
B 90/Grüne

Karl-Martin Hentschel zum Strategiepapier "Wachstum und Beschäftigung"

Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 17 – Strategiepapier „Wachstum und Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Beschäftigung Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Telefax: 0431/988-1501 Dazu sagt der Fraktionsvorsitzende Mobil: 0172/541 83 53 von Bündnis 90/Die Grünen, E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.gruene-landtag-sh.de Karl-Martin Hentschel: Nr. 151.04 / 29.04.2004



Wir müssen das Neue fördern, nicht das Alte!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
die grundsätzliche Aussage des Wirtschaftsministers in seinem Strategiepapier ist richtig: Schleswig-Holstein ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort und ein guter Lebensort für alle Generationen. Auch für das Jahr 2020 hat unser Land gute Chancen für seine Entwick- lung.
Schleswig-Holstein gehört bei den Neugründungen von Unternehmen zur Spitzengruppe in der Bundesrepublik Deutschland. Das müssen wir halten und ausbauen, die Förderin- strumente sind weiter auf die kleinen und mittleren Unternehmen zu konzentrieren, dort gibt es die besten Chancen für neue Arbeits- und Ausbildungsplätze.
Auch was die Zukunftsbranchen für unser Land betrifft, stimme ich mit dem Minister ü- berein. Zukunftstechnologien sind nachhaltige Technologien, sonst werden sie auf lange Sicht keine Chancen haben. Es gibt keinen Gegensatz zwischen Ökologie und Ökono- mie, beides gehört zusammen für eine erfolgreiche Entwicklung. Das ist zukunftsgerecht.
In Schleswig-Holstein hat diese notwendige Weichenstellung schon begonnen. Effizienz- technologien, regenerative Energien, Umwelttechnologien sind unsere Wachstumszwei- ge. Was vor 15 Jahren noch eine reine Vision war, ist heute bereits überall im Lande zu sehen:
- h-tec in Lübeck entwickelt kleine Brennstoffzellen für Hausgeräte als Alternative für Bat- terieantriebe;
- aerodyn Energiesysteme GmbH in Rendsburg entwickelt den WindDeSalter, ein Wind- kraftwerk, das direkt aus Salz- Süßwasser aufbereitet;
1/7 - Konvex Siedlungssysteme GmbH&CO bauen in Handewitt eine Passivhaussiedlung mit Solarkollektoren, Fotovoltaik, Holzpelletkesseln und einem Zehntel des Energie- verbrauchs einer herkömmlichen Siedlung;
- RePower installiert 2004 den Protoyp der 5 MW-Windkraftanlage in Brunsbüttel. Viele Elemente dafür werden auf der Kieler Großwerft HDW gebaut. Den Boden dafür hat un- ser Staatssekretär Willy Voigt vor Jahren schon bereitet.
Dies sind nur vier Beispiele von 10.000 kleinen und zum Teil auch größeren Firmen, die in Schleswig-Holstein mittlerweile in Zukunftstechnologien operieren. Die Stichpunkte des Wirtschaftsministers für die Zukunftscluster („Medizintechnik, Biotechnologie, Mikro- elektronik, Nanotechnologien, Informationstechnik, Meerestechnik, maritimer Verbund sowie Energie- und Umwelttechnik“) lesen sich wie eine Beschreibung der ökologischen Zukunftswirtschaft des Wuppertal-Institutes.
Schleswig-Holstein hat gute Ausgangsbedingungen: Es gibt hochqualifizierte Arbeitskräf- te. Die Menschen leben gern in Schleswig-Holstein. Spitzenkräfte bleiben auch bei ge- ringerer Bezahlung Schleswig-Holstein treu – es gibt kaum Fluktuation, weil die Men- schen das Land lieben: Strand, Segeln, Fahrradfahren, Natur und Seen, Radfahren und Surfen sind die Gründe – kurz: Arbeiten, wo andere Urlaub machen, ist attraktiv.
Bildung und Wissenschaft sind die Basis des Wohlstandes von morgen. Obwohl heute schon fast 60 Prozent der Personalkosten des Landes in Bildung und Wissenschaft flie- ßen, werden wir in Zukunft noch mehr investieren müssen.
Zugleich müssen wir in der Bildungspolitik den Mut haben, auch die Effizienzpotenziale besser auszuschöpfen. Kürzere Schulzeiten, die Bildung von Oberstufenzentren mit mehr Angebot zu geringeren Kosten und kürzere Studienzeiten dürfen kein Tabu sein.
Schleswig-Holstein hat überwiegend kleine und mittlere Betriebe. Diese haben, selbst wenn sie hochinnovativ sind, nur wenig Kapital und personelle Ressourcen für größere Forschungs- und Entwicklungsprojekte und für Kooperationen mit den Hochschulen und lösen wenig Sekundäreffekte bei Zulieferern und hochqualifizierten Dienstleistern aus.
Deshalb ist die Bildung von technologischen Clustern, die Konzentration im Bereich der strategischen Effizienz-, Zukunfts- und Umwelttechnologien und die Kooperation mit Hamburg von so zentraler Bedeutung. Dabei müssen wir die Investitionen in Technolo- gieförderung und Technologietransfer stärker als bisher an der Effizienz messen. Tech- nologie-Förderung muss direkt an der Zusammenarbeit mit Hochschulen und For- schungszentren mit innovativen Betrieben ansetzen.
An dieser Stelle möchte ich die Arbeit der TTZ und ihres Leiters Gelbcke ausdrücklich lo- ben. Mit relativ wenig Landesmitteln ausgestattet, aber mit zusätzlich eingeworbenen Projektmitteln operierend hat sich die TTZ einen hervorragenden Ruf erarbeitet, der weit über die Landesgrenze wirkt.
Trotzdem stelle ich fest, wir investieren immer noch viel zu viel in die Erhaltung der Struk- turen und zu wenig in neue Entwicklungen. Straßenausbau, Landwirtschaft, die Entwick- lung des ländlichen Raumes und die Werften verschlingen immer noch 90 Prozent der staatlichen Fördermittel. Wir müssen es schaffen, mehr Mittel für die Faktor-10- Zukunftstechnologien und die Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu mobilisie- ren.
Bei der Windenergie ist Schleswig-Holstein absolute Spitze. Der Ausbau der Windener- gie schafft neue Arbeits- und Ausbildungsplätze, wie die MechatronikerInnen. Windener- gie ist eine moderne Technologie mit hohem Entwicklungsbedarf. Windenergie gehört zu einer zukunftsfähigen Energiepolitik und leistet einen wesentlichen Beitrag zum Klima- schutz.
Der Schwerpunkt liegt nun im Repowering und bei der Offshore-Technik. Bis jetzt sind im Lande 4.000 Arbeitplätze entstanden. Die Einspeisevergütungen schaffen Wertschöp- fung und Steuerkraft in ansonsten strukturschwachen Regionen.
Die Öffentlichkeitskampagne gegen die Windkraft, der unsägliche Spiegelartikel war der traurige Höhepunkt, zielte gegen die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Ich will hier gar nicht verhehlen, dass ich die Haltung des Wirtschaftsministers Clement nicht verstehe. Er will sich mit Innovationen schmücken, setzt aber auf die deut- sche Steinkohle und bekämpft die erneuerbaren Energien oder Gas- und Dampfturbi- nenprozesskraftwerke, wo er nur kann. Ich begrüße, dass sich die rot-grünen Bundes- tagsfraktionen davon nicht haben irritieren lassen und mit dem neuen Gesetz Investiti- onssicherheit geschaffen haben.
Spitzentechnologien sind die Grundlage des Wohlstandes von morgen – aber sie schaf- fen nur einen Teil des Arbeitsplätze von morgen. Das Geheimnis, wie der damit erwirt- schaftete Wohlstand allen zu gute kommen kann, ist ein umfangreicher Dienstleistungs- sektor.
Erziehung und Wissenschaft, Tourismus, Gesundheit und Wellness, Erhaltung der Um- welt, Sport und Kultur – dies alles sind Dienstleistungen mit Zukunftschancen. Hier wer- den die Mehrzahl der Arbeitsplätze der Zukunft entstehen.
Der Zuzug älterer, nicht mehr erwerbstätiger Menschen ist ein Gewinn für Schleswig- Holstein. Sie kommen zu uns, weil sie sich hier wohlfühlen. In der KERN-Region wird jetzt untersucht, welche Chancen sich durch die Zunahme dieser Bevölkerungsgruppe ergeben. Gesundheitsangebote und Wellness sind hier Stichworte, dabei wird immer un- terstellt, dass die älteren Menschen über viel Kaufkraft verfügen. Es wird aber bis 2020 auch Alterarmut geben bei gleichzeitiger Nachfrage nach Gesundheitsleistungen. Da stellt sich die Frage, wer bezahlt dann die Kosten.
Damit sich der Dienstleistungssektor blühend entwickeln kann, brauchen wir eine drasti- sche Senkung der Lohnnebenkosten. Die Ökosteuer wird ja oft gescholten, sie bringt a- ber jährlich 18 Mrd. Euro in die Rentenkassen. Ohne Ökosteuer wäre der Rentenversi- cherungsbeitrag schon längst bei 21,2 Prozent und nicht bei 19,5 Prozent. Das ist Fakt, nachrechnen wird den Kritikern der Ökosteuer ausdrücklich empfohlen.
Unser Sozialsystem ist viel zu sehr geprägt durch die Interessen der großen Industrie- und Dienstleistungssektoren wie Banken und Versicherungen, in denen die Lohnkosten nicht die zentrale Rolle spielen. In einer globalisierten Welt ist ein solches System nicht haltbar und muss zugunsten einer Finanzierung durch Verbrauchssteuern geändert wer- den. Es ist deshalb kein Wunder, wenn Schleswig-Holstein auch in dieser Frage bun- desweit den politischen Vorreiter spielt. Die kleinen und mittleren Unternehmen sind das wirtschaftliche Rückgrad unserer Ge- sellschaft, sind personalintensiv, deshalb sind sie von den hohen Lohnnebenkosten so stark berührt. 42 Prozent Belastung aus den Sozialversicherungssystemen auf die Löhne und Gehälter sind hohe Hindernisse für die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Im Gegensatz zu einigen Apologeten in der Wirtschaft und auch der Mehrheit im Parla- ment stelle ich fest: Schleswig-Holstein hat gute Verkehrsverbindungen. Über 90 Prozent der deutschen Exporte (gemessen in Tonnenkilometern) erfolgen mit dem Schiff – und da ist ein Standort an der Küste mit der Nähe zum Welthafen Hamburg und den Ostsee- häfen Lübeck und Kiel bestens angebunden.
Die regionalen Verkehrsverbindungen sind gut ausgebaut – es gibt nur ein Bruchteil der Verkehrsstaus, wie sie in anderen Regionen an der Tagesordnung sind.
Bei der öffentlichen Ausschreibung und Vergabe von Schienenstrecken im Personen- nahverkehr ist Schleswig-Holstein bundesweit Spitze. Das hat den Wettbewerb der An- bieter angeheizt und zu Verbesserungen im Angebot und bei der Qualität geführt. Die Landesregierung hat damit die Regionalisierungsmittel des Bundes sehr klug und effi- zient eingesetzt.
Auch für den Flugverkehr existiert eine optimale Anbindung durch den Airport Hamburg. Die ManagerInnen der meisten Hamburger Hafenbetriebe und die BewohnerInnen der guten Wohnviertel von Blankenese oder dem alten Land brauchen länger zum Flugha- fen, als die ManagerInnen aus Kiel oder Neumünster.
Der Wirtschaftsminister will die Option eines Großflughafens Kaltenkirchen offen halten, ich halte das nicht für schlau. Der Hamburger Airport investiert hohe Summen in seine Infrastruktur, obwohl die Fluggastzahlen seit drei Jahren bei zirka 10 Mio. Passagieren jährlich stagnieren. Wachstumspotenzial ist am Hamburger Airport sicherlich für Jahr- zehnte vorhanden.
Über die wirklichen Tendenzen im Luftverkehr kann trefflich gestritten werden. Im Bundestag wird bei den Mehrheitsfraktionen diskutiert, die Mehrwertsteuer von 16 Prozent auf die Flugreisen ins Ausland zu erheben, im Gegenzug soll die Mehrwertsteuer für Bahnfahrten von 16 auf 7 Prozent gesenkt werden, um die Konkurrenzfähigkeit der Bahnen zu verbessern.
Die Besteuerung des Kerosins wird mittelfristig kommen, auch wenn Spanien und Grie- chenland dies in der EU noch blockieren.
Der Boom der Billigflieger wie Ryan-Air oder Easy-Jet hat neue Kunden für den Flugver- kehr gewinnen können, nach dem Motto „Warum soll ich nicht für einen Taxitarif von 19 Euro von Lübeck nach Pisa fliegen, da wollte ich immer schon mal hin“. Es ist aber ab- surd, dass die SteuerzahlerInnen und insbesondere die Lübecker BürgerInnen solche Billigtarife subventionieren. Jeder Euro, der unproduktiv in den defizitären Lübecker Flughafens fließt, fehlt bei der originären Wirtschaftförderung oder im Sozialen und Bil- dungsbereich.
Wie leicht Prognosen sich als utopisch erweisen, zeigt auch Entwicklung beim Flughafen Kiel-Holtenau. Die Passagierzahlen betrugen 2003 nur 81.000, erwartet waren mit 184.000 mehr als das Doppelte. Für 2004 ist ein weiterer Rückgang um 30 Prozent zu erwarten. Dass sich ein Ausbau bei der geringen Nachfrage aus der Wirtschaft nicht rechnen wird, liegt auf der Hand. Die Argumentation für eine Verlängerung der Startbahn hat sich um 180 Grad gedreht. War der Ausbau vor zwei Jahren angeblich noch dringend erforder- lich, weil die Nachfrage so groß war, so wird jetzt der Ausbau mit zuwenig Nachfrage be- gründet. Da wird die Marktwirtschaft auf den Kopf gestellt.
Als Realpolitiker stelle ich dagegen fest, dass vor allem die Straßen- und Schienenver- bindungen nach Süden und für den Transitverkehr aus Skandinavien und zu den Häfen ausgebaut werden müssen. Deshalb sind die wichtigsten Projekte im Bundesverkehrs- wegeplan zu Recht der Ausbau der A21 und der A7, die Güterostumgehung für den Schienenverkehr (Neumünster, Bad Oldesloe, Hamburg-Horn), die Elektrifizierung der Bahn von Hamburg bis in den Lübecker Hafen sowie der Ausbau der B5 an der Westküs- te.
Als Problem bleibt dann noch der Verkehrsstau im Elbtunnel und die fehlende Elbque- rung unterhalb von Hamburg. Für das Letztere braucht es keine Autobahn. Das hätte sich längst für einen Bruchteil der geplanten Mittel durch eine Optimierung des Fährver- kehrs lösen lassen.
Deshalb ist es ein Drama, dass Wirtschaft und Politik in Schleswig-Holstein ständig Scheindebatten über irreale Projekte (A20, Fehmarn-Belt, Flughafen Kiel) führen, die uns daran hindern, die realen Probleme schnell zu lösen.
Und es ist kontraproduktiv, den Wirtschaftsstandort schlechter zu reden, als er ist.
Die bisherige Verkehrspolitik geht von ständigen Zuwächsen im Güter- und Personen- straßenverkehr aus. Dieser Trend ist gebrochen. Seit 1999, dem Spitzenjahr mit 762 Mrd. Personenkilometern, ist der motorisierte Individualverkehr (MIV) in jedem Jahr zu- rückgegangen. Seit 1999 nahm der MIV in der Bundesrepublik Deutschland um 8 Pro- zent ab – das ist auch ein Erfolg der Ökosteuer.
Auch im Straßengüterverkehr kam es nach jahrzehntelangem Wachstum von 2001 auf 2002 zum ersten Mal zu einem Rückgang. Die Tonnage ging um 4,3 Prozent zurück. Von 2002 auf 2003 sank das beförderte Volumen weiter um 1,5 Prozent. Das kleine Wachs- tum um 1,8 Prozent ist allein durch längere Strecken verursacht. Lange Transportstre- cken schreien nach einer Verlagerung von der Straße auf die Schiene oder aufs Wasser.
Für große Verkehrsprojekte wie Bundesfernstraßen, Eisenbahnstrecken des Bundes so- wie Bundeswasserstraßen sind Finanzmittel des Bundes ausschlaggebend. Nach Verab- schiedung des Bundeshaushalts und der mittelfristigen Finanzplanung hat die Bundesre- gierung erklärt, dass die Verkehrsinfrastrukturinvestitionen für 2004 bis 2008 um 7,7 Mrd. Euro vermindert werden. Gegenüber der Ursprungsplanung ist das eine Kürzung um 16,2 Prozent.
Wie sich das auf die Projekte in Schleswig-Holstein auswirkt, kann noch niemand sagen. Klar ist aber, es wird Auswirkungen geben, Verzögerungen allemal. Da kommt es um so mehr darauf an, die vorhandenen Mittel effizient einzusetzen.
Die Großstadt Hamburg ist der natürliche Partner für Schleswig-Holstein. Wo es geht, müssen wir uns zusammen vermarkten, dabei sind wir mehr auf Hamburg angewiesen als Hamburg auf seinen nördlichen Nachbarn. Hamburg verfolgt das Konzept der wach- senden Stadt, die Tendenz der Abwanderung ins Umland soll umgedreht werden. Ob das realisiert werden kann bleibt offen.
Die nördlichen Kreise bieten sich als Entwicklungsraum für Hamburg an, sie gehören zur Hamburger Region, so wie es die Ausweitung des Hamburger Verkehrsverbundes schon vorgemacht hat. Sowohl Lübeck wie auch Kiel haben begriffen, dass neben der eigen- ständigen Profilierung auch die Kooperation mit Hamburg notwendig ist.
Für eine Kooperation mit Hamburg sind gute Anbindungen wichtig. Wir Grüne sehen wei- terhin eine direkte Schienenanbindung über die AKN-Trasse von Bad Bramstedt, Kalten- kirchen, Henstedt-Ulzburg, Norderstedt zum Hamburger Airport, den Hamburger Norden bis zum Hauptbahnhof als die wirtschaftlichste Bahnverbindung, die es in Schleswig- Holstein geben kann.
Das Projekt ist es wahrlich wert, es zusammen mit Hamburg anzugehen. Der Airport un- terstützt das, Hamburg selbst war bisher zögerlich, weil eine gute Pendleranbindung das Konzept der wachsenden Stadt gefährdet.
Für die Region insgesamt wäre diese Schienenstrecke ein großer Gewinn. Nicht mehr im westlichen oder östlichen Bogen würde die Bahn nach Hamburg kommen, sondern schnell durch die Mitte. Im Übrigen wird das auch vom Kieler Maritimen Forum gefordert. Dieser Zusammenschluss von maritimer Wirtschaft und Wissenschaft hält eine verbes- serte Anbindung an den Großraum Hamburg für notwendig, auch in Hinblick auf den Luftverkehr.
Minister Rohwer spricht von einem gemeinsamen Leitbild für eine Wachstumsregion Nord. Eine engere institutionelle Zusammenarbeit von Schleswig-Holstein und Hamburg wird angedacht bis hin zur langfristigen Option eines Nordstaates. Ich bin dafür, dass es keine Denkverbote gibt und die Nordstaatidee offen diskutiert wird, gerade wenn wir über einen Zeitraum bis 2020 sprechen.
Aus meiner Sicht spricht einiges für eine größere Länderformation. Die Trennung der Metropole Hamburg von ihrem Hinterland ist unproduktiv und führt zu ständigen Rei- bungsverlusten. Ein größeres Bundesland "Nordelbien" ist eher präsent in der EU und in der Welt. Heute kennen die Menschen im Ausland fast immer nur Hamburg, Schleswig- Holstein hat es da sehr schwer, ein eigenständiges Profil zu erlangen. Verwaltungskos- ten in großer Höhe könnten gespart werden. Viele Bereiche könnten effizienter und ar- beitsteiliger organisiert werden, z.B. das Hochschulwesen.
Vorraussetzung für die Akzeptanz eines solchen Projektes ist es allerdings, dass Ham- burg nicht ein Übergewicht bekommt. Diese Gefahr ist groß. Rechnet man nämlich das Hamburger Umland zu Hamburg hinzu, dann hat "Großhamburg" gegenüber dem Rest von Schleswig-Holstein ein mehrfaches Übergewicht.
Ein Zusammenschluss von Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern hätte so den Vorteil, dass ein ausreichendes Gegengewicht der Fläche gegenüber der Metropole gegeben ist. Die zweite Vorraussetzung sollte sein, dass ein solches Projekt von den Herzen der Menschen getragen wird. Deswegen sollte ein schrittweise Prozess eingeleitet werden über die Entwicklung von realen gemeinsamen Vorhaben; z.B. Olym- piade-Bewerbung 2016. Die dritte Vorraussetzung betrifft die Finanzen. Es muss eine geeignete Regelung geben, wie die Finanzen des neuen Landes für einen Übergangszeitraum sichergestellt werden. Heute bekommt Hamburg Stadtstaatzuschläge, die den anliegenden Ländern nicht ab- gezogen werden.
Meine Damen und Herren, Ludwig Ehrhard sagte einmal: „Ich glaube, es ist immer noch besser, die Wirtschaft ge- sund zu beten, als sie tot zu reden.“
Das sollten wir uns zu Herzen nehmen – auch die Opposition. Wir brauchen keine Angst vor der Zukunft haben, wir kennen unsere Stärken und Schwächen. Schleswig-Holstein hat eine gute Ausgangslage und wird seine Chancen auch im schwierigen Umfeld nut- zen.
Deshalb, Schluss mit dem Jammern, lassen sie uns die Probleme anpacken.

***