Dr. Trutz Graf Kerssenbrock: Jetzt widerspricht auch Finanzstaatssekretär Döring der Ministerpräsidentin
LANDTAGSFRAKTION S C H L E S WI G - H O L S T E I N Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.dePRESSEMITTEILUNG Nr. 521/02 vom 02. Dezember 2002 Zweiter Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Dr. Trutz Graf Kerssenbrock: Jetzt widerspricht auch Finanzstaatssekretär Döring der Ministerpräsidentin Unter Bezugnahme auf den Artikel des Magazins „Der Spiegel“ vom heutigen Tage erklärt der Obmann der CDU-Fraktion im Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Dr. Trutz Graf Kerssenbrock: „Die Mauer des Schweigens beginnt zu bröckeln“Nach der vom SPIEGEL wiedergegebenen Aussage des – zuständigen – Finanzstaatssekretärs Döring, die sich vollen Umfangs mit der Aktenlage und mit der Aussage des Zeugen Seifert vom vergangenen Montag deckt, muss die Aussage der Ministerpräsidentin am 16.09.2002 vor dem Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss falsch gewesen sein.Es muss deshalb ein anderes (dienstliches?) Thema gewesen sein, über das am 04.07.2001 gesprochen wurde. Die Ministerpräsidentin wird zu prüfen haben, ob sie nicht ihre Aussage von dem Ausschuss berichtigen muss und endlich die wirklichen Gesprächsinhalte schildert.“Anlage: Analyse des Wortlauts der entscheidenden Äußerungen der Ministerpräsidentin1. Die Passage aus dem Magazin "Der Spiegel" lautet: "Auch Finanzstaatssekretär Uwe Döring (SPD) kann sich an eine Direktive der Ministerpräsidentin in Sachen Wikingerschiff nicht erinnern. Darüber hätten, wie Döring dem SPIEGEL auf Anfrage erklärte, 'in der Lenkungsausschusssitzung am 18.07.2001 weder Dr. Pröhl noch Staatssekretär Gärtner berichtet'. Die 'Frage des Verkaufs' sei zwar 'diskutiert worden, war aber, wie aus dem Protokoll ersichtlich, noch offen'. Erst im September 2002 sei 'der endgültige Verkauf' im Lenkungsausschuss beschlossen worden." Demgegenüber hatte die Ministerpräsidentin am 16.09.2002 geschildert, dass sie sich am Abend ihres Geburtstags (04.07.2001) mit dem ehemaligen Chef der Staatskanzlei Klaus Gärtner und dem ehemaligen EXPO-Beauftragten Karl Pröhl dringend aus dienstlichen Gründen treffen musste, um über den Verbleib des sog. Wikingerschiffs zu entscheiden.Der Anlass des Gesprächs am Abend des 04.07.2001 wird von der Ministerpräsidentin wie folgt beschrieben: „Nachdem ich am Nachmittag des 04.07. –vormittags war die Pressekonferenz- das Studium des Haushaltes beendet hatte und eigentlich nach Hause wollte, haben Herr Gärtner und ich spontan entschieden, uns mit Herrn Dr. Pröhl doch noch zusammenzusetzen und mit ihm das Ob und Wie einer Sponsorenehrung zu besprechen. Außerdem mussten wir noch die EXPO- Lenkungsausschusssitzung am 18.07. vorbereiten, weil sonst die Gefahr drohte, dass die Kosten, die bis dahin noch nicht reguliert waren, auf den Haushalt der Staatskanzlei fallen würden.“ (Protokoll der 18. Sitzung am 16.09.2002, Seite 65). ... „In der Sache wurde dann über den Verkauf des Wikingerschiffs sowie die anstehende Lenkungsausschusssitzung gesprochen ...“. (Protokoll der 18. Sitzung am 16.09.2002, Seite 66). ... „Das Schiff ist nachher in Kappeln verkauft worden, so wie wir das an dem Abend besprochen haben...“. (Protokoll der 18. Sitzung am 16.09.2002, Seite 95). ... „Ich hatte für mich eine Entscheidung getroffen, die ich klargemacht habe.“ (Protokoll der 18. Sitzung am 16.09.2002, Seite 95).“ ... "Herr Gärtner hat ihn da dann mit eingebracht." (Protokoll der 18.Sitzung am 16.09.2002, Seite 84".Diese Schilderung der Abläufe kann nicht der Wahrheit entsprechen.Bereits am 25.11.2002 hatte der Zeuge Seifert ausgesagt, dass während der besagten Lenkungsausschusssitzung kurz nach dem Geburtstagsessen weder von Pröhl noch von Gärtner über eine Entscheidung der Ministerpräsidentin berichtet wurde. Auch in der Folgezeit sei von einer Entscheidung der Ministerpräsidentin nie die Rede gewesen. Während der Lenkungsausschusssitzung sei u.a. angeregt worden, das Schiff im Internet anzubieten. Letztendlich sei der Verkauf des Schiffes an die Gemeinde Kappeln auf seine Initiative zurückzuführen, die er Ende des Jahres 2001 ergriffen habe.Diese Aussage wird jetzt durch das Zitat des Finanzstaatssekretärs untermauert. Auch Döring war am 18.07.2001 während der Sitzung des Lenkungsausschusses anwesend. Der Finanzstaatssekretär übernahm später für Klaus Gärtner sogar die Leitung des Lenkungsausschusses und war somit über die Einzelheiten der Veräußerung des Schiffes im Detail informiert. Auch Döring will -laut Zitat im Magazin "Der Spiegel"- weder am 18.07.2001 noch in der Folgezeit etwas von einer Entscheidung der Ministerpräsidentin erfahren haben.Festzuhalten bleibt: Mit Döring widerspricht das sachlich zuständige Mitglied der Landesregierung der Darstellung der Ministerpräsidentin über die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Wikingerschiff.2. Die Aussage der Ministerpräsidentin ist aus einem weiteren Grund nicht glaubhaft. Der für die Veräußerung des Schiffes zuständige Zeuge Seifert hat ausgesagt, dass das Schiff der Investitionsbank gehörte. Die Veräußerung des Schiffes konnte sich deshalb nicht auf den Haushalt der Staatskanzlei auswirken. Zudem war das Schiff längst bezahlt und hatte seinen Zweck erfüllt.Aus diesen Feststellungen folgt: Die Veräußerung des Schiffes betraf den Haushalt der Staatskanzlei nicht. Deshalb hatte die Ministerpräsidentin an ihrem Geburtstag überhaupt keinen Anlass, dringend über den Verkauf des Schiffes zu entscheiden.3. Hinzu kommt Folgendes: Es ist nicht glaubhaft, dass die Ministerpräsidentin an ihrem Geburtstag eigens ein dringendes Gespräch über das Wikingerschiff führt und eine Entscheidung in der Sache fällt, um die Sitzung des zuständigen Gremiums vorzubereiten, aber später keiner der Beteiligten von dieser Entscheidung Kenntnis erhält, die Entscheidung nicht umgesetzt wird und sich die Ministerpräsidentin nicht mehr um den Vorgang kümmert, obwohl mehr als ein Jahr ergebnislos verstreicht und angeblich der Haushalt der Staatskanzlei in Gefahr war.Es stellt sich daher die Frage: Wenn die Aussage der Ministerpräsidentin stimmte: Weshalb hat sie sich dann nach dem 04.07.2001 über ein Jahr lang nicht mehr um das Schiff gekümmert, nicht auf ihre Entscheidung aufmerksam gemacht und nicht nach Ergebnissen der Verhandlungen gefragt? Schließlich soll doch angeblich der Haushalt der Staatskanzlei bedroht gewesen sein und es sich um eine dringende Angelegenheit gehandelt haben.4. Noch ein weiterer Punkt verwundert: Die Ministerpräsidentin will am 04.07.2001 entschieden haben, dass im Zusammenhang mit der Veräußerung des Schiffes –entgegen der ursprünglichen Planung- nunmehr auch öffentliche Mittel verwendet werden dürfen.Das Zitat lautet: „Der entscheidende Satz ist nämlich: Es dürfen keine weiteren öffentlichen Mittel benutzt werden. – Das hatte bis jetzt allem anderen entgegengestanden. Dann habe ich gesagt: Es darf doch.“ (Protokoll der 18. Sitzung am 16.09.2002, Seite 95).Es ist nicht glaubhaft, dass das Schiff auch vorher nicht an eine Gemeinde veräußert worden wäre, wenn diese einen entsprechenden Preis geboten hätte. Wenn eine Gemeinde oder ein anderes Bundesland das Schiff erwerben will und bereit ist, eigene Mittel dafür aufzuwenden, dann fehlt jeder rationale Grund, eine Veräußerung abzulehnen. Zudem war seit Beginn des Projektes Wikingerschiff klar, dass das Schiff nach Abschluss der EXPO verkauft werden soll. Von Beginn an waren auch öffentliche Einrichtungen im Gespräch.Die Folge ist: In Sachen Wikingerschiff stand am 04.07.2001 keine Entscheidung in der Sache an.5. Aus alledem folgt, dass die Einlassung der Ministerpräsidentin, am 04.07.2001 sei über das Wikingerschiff gesprochen und eine Sachentscheidung gefällt worden, nicht stimmen kann. - die beteiligten Personen (insbesondere der zuständige Finanzstaatssekretär) wissen von einer solchen Entscheidung nichts, - da der Haushalt der Staatskanzlei nicht bedroht war, gab es keinen Anlass, dringend über das Schiff zu sprechen, insbesondere stand keine Entscheidung an, - die Protokolle geben keinen Hinweis auf eine Entscheidung oder Befassung der Ministerpräsidentin, - die Ministerpräsidentin hat sich nicht wieder um die Angelegenheit gekümmert, obwohl über ein Jahr lang nichts passiert ist und obwohl es am 04.07.2001 angeblich so dringend war.