Klaus-Peter Puls zu TOP 11: Regierungskontrolle muss Parlamentsrecht bleiben
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 23.01.2004, Nr.: 013/2004zu TOP 11: Abschaffung der Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse - Einführungen von unab- hängigen RichteruntersuchungenKlaus-Peter Puls:Regierungskontrolle muss Parlamentsrecht bleiben! Zum Antrag der Abgeordneten des SSW auf Abschaffung der Parlamentarischen Un- tersuchungsausschüsse erklärte der innen- und rechtspolitische Sprecher der SPD- Landtagsfraktion, Klaus-Peter Puls:Wahrheitssuche scharf und trutzig wirkt bisweilen eher putzig. Schlimmer ist - und dabei stutz’ ich: Manchmal wird’s auch richtig schmutzig.Untersuchungsausschüsse in Schleswig-Holstein geraten zunehmend zum Tummelplatz für Profilneurotiker, Hobby-Staatsanwälte und schwarze Hilfs-Sheriffs.Trotzdem: Wenn ein sinnvolles parlamentarisches Instrument mißbraucht wird, dann sollten wir nicht das Instrument abschaffen, sondern den Mißbrauch bekämpfen.Es gibt ja in der Tat eine Reihe von Kritikpunkten am bisherigen Untersuchungsaus- schuss-Verfahren im zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss betreffend die sogenannten „Affären Pröhl und Lohmann“ bezüglich Nebentätigkeiten und Verga- bepraxis in der Landesregierung. Der erste Parlamentarische Untersuchungsaus- schuss dieser Legislaturperiode betreffend die regierungsinterne Weitergabe eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsvermerks bis hin zum Betroffenen, war als solcher schon insgesamt überflüssig, weil es gar keine Tatsachen mehr aufzuklären gab, als der Ausschuss eingesetzt wurde. Am praktizierten Verfahren im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss II „Pröhl und Lohmann“ gibt es etliches zu kritisieren: 1.) Ich nenne die parteipolitische Auswahl von Vernehmungspersonen, die Ermög- lichung von Auftritten dubioser Zeugen oder von Auskunftspersonen mit Eigen- interessen. 2.) Ich nenne die Durchsetzung der Vernehmung auch randständigster Personen des Geschehens als Auskunftspersonen, häufig bloße Wichtigtuer, ungeachtet der abzusehenden Unergiebigkeit der Aussage und der aufzuwendenden Kos- ten. Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2- 3.) Ich nenne den Versuch der Ausforschung des Privatlebens missliebiger Aus- kunftspersonen durch Graf Kerssenbrock mit der Reaktion des Kollegen Kers- senbrock, er werde sich nicht vorschreiben lassen, in welcher Weise er „Nach- forschungen“ über die Glaubwürdigkeit von Zeugen anstelle. 4.) Ich nenne die sehr selektive Darstellung von verfahrensrechtlichen Sachverhal- ten in der Öffentlichkeit und die Verbreitung falscher Schlussfolgerungen und Vorverurteilungen. 5.) Ich nenne die offenkundig von der CDU inszenierte Hetzkampagne gegen die Ministerpräsidentin in den Medien und hierbei insbesondere die reißerische Be- richterstattung durch einen sogenannten „Journalisten“, der BILD-Zeitung, der nie selbst an den Terminen des Ausschusses teilgenommen hat, sondern seine Informationen offenbar nur von Graf Kerssenbrock erhalten hat (Beispiel: BILD vom 09.09.2002 „Roter Filz in Kiel - Kerssenbrock: So lief die Affäre wirklich“). Ich weise in diesem Zusammenhang auf diverse erfolgreiche Gegendarstel- lungsverfahren der Ministerpräsidentin gegen die BILD-Zeitung und den FO- CUS hin.Das alles nenne ich Missbrauch der zum Schutz der Opposition von uns eingeführten Minderheitenrechte durch die Opposition. Den Mißbrauch gilt es anzuprangern und abzustellen, auch um das Ansehen der Politik generell nicht noch mehr in Mißkredit zu bringen. Ein Appell an die Selbstdisziplin der Opposition wird möglicherweise erfolglos bleiben. Wir befürworten deshalb ausdrücklich auch zusätzliche verfahrensrechtliche Absicherungen gegen Mißbrauch im geltenden Untersuchungsausschuss-Recht. Zu einer Abschaffung der Untersuchungsausschüsse sagen wir ausdrücklich „Nein“. Den SSW-Antrag lehnen wir ab, und wir tun dies in der Ziffernfolge des Antrags wie folgt: 1. Die SPD-Landtagsfraktion ist der Auffassung, dass Parlamentarische Un- tersuchungsausschüsse sehr wohl ein geeignetes Instrument zur objekti- ven Aufklärung von Sachverhalten im unmittelbaren oder mittelbaren Verantwortungsbereich der Regierung sind und dies auch bleiben müs- sen. 2. Die SPD-Landtagsfraktion sieht in unabhängigen Richteruntersuchungen keine gute Alternative zu Untersuchungsausschüssen. Dass die Rechte der parlamentarischen Minderheiten in vollem Umfang gewahrt werden, dass die Persönlichkeitsrechte Dritter unberührt bleiben und dass die Mitwirkungspflicht der Landesregierung gesichert wird, kann auch im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss-Verfahren gewährleistet werden. Und: 3. Die SPD-Landtagsfraktion spricht sich gegen ein Anhörungsverfahren aus, auf dessen Grundlage der Artikel 18 Landesverfassung geändert und ein „unabhängiges Richterungssuchungsgesetz“ geschaffen werden soll, das das Untersuchungsausschuss-Gesetz ablöst. -3-In Untersuchungsausschüssen werden verfassungsrechtlich verankerte parlamentari- sche Minderheiten-Rechte zur Geltung und zur Wirkung gebracht. Regierungskontrolle ist eines der vornehmsten Rechte des Parlaments. Wir sollten darauf nicht verzichten.