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22.01.03
11:57 Uhr
SPD

Thomas Rother zu TOP 8: Für Datenschutz gibt es rechtliche und politische Grenzen

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 22.01.2003 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 8 – Datenschutzpolitik für Schleswig-Holstein

Thomas Rother:
Für Datenschutz gibt es rechtliche und politische Grenzen
Es gibt sicher politische Fragen, die in der öffentlichen Wertschätzung eine bessere Konjunktur haben als der Datenschutz. Dennoch sollte das Thema nicht unterschätzt werden, denn über jede Bürgerin, über jeden Bürger existieren Daten in Dateien. Und mit diesen Daten muss sorgsam umgegangen werden – egal ob nun öffentliche oder private Stellen Zugriff auf diese Daten haben.

Außerdem rücken die Nutzung neuer Medien wie E-Mail oder E-Commerce sowie die Entwicklung immer besserer technischer Möglichkeiten zur Überwachung den Daten- schutz doch immer wieder in den Blickpunkt und werfen unter vielen Gesichtspunkten ständig neue Probleme auf, zum Beispiel beim Verbraucherschutz.

Vor genau diesem Hintergrund haben wir uns im Landtag in dieser Wahlperiode ja schon des öfteren mit einzelnen Fragestellungen aus diesem Themenkomplex befasst. Telekommunikationsüberwachungsverordnung, Videoüberwachung oder Folgen des Terroranschlages des 11. September 2001 sind dafür die Stichworte. Um in dieses Zu- fallsprinzip etwas Ordnung zu bringen, haben wir die vorliegende Große Anfrage an die Landesregierung gerichtet.

Ich möchte an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der beteiligten Minis- terien und des Unabhängigen Landeszentrums für den Datenschutz (kurz ULD) für die

Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



umfangreiche und interessante Antwort danken. Aber auch diese werden mit diesem Text künftig noch arbeiten können und müssen. Die Arbeit wird sich also lohnen. Den Tätigkeitsbericht des ULD überweisen wir ja in der Regel ohne Aussprache an den Innen- und Rechtsausschuss, und daher ist ein Lob an dieser Stelle auch endlich einmal angebracht.

In der mir zur Verfügung stehenden Zeit möchte ich einige Aspekte der Antwort her- vorheben. Erstens: Die Erledigung der Aufgabe Datenschutz durch das ULD ist effektiv und mo- dern. Die Möglichkeit der Auditierung der Datenschutzkonzepte für öffentliche Stellen ist auf großes Interesse gestoßen. Auf diesem Weg können beispielsweise Datenbe- stände entrümpelt werden. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Datensi- cherheit öffentlicher Stellen wird so gestärkt.

Und vielleicht haben Sie auch bemerkt, dass der Landtag Schleswig-Holstein vor ein paar Tagen für die erfolgreiche Auditierung im Datenschutz ausgezeichnet wurde – auch wenn für manche Abfragen leider immer noch Cookies akzeptiert werden müs- sen. Zwar sind es Cookies mit harmlosen Charakter – abschreckend wirken sie den- noch. Denn üblicherweise hinterlassen sich diese Kekse beim Nutzer und geben Auf- schluss über sein Nutzerverhalten. Aber nach Auskunft der Landtagsverwaltung soll auch das bald vorbei sein.

Mit dem Gütesiegel Datenschutz können auch Private ihre Produkte auf Datenschutz und Datensicherheit prüfen lassen. Voraussichtlich Ende des Jahres werden die ersten Gütesiegel verliehen. Zur Zeit gibt es ja einen fast inflationären Trend zu Zertifizierun- gen, Güte- und Qualitätssiegeln. Wenn es dem Verbraucherschutz dient, kann das dennoch nur recht sein, und wir sollten auch ein Stück weit stolz sein, dass im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik ein Gütesiegel – sogar staatliches Gü- tesiegel – aus Schleswig-Holstein kommt. -3-



Zweitens: Die Landesregierung hat die Verfahren zur Weiterentwicklung des Daten- schutzrechtes auf Bundesebene stets mit einer liberalen Position begleitet. Und das ist gut so! Vor allem im sensiblen Bereich der Überwachung der Telekommunikation konnte eine großangelegte Vorratsdatenspeicherung verhindert werden – bislang ver- hindert werden. Entsprechende Initiativen von CDU-regierten Bundesländern sind wie- der zu erwarten. Eine Überwachung Unverdächtiger muss jedoch weiterhin vermieden werden. Es gibt rechtliche und politische Grenzen, und auch der Grundsatz der Ver- hältnismäßigkeit der Mittel muss beachtet werden – zumal die Kriminalität im Internet offenbar weit geringer ist als bislang angenommen. Eine Studie des ULD und der TU Dresden aus dem vergangenen Jahr belegt dies. Demnach gab es bei 1,2 Mio. Inter- net-Zugriffen nur 17 Anfragen von Strafverfolgungsbehörden, und auch diese gingen lediglich in die Bereiche Beleidigung und Betrug.

Das Internet ist nicht generell ein kriminalitätsbelasteter Raum – trotz weniger aufse- henerregender Verdachtsfälle. Das sollte auch im EU-Maßstab mehr Beachtung fin- den, denn auch von dort gibt es Begehrlichkeiten, z.B. die Verbindungsdaten von In- ternet-Nutzern längerfristig zu speichern. Damit soll nichts gegen eine bessere Online- Fahndung zur Verbrechensbekämpfung gesagt sein, aber wie bereits erwähnt, eine Art Rasterfahndung, in die alle Internet-Nutzer einbezogen werden, ist nicht nur vom Auf- wand her absurd, sondern wäre tatsächlich ein Schritt hin zum Überwachungsstaat.

Daher ist es auch zu begrüßen, dass das Max-Planck-Institut eine rechtsstaatliche Un- tersuchung zur Rechtswirklichkeit und Effizienz der Überwachung von Telekommuni- kation in den Fällen nach den Paragrafen 100a und 100b der StPO (da geht es eben um die Überwachung der Telekommunikation) durchführt. Das tut es allerdings bereits seit 1999, und es wäre gut, bald einmal die Ergebnisse betrachten zu können.

Ein ähnlicher Gutachtenauftrag – Einsatz verdeckter technischer Mittel – wurde vom Fachbereich Polizei der Verwaltungsfachhochschule Altenholz für Schleswig-Holstein in weit kürzerer Zeit erledigt. Und diese Studie belegt, dass der Einsatz dieser beson- -4-



deren Mittel der Datenerhebung im polizeilichen Alltag eine viel geringere Bedeutung hat, als es manche Debatten vermuten lassen. Und auch das ist gut so. Nachzulesen ist das übrigens im Tätigkeitsbericht des ULD für 2001, Seite 39 ff.

Drittens: Wir treten für ein praktikables Datenschutzrecht ein, das die individuellen Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger wahrt und das die Interessen der Wirtschaft berücksichtigt. Landesdatenschutzgesetz und Informationsfreiheitsgesetz sind die Grundlagen für weitere Rechtsvorschriften, die im Bundesvergleich beispielhaft sind.

Viertens: Der Datenschutz wird uns bald wieder beschäftigen: Das Sicherheitsüberprü- fungsgesetz ist dafür ein Stichwort. Darüber hinaus sind wir als Parlamentarier selbst betroffen. Der Landtag hat ja ein Datenschutzgremium eingerichtet, das vom Kollegen Geißler sehr engagiert und erfolgreich geleitet wird.

Gerade als Abgeordnete müssen wir sorgfältig mit den uns anvertrauten Informationen umgehen und auch umgehen können. Das wird nach dem Umbau des Landeshauses hoffentlich etwas einfacher. Die Möglichkeiten zu nicht von anderer Stelle nachvoll- ziehbarer Telekommunikation sind Ihnen hoffentlich bekannt gemacht worden.

Fünftens: Fazit: Notwendige Beschränkungen des Rechts auf informationelle Selbst- bestimmung sind in Schleswig-Holstein auf ein Mindestmaß begrenzt und für die Betroffenen nachvollziehbar ausgestaltet. Das Datenschutzrecht in Schleswig-Holstein ist praktikabel. Die Bürgerinnen und Bürger können sich auf den Schutz der Privatsphäre verlassen. Sie haben ein Recht, vom Staat in ihrer Privatheit in Ruhe gelassen zu werden.

Ein Überwachungsstaat ist nicht allein ein Charakteristikum eines totalitären Systems. Auch demokratische Staaten sind hierfür anfällig. In der isländischen Hauptstadt Rey- kjavik beispielsweise sind über 2000 Überwachungskameras installiert. Das guckt sich nicht nur die Polizei an, sondern ein Fernsehsender strahlt das rund um die Uhr aus. -5-



Darüber hinaus wird dort das Genom eines jeden Einwohners erfasst. Zu mehr Recht und Ordnung oder auch einem höheren Gesundheitsniveau hat das auch nicht geführt. Menschen sind halt mehr als nur „Datenkörper“. Also sollten wir nicht in jedem Fall von unseren nördlichen Nachbarn lernen wollen. Ich bitte um Überweisung der Großen Anfrage an den Innen- und Rechtssausschuss zur abschließenden Beratung.