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12.11.03
13:05 Uhr
B 90/Grüne

Irene Fröhlich zum 7. Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 14 – Siebter Rundfunkänderungsstaatsvertrag Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Dazu sagt die medienpolitische Sprecherin Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefax: 0431/988-1501 Irene Fröhlich: Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.gruene-landtag-sh.de

Nr. 295.03 / 12.11.2003
Erstaunliche Koalitionen für mehr deutschsprachiges Liedgut
Einige Aspekte dieses neuen Staatsvertrages haben ja die Öffentlichkeit bereits beschäf- tigt, z.B. die Frage, ob die Rundfunkanstalten verpflichtet werden sollen, mehr deutsch- sprachiges Liedgut zu senden. Man fragt sich dann manchmal, woher kommen solche Überlegungen und stellt bei der Lektüre des Gesetzes, seiner Begründungen und Proto- kollerklärungen fest, dass sie aus bestimmten Bundesländern kommen.
Überraschenderweise finden sich da erstaunliche Koalitionen, so haben die Länder Ba- den-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland- Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen dieses zu dem neu eingeführten Paragrafen 11 in einer entsprechenden Erklärung gefordert.
Da ich ja auch die Ehre habe, den Minderheiten-Gremien dieses Landtages anzugehö- ren, möchte ich bei dieser Gelegenheit darum bitten, beim nächsten Rundfunkände- rungsstaatsvertrag, der ja gewiss kommen wird, auch an unsere Verpflichtungen gegen- über den Friesen und den Niederdeutsch-Sprechenden zu denken. Aber möglicherweise kann eine solche Erklärung auch noch Eingang in die Verhandlungen mit dem NDR fin- den, die ja ausdrücklich vorgesehen sind.
Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, wenn die Rundfunkanstalten sich selbst ver- pflichten, „auch neuere deutschsprachige Musikangebote durch ausreichende Sende- plätze“ zu fördern. Aber ebenso sinnvoll könnte es sein, an dieser Stelle an die verfas- sungsmäßige Verpflichtung gegenüber unseren Minderheiten zu erinnern.
Allerdings kann man sich natürlich auch fragen, wie denn eine solche Aufforderung zu dem neuen Paragrafen 11 passt, der ausdrücklich festlegt, dass der Rundfunk einen „umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen“ zu geben habe. In demselben Absatz wird neu, neben Information Bildung und Unterhaltung, auch „Beratung“ als Aufgabe genannt. Das zeigt einmal mehr, welch zentrale Rolle Rundfunk und Fernsehen in der heutigen Lebenswirklichkeit vieler Menschen spielen.
Der siebte Rundfunkänderungsstaatsvertrag legt also fest, welches die Rolle des Rundfunks in heutiger Zeit, bei rasant sich entwickelnder Technik sein kann und gibt folgerichtig auch den „bei- den bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten Fernsehvollprogrammen“ auf, regionale Fens- terprogramme vorzuhalten, um den Informationsauftrag des Rundfunks wahrzunehmen.
Daraus und aus den beiden Paragrafen 6 und 11 wird erfreulich deutlich, dass Rundfunk, ob öf- fentlich-rechtlich oder privat betrieben, eine Kulturveranstaltung ist und gemäss europäischer Richtlinie, aber auch entsprechend dem Willen der MinisterpräsidentInnen der Länder, der Siche- rung deutscher und europäischer Film- und Fernsehproduktionen als Kulturgut verpflichtet sind und zur Sicherung des audiovisuellen Erbes ebenso beizutragen haben, wie sie berechtigt sind, sich an Filmförderungen - möglichst unabhängiger - ProduzentInnen zu beteiligen.
Wir in Schleswig-Holstein können mit dieser Ausrichtung des Rundfunkstaatsvertrages sehr zu- frieden sein, drückt doch unser Landesrundfunkgesetz die Verpflichtung des NDR deutlich aus, sich der Filmförderung und der Ausbildung junger Menschen im Bereich audiovisueller Medien zu widmen und seinen Auftrag als einen kulturellen zu verstehen.
Wir werden ja im Ausschuss noch Gelegenheit haben, bestimmte Fragen zu klären, so wüsste ich z.B. gerne, wie es kommt, dass im Gesetz selber ein weltoffener unabhängiger toleranter An- satz beschrieben ist, aber in der dazugehörigen Begründung plötzlich von der Pflege der „christ- lich-abendländischen Kultur“ als ein Schwerpunkt des Angebotes die Rede ist.
Wir werden uns ja im Verlaufe dieser Landtagstagung noch mit dieser Thematik zu beschäftigen haben und ich denke, dass wir durch die Beschäftigung mit dem sogenannten Kopftuch-Urteil sehr sensibilisiert für Töne sind, die aus der strikten weltanschaulichen Neutralität, die wir als dem Gemeinwesen Verantwortliche zu wahren haben, heraustreten.
Zuguterletzt will ich noch erwähnen, dass die Staatskanzleien sich an zwei Stellen zur Evaluation ihrer Arbeit entschlossen haben:
Zum einen soll die Selbstverpflichtung, die die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sich auf- erlegt haben, um den neu formulierten Programmauftrag zu erfüllen, auch ausreicht. Das Gesetz soll also in drei Jahren und mittels entsprechender inhaltlicher Berichte der Rundfunkanstalten überprüft werden, zum anderen wird in Paragraf 40 festgehalten, „dass die Förderung von Pro- jekten für neuartige Rundfunksübertragungstechniken künftig zeitlich befristet werden soll. Damit wird sichergestellt“, so heißt es weiter, „dass derartige Projekte nach bestimmten Zeitabständen immer wieder hinsichtlich der Marktakzeptanz und Fördernotwendigkeit überprüft werden müs- sen.“ Das scheint mir ganz klar auf das Planungsdesaster bezüglich des DAB hinzuweisen, mit dessen Scheitern wir uns hier im Landtag ja auch bereits einmal beschäftigt haben. Ich denke, es ist an der Zeit, sich von diesem Projekt zu verabschieden.
Abschließend möchte ich die gute Nachricht für alle InternetrundfunknutzerInnen übermitteln, ihr Rundfunkkonsum bleibt entgegen der ursprünglichen Planung weiterhin gebührenfrei, wenn sie lediglich über ihren Rechner ohne Rundfunkempfangsteil daran teilnehmen. Eigentlich sollte das entsprechende Moratorium bis 31. Dezember 2004 laufen, nun wird es verlängert bis zum 31. Dezember 2006, weil die Länder noch beraten müssen. Das in diesen Zeiten, herzlichen Glück- wunsch!

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