Klaus-Peter Puls zu TOP 29: Pipifax-Affäre der Opposition
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 09.05.2003 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! aktuell Sperrfrist: RedebeginnTOP 29 – Schlussbericht 1. Parlamentarischer UntersuchungsausschussKlaus-Peter Puls:Pipifax-Affäre der OppositionDer „Rohwer-Untersuchungsausschuss“, um das Ding beim Namen zu nennen, war so überflüssig wie ein Kropf. Als Parlamentstheaterkritiker könnte man den Schlussbericht etwa wie folgt abfassen: Der Vorhang fällt: Was als skandalträchtiges, regierungskritisches Politdrama von der Opposition in Szene gesetzt wurde, endet nach 28 Sitzungs-Akten als zeit- genössische Version des Shakespeare-Dramas „Viel Lärm um nichts“. Die Rollen waren perfekt verteilt; Geißler gab den Großinquisitor, Schlie spielte den Hilfs-Sheriff und Kubicki machte – wie immer – den Selbstdarsteller. Das Publikumsinteresse war gleich Null, das eingespielte Ergebnis auch. Sub- ventioniert wurde das Theater durch den Steuerzahler, und als Beitrag zur schles- wig-holsteinischen Parlamentskultur sollte man das Ganze möglichst schnell ver- gessen.Die SPD-Landtagsfraktion hat den Untersuchungsausschuss schon vor seiner Einset- zung als unsinnig und unnötig bezeichnet: Der Untersuchungsausschuss war unsinnig, weil alle wesentlichen Teile des Untersuchungsgegenstandes bereits aufgeklärt waren, als der Untersuchungsaus- schuss eingesetzt wurde, und Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2- der Untersuchungsausschuss war unnötig, weil die Beantwortung einiger weni- ger offener Detailfragen und die Gesamtbewertung des Vorgangs auch im Innen- und Rechtsausschuss hätten erfolgen können, der sich ohnehin schon damit be- fasst hatte.Heute, nach 2½ Jahren und 28 Sitzungen, ist der sich aus einem Schlussbericht mit Anlagen von über 100 Seiten und aus einer Untersuchungsausschussakte von über 1.000 Seiten ergebende wesentliche Sachverhalt so klar wie vor der ersten Sitzung am 28. November Anno 2000:1. Mit der regierungsinternen Weitergabe des staatsanwaltlichen Vermerks über Ermittlungen gegen den ehemaligen Wirtschaftsstaatssekretär Uwe Mantik konnten Ermittlungszwecke faktisch nicht gefährdet werden: Die im Vermerk ange- kündigten Durchsuchungsmaßnahmen beim VfB Lübeck waren bereits angelaufen, als der Vermerk (am 11. Mai 2000) die Regierung erreichte. Sie waren abgeschlos- sen, als der Vermerk in konkreter Form einen Tag später (am 12. Mai 2000) Mantik selbst im Rahmen dienstrechtlicher Ermittlungen vorgehalten wurde.2. Anfängliche Spekulationen und Verdächtigungen der Opposition, der Wirtschaftsminister oder gar die Ministerpräsidentin selbst hätten Mantik durch Wei- tergabe des Vermerks begünstigt und sich möglicherweise der Strafvereitelung o- der des Geheimnisverrats schuldig gemacht, entbehren jeder tatsächlichen Grund- lage: Generalstaatsanwalt Rex hat im Protokoll ausdrücklich und unmissverständ- lich festgestellt, dass sich Regierungsmitglieder weder strafbar gemacht noch rechtswidrig gehandelt haben.3. Auch das muss hier heute noch einmal glas-klar gestellt werden: Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen Uwe Mantik wurde erst nach seiner Ernennung zum Staatssekretär eingeleitet und bezog sich in keinem Punkt auf die Zeit seiner Regierungszugehörigkeit, sondern ausschließlich auf seine zuvor ausgeübte berufliche Tätigkeit in Lübeck. Der Landesregierung in diesem Nicht- -3- Zusammenhang irgend etwas am Zeuge flicken zu wollen, war und ist ohnehin ab- wegig.Richtig ist allerdings, dass erst im Untersuchungsausschuss die Frage geklärt wurde, ob die vorher schon unstreitige Weitergabe der Information über das staatsanwalt- schaftliche Ermittlungsverfahren gegen Mantik innerhalb der Landesregierung per Fax oder per Boten oder sonst wie erfolgt ist. Auch angesichts der erfolgreichen Klärung einer so schwergewichtigen Frage in einem langwierigen, verfassungsrechtlich nor- mierten Untersuchungsausschussverfahren zweifeln wir allerdings nicht daran, dass die zur „Fax-Affäre“ der Regierung aufgeblasene Angelegenheit eher als „Pipifax- Affäre“ der Opposition in die Parlamentsgeschichte eingehen wird.Alle Fraktionen (außer der CDU) teilen in ihren Schlussvoten die Auffassung der SPD- Landtagsfraktion, dass aus den umfänglichen Untersuchungen allenfalls die Folgerung einer Überarbeitung der Regierungsanordnung über die Berichtspflichten in Strafsa- chen, der sogenannten BeStra, zu ziehen wäre mit dem Ziel, bei der Erfüllung der Be- richtspflichten künftig generell, umfassend und sicher die Gefährdung staatsanwalt- schaftlicher Ermittlungszwecke auszuschließen, was möglich wäre: a) durch die zusätzliche Formulierung formeller und inhaltlicher Anforderungen an die Berichte und b) – so der Vorschlag der FDP-Fraktion – durch zusätzliche für Regierung und Verwaltung nachvollziehbare Regeln für den Umgang mit BeStra-Vermerken in Staatskanzlei und Ministerien.Für solche Verbesserungsvorschläge hätte es allerdings ebenfalls nicht des Einsatzes eines so schweren Schwertes – wie es ein Parlamentarischer Untersuchungsaus- schuss nun einmal ist – bedurft: Die Regierung hat hier bereits ohne Untersuchungs- ausschuss-Empfehlung Vorkehrungen getroffen.Wir bleiben dabei: Die im Rahmen der Arbeit des 1. Parlamentarischen Untersu- chungsausschusses der 15. Wahlperiode des Schleswig-Holsteinischen Landtages -4-neu hinzugewonnenen Erkenntnisse stehen in keinem Verhältnis zu dem dafür betrie- benen Aufwand. Für die Beantwortung der wichtigsten Frage des Untersuchungsauf- trages, welche Konsequenzen aus den Vorgängen zu ziehen sind, hat das Verfahren keinerlei tatsächlich neue Aspekte ergeben. Politische oder persönliche Konsequenzen sind nicht zu fordern, weil ein Fehlverhalten der beteiligten Personen, insbesondere des Wirtschaftsministers und der Ministerpräsidentin, nicht festzustellen ist. Die Not- wendigkeit gesetzgeberischer oder administrativer Maßnahmen hätte im zuständigen Innen- und Rechtsausschuss ebenso erkannt werden können. Die im heutigen Schlussbericht geforderte Konsequenz einer Überarbeitung der BeStra-Regeln ist von der Regierung längst ohne Zutun des Untersuchungsausschusses auf den Weg ge- bracht worden.Wir sollten alle bei der Einsetzung künftiger Untersuchungsausschüsse darauf achten, 1. dass nur wirklich noch aufklärungsbedürftige Tatsachen im öffentlichen Interes- se vom verfassungsmäßigen Zweck eines Untersuchungsausschussverfahrens er- fasst werden und 2. dass es unangemessen und aus der Sicht der steuerzahlenden Bevölkerung unverantwortlich ist, zeit- und kostenaufwendige Untersuchungsausschüsse just for fun einzusetzen und die Abgeordneten damit von der Arbeit abzuhalten, für die sie eigentlich gewählt worden sind.