Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
17.10.03
12:48 Uhr
Landtag

Arens: Die parlamentarische Dimension der Ostseekooperation stärken

122/2003 Kiel, 17. Oktober 2003 Sperrfrist: 17. Oktober 2003, 14:30 Uhr Es gilt das gesprochene Wort!



Arens: Die parlamentarische Dimension der Ostseekooperation stärken
Kiel (SHL) – In seiner Rede anlässlich der XXXV. Nordeuropäischen Gesprä- che vom 17. bis 19. Oktober 2003 im Landeshaus zum Thema „Zusammenhalt in einem erweiterten Europa – die Ostseeregion“ erklärte Landtagspräsident Heinz-Werner Arens unter anderem:
„Die parlamentarische Dimension im Ostseeraum zu vertreten und zu prakti- zieren, ist Aufgabe der Ostseeparlamentarierkonferenz. Sie wurde nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme ins Leben gerufen mit dem Ziel, die Gesellschaftssysteme in Ost und West einander anzunähern und die Menschen im Ostseeraum zusammenzuführen. Mittlerweile kann sie auf zwölf Jahre erfolgreiche internationale und interregionale Zusammenarbeit im Ost- seeraum zurückblicken.

Zwölf Jahre Ostseeparlamentarierkonferenzen zeigen Entwicklungslinien auf. Zu Beginn standen die Begegnung, das gegenseitige Kennen lernen im Vor- dergrund – vertrauensbildende Maßnahmen gewissermaßen.

Ich bin mir wohl bewusst, dass die Ostseeparlamentarierkonferenz nicht den Charakter einer Parlamentarischen Versammlung hat, und sie ist weit davon entfernt, ein ‚Ostsee-Parlament’ zu sein. Ich füge gern hinzu: Sie ist noch weit davon entfernt, denn wir sollten auch den Blick auf künftige Entwicklungen rich- ten. 2


Wie steht es um die Zukunft der parlamentarischen Zusammenarbeit im Ost- seeraum? Eine Antwort muss sicher lauten: Die parlamentarische Dimension der Ostsee- kooperation insgesamt muss weiter gestärkt werden. Es ist ein Phänomen in allen parlamentarischen Systemen, es ist gleichsam ein globales Phänomen nicht erst dieser Tage, dass den Parlamenten im Vergleich zu den Regierungen nur der zweite Rang zugemessen wird. Das ist nicht nur im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit der Fall, sondern auch die so genannte politische Klasse scheint dies als Selbstverständlichkeit so zu sehen.

Solche Sichtweise taugt vielleicht für Schönwetterperioden. Den Wert von Par- lamenten und parlamentarischen Systemen insgesamt aber erkennen alle Menschen, wenn es einmal stürmisch wird. So standen auch die Parlamente und die Parlamentarier bei der Entwicklung der jungen Demokratien im Ostsee- raum nicht nur symbolisch, sondern ganz konkret im Mittelpunkt, als es Freiheit und Bürgerrechte zu erringen oder zu wahren galt.

Was Parlamente leisten, lässt sich schwer messen und nicht leicht vermitteln. Es lässt sich nicht in Euros, nicht in Zahlen und Angaben über das Bruttoin- landsprodukt messen. Unsere Arbeit, vor allem im grenzüberschreitenden Be- reich, ist ganz anderer Natur: Das Konsensprinzip prägt unsere Arbeit und unseren Umgang miteinander. Da mag man bedauern, dass Konsens auf der einen und notwendige Dynamik auf der anderen Seite sich manchmal im Wege stehen. Aber das Konsensprinzip ist ein Stück politischer Kultur in unserer internationalen Arbeit. Wir brauchen es schon deshalb, weil sich in der Ostseeparlamentarierkonferenz Akteure ver- schiedenster Provenienz zusammenfinden:

Vertreten sind die Parlamente großer Nationen ebenso wie bedeutsame Orga- nisationen wie der Nordische Rat mit einer Repräsentanz von fünf nationalen Parlamenten und drei autonomen Regionen. Und es gibt die gleichzeitige Ver- tretung eines Staates durch mehrere Parlamente im föderativen System der Bundesrepublik Deutschland. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl ist das alles nicht austariert, ist es unproportional. Aber es wäre auch nicht der arithmeti- sche Ansatz, der uns weiter brächte, sondern wir haben ganz bewusst einen pragmatischen Ansatz gewählt: Der Leitgedanke ist, möglichst nah am Ort des Geschehens und möglichst nah bei den Menschen zu sein, die hier in der Ost- seeregion leben und die wir mit unserem parlamentarischen Mandat vertreten. 3


Das Denken und Arbeiten in transnationalen Netzwerken ist die grundlegende Philosophie der Ostseekooperation. Sie ist auch die Leitidee der Ostseeparla- mentarierkonferenz. Es ist ein ganz pragmatischer Politikansatz, der nur soviel Institutionalisierung anstrebt, wie es zum Funktionieren der internationalen Ko- operation erforderlich ist. Auf diese Weise sichern wir uns die erforderliche Fle- xibilität, auftretende Probleme schnell und unbürokratisch zu lösen. Und wir eröffnen uns dadurch die Möglichkeit, auf unterschiedliche interkulturelle Ge- pflogenheiten einzugehen.

Wie überall auf der Welt sind es nicht die Organisationen, die politische Bezie- hungen knüpfen, sondern die Menschen, die dahinter stehen. Ohne Kontinuität und Verlässlichkeit, ohne Partner und Freunde, ohne enge zwischenmenschli- che Beziehungen wären wir nicht da, wo wir heute sind. Auch wenn im Ostsee- raum nicht die gleiche Sprache gesprochen wird, verstehen wir einander und haben Verständnis füreinander. Darin liegt das Geheimnis gutnachbarschaftli- cher Beziehungen.
Der Ostseeraum hat in kürzester Zeit große Veränderungen durchlaufen und viele notwendige Veränderungen liegen noch vor uns. Dynamik und Wandel begegnen uns hier, verbunden mit Problemen, die durch die unterschiedlichen politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Systeme bestimmt sind. Die Politik steht vor großen Chancen und vor ebenso großen Herausforderungen. Wir können mitgestalten, indem wir dieser Region eine parlamentarische Dimension verleihen. Wirklich Ge- stalt haben wird sie aber erst, wenn wir die Köpfe und die Herzen der Menschen erreicht haben. Das ist die größte und wichtigste Aufgabe, die wir alle gemeinsam zu erfüllen haben.“