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26.09.03
17:06 Uhr
SPD

Bernd Schröder zu TOP 15: Die Maut ist eingeführt, es hapert am Betrieb

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 26.09.2003 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! aktuell Sperrfrist: Redebeginn

TOP 15 – Start der LKW-Maut


Bernd Schröder:

Die Maut ist eingeführt, es hapert am Betrieb

Gestatten Sie mir eine kurze Vorbemerkung, bevor ich zu dem Antrag der CDU kom- me. In den vergangenen Wochen ist in der Öffentlichkeit häufig der Eindruck entsta n- den, verantwortlich für die Probleme, die es mit der Maut-Einführung zur Zeit ganz o f- fensichtlich gibt, sei die Politik, genauer: die Bundesregierung und ihr Verkehrsminister Manfred Stolpe. Dazu ist zunächst zu sagen: Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Einführung eines Mautsystems auf unseren A utobahnen wesentlich professioneller hätte abgewickelt werden können. Es ist ohne Zweifel eine Reihe von handwerklichen Fehlern gemacht worden, die nicht hätte passieren dürfen.

Aber, meine Damen und Herren, fairerweise muss man sagen, dass es nicht in erster Linie die Politik ist, die diese Fehler zu vertreten hat, sondern die Technologiepartner, die mit der Einführung und dem Betrieb des Mautsystem beauftragt sind. Und dabei handelt es sich ja nicht um irgendeine Softwarebude irgendwo auf dem Lande, son- dern um Tollcollect, ein Konsortium, das von ve rmeintlichen High-Tech-Unternehmen der deutschen Industrie getragen wird, von Daimler-Chrysler und der Telekom. Ich kann mich noch gut erinnern, mit welch hohen Technologieansprüchen die Partner bei Vertragsabschluss an das Projekt herangegangen sind – daran gemessen ist das Er- gebnis derzeit geradezu peinlich.

Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/13 07 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Ihr Antrag, meine Damen und Herren von der CDU, verwundert mich. Ganz o ffensicht- lich waren die Initiatoren dieses Antrags nicht so ganz auf dem aktuellen Informations- stand: Die LKW-Maut wird nicht eingeführt, meine Damen und Herren, die gibt es be- reits! Was Sie vielleicht etwas irritiert haben mag, ist vermutlich die folgende Tatsache: Mit Auslaufen der Vignettenregelung am 31. August ist die neue Maut bereits einge- führt worden, konkreter vielleicht: das neue technische System, das leider noch nicht funktioniert.

Bis vor einigen Tagen ging man in Berlin davon aus, dass das neue System am 2. No- vember „scharf“ geschaltet werden könnte – bis dahin, also vom 31. A ugust bis zum 2. November, sollte die „Einfü hrungsphase“ vorgeschaltet werden – aber ohne Gebüh- ren. Mit anderen Worten: Bis dahin fa hren die LKWs auf den Autobahnen kostenfrei.

Das konnte man dieser Tage in allen Zeitungen lesen – auch, dass noch kurz vor Aus- laufen der Vignette nregelung eine Abstimmung mit Brüssel über die so genannten Harmonisierungsmaßnahmen notwendig war. Sie werden sich vielleicht erinnern. Kon- kret: Damit das neue Mautgesetz in Kraft treten konnte und die Maut ab dem 2. No- vember dieses Jahres – wie bislang noch geplant – über das neue System erhoben werden kann, musste die Bedingung erfüllt werden, dass der – ebenfalls geplante – Finanzausgleich für die deutschen Spediteure davon abgekoppelt wird. A nders ausge- drückt: Es ging dabei um die Trennung des Mautgesetzes von den Harmonisierungs- maßnahmen.

Wie diese nun am Ende aussehen werden und insbesondere auch der Finanzaus- gleich für die Spediteure, steht noch nicht fest. Möglich ist ein Ausgleich über die Rückerstattung eines Teils der Mineralölsteuer pro gezahltem Maut-Kilometer und wei- tere Maßnahmen.

Diese Harmonisierungsmaßnahmen sind gemeinsam im Bundesrat erarbeitet und im Mai des Jahres von Bundestag und Bundesrat beschlossen. Ich frage Sie nun meine Damen und Herren von der CDU: Was hat sich eigentlich seither geändert, das den -3-



Antrag rechtfertigen würde, den Sie hier stellen? Genau genommen gar nichts. Viel- leicht mit einer Ausnahme, dass nämlich Brüssel ein Prüfverfahren durchführt, das im Hinblick auf einen Finanzausgleich für die Spediteure eine rechtlich einwandfreie Re- gelung vorgeben wird. Daran können wir nur ein großes Interesse haben. Was wir a- ber ganz und gar nicht können: Wir können das Mautgesetz nicht aussetzen – wie auch immer –, sola nge Brüssel dieses Prüfve rfahren nicht abgeschlossen hat.

Tragbar ist der Kompromiss, der auf der Grundlage der Verhandlungen mit Brüssel zustande gekommen ist und bereits die Belange der Spediteure berücksichtigt. Es sind im wesentlichen die folgenden vier Punkte, auf deren Grundlage das Mautgesetz jetzt umgesetzt werden sollte: Die Kommission erkennt an, dass Deutschland das Mautsystem einführt. In einem ers- ten Schritt sollen 12,4 Cent pro Kilometer e rhoben werden, später dann 15 Cent. Das System soll nicht vor dem 2. November 2003 kommen. Vom 31. A ugust an wird eine Einfü hrungsphase vorgeschaltet; allerdings ohne Gebühren. Deutschland stellt klar, dass es zwischen Erhebung der Maut und der Rückerstattung an die Spediteure keinen zwingenden Zusammenhang gibt – eine Forderung, der i n- zwischen durch einen entsprechenden Kabinettsbeschluss in Berlin entsprochen wur- de. Eine Expertengruppe aus Mitgliedern der Bundesregierung, der Kommission und des in- und ausländischen Speditionsgewerbes wird die Technik des Systems und seine Infrastruktur überprüfen. Dabei muss klargestellt werden, dass es weder zur Behinde- rung ausländischer Transporteure noch zur Einschränkung des freien Warenverkehrs in Europa kommt.

Sie sehen: Es spricht nichts für den Antrag der CDU, wir sollten ihn schnell vergessen und den Initiatoren raten, doch künftig fleißig Zeitung zu lesen, damit sie verfolgen können, was in Sachen Maut eigentlich Sache ist.