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11.12.03
15:12 Uhr
Landtag

Rede der Vorsitzenden des Finanzausschusses, Ursula Kähler, MdL, zum Doppelhaushalt 2004/2005

163/2003 Kiel, 11. Dezember 2003



Rede der Vorsitzenden des Finanzausschusses, Ursula Kähler, MdL, zum Doppelhaushalt 2004/2005

Kiel (SHL) - Im Sommer letzten Jahres hat die Landesregierung den Fi- nanzausschuss über ihre Absicht unterrichtet, für die Haushaltsjahre 2004 und 2005 einen Doppelhaushalt aufzustellen. Das ist das erste Mal in der Geschichte des Landes Schleswig-Holstein. Auch andere Bundesländer fahren einen Doppelhaushalt; in Bayern ist ein Doppelhaushalt seit jeher gang und gäbe. Während sich die Landesregierung durch die Aufstellung eines Zwei-Jahres-Haushalts einen Effizienzgewinn und mehr Planungs- sicherheit für alle Beteiligten verspricht, stellt die Opposition genau diese Intention infrage und erwartet umfangreiche Nachtragshaushalte.
Ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt, im August dieses Jahres, hat Finanzminister Dr. Stegner den ersten Doppelhaushalt des Landes in den Landtag eingebracht, der angesichts schwieriger Rahmenbedingungen – Entwicklung von Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Steuereinnahmen – unter ungünstigen Vorzeichen stand.
Anfang September hat der Finanzausschuss mit den jeweils betroffenen Fachausschüssen in drei gemeinsamen Sitzungen die Einzelplanberatung durchgeführt und sich in der Beratung auf wesentliche Punkte konzent- riert. Während den Wirtschaftsminister das Schicksal ereilte, als Erster für seinen Haushalt Rede und Antwort zu stehen und sich die Beratung des Wirtschaftshaushalts auch wegen der zwischenzeitlichen Insolvenz der FLEX AG hinzog, stellten die Ausschüsse zum Justizhaushalt keine mündlichen Nachfragen. Das lag vielleicht auch daran, dass die Landes- regierung die von den Fraktionen vorher schriftlich eingereichten Fragen zum Teil schon zur Beratung der Einzelpläne beantwortet hatte. Die Lan- desregierung hat auch dieses Mal wieder mehrere hundert Fragen zum Haushalt termingerecht beantwortet. Herzlichen Dank dafür! 2
Neben dem Haushaltsplan waren rund 50 Umdrucke und etliche Zuschrif- ten von Betroffenen Gegenstand der Beratung; leider konnten wir den vorgebrachten Wünschen und vielfach berechtigten Anliegen aufgrund der immer prekärer werdenden Haushaltslage meistens nicht folgen.
Bewährt hat sich auch das erstmalig durchgeführte Verfahren, dass im Anschluss an die Beratungen des Finanzausschusses über die Haushalte der Ressorts die Arbeitsgruppe „Haushaltsprüfung“ die diesjährigen Be- merkungen des Landesrechnungshofs mit den jeweiligen Ministerien und dem Rechnungshof erörterte. Damit hatten die Kolleginnen und Kollegen lange, aber effektive Sitzungen zu bewältigen. Ich möchte mich bei Ihnen für Ihre Ausdauer und kollegiale Zusammenarbeit ebenso herzlich bedan- ken wie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, die zum Teil auch lange ausharren mussten.
Nachdem die öffentliche Haushalte schon bei der Steuerschätzung im Mai erhebliche steuerliche Mindereinnahmen zu verkraften hatten, prognostizier- te der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ im November weitere Einnahme- rückgänge. Schon im laufenden Haushaltsjahr fallen die Steuereinnahmen des Landes Schleswig-Holstein um insgesamt 281 Millionen € niedriger aus als geplant; die Einnahmeerwartungen für das Haushaltsjahr 2004 müssen im Haushaltsentwurf des Landes um rund 153 Millionen € zurückgenommen werden. Das ist der wesentliche Grund dafür, dass die Landesregierung dem Parlament im November umfangreiche Änderungsvorschläge im Wege der so genannten Nachschiebeliste vorlegte.
Der Finanzausschuss befasste sich wiederholt mit der Entwicklung der Ein- nahmen und Ausgaben des Landes beziehungsweise des Staates insge- samt, denn die Finanzsituation spitzt sich in allen öffentlichen Haushalten dramatisch zu. Um das strukturelle Haushaltsdefizit Stück für Stück abzu- bauen, müssen auf der einen Seite die Einnahmen des Landes stabilisiert und auf der anderen Seite die Ausgaben nachhaltig begrenzt und dafür strukturelle Änderungen mit Nachdruck vorangetrieben werden. An welchen Stellen, in welchem Umfang und in welchen Schritten das zu erfolgen hat, werden die nachfolgenden Redebeiträge zeigen; da gibt es unterschiedliche Meinungen. Aber in der Zielsetzung, in der Frage des Ob gibt es keine zwei Meinungen: Strukturelle Veränderungen – auch wenn Sie schmerzen – sind auf allen Gebieten notwendig. Ich nenne als Stichworte: Verwaltungsstruk- turreform (zum Beispiel Reform der Finanzverwaltung), Subventionsabbau, Kürzung der Sonderzuwendungen für Beamte.
Der Finanzausschuss erwartet, bei allen berechtigten Anliegen aus den ein- zelnen Politikbereichen immer auch die finanzielle Situation des Landes und den Anspruch im Blick zu haben, die Notwendigkeit und den Umfang einer Aufgabe kritisch zu überdenken. 3
Nachdem die Landesregierung, die Landtagsverwaltung, die Koalitions- fraktionen und der SSW ihre Änderungsvorschläge zum Doppelhaushalt Ende November vorgelegt hatten, befasste sich der Finanzausschuss am 4. Dezember außerdem mit den Änderungsanträgen von FDP und CDU. Der Antrag der FDP, die Verabschiedung des Haushalts mit Blick auf die Bera- tungen des Vermittlungsausschusses zu verschieben, fand nicht die erfor- derliche Mehrheit. Mehrheitlich wurden die Nachschiebelisten der Landes- regierung und des Landtages, die Änderungsanträge der Koalitionsfraktio- nen und zwei Anträge des SSW zum Nordfriesischen Institut angenommen; die Haushaltsanträge der Oppositionsfraktionen wurden in toto abgelehnt. Auf eine Einzelabstimmung wurde im Finanzausschuss aus zeitökonomi- schen Gründen verzichtet.
Mit der Annahme der vom Finanzausschuss empfohlenen Änderungen ver- ändern sich die Eckwerte des Haushalts gegenüber dem ursprünglichen Regierungsentwurf wie folgt: Gegenüber dem laufenden Haushaltsjahr sin- ken die Ausgaben 2004 um 0,5 %, im Haushaltsjahr 2005 steigen sie um 0,5 %. Die Investitionsquote liegt in den beiden nächsten Jahren bei knapp 10 %, die Personalkostenquote bei rund 39 %.
Die Nettokreditaufnahme überschreitet im Haushaltsjahr 2004 die Summe der veranschlagten Investitionen in Höhe von rund 574 Millionen € um rund 160 Millionen €. Die Mehrheit des Finanzausschusses hält eine erhöhte Kreditaufnahme im Jahr 2004 für gerechtfertigt, weil sie der Abwehr der of- fenkundig bestehenden Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleich- gewichts und einer schwerwiegenden Störung der Wirtschafts- und Be- schäftigungsentwicklung in Schleswig-Holstein dient. Der Finanzausschuss schließt sich mehrheitlich der Auffassung der Landesregierung an, dass die mit dem konjunkturell gebotenen Vorziehen der 3. Stufe der Steuerreform verbundenen Steuerausfälle durch weitere Einsparungen nicht ausgeglichen werden können.
Den Finanzplan des Landes 2003 bis 2007 nahm der Ausschuss mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung von CDU und FDP zur Kenntnis.
Außerdem forderte der Ausschuss den Finanzminister einstimmig auf, im Rahmen des Haushaltsführungserlasses Folgendes sicherzustellen:
• Vor dem Abschluss neuer Vereinbarungen des Landes an inter- nationalen, bundesweiten oder länderübergreifenden Einrichtun- gen, Programmen und Abkommen hat die Landesregierung den Finanzausschuss des Landtages zu informieren.
• Bei solchen neuen Vereinbarungen ist darauf zu achten, dass keine automatischen Kostensteigerungen vereinbart und ange- messene Kündigungszeiten vorgesehen werden. 4
• Bei bestehenden Mitfinanzierungen an internationalen, bundes- weiten oder länderübergreifenden Einrichtungen, Programmen und Abkommen hat sich die Landesregierung dafür einzusetzen, entsprechende Regelungen zu vereinbaren, damit die Ausgaben des Landes für diese Mitfinanzierungen nicht höher ansteigen als der prozentuale Anstieg des Landeshaushaltes insgesamt.
Im Namen der Mehrheit des Finanzausschusses darf ich Sie bitten, das Ge- setz und den Plan des Landeshaushalts für die Jahre 2004 und 2005 in der Fassung der Ihnen mit Drucksache 15/3078 vorliegenden Beschlussemp- fehlung anzunehmen.