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19.06.03
16:49 Uhr
SPD

Hermann Benker zu TOP 24: Im Konsens mit dem Handwerk Regelungen finden

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 19.06.2003 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 24 – Handwerksordnung weiterentwickeln

Hermann Benker:

Im Konsens mit dem Handwerk Regelungen finden

Kein Bereich wird so gegensätzlich diskutiert wie im Augenblick das Thema „Änderung der Handwerksordnung“. Insofern ist die Überschrift des CDU-Antrages, nämlich „Handwerksordnung mit Bedacht weiterentwickeln“ wohl das wichtigste an diesem A n- trag. Aber während die Wirtschaftsinstitute die Reform der Handwerksordnung für dringend geboten und richtig erachten, sind die Handwerkskammern und der Wirt- schaftsverband des Handwerkes bis hin zum Zentralverband des Deutschen Hand- werks mit ihrem Vorsitzenden einmütig gegen die jetzt geplante Veränderung.

Wie so oft bei Gesetzesänderungen, liegt der Teufel im Detail, denn aus den Gesprä- chen mit den Handwerkern weiß ich, dass sie sehr wohl an einer Änderung kooperativ mitarbeiten wollen. Aber da es zwei Gesetzesinitiativen gibt mit unterschiedlicher Ziel- richtung, ist zurzeit nicht deutlich genug, in welche Richtung die Reise gehen soll. Das Handwerk hat es aus meiner Sicht auch ve rsäumt, den Änderungsbedarf, der seit Jah- ren im Gespräch ist, konkret von sich aus voranzubringen.

Zu den vorliegenden Gesetzentwürfen zur Handwerksordnung kann man nur „ja, aber“ sagen. Und dieses ja, aber gilt auch für mich: Ja zum Meisterbrief, wie die Aktion des Handwerks lautet, aber mit Anpassung an eu- ropäisches Recht, damit Inländer nicht länger diskriminiert werden. Ja zu mehr Ausbildungsmöglichkeiten, aber nicht so, dass das duale System in der be- ruflichen Ausbildung baden geht. Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/13 07 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Ja zur Erleichterung von Existenzgründungen und Betriebsübernahmen, aber nicht zu Lasten von Verbraucherschutz, Qualität und Ausbildung.

Es ist müßig zu glauben, dass wir durch Beschluss des CDU- und FDP-Antrages oder durch Ablehnung das Problem lösen, denn die Begründung umfasst alleine jeweils 70 Seiten.

Aber bei aller Änderungsbereitschaft: Ob denn diese Gesamtveränderungen auch die Auftragslage des Handwerks verändern, daran habe ich meine großen Zweifel. Ohne die Senkung von Lohnnebenkosten, ohne die Konkurrenzfähigkeit des Handwerks ge- genüber der Schwarzarbeit zu verbessern und ohne die Konsumzurückhaltung bei Aufträgen an das Handwerk aufzubrechen, wird auch eine Veränderung der Hand- werksordnung ihr Ziel verfehlen.

Ein paar Fakten: Die Zahl der Handwerksunternehmen ist rücklä ufig, aber die Insolvenzquote beim Handwerk ist immer noch geringer als in anderen Wirtschaftsbereichen. Die Zahl der Beschäftigten geht auch im Handwerk zurück, aber der Rückgang der Beschäftigtenzahl in der Industrie war erheblich größer. Wenn selbst die Ausbildungsplätze zurückgehen, dann ist das eher ein Alarmsignal, dass wir diesem Faktor mehr Aufmerksamkeit schenken müssen, denn das Handwerk hat mit einer Ausbildungsquote von 9,8 % bezogen auf die Zahl der Beschäftigten drei Mal so viele Ausbildungsverhältnisse wie andere Wirtschaftsbereiche. Und gerade die- ser Faktor macht es auch aus, der uns zum Nachdenken zwingt, welche Berufe in der Anlage A und welche Berufe in der Anlage B aufgenommen werden müssen.

Wenn wir von 1975 bis heute eine Fluktuationsrate von etwa 10 % plus minus 1 % im Handwerk bei den Vollhandwerksbetrieben haben, dann muss man im Vergleich dazu die handwerksähnlichen Gewerbe sehen, und dort liegt die Fluktuationsrate kontinuier- lich in dieser gleichen Zeitphase von 1975 bis heute zwischen 33,9 % und 44,9 %. Und -3-



das zeigt, dass in der Regel die handwerksähnlichen Betriebe eben sehr viel kurzlebi- ger sind und deshalb leider auch für Ausbildungsplätze nicht in Frage kommen.

Ich will das an Zahlen für die Kreishandwerkerschaft Plön/Osthols tein sagen, wenn wir in den Berufen heute in der Anlage A 2.011 Ausbildungsverhältnisse haben und in der Anlage B für den Kreis nur 19 Ausbildungsverhältnisse, dann spricht das Bände. Und der Glaube, dass wir ohne Ausbildungsverordnung für die Anlage B dort eine Ausbil- dungsverbesserung erreichen, ist ein Irrglaube. Deshalb müssen die ausbildungssta r- ken Berufe in der Anlage A verbleiben. Die Festlegung, nur gefahrengeneigte Berufe auf die Anlage A zu konzentrieren, ist ebenfalls brüchig, wenn das gesamte Lebens- mittelhandwerk z. B. in die Anlage B wandert.

Wenn darüber hinaus die nicht wesentlichen Tätigkeiten, die erstens in einem Zeit- raum von bis zu drei Monaten erlernt werden können oder nicht aus einem Gewerbe der Anlage A entstanden sind, wenn diese Tätigkeiten kleinteilig als selbständige Ge- werbe aus allen Berufen herausgebrochen werden können, dann ist der Nebentätig- keit, auch in gefahrengeneigten Berufen, Tor und Tür geöffnet.

Ich habe diese wenigen Fakten genannt, um aufzuzeigen, wie wichtig es ist, möglichst im Konsens mit dem Handwerk zu einer Regelung zu kommen. Deshalb ist es zwin- gend notwendig, nicht nur im Bundesrat, sondern auch im Gespräch mit den Fraktio- nen und im Gespräch mit dem Handwerk Lösungen zu erarbeiten, die folgendes Ziel haben: 1. Wir wollen Existenzgründungen erleichtern. 2. Wir wollen mehr Ausbildungsmöglichkeiten schaffen. 3. Wir wollen die Durchlässigkeit im Handwerk erhöhen.

Dies wird auch die Aufgabe sein, die wir in der Beratung im Ausschuss dem Wirt- schaftsminister an die Ha nd geben.