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19.02.03
11:00 Uhr
B 90/Grüne

Karl-Martin Hentschel zur Situation der Werften

Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 1, 19, 22 – Situation der Werften Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Dazu sagt der Fraktionsvorsitzende Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 von Bündnis 90/Die Grünen, Telefax: 0431/988-1501 Karl-Martin Hentschel: Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.gruene-landtag-sh.de

Unsere Werften Nr. 033.03 / 19.02.2003
können im Wettbewerb bestehen: Mit innovativen Schiffskonzepten und umwelt- und meeresverträglichen Transportsystemen
Zur Zukunft der maritimen Verbund-Wirtschaft und zur Zukunft der Schiffbauindustrie in Schleswig-Holstein haben wir schon oft im Landtag diskutiert. Es gibt einen breiten Kon- sens der Fraktionen über die Handlungsmöglichkeiten der Politik und über die besondere industriepolitische Bedeutung des Schiffbaus und der maritimen Wirtschaft für Schleswig- Holstein.
Die aktuelle Situation ist wieder einmal bedrohlich. Nach der Insolvenz der Lübecker Flender Werft hat uns in der letzten Woche die Ankündigung des HDW-Vorstands ge- schockt, in Kiel bis April 2004 rund 750 Arbeitsplätze abzubauen.
Der Betriebsratsvorsitzende Ernst-August Kiel hat dazu ausgeführt, das er noch nie vor- her so wenig eingebunden war in ein Strukturkonzept. Die industrielle Mitbestimmungs- kultur in Deutschland hat dazu beigetragen, dass Konflikte gütlich geregelt werden und beide Seiten kompromissfähig bleiben. Wenn der neue Vorstand den Betriebsrat so links liegen lässt, dann macht er einen Fehler.
Innerbetrieblich wird jetzt über die angekündigte Betriebsänderung und den Interessen- ausgleich verhandelt gemäß Paragraf 111/112 Betriebsverfassungsgesetz und ich kann dem Betriebsrat nur viel Erfolg wünschen bei der Rettung so vieler Arbeitsplätze wie möglich.
Es darf keinen Ausstieg aus dem zivilen Schiffbau geben: Ein einseitiges Setzen auf den Militärschiffbau engt die Flexibilität ein und kann auf Dauer die Arbeitsplätze nicht si- chern. Ich begrüße die Absicht von HDW in das Geschäft mit der Offshore-Windenergie als Sys- temanbieter einzusteigen. Eine Großwerft ist dafür prädestiniert und sie kann alle Aspek- te abarbeiten - vom Transport über die Verankerung im Meeresboden bis zur Aufstellung der Wind-Energie-Giganten. Zur Zeit sind 30 Ingenieure von HDW dabei, das Thema zu entwickeln und ich möchte hier an dieser Stelle Willi Voigt loben. Er ist als Energie- Staatssekretär auf die Werft zugegangen und hat dem Vorstand sowie dem Betriebsrat das neue Geschäftsfeld schmackhaft gemacht.
Meine Damen und Herren, Für die Wettbewerbsfähigkeit der Werften in Schleswig-Holstein haben die bisherigen Wettbewerbshilfen von Land und Bund eine wichtige Rolle gespielt, auch wenn das Land immer wieder große Probleme mit der Zwei-Drittel-Kofinanzierung hatte. Von 1987 bis Ende 2002 hat das Land die enorme Summe von 261 Mio. Euro dafür bereitgestellt. Das ist deutlich mehr öffentliches Geld als das, was für die gesamte Technologieförderung in allen Wirtschaftbereichen von Schleswig-Holstein in diesem Zeitraum aufgewendet wur- de.
Wir halten an dem Instrument der Landesbürgschaften für Schiffbau und Schifffahrt fest - das ist und bleibt ein wichtiger Handlungsbereich.
Über die Äußerungen der Opposition kann ich mich deshalb nur wundern. Nach mehr Landesmittel für die Wettbewerbshilfen zu rufen ist ja verständlich und wer würde das nicht gerne machen. Die katastrophale Finanzlage ist aber nicht weg zu diskutieren.
Die Ministerpräsidentin hat am 12.12.2000 vor dem Landeshaus den demonstrierenden Werftarbeitern zugesichert, „dass die Landesregierung an fehlender Wettbewerbshilfe keinen Auftrag scheitern lassen wolle“. Der Betriebsrat von HDW hat uns gesagt, dass die Probleme von HDW nichts mit der Werftenhilfe zu tun haben. Er ist überzeugt davon, dass HDW in der Lage wäre, mit einem effizienten Management Schiffe konkurrenzfähig zu koreanischen Werften zu bauen.
Deswegen wundert es mich, dass Martin Kayenburg die Landesregierung beschuldigt, an der Entwicklung bei HDW beteiligt zu sein. Zitat „mit der leichtfertigen Veräußerung von HDW-Anteilen des Landes im Jahre 1991 verlor das Land seinen Einfluss auf die Werft.“ Es kommt noch besser, Fortsetzung des Zitates. „Damit wurde die Werft zum Spielball internationaler shareholder value Strategien.“
Tritt die CDU etwa für die Verstaatlichung von HDW ein? Das finde ich seltsam. Für uns ist es eigentlich klar, dass Schiffbau nicht zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehört.
Meine Damen und Herren, wenn es in den Kram passt, dann macht die CDU auf Solidarität und Klassenkampf. Selbst als Globalisierungsgegner hat sich die CDU geoutet - also ATTAC aufgepasst, es gibt neue Bündnispartner.
Martin Kayenburg kritisiert weiterhin die restriktive Exportbeschränkung beim Marine- schiffbau. Ich finde, diese Politik ist richtig, es gibt viel zu viele Waffen in der Welt und je- des neue Rüstungsgeschäft sorgt nicht für mehr Frieden, sondern eher für mehr Span- nungen in Krisengebieten. Die restriktive Exportpolitik der Bundesregierung muss beibe- halten bleiben, und das ist auch gut so.
Meine Damen und Herren, Die zuständigen Minister der 15 EU-Staaten haben sich am 6.6.2002 in Luxemburg auf neue Beihilfen für die Werften geeinigt. Seit Oktober 2002 können wieder Beihilfen ge- zahlt werden. Diese Beihilfen sind zunächst auf den Bau von Containerfrachtern sowie von Produkten- und Chemikalientankern beschränkt. Hier fällt mir natürlich sofort die Lin- denau-Werft ein mit ihren hochwertigen Doppelhüllentankern. Das verheerende Unglück der „Prestige“ hat gezeigt, dass wir so schnell wie möglich zu einem Verbot der Einhül- len-Schrotttanker kommen müssen. So ein Unglück kann sich auch jederzeit in der Ost- see oder der Nordsee ereignen. Hier muss die EU zu schnellen eindeutigen Entschei- dungen kommen, nicht zu windelweichen Absichtserklärungen mit langen Übergangsfris- ten.
Die neuen Beihilfen für die Werften bedeuten für die Landespolitik: So sehr der Wirt- schaftsminister die EU-Entscheidung begrüßt, so sehr muss der Finanzminister sehen, wie er die Landesanteile an der Finanzierung der Wettbewerbshilfen bereit stellen kann.
Unsere Werften können im Wettbewerb bestehen mit innovativen Schiffskonzepten und umwelt- und meeresverträglichen Transportsysteme. Ich denke da an die schon genann- ten Doppelhüllentanker, an Katalysatorentechnik für Abgasminderung und Brennstoffzel- lenantriebe.
Wir werden uns weiter für den Schiffbau in Schleswig-Holstein und für eine stabile Be- legschaftsentwicklung einsetzen. Die maritime Verbundwirtschaft an der Küste hat Zu- kunft und das Verkehrsmittel Schiff ist ein umweltverträgliches System mit großen Chan- cen.
Meine Damen und Herren, unsere Solidarität gilt heute den Werftarbeitern und ihren Familien. Wir Grünen unterstüt- zen mit Nachdruck eine Verkehrsverlagerung vom „Road to Sea“. Dieser Slogan, der von der EU-Kommission, der Bundesregierung und auch der Landesregierung als verkehrs- politisches Ziel anvisiert wird, muss sich aber auch in der praktischen Politik niederschla- gen.
Die Stärkung der Häfen, ihrer Hinterlandanbindungen mit der Schiene, der Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals und die Entwicklung des Nord-Ostsee-Kanals gehören dazu. Hier hapert es an Konsequenz, wenn man sich die Debatte zur Fehmarnbelt-Querung an- schaut. Es ist unsere Aufgabe, in dieser Frage die maritime Verbundwirtschaft zu stärken und Partei zu ergreifen für den Schiffbau und eine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Wasserstraßen.

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