Günther Hildebrand zum Ernährungswirtschaftsbericht
FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Nr. 312/2003 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Ekkehard Klug, MdL Kiel, Donnerstag Parlamentarischer Geschäftsführer Christel Aschmoneit-Lücke, MdL Sperrfrist: Redebeginn Joachim Behm , MdL Günther Hildebrand, MdL Es gilt das gesprochene Wort! Veronika Kolb, MdLGünther Hildebrand zum Ernährungswirtschaftsbericht www.fdp-sh.de In seinem Redebeitrag zum TOP 50 (Ernährungswirtschaftsbericht) erklärte der agrarpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Günther Hildebrand:„‘Auf den gesättigten europäischen Märkten wird der Wettbewerb zwischen den Ländern und Regionen immer schärfer. Hierauf mit Resignation zu reagieren wäre ebenso falsch, wie tatenlos auf bessere Zeiten zu hoffen. Es muss das Ziel der Ernährungswirtschaft Schleswig-Holsteins sein, weiterhin Spitzenprodukte auf den Markt zu bringen und die Präsenz auf den sich rasch ändernden Märkten im In- und Ausland zu verstärken. Die Aktivitäten der Landesregierungen zielen darauf ab, mit geeigneten Strategien und Maßnahmen die Standortbedingungen für die Unternehmen der Ernährungswirtschaft zu verbessern.‘Diese hehren Worte stammen aus dem letzten Bericht der Landesregierung, den sie 1997 dem Landtag zur Situation und Entwicklung der Ernährungswirtschaft vorgelegt hat.Was ist seitdem passiert?Die Entwicklung in der Ernährungswirtschaft ist, wie in anderen Branchen auch insgesamt negativ. Eines ist allerdings positiv – nämlich, dass dieser Bericht nach Auflösung des Agrarministeriums nun aus dem Wirtschaftsministerium kommt und nicht dem Umweltminister zugeordnet wurde. Dafür noch einmal herzlichen Dank.Lassen wir Zahlen sprechen - Zahlen, aus den Berichten der Landesregierung.Im Jahr 1997 lag der Umsatzanteil der Ernährungswirtschaft für das Land Schleswig-Holstein noch bei 20 % und der absolute Umsatz bei ca., 4,7 Milliarden Euro. Diese Zahlen haben sich verschlechtert. In 2002 liegt der Gesamtanteil nur noch bei 16 %.Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 Unproblematisch wäre dieses, wenn dieses durch einen Boom in den anderen Wirtschaftszweigen entstanden wäre, sich dadurch also die Relationen verändert hätten. Problematisch aber, dass die absoluten Umsatzzahlen der Ernährungswirtschaft um knapp 350 Tausend Euro auf ca. 4,4 Millionen Euro zurückgegangen sind. Das sind immerhin 7,5 %.Im fast gleichen Zeitraum hat die Beschäftigung in dieser Sparte abgenommen, obwohl es mehr Betriebe gibt. Nimmt man die Entwicklung von 1995 bis 2002, dann hat sich die Anzahl der Betriebe um 5,9 % gesteigert, obwohl seit 1998 wieder eine fallende Tendenz zu beobachten ist. Die Zahl der Beschäftigten nahm hingegen von 21.292 in 1995, auf 20.537 in 2000 auf 19.496 in 2002 kontinuierlich ab. Das sind 8,4 % weniger Beschäftigte in 2002 gegenüber 1995.Die Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein nimmt also insgesamt ab. Und wenn man betrachtet, dass wir hierbei über den zweitgrößten Wirtschaftszweig in Schleswig-Holstein reden, dann hat dies auch gravierende Auswirkungen auf das Land insgesamt.Positiv attestiert der Wirtschaftsminister, dass die Exportquote, die sich aus Auslandsumsatz in Prozent des Gesamtumsatzes zusammensetzt, von 11,7 % in 1995 auf 12,7 % in 2002 erhöht hat. Dies ist aber eigentlich kein Erfolg. Wenn sich der Gesamtumsatz so verringert, wie bereits dargestellt, dann ist bei gleichbleibendem oder leicht geringerem Exportumsatz durchaus eine relative Steigerung möglich. Solche Zahlen sollten uns also nicht fröhlich stimmen.Ich komme zu den einzelnen Punkten des Berichts.Im Fleischsektor hat der Umsatz bei den Schlachtungen zugenommen. Seit 1995 ist bis 2002 der Umsatz um insgesamt 22 % gestiegen. Auch die BSE- Krise konnte der Zahl der Schlachtungen nichts anhaben. Möglicherweise hat sich aufgrund eines veränderten Konsumverhaltens der Anteil des verarbeiteten Rindfleisches rückläufig entwickelt. Dieses ist aber aus den Zahlen des Berichts leider nicht ersichtlich.Beim fleischverarbeitenden Gewerbe sehen die Zahlen dann aber gänzlich anders aus. Hier gingen seit 1995 die Umsätze um 3,9 % zurück, die Anzahl der Betriebe reduzierte sich gar um 34,8 % und auch die Anzahl der Beschäftigten ist mit 28,2 % dramatisch zurückgegangen. Vor diesem Hintergrund ist es jetzt z. B. wichtig zu beobachten, welche Konsequenzen sich aus der Übernahme der Nordfleisch durch einen holländischen Konzern ergeben, der damit der zweitgrößte Fleischverarbeiter in Europa wird. Allein die Aussage, dass es zu Konzentrationsprozessen gekommen sei, hilft uns nicht weiter, wichtig sind die Konsequenzen, die sich daraus ergeben.Insgesamt beobachtet das Wirtschaftsministerium einen Konzentrationsprozess, teilt uns aber nicht mit, wie es diesen Prozess beurteilt und wie es möglicherweise darauf reagieren will.Bei der Obst- und Gemüseverarbeitung ist es in 2002 zu einem dramatischen Rückgang gekommen. Schuld daran trägt ausnahmsweise einmal nicht die Landesregierung, sondern das Hochwasser des Spätsommers. Insofern sind diese Zahlen nicht repräsentativ. Bis 2001 wurden zumindest die Werte von Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 1995 um 14 % gesteigert. Und legen wir die Zahlen der Beschäftigen und Betriebe von 1995 bis 2002 im Obst- und Gemüsebereich zugrunde, dann haben wir einen Betrieb mehr – was einer Steigerung von 10 % entspricht – und auch die Zahl der Beschäftigten ist um 500 angewachsen. Das ist ein eine gute Entwicklung, die wir außerordentlich begrüßen.Beim fischverarbeitenden Gewerbe sind in der Tat Konzentrationsprozesse zu beobachten. Hier sind Berichtszeitraum zwar ein leichtes Umsatzplus zu verzeichnen, dennoch sank die Zahl der Betriebe um mehr als ein Fünftel (22,7 %) und die Anzahl der Beschäftigten um 15,5 %.Zwei Bereiche möchte ich noch anführen, weil sie insbesondere für die Landwirtschaft wichtig sind: die Milchverarbeitung und die Zuckerherstellung.Bei den Landwirten werden nach wie vor hohe Erträge aus der Milchviehhaltung erzielt. Die erforderlichen Verarbeitungskapazitäten werden aber nicht mehr vorgehalten, weil viele Verarbeitungskapazitäten zu einem nicht geringen Teil aus Schleswig-Holstein abgewandert sind. Ebenso sieht es bei der Zuckerverarbeitung aus. Wie wir alle wissen, gibt es zur Zeit nur noch eine Produktionsstätte der Nordzucker AG. Diese liegt am Standort Schleswig und wird am 31. Dezember geschlossen.Ich möchte hier und an dieser Stelle noch einmal die Empörung meiner Fraktion über diese Entscheidung der Nordzucker AG deutlich machen, zumal – wie der Bericht ja auch ausführt – der Zuckerrübenanbau für Schleswig- Holstein wichtig ist und jetzt Gefahr läuft, ganz aus Schleswig-Holstein zu verschwinden.Wir können solche einzelbetrieblichen Entscheidungen nur schwer beeinflussen. Es ist und bleibt aber Aufgabe der Politik, ordentliche Rahmenbedingungen für den Standort Schleswig-Holstein zu schaffen.Ich zitiere hierzu aus dem Kapitel des Berichts mit der Überschrift: „Standortbedingungen für die ErnährungswirtschaftDort steht: Für die Ernährungswirtschaft sind insbesondere die Standortfaktoren „Frische und Qualität“, „Liefersicherheit“ und „kurze Wege zu den Rohprodukten“, „naturnahes Umfeld“ und „Verbrauchervertrauen“. Das ist eine Nullsatz. Wenn sie aber beim „naturnahen Umfeld“ die Ausweisung von FFH-Gebieten meinen, die teilweise die Errichtung von Betrieben noch behindern, dann können sie die Ansiedlung von weiteren verarbeitenden Betrieben in Schleswig-Holstein ganz vergessen.Standortfaktoren sind kurze Wege zu den Rohprodukten und kurze Wege zum Absatzmarkt. So ist für die Hersteller von Rohprodukten Standortfaktor der kurze Weg zum Verarbeitungsbetrieb. Wir werden ja sehen, wie es in Zukunft z. B. mit dem Anbau von Zuckerrüben in Schleswig-Holstein aussieht.Standortfaktor sind auch die überregionalen Verkehrsverbindungen. Das sagt auch der Bericht, insbesondere im Bereich A20, deren Weiterbau die Grünen vor Ort ja immer noch fröhlich blockieren. Zu den Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen empfehle ich die Lektüre der kleinen Anfrage des CDU-Spitzenkandidaten Peter Harry Carstensen zur Überschneidung der Ausweisung von Verkehrsprojekten mit FFH-Gebieten. Und, lieber Kollegen Hentschel, die von Ihnen immer favorisierten Wasser- und Schienenwege stehen dem Standortfaktor „Frische und Qualität“ entgegen. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 4Ein Standortfaktor ist auch die Möglichkeit von Wirtschaftsförderung. Insbesondere in der Landwirtschaft, sind wir mit der Tatsache konfrontiert, dass immer weniger Kreditinstitute bereit sind, landwirtschaftlichen Betrieben eine Kreditfinanzierung zu gewähren. So gibt es eine ständig steigende Zahl von Fällen im Land, in denen Landwirte keine Kredite für Umstrukturierungsmaßnahmen erhalten, obwohl sie eine günstige Prognose für die Rentabilität nach einer entsprechenden Umstrukturierung vorlegen können. Selbst die I-Bank wickelt ihre im Bestand geführten landwirtschaftlichen Betriebe nur noch ab, sagt aber keine Umfinanzierungsdarlehen für diese Betriebe mehr zu. Auch hier ist es unbedingt erforderlich, dass für die landwirtschaftlichen Betriebe mehr Planungssicherheit besteht. Ständig wechselnde kurzfristige Veränderungen z. B. bei den Beihilfen gestatten keine mittel- oder langfristigen Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die bei Investitionen wie z. B. den Kauf von Maschinen oder dem Bau von Hallen, die über einen Zeitraum von bis zu 20 Jahren und mehr abzuschreiben sind, erforderlich sind.Es gibt für die Landesregierung noch viel zu tun, will sie ihre Ziele von 1997, die sie in diesem Bericht erneuert hat, noch erreichen.“Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/