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03.12.03
13:33 Uhr
SPD

Günter Neugebauer: Untersuchungsausschuss: Ein Fall für den Staatsanwalt?

Sozialdemokratischer Informationsbrief
Kiel, 02.12.2003, Nr.: 181/2003

Günter Neugebauer:

Untersuchungsausschuss: Ein Fall für den Staatsanwalt?

Nach Auswertung von Vernehmungsprotokollen des Zweiten Parlamentarischen Un- tersuchungsausschusses zum Fall Pröhl/Kieler Schloss haben sich die SPD-Mitglieder im Ausschuss dazu entschlossen, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Dies teilt der Obmann der SPD-Landtagsfraktion im PUA, Günter Neugebauer, mit.

Die SPD-Mitglieder werden dem Untersuchungsausschuss einen entsprechenden An- trag zur Abstimmung stellen. Anlass für die Initiative sind die Zeugenaussagen einer Reitstallbesitzerin aus dem Kreis Plön vor dem Ausschuss, die Dr. Pröhl entlasten und die Unterstellungen der Opposition gegen die Ministerpräsidentin bekräftigen.

Die Zeugin hatte sich bei ihrer ersten Vernehmung in erhebliche Widersprüche verwi- ckelt und bei ihrer deshalb erforderlichen zweiten Vernehmung – nunmehr anwaltlich beraten – die Aussage verweigert, um sich selbst oder nahe Angehörige nicht der Ge- fahr strafrechtlicher Verfolgung auszusetzen. Unter anderem weigerte sich die Zeugin, die Frage zu beantworten, ob sie bei der Abfassung einer „eidesstattlichen Erklärung“ für den Ausschuss oder ihrer Zeugenaussage von Dritten beeinflusst worden war.

Angesichts dieser und anderer Merkwürdigkeiten fragt sich die SPD-Fraktion nun, ob die Zeugin, die von sich aus an den Ausschuss herangetreten ist, in fremdem Auftrag, und falls ja, auf wessen Weisung, handelte. „Nach unserer Auffassung muss es auch im Interesse der Staatsanwaltschaft sein, dies herauszufinden“, so Günter Neugebau- er. Anlage:
Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Antrag der SPD-Fraktion im Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss



Der Vorsitzende des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss wird beauftragt, die Protokolle der 61. Sitzung (1. Vernehmung Anke Reimer), 63. Sitzung (2. Anhörung Dr. Karl Pröhl, Vernehmung Frau Patricia Pröhl) und 67. Sitzung (2. Vernehmung Frau Anke Reimer) des Untersuchungsausschusses, den Umdruck 15/3600 (Eidesstattliche Erklärung der Frau Anke Reimer nebst Anschreiben) sowie die Begründung dieses Antrages der Staatsanwalt- schaft Kiel mit der Anregung zu übersenden, deren Inhalt auf Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten, bzw. in Bezug auf Herrn Dr. Pröhl zusätzlich auf die Begehung von Verdunke- lungshandlungen i.S. § 112 Abs. 2 Nr. 3 a) und b) StPO zu prüfen.



Begründung:



Die Vernehmungen der Auskunftsperson Frau Reimer vom 25.08.2002 und 3.11.2003 können Anlass zu der Annahme geben, dass die Auskunftsperson in wesentlichen Punkten ihrer Aus- sage und in der dem Ausschussvorsitzenden übersandten „Eidesstattlichen Erklärung“ vom 1.08.2003 die Unwahrheit gesagt haben könnte. Ferner könnte aus ihrer Vernehmung vom 3.11.2003 der Schluss gezogen werden, dass Frau Reimer ihre Erklärungen gegenüber dem Untersuchungsausschuss unter dem Einfluss und zur Wahrnehmung von Interessen Dritter abgegeben hat.

Frau Reimer behauptet, das Anschreiben zu ihrer „Eidesstattlichen Versicherung“ auf einer e- lektrischen Schreibmaschine geschrieben zu haben, (Prot. 61. Sitzung S. 22 f., 27, 31) obwohl -3-



dieses aufgrund der unterschiedlichen Schriftgröße und der Art der verwendeten Schrift vor- behaltlich einer sachverständigen Beurteilung als technisch nicht möglich erscheint. Frau Reimer hat ihre Angaben in ihrer Vernehmung am 3.11.2003 nochmals bekräftigt. (Prot. 67. Sitzung S. 14 f.) Der Rechtsbeistand des Betroffenen Staatssekretär a.D. Klaus Gärtner, Herrn RA Goecke wies auf eine Ähnlichkeit der Aufmachung und Schrifttypen von Schreiben der Eheleute Pröhl und der „Eidesstattlichen Erklärung“ sowie des Anschreibens hierzu von Frau Reimer hin und fragte in diesem Zusammenhang, ob Frau Pröhl jemals die elektrische Schreibmaschine der Frau Reimer benutzt habe (Prot. 67. Sitzung S. 20, 22). Auf diese Frage erklärte der Zeugenbeistand der Frau Reimer:

„...Durch die Beantwortung der von Herrn Goecke gestellten Frage sehe ich als Anwalt die Möglichkeit, dass sich meine Mandantin diesbezüglich selbst belasten würde. Vor diesem Hintergrund habe ich meiner Mandantin empfohlen, insoweit sich auf das entsprechende Auskunftsverweigerungsrecht zu berufen und die Antwort auf die Frage nicht zu geben.“ (Prot. 67. Sitzung, S. 22 f.)

Frau Reimer verweigerte daraufhin die Beantwortung der Frage. (Prot. 67. Sitzung, S. 23.)

Auf die Frage in ihrer ersten Vernehmung, wer an der Abfassung der Schreiben an den Aus- schuss beteiligt war, gab Frau Reimer an, dass sie dieses mit ihrem Mann gemeinsam aufge- setzt habe, ihre Tochter sei bei der Abfassung nicht beteiligt gewesen, sondern habe lediglich den Text auf Fehler überprüft. Weitere Personen seien nicht beteiligt gewesen. (Prot. 61. Sit- zung, S. 33 f.) Des weiteren hat sie die Frage verneint, ob sie jemand bei der Wiedergabe ihrer Wahrneh- mung und Erstellung des Schreibens beeinflusst hat. (Prot. 61. Sitzung, S.35)

Herr Dr. Pröhl wird in seiner 2. Anhörung vor dem Untersuchungsausschuss am 29.08.2003 danach befragt, ob er Kenntnis von dem Zustande kommen der „Eidesstattlichen Erklärung“ von Frau Reimer nebst Anschreiben habe oder an deren Abfassung beteiligt gewesen sei. Dies wird von ihm verneint. (Prot. 63. Sitzung, S. 15) -4-



In ihrer zweiten Vernehmung wird Frau Reimer danach befragt, ob sie an ihrer Aussage, es habe sie niemand bei der Erstellung der Schreiben beeinflußt weiterhin festhält. Sie lässt hier- zu durch ihren Zeugenbeistand erklären, dass die Antwort auf diese Frage in einem Zusammenhang steht, welcher durch das Auskunftsverweigerungsrecht des § 55 StPO (entspricht § 14 Abs. 2 S. 1 UAG) gedeckt sei. (Prot. 67. Sitzung, S. 24 f.)

Dieses ist insofern von Bedeutung, als ihre Schilderung des Gespräches mit Frau Jutta Gärt- ner im Ergebnis die Behauptung von Dr. Karl Pröhl stützen könnte, der ehemalige Staatssek- retär Klaus Gärtner habe frühzeitig von seiner Verbindung zur Firmengruppe B&B und seinem Engagement für das Kieler Schloss gewusst. Ihre schriftliche Schilderung gelangte dem Aus- schuss in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Anhörung von Herrn Dr. Pröhl als Betroffener vor dem Untersuchungsausschuss am 18.08.2003 zur Kenntnis. In seiner Stel- lungnahme behauptete Herr Dr. Pröhl, es habe am 23.04.2003 ein Gespräch zwischen ihm, seinem Geschäftspartner Falk Brückner und dem Ehepaar Klaus und Jutta Gärtner gegeben, in dem das Ehepaar Gärtner ausführlich über die Geschäftfelder der B&B-Gruppe sowie die Rolle von Herrn Dr. Pröhl informiert worden sein soll. Auch sei das Projekt „Kieler Schloss“ und die Möglichkeit einer beruflichen Tätigkeit von Frau Jutta Gärtner hierbei Gesprächsgegens- tand gewesen. (Prot. 59. Sitzung, S. 28) Diese Darstellung der Gesprächsinhalte wird von Herrn Staatssekretär a.D. Gärtner in seiner Anhörung vor dem Ausschuss am 4.11.2002 bestritten. (Prot. 22. Sitzung, S. 40 f.)

Über die Bewertung dieses Vorganges im Rahmen des Untersuchungsausschusses hinaus besteht die Möglichkeit, dass die Aussage der Frau Reimer im Rahmen des gegen Herrn Dr. Pröhl anstehenden Strafverfahrens Bedeutung erlangen könnte. Aus diesem Grunde ist die Unterrichtung der Staatsanwaltschaft über das Aussageverhalten der Frau Reimer hier gebo- ten.