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13.11.03
11:37 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki: Die Union verkehrt rechtsstaatliche Grundsätze ins Gegenteil

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Nr. 306/2003 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Ekkehard Klug, MdL Kiel, Donnerstag, 13. November 2003 Parlamentarischer Geschäftsführer Christel Aschmoneit-Lücke, MdL Sperrfrist: Redebeginn Joachim Behm , MdL Günther Hildebrand, MdL Es gilt das gesprochene Wort! Veronika Kolb, MdL

Wolfgang Kubicki: Die Union verkehrt rechtsstaatliche Grundsätze ins Gegenteil



www.fdp-sh.de In seiner Rede zum TOP 29 (Prüfung einer Tätigkeit für den Staatssicher- heitsdienst) sagte der innen- und rechtspolitische Sprecher der FDP- Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:
„Ich möchte mich beim Oppositionsführer und dem Kollegen Schlie für diesen Antrag ausdrücklich bedanken. Bietet dieser Antrag der CDU doch wieder die Möglichkeit, das rechtstaatliche Verständnis der Christdemokraten zu hinterfragen.
Die CDU möchte einen Beschluss des Landtages, der die Parlamentarier auffordert, sich nach Freigabe der sogenannten „Rosenholtz-Dateien“ einer Prüfung über eine etwaige Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR zu unterziehen. Die Ergebnisse sollen dann veröffentlicht werden. Außerdem soll die Landesregierung aufgefordert werden, sich selbst sowie die Staatssekretärinnen und –sekretäre einer solchen Überprüfung zu stellen.
Bei den „Rosenholtz-Dateien“ handelt es sich um mikroverfilmtes Material der Staatssicherheit der DDR aus dem Jahr 1988, welches auf nicht bekanntem Weg nach der Wende in die Hände des Geheimdienstes der USA gelangte und vor kurzem als Kopie auf CD wieder nach Deutschland zurück kehrte.
Seither kommt ein Parlament nach dem anderen zu der Auffassung, dass sich doch die Abgeordneten einer Überprüfung zu unterziehen hätten, um etwaige Tätigkeiten für die Staatssicherheit der DDR aufzudecken.
Sogar der Bundesrat hat im Herbst diesen Jahres die Parlamentarier von Bund und Ländern aufgefordert, eine solche Überprüfung vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen.
Das will nun auch die CDU-Fraktion im Landtag von Schleswig-Holstein. Sie will, dass der Landtag so dokumentiert, dass wir alle weiße Westen ohne irgendwelche Stasiflecken haben.
Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 Die CDU übersieht dabei eines:
Normalerweise ist die Reihenfolge in einem rechtsstaatlichen Verfahren folgendermaßen:
Generell gilt die Unschuldsvermutung, erst nach einem konkreten Verdacht folgen dann Ermittlungen.
Dieses Prinzip dreht die Union mit ihrem Antrag um. Die CDU handelt nach der Maßgabe, ohne konkreten Verdacht vorsorglich zu überprüfen. Sozusagen Generalverdacht mit Exculpationsmöglichkeit.
Oder gibt es aus der Sicht der CDU konkrete Verdachtsmomente, dass irgendjemand aus diesem Hause oder aus der Regierung für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR tätig war? Dann bitte ich die Union, das zu sagen.
Wir sind aus grundsätzlichen Erwägungen und tiefster Überzeugung gegen die Aufweichung des Immunitätsrechts, das es Exekutivorgängen verwehrt, gleichsam verdachtsunabhängig - und ohne Einschaltung des Parlaments - Abgeordnete worauf hin auch immer zu überprüfen. Wer die Gewaltenteilung ernst nimmt, der sollte auch in einem demokratischen Rechtsstaat sorgsam darauf achten, dass hier keine Grenzverwischung stattfindet. Wir haben immer wieder erlebt, wie schnell öffentliche Berichterstattung, die nicht immer zutreffend sein muss, zu erheblicher persönlicher, politischer oder existentieller Bedrohung werden kann. Wir werden uns hieran unter keinen Umständen beteiligen, zumal nicht klar ist, wo denn eine Grenzziehung sinnvoll begründet werden könnte.
Mit unserer Auffassung befinden wir uns auch in prominenter Gesellschaft. So haben sich sowohl der grüne Bundesaußenminister Fischer als auch der Bundesinnenminister Schily gegen eine Zwangsüberprüfung ausgesprochen.
Und wenn Schily schon rechtsstaatlicher denkt als der Kollege Schlie, dann muss sich die Union in diesem Hause ernsthafte Gedanken machen.
Selbst wenn es aber in diesem Hause Abgeordnete gibt, die dem Anliegen der CDU folgen wollten, dann will ich sie noch auf folgendes hinweisen:
1. Es handelt sich bei der sogenannten „Rosenholtz-Datei“ lediglich um Abschriften aus Originalakten, sie sind damit rechtlich nicht verwertbar und somit für mögliche Personalentscheidungen ungeeignet.
2. Tatsächlich weisen diese Abschriften auch noch erhebliche Mängel auf. Nach Angaben der Bundesbeauftragten für Stasiunterlagen sind Namen falsch geschrieben, Geburtsnamen mit Vornamen verwechselt und Diensteinheiten falsch bezeichnet. Zudem fehlen sämtliche Umlaute wie „Ä“, „Ö“ oder „Ü“ bzw. das „ß“.
Der immer wieder in den Raum gestellte Satz: „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten“, verkehrt den Grundsatz, dass niemand seine Unschuld beweisen oder Verdächtigungen entkräften muss.
Dies ist eine der tragenden Säulen des modernen Rechts- und Staatsverständnisses.“
Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/