Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
04.12.03
14:04 Uhr
CDU

Dr. Trutz Graf Kerssenbrock:Verzögerungstaktik der Landesregierung klarer Rechtsbruch

Nr. 512/03 04. Dezember 2003
IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Zweiter Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Dr. Trutz Graf Kerssenbrock: Verzögerungstaktik der Landesregierung klarer Rechtsbruch Zu den bisherigen Ergebnissen der Untersuchungen des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses erklärt der Obmann der CDU-Fraktion Dr. Trutz Graf Kerssenbrock:
"Die Untersuchungen des Ausschusses im Rahmen der sog. "Pröhl-Affäre" sind weitgehend abgeschlossen, so dass es an der Zeit ist, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen.
Diese Zwischenbilanz ist notgedrungen vorläufiger Natur, denn die Landesregierung enthält dem Ausschuss noch immer wichtige Unterlagen vor. So liegt dem Ausschuss eine Erklärung der Landesregierung zu dem von den Ausschussmitgliedern akzeptierten „Vergleichsvorschlag“ des Amtsgerichts Kiel betr. die Einsicht in die Terminkalender der Ministerpräsidentin u.a. immer noch nicht vor. (Terminkalender der Mitarbeiter nach mehrfacher Einforderung der Zusagen der Regierung seit dem 1.12.2003)
Diese Verzögerungstaktik, die die Landesregierung seit nunmehr eineinhalb Jahren betreibt, ist ein klarer vorsätzlicher Rechtsbruch. Die Landesregierung verhindert damit, dass das Parlament seinen verfassungsgemäßen Auftrag - nämlich die Kontrolle des Regierungshandelns - erfüllen kann.
Unabhängig von der Frage, welche Inhalte sich hinter den zurückgehaltenen Unterlagen verbergen, lassen sich die folgenden Ergebnisse bereits jetzt festhalten. (unstreitige Urkunden und übereinstimmende Zeugenbekundungen, die von keiner Seite in Zweifel gezogen werden)
1. Die Untersuchungen haben geradezu abenteuerliche und nicht hinnehmbare Missstände aufgezeigt, die von der SPD-Regierung zu verantworten sind.
Bei der folgenden Auflistung ist zwischen Ergebnissen zu unterscheiden, die unstreitig feststehen und solchen Ergebnissen, die auf einer Würdigung der Beweisaufnahme beruhen.
Zunächst sollen die Ergebnisse kurz skizziert werden, die unstreitig feststehen: Die Untersuchungen haben ergeben, dass
- Verhandlungen mit einem Unternehmen, das sich für eine Investition in Schleswig-Holstein interessiert, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen abgebrochen wurden. - Verhandlungen mit einem Unternehmen, das in Schleswig-Holstein investieren will, aufgrund von Presseartikeln abgebrochen wurden, ohne dass den Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde.
- Bieter, die sich für eine Investition in Schleswig-Holstein interessierten, aufgefordert wurden, erst gar kein Angebot abzugeben.
- mit Bietern Vertragsverhandlungen geführt werden, ohne deren Bonität zu prüfen.
- die Verwaltung wichtige verfahrensrelevante Dokumente vernichtete.
- die Prüfung einer Nebentätigkeit – zumal des EXPO-Beauftragten - rund 9 Monte dauerte, bis eine Entscheidung gefällt wurde, und zudem durch die ausgeübte Nebentätigkeit die Landesinteressen gefährdet wurden.
- die Unterlagen im Zusammenhang mit der Prüfung der Nebentätigkeit des Chefs der Staatskanzlei (als Aufsichtsratsmitglied bei B&B) über Monate in einer Schreibtischschublade eines Abteilungsleiters aufbewahrt wurden, der nach eigenem Bekunden nicht wusste, was er damit machen soll und sie erst nach Bekanntwerden der „Affäre Dr. Pröhl“ zur Personalakte des Chefs der Staatskanzlei brachte.
- der Chef der Staatskanzlei das Geburtstagsessen der Ministerpräsidentin auf Landeskosten abrechnete und dieser Vorgang erst rückgängig gemacht wurde, als die Öffentlichkeit darauf aufmerksam wurde.
- falls der Ministerpräsidentin zu glauben ist - die Ministerpräsidentin sich extra an ihrem Geburtstag mit dem Chef der Staatskanzlei und Dr. Pröhl getroffen hat, um über den Verbleib des Wikingerschiffes zu entscheiden, aber diese Entscheidung nicht bei den zuständigen Mitarbeitern ankam, geschweige denn umgesetzt wurde.
- das Finanzministerium und die Staatskanzlei frühzeitig über die Nebentätigkeit von Dr. Pröhl informiert waren und trotzdem nicht eingeschritten oder gar überprüft wurde, ob Dr. Pröhl Einfluss auf die Verhandlungen in Sachen „Kieler Schloss“ nehmen konnte.
Dies war eine Auswahl von unstreitigen Feststellungen des Ausschusses.
2. Darüber hinaus ist aber sehr zweifelhaft, ob der Aussage der Ministerpräsidentin und des ehemaligen Chefs der Staatskanzlei Klaus Gärtner geglaubt werden kann, dass beide von dem Schlossprojekt des Hamburger Unternehmens B&B sowie dem Engagements Pröhls' für dieses Unternehmen nichts mitbekommen haben wollen.
Wenn die Ministerpräsidentin oder der ehemalige Chef der Staatskanzlei in diesem Punkt gelogen hätten, wäre das nicht nur eine strafbare Falschaussage sondern zusätzlich der Versuch die vorsätzliche Begünstigung Pröhls nachträglich zu verschleiern.
Dafür, dass die Ministerpräsidentin nicht die Wahrheit gesagt hat, sprechen die folgenden Punkte:
Die Ministerpräsidentin ist bei der Beantwortung der ihr gestellten Fragen schwer ins Schlingern geraten.
In der zweiten Vernehmung hat sie alte Widersprüche zu beseitigen versucht. Aber es ergaben sich neue Widersprüche.
a) Eine Ministerpräsidentin, die nichts zu verbergen hat, hat es nicht nötig, mit einer vorsätzlichen Falschaussage den Hauptbelastungszeugen Dr. Pröhl zu diskreditieren. Genau zu diesem Mittel hat aber Frau Simonis in der zweiten Vernehmung gegriffen. Ohne danach gefragt worden zu sein, behauptete die Ministerpräsidentin, dass Dr. Pröhl sich eine Urlaubsreise nach Qatar aus EXPO-Mitteln hätte bezahlen lassen. Die entsprechenden Zitate sind auf Seite 69 des Protokolls der 56. Sitzung zu finden:
"Simonis: Jedenfalls: Die Reise ist von der EXPO bezahlt worden. ...
Simonis: Das ist der entscheidende Punkt. Urlaubsreisen von der EXPO bezahlt zu kriegen: Es wird immer interessanter. ...
Simonis: Ich stelle das nur fest, damit das im Protokoll steht."
Tatsächlich hat die EXPO keine Mittel für diese Reise aufgewendet, und Dr. Pröhl hat keinen entsprechenden Antrag gestellt, da alle Kosten der Reise von der Qatarischen Regierung übernommen wurden. Dies ergibt sich eindeutig aus den Akten, die dem Ausschuss vorliegen, und war auch der Staatskanzlei seit dem September 1999 bekannt.
Die Aussage der Ministerpräsidentin ist somit schlicht falsch. Die Absicht Dr. Pröhl zu belasten, ergibt sich aus der Tatsache, dass Frau Simonis auf diesen Punkt von sich aus eingegangen ist, ohne dass sie danach gefragt wurde.
b) Es ist nach wie vor nicht glaubhaft, dass Frau Simonis als Kieler Landtagsabgeordnete nicht einen einzigen der zahlreichen Presseartikel zum Kieler Schloss gelesen hat, die sowohl in der von ihr abbonierten Zeitung Kieler Nachrichten als auch im Pressespiegel der Landesregierung abgedruckt waren. Alle anderen Zeugen haben diese Presseberichterstattung verfolgt.
Es ist nicht glaubhaft, dass Frau Simonis von dem heftigen Streit in der Kieler SPD über das Projekt von B&B nichts mitbekommen haben will, obwohl ihr ein ganzer Stab von Mitarbeitern zur Verfügung steht, die alle selbst informiert waren, aber nicht mit ihr über dieses Thema gesprochen haben wollen.
c) Es ist nicht glaubhaft, dass das Kabinett im Abstand von vier Monaten zwei Mal über den potentiellen Erwerber des Schlosses (B&B) informiert wird, aber die Ministerpräsidentin davon nichts mitbekommt, die Protokolle nicht liest und sich auch nicht von dem zuständigen Minister oder Staatssekretär informieren lässt.
d) Es ist nicht glaubhaft, wenn Frau Simonis behauptet, sie habe an ihrem Geburtstag am 04.07.2001 mit dem ehemaligen Chef der Staatskanzlei Klaus Gärtner sowie Dr. Pröhl nur über den Verbleib des sog. Wikingerschiffes und nicht über die Zukunft des Kieler Schlosses gesprochen, obwohl das Thema Schloss viel aktueller und für den Landeshaushalt viel bedeutender war.
Dr. Pröhl hat die Abläufe und Gesprächsinhalte des 04.07.2001 entsprechend der Daten und Urkunden präzise, nachvollziehbarer – aber völlig anders geschildert, als Frau Simonis.
Untermauert werden die Angaben Dr. Pröhls auch dadurch, dass er bereits während der Vorbereitung des Arbeitsgerichtsprozesses mit der Landesregierung seinen damaligen Rechtsanwalt über die Gesprächsthemen am 4.07.01 unterrichtet hatte. Dieser bestätigte dem Ausschuss nunmehr schriftlich, dass er entschieden habe, das umstrittene Gespräch vom 4.07.01 über Pröhls Aktivitäten beim Kieler Schloss nicht in den Arbeitsgerichtsprozess einzuführen.
Damit kann Pröhl nicht mehr der Vorwurf gemacht werden, er habe sich die Vorgänge um den 04.07.2001 im Nachhinein ausgedacht.
Außerdem ist die Ministerpräsidentin mit dem Versuch gescheitert, Dr. Pröhl die Darstellung seiner Erinnerung an die Abläufe des 04.07.2001 verbieten zu lassen. Auch dies spricht dafür, dass nicht der Version von Frau Simonis zu glauben ist. Pröhls Angaben werden i. ü. auch dadurch bestätigt, dass die angeblichen Entscheidungen der Ministerpräsidentin zum Wikingerschiff bei den zuständigen Mitarbeitern nie angekommen sind.
Es ist gänzlich unwahrscheinlich, dass alle Informationskanäle der Ministerpräsidentin gleichzeitig versagt haben. Dass die Ministerpräsidentin von der Nebentätigkeit Pröhls und dessen Engagement für das Hamburger Unternehmen B&B nichts gewusst hat, widerspricht jeder Lebensrealität und jedem politischen Alltag.
Wollte man ihr dennoch Unwissenheit zugestehen, müsste man fragen, ob sie ihr Amt als Ministerpräsidentin überhaupt ausfüllt und ob sie den Anforderungen an eine politische und verantwortungsvolle Führung des Landes Schleswig-Holstein auch nur im Ansatz genügt.
Dr. Pröhl hat die Abläufe und Gesprächsinhalte des 04.07.2001 jedenfalls sehr viel präziser und nachvollziehbarer geschildert als Frau Simonis.
Diese Auswahl von Ergebnissen der Untersuchungen zeigt, dass die Landesregierung im Fall Dr. Pröhl entweder – milde Version - unfähig war, ihrer Aufgabe nachzukommen, die Verwaltung zu kontrollieren oder - schärfere Version - Dr. Pröhl bewusst die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, sich während seiner Dienstzeit als Mitarbeiter des Landes für das Hamburger Unternehmen B&B zum Aufbau einer wirtschaftlichen Existenz zu engagieren, die ihm das Land nicht bieten konnte.