Wolfgang Kubicki: Das Parlament ist in der Lage einen umstrittenen Sachverhalt aufzuklären und auch zu bewerten
FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Nr. 030/2004 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Ekkehard Klug, MdL Kiel, Freitag, 23. Januar 2004 Parlamentarischer Geschäftsführer Christel Aschmoneit-Lücke, MdL Sperrfrist: Redebeginn Joachim Behm , MdL Günther Hildebrand, MdL Es gilt das gesprochene Wort! Veronika Kolb, MdLParlamentarische Untersuchungsausschüsse www.fdp-sh.de Wolfgang Kubicki: Das Parlament ist in der Lage einen umstrittenen Sachverhalt aufzuklären und auch zu bewerten In seinem Redebeitrag zu TOP 11 (Abschaffung der Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse/Einführung von unabhängigen Richteruntersuchungen) sagte der rechtspolitische Sprecher und Fraktionsvorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:„Das Recht, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzen zu können, ist – insbesondere als Recht der parlamentarischen Minderheit - in unserer Vergangenheit hart erkämpft worden. Schon die Frankfurter Nationalversammlung hatte 1848 ein parlamentarisches Untersuchungsrecht nach englischem Vorbild formuliert. Doch erst in der Weimarer Reichsverfassung konnte dieses Recht etabliert werden.Bis dahin war nach Max Weber1 das Parlament schlicht „zur dilettantischen Dummheit“ und zur „Unkenntnis verurteilt“. Untersuchungsausschüsse sind deshalb nach Max Weber gedacht als „eine Rute, deren Vorhandensein die Verwaltungschefs zwingt, in einer Art Rede zu stehen, die ihre Anwendung unnötig macht“. Nur so kann das Parlament - und hier insbesondere die parlamentarische Minderheit – überhaupt eine Kontrolle über die jeweilige Regierung ausüben.Denn stellvertretend durch die von ihm eingesetzten Untersuchungs- ausschüsse übt das Parlament seine eigene, originäre Untersuchungs- befugnis aus. Und das ist es, was ein parlamentarisches Untersuchungsrecht zu einem wesentlichen und immer wichtiger werdenden Kontrollinstrument des Parlaments macht.Ich habe den Eindruck, dass mit dem Antrag des SSW das „Kind mit dem Bade“ ausgeschüttet werden soll: Weil die Abgeordneten des SSW der subjektiven Meinung sind, dass ein Untersuchungsausschuss zur Aufklärung1 Max Weber, „Parlament und Regierung im neugeordneten Deutschland“, 1918 Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 eines politischen Missstandes nicht in der Lage ist, will man den frei gewählten Abgeordneten eines Parlaments eines der schärfsten Schwerter der parlamentarischen Demokratie aus der Hand nehmen: das Recht, die Tatsachenermittlung in einem Untersuchungsausschuss selber vorzunehmen. Vielmehr sollen neutrale Sonderermittler eine objektive Sachverhaltsaufklärung vornehmen. Wobei ich aus der Intention des Antrages entnehme, dass hierbei nicht Ermittlungsbeauftragte, die Sitzungen des Untersuchungsausschusses vorbereiten sollen, gemeint sein können.Ich frage Sie vom SSW: Glauben Sie tatsächlich, dass der Zielkonflikt zwischen einer rechtlich gebotenen Aufklärung und der politischen Funktion des Untersuchungsausschusses durch einen unabhängigen Richter gelöst werden kann?Davon abgesehen, dass ich einen solchen Spagat einer zur rechtlichen und politischen Neutralität verpflichteten Person gar nicht zumuten möchte, bin ich immer davon ausgegangen, dass frei gewählte Abgeordnete in der Lage sind, einen umstrittenen Sachverhalt aufklären und bewerten zu können.Wenn wir schon so weit gekommen sind, eine solche Aufgabe Abgeordneten nicht mehr zuzutrauen, dann frage ich mich, warum der SSW nicht den Forderungen des Bundes der Steuerzahler vom 5. Januar 2004 nachgegeben hat und ebenfalls eine „unabhängige Sparkommission“ zur Sanierung des Landeshaushaltes fordert? Warum betont der SSW gerade an dieser Stelle, dass das Haushaltsrecht das ureigenste Recht des Landtages ist und diese Aufgabe nicht durch eine „unabhängige Sparkommission“ übernommen werden kann? Wäre es hier nicht konsequent, dieses Recht ebenfalls auf eine unabhängige Instanz zu übertragen? Wäre es nicht überhaupt konsequent, das Parlament aufzulösen und alles „unabhängigen Sachverständigenkommissionen“ zu übertragen?Untersuchungsausschüsse sind bereits per Definition „politische Kampfinstrumente“. Dabei sieht gerade das Prinzip der Gewaltenteilung vor, dass Untersuchungsausschüsse parallel zur Justiz den gleichen Sachverhalt untersuchen können. Die Notwendigkeit solcher Paralleluntersuchungen ergibt sich allein schon aus der unterschiedlichen Zielrichtung von parlamentarischer Untersuchung und gerichtlichem Verfahren: Vor Gericht wird rechtliche, vor dem Parlament politische Verantwortlichkeit eingefordert. Im gerichtlichen Verfahren geht es um die Feststellung von Rechtsverstößen – es endet mit einem Urteil, in den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen um das politische Vertrauen in die Amtsführung von Amts- oder Mandatsträgern. Das kann aber auch bedeuten, dass es durchaus zu völlig unterschiedlichen Sachverhaltswürdigungen durch Ausschuss und Gericht kommen kann. Deshalb frage ich Sie noch einmal: Wie sollen Sonderermittler den Zielkonflikt zwischen Aufklärung und politischem Kampf tatsächlich lösen – und wie soll dabei die politische Neutralität gewährleistet werden?Denn was wir hier in Schleswig-Holstein auf keinen Fall brauchen, ist ein Sonderermittler wie in den 50er Jahren in den USA Senator J.R. McCarthy oder Ende der 90er Jahre Kenneth Starr, die den Widerspruch zwischen gebotener Aufklärung und politischer Funktion ihres Amtes schlicht missachtet haben.“Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/