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03.04.03
15:16 Uhr
FDP

Ekkehard Klug: Erichsen-Kommission erteilt Landesregierung die Note "ungenügend", Kultusministerin zeigt Demut

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 101/2003 Vorsitzender Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Kiel, 3. April 2003 Christel Aschmoneit-Lücke, MdL
Sperrfrist: Redebeginn Joachim Behm , MdL Dr. Heiner Garg, MdL Es gilt das gesprochene Wort! Günther Hildebrand, MdL Veronika Kolb, MdL Hochschulentwicklung/Erichsen-Kommission
Ekkehard Klug: Erichsen-Kommission erteilt



www.fdp-sh.de Landesregierung die Note „ungenügend“, Kultusministerin zeigt Demut In der Landtagsdebatte über den von FDP-Fraktion beantragten Bericht der Landesregierung zu den Empfehlungen der Erichsen-Kommission erklärte der hochschulpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Ekkehard Klug:
„Der Bericht, den die Expertenkommission unter Leitung von Professor Erichsen vorgelegt hat, erteilt der Hochschulpolitik der schleswig- holsteinischen Landesregierung die Note 6: ungenügend.
Für ihre Reaktion erhielt die zuständige Kultusministerin am 31. März im „Flensburger Tageblatt“ das „Zitat des Tages“. Ute Erdsiek-Rave erklärte: „Ich nehme die Kritik in Demut entgegen, und wir werden deutlich Konsequenzen ziehen“.
Dass die Ausstattung unserer Hochschulen nicht mehr wettbewerbsfähig ist, hat die Regierung bislang konsequent abgeleugnet.
Ich erinnere nur an ein Beispiel von vielen: am 9. Februar 2000 brachten die „Kieler Nachrichten“ die Überschrift: „Ministerium: Uni geht’s nicht schlecht“, Untertitel: „Im Vergleich mit anderen Hochschulen schneidet CAU gut ab“.
Heute wissen wir: Läge die Christian-Albrechts-Universität nicht in Kiel, sondern in Kassel, so wäre ihrer Budget nach den leistungsbezogenen Mittelvergabekriterien, die Ruth Wagner in Hessen durchgesetzt hat, um rund 20 Mio. Euro oder etwa 10 Prozent höher, als dies heute der Fall ist.
Die Erichsen-Kommission rechnet vor: Unser Land wendet je Einwohner pro Jahr 146 Euro für die Hochschulen auf. Bundesweit leistet sich nur Brandenburg eine miserablere Hochschulfinanzierung. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 1 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ Der Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer liegt bei 184 Euro pro Einwohner. Aus der Differenz, multipliziert mit der Einwohnerzahl unseres Landes, müsste Schleswig-Holstein um mehr als 106 Millionen Euro höhere Hochschulausgaben finanzieren, um den Durchschnitt der alten Flächenländer zu erreichen.
Auch die Liste der strukturellen Defizite in Schleswig-Holstein ist niederschmetternd: Es gibt keine Mittelvergabe nach transparenten Belastungs- und Leistungskriterien.
Es gibt noch nicht einmal ein funktionierendes ‚Hochschul-Controlling’
Es gibt auch keine abgestimmte und koordinierte Hochschulentwicklung; die Folge ist ein zum Teil unsinniger Wildwuchs, der komplementäre Profilbildung bislang verhindert hat.
Es gab - bis zu den eigenen Ermittlungen der Erichsen-Kommission – bislang auch noch nicht einmal eine transparente Datenbasis zur objektiven Bewertung unserer Hochschullandschaft.
Eine wesentliche Leistung der Expertenkommission liegt daher in der ungeschminkten Bestandsaufnahme , die sie vorlegt und zu der die Landesregierung bisher entweder nicht willens oder nicht fähig war.
Anzuerkennen ist außerdem, dass die Kommission Vorschläge zur Profilbildung innerhalb der schleswig-holsteinischen Hochschullandschaft vorlegt, Vorschläge, die in vielen Punkten überzeugend sind: zum Beispiel zum Ausbau der Biowissenschaften an der Uni Kiel, der Medizintechnik an der Uni Lübeck oder der Ausbildung und Forschung im Bereich Tourismus an der FH Westküste in Heide.
Total missglückte Vorhaben der Landesregierung wie das vor gut einem Jahr vorgelegte „Ringtausch“-Konzept für die Fachhochschulen landen nach den Empfehlungen der Expertenkommission dort, wo sie hingehören: im Papierkorb.
Der Vorschlag, einen auf fünf Jahre angelegten Hochschulvertrag abzuschließen, folgt dem guten Beispiel anderer Länder – wie zum Beispiel Hessen. Damit sollten die Hochschulen des Landes endlich Planungssicherheit erhalten - einschließlich der Sicherheit, dass Preis- und Tarifsteigerungen vom Land ausgeglichen werden.
Auch die Schaffung eines Innovationsfonds ist eine sinnvolle Empfehlung. Damit könnten notwendige neue Aktivitäten in Forschung und Lehre vernünftig und planvoll vorangebracht werden.
Diesen positiven Anmerkungen müssen wir jedoch eine Reihe kritischer Punkte gegenüberstellen.
Bei Durchsicht der 230 Seiten starken ‚Langfassung’ des Kommissionsberichts wird auf erschreckende Weise deutlich, dass die Hochschulmedizin in diesem Land auf Treibsand steht. Schlimmer noch: Es scheint mir zweifelhaft, ob der Bericht tragfähige Antworten auf dieses Problem liefert.
Bekanntlich beansprucht der Medizinbereich bei knapp 10% der Studierenden in Schleswig-Holstein rund 40% der Hochschulmittel. Das Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 2 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ ist die Folge von landespolitischen Entscheidungen, die mehr als drei Jahrzehnte zurückliegen. Nun stellt die Erichsen-Kommission außerdem zu den Universitätsklinika fest (S. 79):
„Als Folge politischer Entscheidungen der Landesregierung in den Pflegesatzverhandlungen 1988/89 sind seinerzeit Kostenunterdeckungen im stationären Bereich der Krankenversorgung entstanden, die sich aufgrund des geltenden Krankenhausfinanzierungsrechts zu einem dauerhaften strukturellen Defizit ausgewirkt haben.“
Diese ‚Subventionen der Krankenversorgung’ aus Mitteln des Wissenschaftsministeriums beziffert der Kommissionsbericht für die Klinika in Kiel und Lübeck auf jeweils 20 bis 25 Millionen Euro jährlich. Wie die Klinika überhaupt weiter wirtschaftlich existieren können, falls man der (prinzipiell ja richtigen !) Empfehlung der Erichsen-Kommission folgt, diese Zweckentfremdung von Hochschulmitteln zu beenden, steht in den Sternen. Das Fragezeichen wird hier noch größer, wenn man bedenkt, dass die Uniklinika durch die neuen pauschalierten Entgeltsysteme ja rasant in noch höhere Defizite hineinwachsen.
Der zweite große Problembereich, der weiterer Prüfung bedarf, ist die Lehrerbildung. Eine noch weitere Konzentration der Lehrerbildungsstudiengänge in Flensburg birgt meines Erachtens mehrere Probleme. Sie wird zum einen mittelfristig den Lehrernachwuchs in diesem Land verknappen. Zum anderen schafft die Beschränkung der Uni Flensburg auf die Lehrerbildung dieser Universität schon im nächsten Jahrzehnt erhebliche Schwierigkeiten. Rückläufige Schülerzahlen und sinkender Einstellungsbedarf werden dann aller Voraussicht nach zu einem deutlichen Nachfragerückgang bei solchen Studienplätzen führen.
Aus politischen Gründen liegt es nahe, dass sich die öffentliche Debatte über den Erichsen-Bericht auf Standortfragen konzentriert. Dies ist eine erhebliche Gefahr, weil auch in den allgemeinen Strukturempfehlungen ein erheblicher Sprengstoff steckt.
Die Kommission empfiehlt die totale Umstellung aller Studiengänge auf Abschlüsse nach dem Bachelor/Master-System. Ob es für diese Abschlüsse in allen Bereichen auf dem Arbeitsmarkt auch eine Nachfrage gibt, ist heute jedoch total ungewiss. Zu einer Sackgasse kann das Bachelor/Master-System auch aus mehreren anderen Gründen werden. Wenn britische Hochschulen heute deutsche Bachelor-Abschlüsse nicht als Einstieg in ein dortiges Master-Studium gelten lassen, zeigt das den Bankrott eines Modells, das ja schliesslich unter der Fahne der ‚Internationalisierung’ vorangetrieben worden ist. Eine Analyse, die der Rektor der FH Erfurt kürzlich zu den 230 Bachelor-Studiengängen bundesdeutscher Fachhochschulen veröffentlicht hat, offenbart zudem einen chaotischen Wildwuchs. Von Transparenz und Vergleichbarkeit kann keine Rede sein. Alle Anhänger der neuen Abschlüsse, auch die Erichsen-Kommission, gehen davon aus, dass nur ein Teil der Bachelor-Absolventen anschließend Master- Studiengänge belegen. Falls sie ohne Masterstudium aber vor beruflicher Perspektivlosigkeit stehen, geht nicht nur ganze Konzept nicht auf, sondern auch die immer wieder ins Feld geführte Studienzeitverkürzung könnte man dann vergessen: Es käme zu einem wachsenden Drang nach postgradualen Studiengängen. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 3 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ Der Bericht der Erichsen-Kommission zollt der privaten Fachhochschule Wedel mit Recht ein dickes Lob. Von der sonst durchgehend im Kommissionsbericht vertretenen radikalen Hinwendung zu den neuen Abschlüssen ist im Abschnitt über die FH Wedel aber erstaunlicherweise nicht die Rede. Liegt das vielleicht daran, dass die Wedeler ihren Erfolg nahezu ausnahmslos auf qualitativ hervorragende, von der Wirtschaft breit akzeptierte Diplom-Studiengänge stützen?
Anrede, andere Fragen, die kritisch zu erörtern sind, betreffen das Konzept einer weitgehenden Modularisierung aller Studiengänge oder die Schaffung eines Hochschulrates Schleswig-Holstein. Das wäre dann ein weiterer Schritt zu einer hochschulpolitischen Räterepublik. Falls das Kultusministerium in der Lage wäre, in Abstimmung mit den Rektoraten seine Hausaufgaben zu erledigen, bräuchten wir einen solchen Hochschulsowjet nicht.
Der Kommissionsbericht hat also Stärken, aber auch Schwächen. Eine differenzierte Betrachtung der Empfehlung ist deshalb der richtige Weg.
Vor allem räumt der Bericht mit vielen Legenden und Irrtümern auf. Zu letzteren gehört auch die verfehlte Vorstellung, das Heil könne in der Fusion von Hochschulen liegen, die 100 Kilometer voneinander entfernt liegen (man lese die Bemerkungen zum Thema „Heide“ auf S. 196!).“



Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 4 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/