Ursula Sassen: CDU fordert weniger Ideologie bei der Umsetzung de r EU Wasserrahmenrichtlinie
Nr. 260/03 18. Juni 2003 IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.deUmweltpolitik TOP 4 Ursula Sassen: CDU fordert weniger Ideologie bei der Umsetzung der EU Wasserrahmenrichtlinie Mit Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union trat am 02.12.2002 die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in Kraft.Sie stellt hohe Anforderungen an die Gemeinschaft. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, diese Richtlinie spätestens zum 22.12.2003 durch Erlass von Rechts- und Verwaltungsvorschriften in nationales Recht umgesetzt zu haben.Dieser Pflicht kommen wir heute mit der 2. Lesung der Novellierung des Landeswassergesetzes nach.Lassen Sie mich jedoch eine Bemerkung voranstellen. Dass aufgrund des Zeitdrucks die Vorlagen nicht immer frühzeitig zur Verfügung standen, hat die Landesregierung ebenso zu verantworten wie die zweigeteilte Novellierung des Landeswassergesetzes, nachdem ein erster Teil im Landesartikelgesetz für die letzte Plenartagung bereits herausgebrochen wurde.Die WRRL verschlingt im Umsetzungszeitraum von 15 Jahren allein in Schleswig- Holstein annähernd 700 Mio. € Haushaltsmittel.Sie bietet unter großem Verwaltungsaufwand mit der Bildung neuer, an Flussgebietseinheiten ausgerichteten Strukturen eine Chance wirklich nachhaltiger Gewässerpolitik in Schleswig-Holstein und ganz Europa. Daran wollen wir uns gern beteiligen."Die WRRL verpflichtet die Mitgliedsstaaten dazu, geeignete Behörden zu bestimmen, die die Richtlinie innerhalb der jeweiligen Flussgebietseinheit ihres Hoheitsgebietes umsetzen. Die Mitgliedstaaten können dabei auf bestehende Verwaltungsstrukturen zurückgreifen“, so steht es im Bericht des Umweltministeriums unter Punkt 4.2.1 vom 09.10.2001, Umdruck 15/1488". Herr Minister Müller, warum tun Sie nicht, was Sie dort formuliert haben? So sehr wir auch die Einbindung der Wasser- und Bodenverbände unterstützt haben, möchte ich an dieser Stelle erneut unser Unverständnis darüber zum Ausdruck bringen, dass es der Landesregierung nicht gelungen ist, die Kreise und kreisfreien Städte als untere Wasserbehörden einzubinden.Es gab die Bereitschaft des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages, gemeinsam mit dem Landesverband der Wasser- und Bodenverbände und dem Bauernverband an der Umsetzung der WRRL mitzuwirken.Ein entsprechendes Eckpunkte-Papier lag Ihnen, Herr Minister Müller, vor. Sie haben mit inakzeptablen Vorgaben die Zusammenarbeit verhindert.Die für alle Beteiligten neue Aufgabe bedarf eines flexiblen Gestaltungsrahmens wie ihn die WRRL auch durchaus zulässt.Sie, Herr Minister, haben Ihre Ermessensspielräume so genutzt, dass Sie die Kreise und kreisfreien Städte zugunsten der Staatlichen Umweltämter aufs Abstellgleis geschoben haben. Wir fordern Sie weiterhin auf, die Kreise und kreisfreien Städte mit ins Boot zu holen. Wir brauchen alle Kräfte für diese große Aufgabe.Die WRRL beinhaltet neben der Zielsetzung, einen guten ökologischen Zustand der Gewässer zu erreichen, laut Artikel 1b) der WRRL auch die "Förderung einer nachhaltigen Wassernutzung auf der Grundlage eines langjährigen Schutzes der vorhanden Ressourcen".In Art. 9 (1) heißt es u. a.: „Die Mitgliedstaaten sorgen bis zum Jahr 2010 dafür, dass die Wassergebührenpolitik angemessene Anreize für die Benutzer darstellt, Wasserressourcen effizient zu nutzen und somit zu den Umweltzielen dieser Richtlinie beiträgt“.Diese Aussagen nehmen Einfluss auf das bisher geltende Landeswassergesetz und finden auch im Artikel 1 Nr. 1b § 2 der Novelle in einem zusätzlichen Absatz 3 ihren Niederschlag.Dort heißt es: "Die Bewirtschaftung der Gewässer, insbesondere ihre nachhaltige Entwicklung sowie die sparsame Verwendung von Wasser soll auch durch ökonomisch wirkende Maßnahmen gefördert werden".Ob diese Formulierung so aus der WRRL abzuleiten ist, wage ich zu bezweifeln.Auf keinen Fall darf daraus die Schlussfolgerung gezogen werden, Schleswig- Holstein mit weiteren Lenkungsabgaben wie mit der Erhebung der Grundwasserentnahmeabgabe, der Abwasserabgabe und der Oberflächenwasserentnahmeabgabe bereits geschehen, belasten zu dürfen.Dies wäre eine Fehlinterpretation der WRRL und wird von uns strikt abgelehnt.Laut Aussage des Ministeriums sind weitere Abgaben definitiv nicht beabsichtigt, dennoch konnten meine Bedenken nicht rückhaltlos ausgeräumt werden.Bevor ich zu unseren Änderungsanträgen komme, einige grundsätzliche Bemerkungen: Die Notwendigkeit der Novellierung des Landeswassergesetzes ist unumstritten. Der Entwurf der Landesregierung geht jedoch nach unserer Auffassung in einigen Punkten über die Vorgaben der WRRL und über das Wasserhaushaltsgesetz hinaus.So reizvoll und interessant die Aufgabe der Umsetzung der WRRL für einen Umweltminister und seine Mitarbeiter auch sein mag, man sollte nicht der Versuchung erliegen - bei katastrophaler Haushaltslage - überzogene, ehrgeizige Ziele anzustreben, die das Allgemeinwohl unzumutbar beeinträchtigen.Die WRRL versucht, den geographischen und klimatischen Gegebenheiten der Region Rechnung zu tragen und sagt auch: "In Fällen, in denen sich menschliche Tätigkeiten oder die natürlichen Gegebenheiten auf einen Wasserkörper in einer Weise auswirken, die es unmöglich oder äußerst kostspielig erscheinen lässt, einen guten Zustand zu erreichen, sind gegebenenfalls weniger strenge Umweltziele anhand geeigneter, eindeutiger Kriterien festzulegen, wobei alle praktikablen Vorkehrungen getroffen werden müssen, um einer weiteren Verschlechterung des Gewässerzustandes vorzubeugen." Die WRRL setzt zwar Ziele und fordert Programme zur Überwachung des Zustandes der Gewässer, gewährt den Mitgliedstaaten aber auch einen Ermessensspielraum auf dem Weg zum Ziel und in der Wahl der Maßnahmenprogramme.Sie zwingt uns nicht, das Landeswassergesetz in den Kernaussagen zu verändern, unzumutbare Kriterien festzusetzen und weitere Abgaben zu schaffen!Nun zu unseren Änderungsanträgen: Da man ja nicht alle 4 Wochen das Landeswassergesetz ändert, haben wir uns erlaubt, einige Änderungen vorzunehmen, die nicht in direktem Zusammenhang mit der Umsetzung der WRRL stehen, aber im Rahmen der Anhörung im Umweltausschuss angesprochen wurden, wie z. B. auch § 14 Abs. 1, der das Sporttauchen in landeseigenen Gewässern vorsieht.Bei Nr. 12 b, § 33 des Gesetzentwurfs lehnen wir die neue Formulierung ab und favorisieren die bisherige Fassung des Landeswassergesetzes, mit der die Aufgaben weiterhin von der Landeswasserbehörde wahrgenommen werden sollen, da insbesondere kleine Abwasserbetriebe mit den Anforderungen des neu formulierten § 33 personell und materiell überfordert wären.Der § 38 im Gesetzentwurf macht deutlich, wie sehr die Landesregierung in überzogenem Maß die Umsetzung der WRRL verfolgt.Maßnahmen zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes für den Wasserabfluss hatten bisher Priorität im Landeswassergesetz.Die Novelle setzt die Erhaltung und Entwicklung eines natürlichen oder naturnahen und standortgerechten Pflanzen- und Tierbestandes am Gewässer an die 1. Stelle und die Entwicklung von Uferrandstreifen (§ 38a) an die 2. Stelle.Das kann es nicht sein!Hier haben wir eine entsprechende Korrektur vorgeschlagen, die mit Sicherheit der Zielsetzung der WRRL nicht entgegensteht, wohl aber den Übereifer des Umweltministers bremst. Maßnahmen zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes für den Wasserabfluss gehören nach wie vor an die 1. Stelle. § 38 Abs. 2 – Gewässerunterhaltung und mögliche Beeinträchtigung von Landökosystemen und Feuchtgebiete - ist nach unserer Auffassung überflüssig, da die Sachverhalte bereits im Wasserhaushalts- und Landesnaturschutzgesetz umfangreich geregelt sind.Der neu hinzugefügte § 38a "Uferrandstreifen" ist aus vielerlei Hinsicht umstritten. Mit der in der Novelle vorgesehenen Formulierung, dass Uferrandstreifen von in der Regel 10 m Breite einzurichten sind, wird unnötigerweise ein Konflikt aufgetan. Die WRRL macht keine Vorgaben bezüglich der Uferrandstreifen, so dass der Entwicklung von Uferrandstreifen eine zu hohe Bedeutung beigemessen wird. In der WRRL geht es lediglich darum, Schadstoffeinträge aus diffusen Quellen zu verringern bzw. zu vermeiden.Hier spielen viele Faktoren eine Rolle. Landwirtschaft und Industrie haben große Anstrengungen unternommen, ihren Beitrag zur Schadstoffreduzierung zu leisten. Eine Regelbreite von 10 m Uferrandstreifen stößt auf berechtigte Kritik.In diesem Zusammenhang empfehle ich, u.a. die Abhandlung von Prof. Frede zum Thema Uferstreifen zu lesen, der zu der Schlussfolgerung kommt, "dass die Bedeutung der Filterwirkung von Uferstreifen für die Verminderung von Stoffeinträgen in Gewässer von verschiedenen Seiten bislang ganz erheblich überschätzt worden ist.In Anbetracht der dort festgestellten Ergebnisse ist zu fragen, ob der besondere Schutz, unter den Uferstreifen in verschiedenen Landeswassergesetzen gestellt werden, mit dem Argument der Filterfunktion noch ausreichend begründet werden kann".Auch das Institut für Umweltchemie und Toxikologie der Fraunhofer Gesellschaft hält in einer Veröffentlichung aus dem Jahre 2001 eine Breite von 3 m bei Uferrandstreifen für ausreichend. Wir lehnen eine Regelbreite von 10 m ab und schlagen "in der Regel 3 m" vor.Ferner müssen Bewirtschaftungseinschränkungen in den Uferrandstreifen entschädigt werden und sind vertraglich zu vereinbaren. Der § 51 bedarf ebenfalls der Nachbesserung. Zu dieser Erkenntnis sind auch die Regierungsfraktionen gelangt, wobei wir darüber hinaus eine Kostenerstattung an die Wasser- und Bodenverbände vorsehen.Wir bekennen uns zur WRRL und einer erforderlichen Novellierung des Landeswassergesetzes, können dem Gesetzentwurf der Landesregierung aber nur zustimmen, wenn unsere Änderungsvorschläge berücksichtigt werden, die wesentliche Extrakte aus der Anhörung im Umweltausschuss aufgreifen.Hier sind wir im Konsens mit der WRRL, die in Art. 14 (1) eine aktive Beteiligung aller an der Umsetzung der Richtlinie interessierten Stellen ausdrücklich vorsieht. Manchmal bringt etwas weniger Ideologie in der Sache mehr. Geben Sie sich einen Ruck und springen Sie über Ihren Schatten. Dies wird sich bei allen Beteiligten positiv auf die Mitarbeit bei der Umsetzung der WRRL auswirken.