Jost de Jager: Grundsicherung der Bildungsstätten erhöhen
Nr. 92/04 18. Februar 2004 IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.deHochschulpolitik TOP 19 Jost de Jager: Grundsicherung der Bildungsstätten erhöhenDer Bildungsausschuss hat in seiner Januar-Sitzung den Bericht zur Situation der Bildungsstätten in Schleswig-Holstein einstimmig zur Kenntnis genommen. Was aber nicht heißt, dass wir, die CDU, mit dem Bericht einverstanden sind. Im Gegenteil, es gibt einige wichtige Punkte, die hier im Plenum angesprochen werden müssen und somit eine Aussprache notwendig machen.Der Bericht besteht im Wesentlichen aus einer erkenntnisfreien Zusammenstellung von Tabellen, die auf eine Interpretation der Zahlen oder gar die Darlegung einer Strategie verzichtet. Der Grund dafür ist ein politisches Defizit an der Spitze des Ministeriums. Spätestens mit diesem Bericht ist klar, dass diese Landesregierung keine Ideen in der Weiterbildungspolitik mehr hat.Einer der wesentlichen Mängel des Berichts ist methodischer Natur und hängt damit zusammen, dass die Regierungsfraktionen mit diesem Bericht wirtschaftliche Daten auch von denjenigen Bildungsstätten erfassen wollten, die keiner direkten Förderung des Landes unterliegen. Das hat nicht geklappt, weil besagte Bildungsstätten zu Recht viele der Zahlen nicht geliefert haben. Wie kämen sie auch dazu? Wir sollten als Land froh sein, dass es viele Bildungsstätten hier im Lande gibt, die hervorragend funktionieren, ohne dass direkte Zuschüsse und Fördermittel des Landes dort hereinfließen und wir sollten diese Grenze zwischen staatlich geförderten Einrichtungen, auf die wir politisch einwirken können, und den nicht staatlich geförderten, die frei von politischer Lenkung sind, respektieren und wahren.Was hinter dem Berichtsantrag steckt, ist der unausgesprochene Versuch der Regierungsfraktionen, auch die nicht vom Land geförderten Einrichtungen in ein landesweites Bildungsstättenkonzept einzubeziehen. Ebenso steht dahinter der unausgesprochene Versuch, die Finanzierung der Bildungsstätten nach dem Förderkonzept zu verändern, und zwar weg von einer institutionellen Förderung und hin zu einer projektbezogenen Förderung.Lassen Sie mich an dieser Stelle deshalb etwas Grundsätzliches zu der Finanzierung von Bildungsstätten sagen. Angesichts der Trägervielfalt und angesichts der Tatsache, dass es viele Bildungsstätten gibt, die keine Landeszuschüsse erhalten, stellt sich die Frage: Warum bezuschusst das Land Bildungsstätten denn überhaupt? Zunächst einmal weil die Erwachsenenbildung laut Landesverfassung Aufgabe des Landes und der Gemeindeverbände ist. Zu der Erwachsenenbildung gehören die Bildungsstätten, die im Regelfall aus der Tradition der Heimvolkshochschulen im Lande hervorgegangen sind. Darüber hinaus legitimieren sich die Zuschüsse durch Bildungsziele, die ohne Landesmittelnicht erreichbar wären, d. h. sie müssen eingesetzt werden überwiegend für eine kulturelle, gesellschaftliche oder politische Bildung, die ohne eine Förderung sonst nicht zustande kommen könnte. Insofern bekennt sich die CDU-Fraktion ganz klar zur Förderung der Bildungsstätten.Das entbindet den Zuschussgeber nicht nach einer möglichst wirtschaftlichen Form der Zuschussverteilung zu suchen. Das sollte mit dem Bildungsstättenförderkonzept der Landesregierung geschehen, das nach fünf Jahren, 2004, zur Fortschreibung ansteht. Unbestritten ist, dass dieses Förderkonzept zu einer Effizienzsteigerung geführt hat. Unbestritten ist aber auch, dass in dem Zeitraum von fünf Jahren entgegen den ursprünglichen Zusagen die Mittel deutlich reduziert worden sind. Insgesamt ist dadurch eine Entwicklung eingetreten, die die Wirtschaftlichkeit der Einrichtung überbetont und die Qualitätssicherung vernachlässigt. Denn das jetzige System einer geringen Grundsicherung (30 %) und einer hohen Finanzierungsrate über Teilnehmertage führt zu der absurden Entwicklung, dass je weniger eigene Veranstaltungen eine Bildungsstätte anbietet, desto besser sie sich steht. Gastveranstaltungen, für die die Bildungsstätte nur noch die Räume, aber nicht mehr ihr Know How zur Verfügung stellt, sind wirtschaftlich das beste, was einer solchen Bildungsstätte mittlerweile passieren kann.Ich stelle aber die Frage: Ist das noch Sinn der Landeszuschüsse? Oder führt es dazu, dass wir mit Landesmitteln, also Steuergeldern, am Ende nur noch die Hülse, aber nicht mehr den Inhalt fördern? Ich stelle die Frage deshalb so deutlich, weil ich weiß, dass im Raum steht, den projektbezogenen Anteil der Finanzierung im Vergleich zur Grundfinanzierung noch einmal auszuweiten. Ich warne davor. Im Gegenteil: Ich plädiere dafür, die Grundsicherung der Bildungsstätten zu erhöhen. Es ist meine feste Überzeugung, dass es für eine inhaltlich fundierte Bildungsarbeit in den Bildungsstätten einer Planungssicherheit und einer gewissen Schwankungsunabhängigkeit bedarf. Ein Förderszenario, in dem Projektmittel für alle gleichermaßen zugänglich sind, egal ob sie kontinuierlich z. B. Kulturarbeit leisten oder nur mal zufällig, könnte unter Umständen die innerliche Substanz der von uns geförderten Bildungsstätten gefährden.Eine Bildungsstätte ist nicht nur ein Ort, sie ist auch ein Bildungskonzept. In den vergangenen fünf Jahren haben die Bildungsstätten unter Beweis gestellt, dass sie wirtschaftlich denken und handeln. Wenn im vergangenen Jahr beispielsweise in der Akademie Sankelmark 7.400 Teilnehmer von nur noch zwei pädagogischen Vollzeitkräften betreut werden, zeigt es aber auch, dass alle Effizienzreserven ausgeschöpft sind. Jetzt die Grundförderung noch weiter zu reduzieren, würde bedeuten, dass in vielen Bildungsstätten die kritische Masse an Mitarbeitern für ein inhaltliches Angebot unterschritten würde.Dies entbindet uns nicht von der Pflicht genau hinzusehen. Auffällig ist, dass die einzigen Bildungsstätten, die direkt vom Land betrieben werden, allesamt dem Bereich des Umweltministers zugeordnet sind. Ich rege an, darüber nachzudenken, ob nicht auch im Bereich der Umweltbildung solche Aufgaben über Träger, Vereine oder an Dritte übertragen werden können, ohne dass dem Ziel einer qualitativ hochwertigen Umweltbildung damit Abbruch getan wird.Dieser Bericht ist ein gutes Beispiel dafür, wie man mitunter durch zu viel Zahlenwerk den Blick für das Ganze verliert. Denn unabhängig von der Höhe der Bezuschussung einzelner Bildungsstätten muss man feststellen: Das lebenslange Lernen hat es heute schwerer als noch vor einigen Jahren. Aufgrund der besonderen Probleme des staatlichen Schul- und Hochschulwesens ist die Weiterbildung aus dem Blickfeld gerückt. Wir müssen aufpassen, dass sich unser Bildungsbegriff nicht verengt und dass wir trotz der unleugbaren Handlungsnotwendigkeiten in Schule und Hochschule nicht ein Feld, vernachlässigen, das eines der Zukunft sein wird, nämlich das der außerschulischen Fort- und Weiterbildung.