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03.04.03
10:27 Uhr
CDU

Martin Kayenburg: Schleswig-Holstein kommt aus der Talsohle nicht heraus

Nr. 149/03 03. April 2003


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PARLAMENTARISCHER GESCHÄFTSFÜHRER Heinz Maurus Landeshaus, 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de



Wirtschaftspolitik TOP 9, 36 und 41 Martin Kayenburg: Schleswig-Holstein kommt aus der Talsohle nicht heraus

Die wirtschaftliche Lage -und damit auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt- ist momentan mehr als bedrohlich. Zur Behebung des Reformstaus, der sich wie Mehltau über dem Land liegt und einen Aufschwung in den vergangen Jahren verhindert hat und immer noch verhindert, ist eine gemeinsame Kraftanstrengung von Wirtschaft und Politik, vor allem aber aller Bürgerinnen und Bürgern notwendig.
In der Vergangenheit haben wir häufig in der wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Debatte altbekannte Thesen ausgetauscht und sind gewissen Ritualen gefolgt. Auch heute erleben wir, dass die Landesregierung die wirtschaftliche Lage nach wie vor nicht zutreffend darstellt. Ich bin mir ebenso sicher, dass sie uns als Opposition wieder vorwerfen werden, dass wir das Land nur schlecht machen wollten und die Lage kritischer darstellen würden als sie tatsächlich sei. Aber die Lage ist objektiv betrachtet leider so wie sie ist. So sieht es neben dem Institut für Weltwirtschaft auch das Münchener ifo-Institut für Wirtschaftsforschung: Der Geschäftsklimaindex ist in Westdeutschland im März von 88,9 Punkten auf 88, 1 Punkte gesunken. Die Zuversicht der Unternehmen lässt weiter deutlich nach. Dies ist insbesondere deshalb ein Rückschlag, weil viele Experten noch Anfang des Jahres mit einer stabilen Entwicklung des Frühindikators für die deutsche Wirtschaft gerechnet hatten. Besonders betroffen sind Industrie und Großhandel, aber auch der Einzelhandel.
Auch die Wirtschaft im Norden steckt in einem Stimmungstief. Die Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein erwarten für das ganze Jahr 2003 konjunkturelle Schwierigkeiten. Ein wirtschaftlicher Aufschwung ist nicht in Sicht. Die Verbände machen dafür vor allem die Vertauenskrise gegenüber der Bundesregierung verantwortlich. Fernab aller politischen Rhetorik sollte die Landesregierung endlich anerkennen, dass die Firmen ihre Lage als deutlich ungünstiger einschätzen, als beispielsweise noch vor einem Jahr. Natürlich leiden in einem solchen gesamtwirtschaftlichen Klima

die Investitionsbereitschaft und die Bereitschaft Mitarbeiter einzustellen. Weiterer Personalabbau, da sind sich die Experten leider einig, steht unmittelbar bevor.
Diese wirtschaftliche Gesamtlage steht leider im deutlichen Gegensatz zu dem, was die Landesregierung uns heute in ihrem Wirtschaftsbericht verkaufen will. Nun ist es durchaus verständlich und richtig, dass die Landesregierung sich auch als Werber für das eigene Land versteht. Das ist auch ihre Aufgabe. Jedoch sollten sie eines nicht vergessen: Unglaubwürdige Werbung macht misstrauisch. Der Unterschied zwischen dem, was Sie in Ihrem Bericht anpreisen und dem, was die Unternehmer, Arbeitnehmer, Konsumenten und nicht zuletzt die viel zu vielen Arbeitlosen empfinden, ist einfach zu groß. Man muss schon ein unglaublicher Optimist sein, um den Überschriften, die sie wählen, zu trauen: „Attraktives Gründerland Schleswig- Holstein“, „Schleswig-Holstein: Wachstumsstark in schwieriger Zeit“, „Schleswig- Holstein besser als Westdeutschland“, „Kapitalversorgung sichergestellt“, „Schleswig-Holstein unterstützt die Werften“ und zu guter letzt „Die A20 kommt voran“. Meine Damen und Herren: Schön wär’s! Die eigene Wirtschaftspolitik wird mal eben als „Direkt, schnell, zuverlässig und diskret“ gelobt. Ein Kommentar erübrigt sich da wohl.
Mit Statistiken kann man viel aussagen, aber auch viel verschleiern. Der Wirtschaftsbericht 2003 ist reich an Statistiken. Eine Statistik fehlt jedoch: Die Zahl der Insolvenzen in Schleswig-Holstein. Hier scheint die Landesregierung schamvoll zu verschweigen, was das Ausmaß der wirtschaftlichen Katastrophe eindrucksvoll deutlich macht. Die Zahlen des statistischen Landesamtes sprechen nämlich eine deutliche Sprache: Im vergangenen Jahr wurden über 3.700 Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Fast 1.400 Unternehmen in Schleswig-Holstein sind im vergangenen Jahr in die Insolvenz gegangen. Meine Damen und Herren, dass ist eine glatte Verdoppelung!
Die Insolvenzgerichte gehen von einer geschätzten Summe von über 700 Mio. Euro an Forderungen aus Unternehmensinsolvenzen aus. Im Vorjahr betrug die Summe noch 430 Mio. Euro. Auch hinter den neuen Gesetzesänderungen beim Insolvenzrecht kann sich die Landesregierung bei dieser Katastrophenstatistik nicht verstecken. Beschränkt man sich auf die Personen- und Kapitalgesellschaften - diese sind mit den Vorjahreszahlen einfach zu vergleichen - zeigt sich ebenfalls ein deutlicher Anstieg.
Wenn wir über die wirtschaftliche Lage sprechen, gehört es zur Ehrlichkeit in diesem Hause, dass man diese Lage auch ungeschminkt darstellt, denn dies ist der erste Schritt für eine vernünftige und wirklich wirksame Politik, an der wir gerne mitgestalten wollen.
So ist es einfach nicht ehrlich, wenn Sie Herr Minister Rohwer, nach der gerade zu Ende gegangenen INTERNORGA in Hamburg erklären, im Gastgewerbe ginge es wieder bergauf. Bei Umsatzeinbußen von 7% im vergangenen Jahr und einer weiterhin dramatischen Lage im Hotel- und Gaststättengewerbe nimmt Ihnen das einfach niemand mehr ab. Gesundbeten hilft da nicht weiter! Wir dürfen bei all den Statistiken vor allem aber nicht vergessen, dass sich dahinter Menschen verbergen. Von den Unternehmensinsolvenzen sind beispielsweise mindestens 6.382 Arbeitnehmer betroffen. Damit komme ich zur Arbeitslosenstatistik. Auch diese wohl dramatischste aller Statistiken weist ebenso einen leider

eindeutigen Trend auf. Den vorläufigen Tiefpunkt haben die jüngsten Arbeitsmarktzahlen für den Februar dargestellt. In Schleswig-Holstein ist dabei die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vormonat um 11,7 % gestiegen!
Da gibt es nichts zu beschönigen. Lediglich Bremen und dem viel zu lange Rot-Grün regierten Niedersachsen stehen von den alten Bundsländern nach den neusten Zahlen schlechter da als Schleswig-Holstein. Deshalb ist es meines Erachtens fehl am Platze, dass sich die Landesregierung im Wirtschaftsbericht mit der Überschrift feiern lässt „Schleswig-Holstein: Geringste Arbeitslosigkeit in Norddeutschland!“ Fakt ist: Die Kluft zwischen dem Norden und den unionsgeführten Bundesländern im Süden der Bundesrepublik ist größer geworden und es gibt keinen Hinweis darauf, wie die Landesregierung dies in Zukunft verändern will.
Dabei müssen wir feststellen, dass der Anstieg der Arbeitslosenzahlen in Schleswig- Holstein nicht nur auf die witterungs- und saisonabhängigen Bereiche der Wirtschaft beschränkt sind. Auch in den Verwaltungs- und Büroberufen ist die Arbeitslosigkeit in den jüngsten Wochen deutlich gestiegen.
Ich gehe davon aus, dass die Einsicht, dass der Arbeitsmarkt dringend reformiert werden muss, auch von vielen Sozialdemokraten geteilt wird. Deshalb haben wir einen konkreten Antrag der CDU-Fraktion vorliegen, dessen Forderungen ich hier nochmals deutlich unterstreichen will. Wir brauchen dringend eine Effektivitätsprüfung der Arbeitsmarktpolitik in Schleswig-Holstein. Die Summe der aufgewandten Mittel ist ja nicht gerade gering. Die Erfolge der damit verbundenen Arbeitsmarktpolitik sind aber ausgesprochen mäßig. Insbesondere bei den Langzeitarbeitslosen verbessert sich die Situation überhaupt nicht.
Damit verbunden ist auch unsere Forderung, die Beauftragung der Beratungsgesellschaft für Beschäftigung in Schleswig-Holstein einzustellen. Die Dramatik der Situation erfordert es, dass wir ohne Reibungsverluste und unnötigen Verwaltungsaufwand die begrenzten Mittel effektiv einsetzen.
Darüber hinaus müssen die immerhin 35 Programme von ASH 2000 deutlich gestrafft werden und es müssen erkennbare Schwerpunkte gesetzt werden. Wir brauchen vor allen Dingen eine Umsteuerung der kostenintensiven Arbeitsmarktpolitik der Vergangenheit und die Umsteuerung freiwerdender Mittel für Infrastrukturprojekte und Wirtschaftsförderung.
Darüber hinaus fordern wir eine Reihe von Maßnahmen, die in erster Linie von der Bundesregierung geleistet werden müssen. Ich will dabei überhaupt nicht verhehlen, dass wir mit einer Reihe von Punkten, die der Wirtschaftminister auf Bundesebene platzieren will, einverstanden sind. Wir haben dies an anderer Stelle bereits deutlich gemacht. Allein uns fehlt ein wenig der Glaube, dass Schleswig-Holsteins Gewicht in der Bundespolitik ausreicht, um dies nachdrücklich und eindrucksvoll umsetzen. Die Signale aus Berlin verbreiten zur Zeit doch mehr Konfusion als Perspektive. Die CDU-Landtagsfraktion will mithelfen und mitarbeiten, die schlimme wirtschaftliche Situation und die damit verbundene Lage auf dem Arbeitsmarkt zu verändern. Neben den konkreten Punkten, die ich eben genannt habe, will ich daran erinnern, dass wir auch in dieser Sitzung ganz konkret und ohne Polemik Vorschläge machen. Dazu zähle ich auch unseren Antrag „Mehr Liquidität und weniger Bürokratie für den Mittelstand“ , der heute Nachmittag auf der Tagesordnung steht.
Wir machen dort beispielsweise ganz konkrete Vorschläge, wie wir den Mittelstand von statistischen Berichtspflichten entlasten können.
Der Wirtschaftsausschuss befasst sich mit einem Mittelstandsförderungsgesetz, dessen Entwurf wir auf einer der letzten Sitzung eingereicht haben.
Und Sie haben uns an Ihrer Seite, wenn wir gemeinsam in Berlin für eine bessere Verankerung der wichtigen schleswig-holsteinischen Infrastrukturprojekte im Bundesverkehrswegeplan kämpfen. Ich sage es hier ganz deutlich: Die Wirtschaftsverbände haben recht, wenn sie die A 20 als lebenswichtig bezeichnen. Die A 20 muss kommen, vollständig, ohne Einschränkungen und zügig!
Und wir haben weitgehende Reformvorschläge bereits vor Monaten gemacht und diese auch haushaltstechnisch entsprechend umgesetzt. Wir werden auf diesem Weg weitermachen, natürlich um zu zeigen, dass die CDU es besser kann, vor allem aber, um die schlimme Situation für unser Schleswig-Holstein zu verbessern.