Vom Eingaben- zum Petitionsausschuss: Der Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages stellt seinen letzten Tätigkeitsbericht als Eingabenausschuss vor
125/2003 Kiel, 23. Oktober 2003 Sperrfrist: 23. Okt. 2003, 10:00 UhrVom Eingaben- zum Petitionsausschuss: Der Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages stellt seinen letzten Tätigkeitsbericht als Eingabenausschuss vorKiel (SHL) – Seit Juni diesen Jahres heißt der Ausschuss, der sich als Anwalt aller Bürgerinnen und Bürger versteht, Petitionsausschuss.„Die Initiative für die Umbenennung ist einvernehmlich von allen Ausschuss- mitgliedern ausgegangen, weil wir bei Ortsterminen und Veranstaltungen festgestellt haben, dass ganz viele Bürgerinnen und Bürger mit dem Begriff ‚Eingabenausschuss’ nichts anfangen können“, erklären der Vorsitzende und die stellvertretende Vorsitzende des Petitionsausschusses, die Abgeordneten Gerhard Poppendiecker (SPD) und Ursula Sassen (CDU).„Insgesamt wissen aber immer noch zu wenig Menschen, dass man sich bei Problemen mit Behörden oder Anregungen zur Landesgesetzgebung an uns wenden kann. In vielen Fällen können wir den Bürgerinnen und Bürgern, die sich an uns gewandt haben, weiterhelfen“, ergänzt Poppendiecker.Erstes Quartal 2003: 99 Petitionen – Erfolgsquote 23%„Im 1. Quartal 2003 lagen wir leicht unter unserer durchschnittlichen Er- folgsquote von 25 %. Dies heißt jedoch nicht, dass die Mitglieder des Aus- schusses in diesem Zeitraum schlechter als sonst gearbeitet haben. In der überwiegenden Zahl der Fälle haben die Behörden einfach gut gearbeitet“, erläutern die Abgeordneten Poppendiecker und Sassen übereinstimmend. 2Den letzten Tätigkeitsbericht des Eingabenaussausschusses über die Arbeit im 1. Quartal 2003 (Drs. 15/2873), hatte der Landtag im September zur Kenntnis genommen. 99 neue Petitionen sind dem Ausschuss in dieser Zeit zugegangen. In sechs Petitionsverfahren wurde ein Ortstermin durchge- führt. Mit Vertreterinnen und Vertretern der Landesregierung und eines Kreises fand zudem eine Anhörung zur Problematik des Dauerwohnens in Wochenendhausgebieten statt. In vier Sitzungen hat der Ausschuss 81 Petitionen abschließend geprüft und beraten. Er konnte in 23 % dieser Fälle Empfehlungen aussprechen, die ganz oder teilweise im Sinne der Pe- tenten waren.Exemplarische Einzelfälle: Hier konnte geholfen werdenWie der Ausschuss helfen kann, wird am Beispiel eines Schadens deutlich, der sich während der starken Regenfälle im Juli 2002 ereignete (1236-15, S. 26): Ein Bürger aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde teilte dem Aus- schuss mit, bei den Starkregenfällen sei ein Regenrückhaltebecken über- gelaufen. Das Wasser habe seinen Keller überflutet und dadurch erhebli- che Schäden angerichtet. Die Problematik um das Regenrückhaltebecken sei der Gemeinde, dem Kreis und dem Straßenbauamt zuvor schon hinrei- chend bekannt gewesen. Trotzdem fühle sich jetzt niemand für das erneute Überlaufen verantwortlich und er finde keine zuständigen Ansprechpartner bei den Behörden. Die Ermittlungen des Ausschusses dazu haben ergeben, dass das Regenrückhaltebecken zumindest auch aufgrund einer defekten Rückstauklappe an einer Drosselleitung übergelaufen ist und diese Ursache in den Zuständigkeitsbereich des Straßenbauamtes des Landes fällt. Mögli- che zivilrechtliche Schadensersatzansprüche muss der Betroffene aller- dings selbst durchsetzen.Schon im letzten Jahr konnte der Ausschuss buchstäblich in letzter Minute die sofortige Schließung eines Cafés in einem Badeort während der Hauptsaison verhindern (1110-15, Drs. 15/2712, S. 23): Da der Pächter des Cafés die Brandschutzauflagen des Kreises nicht schnell genug erfüllen konnte, war ihm die weitere Nutzung mit sofortiger Wirkung und unter An- drohung eines Zwangsgeldes untersagt worden. Der Ausschuss hat in die- sem Fall das Innenministerium als oberste Brandschutzbehörde eingeschal- tet und kurzfristig einen Ortstermin durchgeführt. Bei diesem Ortstermin ha- ben sich andere Brandschutzmaßnahmen ergeben, durch die die Sicherheit 3im Café schnell hinreichend gewährleistet werden konnte. Dadurch konnte die Schließung vermieden werden. „In diesem Fall bin ich besonders froh, dass wir kurzfristig eine Lösung im Sinne des Petenten erreichen konnten, denn die Schließung des einzigen Cafés in zentraler Lage in einem Badeort während der Hauptsaison wäre natürlich auch unter touristischen Aspekten katastrophal gewesen,“ betont der Vorsitzende Poppendiecker.Ganz aktuell hat sich der Petitionsausschuss im Rahmen eines Selbstbe- fassungsverfahrens (1498-15, wird im Bericht III/03 erscheinen) mit der Vollstreckungspraxis der Finanzämter im Lande befasst. Hintergrund dieser parlamentarischen Prüfung waren mehrere Petitionen, in denen sich insbesondere Selbstständige darüber beschwert hatten, dass die Finanzäm- ter auch bei geringfügigen Steuerrückständen nach Mahnung immer sofort die Konten pfänden und keine für sie weniger schwer wiegenden Vollstre- ckungsmaßnahmen ergreifen würden. Eine Kontenpfändung ziehe regel- mäßig die Kündigung der Kreditlinien durch die Bank nach sich, was insbe- sondere bei Selbstständigen auch für deren Arbeitnehmer katastrophale Folgen habe. Bei seinen Ermittlungen zu diesen Petitionen haben Tatsachen den Ver- dacht erhärtet, dass die Oberfinanzdirektion (OFD) die Finanzämter rechts- widrig angewiesen hat, von ihrem Auswahlermessen bezüglich des Voll- streckungsmittels keinen Gebrauch zu machen, sondern unabhängig von den Umständen des Einzelfalls immer zuerst eine Kontenpfändung auszu- bringen. Die vom Ausschuss eingeholte Stellungnahme des Finanzministe- riums und eine darüber hinaus durchgeführte Anhörung der Präsidentin der Oberfinanzdirektion haben den Verdacht einer rechtswidrigen Weisung dann allerdings nicht bestätigt. Danach sind die Finanzämter zwar aus Kos- tengründen in nicht zu beanstandender Weise angewiesen worden, Voll- streckungen grundsätzlich nach der Regel „Innendienst geht vor Außen- dienst“ zu betreiben. Sie müssen aber nach wie vor bei der Auswahl des Vollstreckungsmittels abwägen und dabei auch mögliche schwere Folgen für die betroffenen Steuerschuldner einbeziehen. Wenn sich dabei ein milderes, genauso Erfolg versprechendes Vollstreckungsmittel wie eine Kontenpfändung ergibt, sind die Finanzämter verpflichtet, dieses mildere Vollstreckungsmittel zu wählen. Ein dem Ausschuss vorliegen- des Schreiben eines Finanzamtes, nach welchem auf Weisung der OFD immer als Erstmaßnahme Kontenpfändungen auszubringen seien, hat sich im Rahmen der Anhörung als inhaltlich falsch herausgestellt. 4Eine Petition einreichen: Das VerfahrenMit Bitten und Beschwerden, die die Tätigkeit des Landtages, der Landes- regierung oder der Behörden im Land betreffen, kann sich jedermann an den Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages, Landeshaus, 24105 Kiel, wenden. Die Petitionen müssen schriftlich eingereicht werden und mit eigenhändiger Unterschrift versehen sein.Nicht tätig werden kann der Ausschuss in privatrechtlichen Angelegenheiten oder wenn sich eine Beschwerde gegen die Tätigkeit von Bundesbehörden oder von Behörden eines anderen Bundeslandes richtet. Der Ausschuss darf auch nicht in laufende Gerichtsverfahren eingreifen oder gerichtliche Entscheidungen prüfen oder abändern.