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26.09.03
11:00 Uhr
SSW

Arbeitszeit an Krankenhäuser

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Kiel, den 24.09.2003 Silke Hinrichsen Es gilt das gesprochene Wort



T0P 22 Arbeitszeit an Krankenhäusern (Drs. 15/2894) T0P 23 EuGH-Urteil zu Bereitschaftsdiensten in KH (Drs. 15/2895)

Ich finde es bedauerlich, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zu den Arbeitszeiten schleswig-holsteinischer Ärzte in staatlichen Krankenhäusern zum Vorwand für eine General- abrechnung mit den Zuständen in den Hospitälern benutzt wird. Ich teile nicht die Einschät- zung des Kollegen Kalinka, der die Lage als „sehr ernst“ und „desolat“ bezeichnet und die Si- tuation im Gesundheitswesen damit pauschal skandalisiert. Ich bin im Gegenteil davon über- zeugt: Gerade diese hektische und laute Kritik verstellt Lösungswege im Krankenhaus, statt praktikable Reformen aufzuzeigen. Dabei sind wir alle daran interessiert, schnell die notwen- digen Veränderungen anzuschieben. Vor dem Hintergrund der kräftigen Worte ist der CDU- Antrag aber eher klein geraten. Er fordert lediglich Abstimmungsprozesse ein, die bereits schon vor der Urteilsverkündung in Gang gekommen sind.
Ein Arzt im öffentlichen Dienst, der im Krankenhaus in Bereitschaft ist, dort unter Umstän- den auch schläft, verrichtet dort seine Arbeit. Er muss sich in Sekundenschnelle auf eine neue Situation einstellen. Das ist Arbeit und keine Ruhezeit, so hat der EuGH entschieden. Aber welche Konsequenzen sind aus dem Urteil zu ziehen? Zu erst einmal muss umgehend die Ar- beitszeitgesetzgebung geändert werden. Der von der Ministerin abgegebene Bericht zeigt die- ses auch eindeutig auf. Wie bereits in der letzten Debatte zu dem Thema im Juli 2001, war und ist hier der Bundesgesetzgeber gefragt. Er ist zuständig. In Berlin laufen und liefen die Vorbereitungen im Rahmen des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt, die neuen Regelun- gen einfließen zu lassen. Ich bin sehr gespannt, welches Modell Wirtschaftsminister Clement vorlegen wird. Denn auch er kennt natürlich die widersprechenden Interessen. 2



Das Urteil lässt nach Ansicht der Interessenvertretungen der Ärzte nur einen Schluss zu: die Einstellung vieler, neuer, zusätzlicher Ärzte. Nur so ist der hohe Standard deutscher Kliniken zu halten, meinen sie. Aber eines ist auch klar: Die Krankenkassen und damit die Beitragszah- ler könnten die anfallenden Mehrkosten einer solchen Lösung nicht bezahlen. Es gibt auch nicht so viele freie, verfügbare Ärzte und wir haben zudem in Deutschland bereits die welt- weit höchste Ärztedichte. Die Lösung kann also nicht nur in einer einfachen personellen Auf- stockung liegen.
Aus unserer Sicht muss es zuerst darum gehen, den finanziellen Rahmen für die vorhandenen Ärzte zu verbessern. Die Krankenhäuser müssen bereits in diesem Jahr zusätzliche Finanzmit- tel für nachgewiesene Verbesserungen der Arbeitszeitbedingungen bekommen. Es gibt hierzu schon viele Modelle. Ein Blick nach Hamburg zeigt, wie es gehen kann: Der Hamburger Lan- desbetrieb Krankenhäuser hat bereits jetzt eine Vereinbarung, wonach Ärzte bis zu 48 Stun- den in der Woche, einschließlich ihres Bereitschaftsdienstes arbeiten können. Dieser wird voll entgolten. Damit sind die Richtlinien des EuGH-Urteils erfüllt. Die meisten Ärzte nutzen auch diese Möglichkeit, wie aus einem Bericht im „Hamburger Abendblatt“ vom 10. September hervorgeht. Ein Hamburger Assistenzarzt verdient z. B. 2.211 Euro und wird so für die Be- reitschaft entschädigt.
Ich sehe wenig Sinn darin, dass die Landesregierung jetzt in Verhandlungen mit der Bundes- regierung eintritt, wie die CDU es hier vorschlägt. Stattdessen werden sich die hiesigen Kran- kenhäuser mit dem Hamburger und anderen Modellen beschäftigen müssen, soweit noch nicht geschehen.
Der Bericht spiegelt nur die ersten Einschätzungen der Landesregierung zur Umsetzung des Urteils wider. In der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit war und ist auch nichts anderes möglich. Der Bericht zeigt aber auf, wohin die Reise gehen muss: dass der innere Aufbau, die Organisation und der Ablauf durch die Krankenhäuser erfolgen muss, und dass sie verpflich- tet sind, das für sie optimale Arbeitszeitmodell zu finden. Ziel bleibt es, eine professionelle und bezahlbare Behandlung für die Patienten zu erhalten. Für die Patientinnen und Patienten ist entscheidend, dass die Qualität der Krankenhausbehandlung gesichert wird. Das muss die Zielrichtung aller Bemühungen sein.
Wir sollten das Arbeitszeiturteil aus Straßburg als Chance begreifen. Um diese Chance wirk- lich nutzen zu können, brauchen wir aber natürlich mehr als solche CDU-Anträge.
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