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24.09.03
11:32 Uhr
FDP

Günther Hildebrand: "Naturschutz nicht gegen die Menschen"

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Nr. 252/2003 Dr. Heiner Garg, MdL Stellvertretender Vorsitzender Kiel, Mittwoch, den 24.09.2003 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Christel Aschmoneit-Lücke, MdL Joachim Behm , MdL Es gilt das gesprochene Wort! Günther Hildebrand, MdL Veronika Kolb, MdL Umweltpolitik/ FFH-Gebiete
Günther Hildebrand: „Naturschutz nicht gegen die



www.fdp-sh.de Menschen“ In seinem Redebeitrag zu TOP 29 (FFH-Gebietsanmeldungen) erklärte der umweltpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Günther Hildebrand:
„Heute reden wir nicht nur über die Anmeldung von Natura2000-Gebieten. Nein, heute reden wir auch insbesondere über die zukünftigen Chancen einer wirtschaftlichen Entwicklung Schleswig-Holsteins. Wie wir in den letzten Wochen erfahren mussten, drohen diese Chancen durch eine verbandshörige, lobbyistische und scheinheilige Umweltpolitik der Grünen nachhaltig zunichte gemacht zu werden.
Wenn wir über Natura2000-Gebiete reden, dann reden wir nicht nur über die Gattungen des schützenswertes „Darmatmers“ oder die „Armleuchteralge“ oder den „Borstgrasrasen erster Güte“. Wir reden auch über die Landwirte, die Binnenfischer, über Infrastrukturmaßnahmen und über die Möglichkeit auch zukünftig Gewerbegebiete ausweisen zu können.
Es ist den Menschen nicht vermittelbar, wenn durch eine, hauptsächlich von den Grünen betriebene, überzogene Umweltpolitik Chancen für zukünftige Arbeitsplätze zunichte gemacht werden. In Schleswig-Holstein sind zur Zeit 130.000 Menschen ohne Arbeit. Da dürfen wir es nicht zulassen, dass durch die Strangulation bestehender Gewerbegebiete oder die Verhinderung zukünftiger Infrastrukturmaßnahmen weitere Menschen aus dem ersten Arbeitsmarkt verschwinden.
Dabei muss man sich die Auswirkungen vor Augen führen, die die Ausweisung von FFH-Gebieten für die Weiterentwicklung von Wirtschaftsstandorten haben kann.
Zwar haben z. B. Wirtschaftsbetriebe oder die Bewirtschaftungsart auf landwirtschaftlichen Flächen in der Nachbarschaft oder in Natura 2000- Gebieten grundsätzlich Bestandsschutz, eine Ausweitung eines Betriebes oder eine andere Nutzung z. B. einer Wiese, wird in einem FFH-Gebiet oder in Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 seiner 100 m breiten Pufferzone im Sinne des Verschlechterungsverbotes grundsätzlich unzulässig sein. Für betroffene expandierende Betriebe unmittelbar Anlass, den Standort und damit häufig auch die Region zu verlassen.
Das hat mit einer nachhaltigen Entwicklung unseres Landes nichts mehr zu tun. Nur zur Erinnerung: Auf der historischen Umweltkonferenz in Rio wurde die Agenda 21 verabschiedet. Diese Agenda 21 steht unter dem Leitgedanken der Nachhaltigkeit. Noch im Bericht der Landesregierung zu ihrer Landesnachhaltigkeitsstrategie für ein zukunftsfähiges Schleswig-Holstein schrieb die Landesregierung wörtlich:
„Der Leitgedanke einer nachhaltigen Entwicklung richtet sich nicht ausschließlich an die Umweltpolitik, sondern versteht
= wirtschaftlichen Wohlstand = soziale Sicherheit und = Stabilisierung der ökologischen Systeme
als drei unverzichtbare .... Ziele gesellschaftlicher Entwicklung.“
Ich stelle hiermit fest, dass den Zielen wirtschaftlicher Wohlstand und soziale Sicherheit durch die grüne Umwelt- und Natura2000-Politik dieses Umweltministers nicht im geringsten gerecht wird.
Ich nenne Ihnen hierzu einige Beispiele:
- Beispiel Lübeck.
Lübeck steht nach der Anmeldung weiterer FFH-Gebiete zu 48,8 % unter Naturschutz. Dabei konnten wir vor kurzen noch folgende Schlagzeilen über Lübeck lesen:
„Boom in Lübecks Hafen: Immer mehr Fährlinien – Drei Reedereien starten neue Verbindungen“(LN vom 13.09.2003) oder
„Flughafen bringt Lübeck 30 000 Touristen – Die Zahl der Übernachtungen in Lübecker Hotels schnellte nach dem Start der Pisa-Linie von 3000 auf 4700 Übernachtungen an.(LN vom 12.09.2003)“
Es sind aber genau diese expandierenden Wirtschaftszweige, die nun durch die Ausweisung von FFH-Gebieten ausgebremst werden. So sind FFH- Gebiete in Lübecks Hafen genau dort angemeldet worden, wo die Stadt nach Auskunft des Bürgermeisters Saxe zukünftig den Hafen weiterentwickeln wollte.
Auch der Flughafen Lübeck ist durch die Ausweisung eines FFH-Gebietes nun praktisch eingemauert.
Bürgermeister Saxe hierzu: „Es fällt schon auf, dass die Naturschutz- Ausweisungen immer dort sind, wo unsere Entwicklungspotenziale stecken.“ Wir teilen diese Einschätzung.
- Beispiel Gewerbegebiet Lauenburg:

Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 Dort bedroht anscheinend ein Gewerbegebiet die „Brenndolde“. – obwohl offensichtlich bisher beide in Koexistenz gut miteinander auskamen. Nun aber wurden FFH-Gebiete rund um den Gewerbepark angemeldet, um der Brenndolde auch weiterhin ein artgerechtes Leben zu ermöglichen. Für dort ansässige Unternehmen die unmissverständliche Aufforderung, für mögliche Erweiterungen einen anderen Standort zu suchen.
Bemerkenswert ist, dass
- die vorgesehenen Flächen während der Hochwasserbekämpfung mit schwerstem Gerät durchgepflügt wurden, - die Brenndolde, so sie es denn überlebt hat, zur Zeit nur unter 6 m hohen Kleierdehaufen zu finden sein dürfte und - die Brenndolde keine prioritäre Art der FFH-Richtlinie ist. Sie ist in keinem Anhang der FFH-Richtlinie als besonders schützenswerte Art ausgewiesen.
Es ist ebenso eine Tatsache, dass der Staatssekretär Knitsch im Umweltausschuss letzte Woche folgendes ausgeführt hat: Angesprochen auf das Gewerbegebiet in Lauenburg sagte er: Man habe schon genug Last damit, dafür zu sorgen, dass es nicht erweitert wird.
Diese Aussage spricht Bände, meine Damen und Herren und verdeutlicht uns, wes Geistes Kinder im Umweltministerium regieren. Hier wird Natura2000 als Vehikel benutzt, ganz andere Ziele zu verfolgen. Ein Bärendienst für den Umwelt- und Naturschutz.
- Beispiel Haseldorfer Marsch
Die hier bis zur 2. Deichlinie vorgesehen FFH-Gebiete werden von den Gemeinden akzeptiert, der 100 m breite angrenzende Schutzstreifen überdeckt aber eine § 34 Fläche (eine im Zusammenhang bebaute Dorffläche nach dem Baugesetzbuch). Kann hier noch eine weitere Dorfentwicklung stattfinden?
Anrede,
es ist doch seltsam, wie die EU anscheinend dazu kommt, in Schleswig- Holstein FFH-Gebiete nachzufordern. Woher hat die EU-Kommission eigentlich die Kenntnisse über anscheinend schützenswerte, aber noch nicht ausgewiesenen Natura2000-Gebiete?
Das hat System. Da gibt es eine klare Rollenverteilung. Neben der Landesregierung haben auch die Umweltverbände entsprechende Gebiete ermittelt und nach Brüssel gemeldet. Das sind die sogenannte Schattenlisten. Dort werden nun die entsprechende Anmeldungen miteinander abgeglichen und bei Abweichungen Nachforderungen erhoben. Die Landesregierung reicht also z. B. eine erste und zweite Tranche mit restriktiven Flächenausweisungen ein, Brüssel fordert aufgrund der Schattenlisten weitere Gebiete und die Landesregierung muss anschließend bedauerlicher Weise nachlegen.
Dass dieses Verfahren systematisch abläuft und zum Teil auch direkt die Landesregierung mit einbezieht, belegt eine Pressemitteilung vom 27.07.2003 der Bündnis-Grünen aus dem Herzogtum Lauenburg.

Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 4 Dort steht: „Außerdem stellte er (der sogenannte Arbeitskreis Natura2000) eine Schattenliste für Natura2000-Gebiete zusammen, die sie der Landesregierung übergaben. Die Liste wurde von der zuständigen Behörde wohlwollend aufgenommen und zur Auswahl mit herangezogen.“
Die Grünen forcieren also selbst die Neuausweisung von Natura2000- Gebieten. Es erscheint mir vor dem Hintergrund dieser Pressemitteilung eines Grünen-Kreisverbandes geradezu scheinheilig, wenn der Umweltminister durch die Lande tingelt, ein wehmütiges Gesicht aufsetzt und immer die Verantwortung nach Brüssel schiebt.
Dann erzählt der Umweltminister auch noch auf jeder Veranstaltung von ca. 750.000 Euro pro Tag, die Schleswig-Holstein an die EU zahlen müsste, wenn es ausreichenden Gebietsmeldungen nicht nachkäme.
Dazu kann ich zumindest zu den Vogelschutzgebieten folgendes sagen. Sie, Herr Umweltminister, haben uns vor einigen Wochen dankenswerter Weise, eine Kopie eines Telefaxes aus Brüssel an das Auswärtige Amt zukommen lassen, welches das Vertragsverletzungsverfahren bezüglich nicht ausgewiesener Vogelschutzgebiete betraf. Dort steh auf Seite 7 zur Erfüllung der Ausweisungspflicht Schleswig-Holsteins folgendes: „Situation ist unklar, die Bundesregierung geht von einem hinreichenden Schutz aus.“
Es ist aber der Bund der gegenüber der EU für Vertragsverletzungen haftet. Wieso muss eigentlich das Land zahlen, wenn der Bund selbst davon ausgeht, dass Schleswig-Holstein genügend Vogelschutzgebiete ausgewiesen hat?
Und ein Letztes,
bei einigen FFH-Anmeldungen scheinen die fachlichen Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht oder nicht mehr vorzuliegen. Hat das Umweltministerium im Vorwege geprüft, ob die angegebenen fachlichen Kriterien überhaupt vorliegen, bzw. noch vorliegen? Oder wird erst geprüft, wenn es aus einer Region massive Proteste gibt? Das kann allerdings nicht der richtige Weg sein, denn er verunsichert im höchsten Maße die Bürgerinnen und Bürger und erzeugt Misstrauen in staatliches Handeln.
Es bleibt dabei. Naturschutz muss heute mehr denn je mit und nicht gegen Menschen gemacht werden. Alles andere schadet letztlich dem Naturschutz und auch ganz konkret dem Projekt Natura2000. Wir stimmen dem Antrag der CDU zu.“



Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/