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22.01.03
12:01 Uhr
B 90/Grüne

Irene Fröhlich zur Datenschutzpolitik

Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 8 – Große Anfrage Datenschutzpolitik Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Dazu sagt die innenpolitische Sprecherin Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefax: 0431/988-1501 Irene Fröhlich: Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.gruene-landtag-sh.de

In Sachen Datenschutz Nr. 012.03 / 22.01.2003
liegt Schleswig-Holstein vorn
Im Bereich der Datenverarbeitung werden fast täglich Fakten geschaffen. Allerdings nicht in der Landesregierung und auch nicht hier im Landtag. Vieles verändert sich durch ra- sante technische Entwicklungen und die Gesetzgebungskompetenz für die Regelung der Datenverarbeitung in wirtschaftlichen Betrieben, der ja einen großen Teil der Datenver- arbeitung ausmacht, liegt in Berlin.
Es bleibt aber für uns auch auf Landesebene genug zu tun: Da wäre zunächst der zur Zeit aktuelle Bereich der Datenverarbeitung zum Zweck der Gefahrenabwehr, insbeson- dere die Rasterfahndung. Als Reaktion auf die Terroranschläge in den USA hatten die Sicherheitsbehörden erstmals seit den Tagen der RAF vor über 20 Jahren in großem Umfang die Ermittlungsmethode der Rasterfahndung genutzt. Aufgrund der Ermittlungen in den USA stand fest, dass einige Täter längere Zeit in Deutschland gelebt und offenbar von hier aus die Anschläge geplant hatten.
Eineinhalb Jahre später ist die Bilanz ernüchternd. Es ist bisher kein Fall bekannt gewor- den, durch den ein Schläfer aufgrund der Rasterfahndung enttarnt werden konnte. Zu- dem wurden in anderen Bundesländern Rasterfahndungsmaßnahmen ohne erforderliche richterliche Anordnung getroffen, das BKA wertet die Daten der Landeskriminalämter zentral aus, obwohl es dazu gesetzlich nicht befugt ist.
Nach nunmehr eineinhalb Jahren müssen die Befugnisse der Sicherheitsbehörden zur Datenspeicherung und –erhebung kritisch überprüft werden, und zwar mit dem Ziel, den gebotenen Ausgleich zwischen kollektiver Sicherheit und individuellen Freiheitsrechen immer wieder herzustellen. In Schleswig-Holstein liegt uns dazu nun erstmals der perio- dische Bericht des Innenministers vor, der sorgfältig ausgewertet werden muss. Insofern widerspreche ich der Auffassung der Landesregierung: Eine Evaluation des au- tomatisierten Datenabgleichs sollte nicht erst dann erfolgen, wenn die zeitliche Befristung der entsprechenden Gesetzesgrundlage ausläuft. Vielmehr müssen wir schon die jährli- chen Berichte des Innenministers dazu nutzen, diese Maßnahme kritisch zu überprüfen,
Ein weiteres originär auf Landesebene zu bestellendes Feld ist der Bereich Jugendme- dienschutz mit all seinen Facetten, ganz besonders aber dann, wenn es um die Vermitt- lung von Medienkompetenz geht. Die große Anfrage bestätigt mir zu meiner Freude wie- der einmal, dass dieses Wort in Schleswig-Holstein kein Fremdwort ist. Allerdings stelle ich in Frage, ob es sinnvoll ist, dass – wie die vielen verschiedenen Projekte zeigen – die rundfunkorientierte und die internetorientierte Medienkompetenz in den Händen ver- schiedener Stellen liegen. Denn die Fragen, die sich im Umgang mit Medien stellen, sind im wesentlichen immer die gleichen.
Lassen Sie mich aus den in dem Bericht erwähnten bundespolitischen Fragestellungen zwei heraussuchen, die aus meiner Sicht aktuell am dringendsten sind:
Da ist zunächst der Bereich der allgemeinen Informationsfreiheit. Für ein Informations- freiheitsgesetz auf Bundesebene liegt leider noch kein innerhalb der Bundesregierung abgestimmter Entwurf vor, besser gesagt immer noch nicht, obwohl das Vorhaben be- reits seit einiger Zeit als politisches Ziel definiert wurde.
Die grüne Bundestagsfraktion hat nun aber einen Entwurf erarbeitet, der intern und dann mit den anderen Fraktionen abgestimmt wird. Es freut mich sehr, dass die Landesregie- rung dem Vorhaben ohne Einschränkungen grundsätzlich positiv gegenübersteht. Und ich denke, dass mittlerweile auch die letzten Gegner eines Informationsfreiheitsgesetzes auf Landesebene eines besseren belehrt sind.
Weiterhin eine wichtige Fragestellung ist der Bereich der Telekommunikationsüberwa- chung, insbesondere der Speicherung von Internet-Verbindungsdaten. Seit einiger Zeit gibt es aus verschiedenen Richtungen Bestrebungen, die Provider zu verpflichten, sämt- liche Verbindungsdaten von Internetnutzern eine bestimmte Zeit zu speichern. Bedenk- lich finde ich es in diesem Zusammenhang, dass ohne eine solche gesetzliche Grundla- ge die Firma T-Online bereits begonnen hat, die Verbindungsdaten seiner Flatrate- Kunden zu speichern.
Für diejenigen unter Ihnen, die mit der Thematik nicht vertraut sind: Nach geltendem Recht dürfen Internet-Anbieter die Verbindungsdaten Ihrer Kunden nur zu Abrechnungs- zwecken speichern. Dies ist jedoch bei Flatrate-Kunden, also bei Kunden, die einen Pau- schalbetrag für die Internetverbindungen zahlen, nicht erforderlich und damit ein Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung. Dagegen spreche ich mich ausdrücklich aus. Die Anonymität, die wir auf der Straße, also im sogenannten „realen“ Leben haben, wird damit in der virtuellen Welt aufgehoben. Das Internet würde damit zum Fahndungsnetz, und das kann nicht das Ziel unserer Innenpolitik sein. Was ist das Resümee dieser Anfrage:
Viele Überraschungen hat sie nicht geboten, denn die Problemfelder sind uns aus den umfangreichen jährlichen Berichten des Datenschutzbeauftragten bekannt.
Weiterhin können wir konstatieren, dass Schleswig-Holstein sich im Bereich Datenschutz in keinster Weise zu verstecken braucht: Wir sind Vorreiter in den Bereichen Informati- onsfreiheit, Datenschutzaudit, virtuelles Datenschutzbüro und vielen anderen Projekten mehr.
Unsere Aufgaben als Parlament liegen in nächster Zeit vor allem darin, die Bundes- und Landesgesetze, die im Zusammenhang mit den Ereignissen des 11. September 2001 geschaffen wurden, aus Datenschutzsicht kritisch auf ihren bisherigen Nutzen zu hinter- fragen. Ein weiteres wichtiges Feld sehe ich darin, uns für Informationsgesetze auf Bun- desebene einzusetzen, sowohl für ein allgemeines Informationsfreiheitsgesetz, als auch für ein Verbraucherinformationsgesetz.
Ich freue mich, dass der Bundestags-Unterausschuss neue Medien, der ja in der letzten Wahlperiode gegründet wurde, seine Arbeit nunmehr doch fortsetzen wird. Und für mich als schleswig-holsteinische Grüne freue ich mich, dass unsere Bundestagsabgeordnete Grietje Bettin darin weiterhin mitarbeiten wird, und somit das Thema Medienpolitik auf Bundesebene damit auch in Zukunft gut vertreten ist.

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