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14.11.02
16:37 Uhr
B 90/Grüne

Karl-Martin Hentschel zur festen Fehmarnbelt-Querung

=RESSEDIENST P= Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 29 – Planungen für eine feste Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Fehmarnbelt-Querung - Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Dazu sagt der Vorsitzende Telefax: 0431/988-1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172/541 83 53 Karl-Martin Hentschel: E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.gruene-landtag-sh.de

Nr. 279.02 / 14.11.2002

Warten auf Goldot!
Wegen der Kürze meiner Zeit will ich nur auf drei Punkte eingehen.
Erstens: Ich bedauere, dass in dem Bericht die umweltpolitischen Auswirkungen des Pro- jekts fast keine Rolle spielen.
Die Vogelfluglinie heißt so, weil sie eine der bedeutendsten Vogelflugschneise der Welt ist. Und das im doppelten Sinne: Für die Landvögel auf der Strecke von Sibirien über Skandinavien, Seeland nach Mitteleuropa. Für die Wasservögel auf der Strecke Polar- meer, finnischer Meerbusen, Ostsee und quer durch Schleswig-Holstein zu den Futter- plätzen im Wattenmeer.
Dies ist auch der Grund, warum für den Fall, dass es zu einer festen Querung kommt, ei- ne Tunnellösung Priorität hat. So steht es auch in unserem Koalitionsvertrag, das hätte man erwähnen können.
Zweitens: In dem Bericht werden als Ergebnis der sozioökonomischen Regionalstudie 700 bis 900 zusätzliche Arbeitsplätze in Deutschland genannt.
Leider stellt der Bericht nicht dar, dass zusätzliche Arbeitsplätze nur in Hamburg entste- hen, während die Bilanz in Ostholstein negativ ist.
Aber selbst dieses Ergebnis der Studie wird nur erreicht mit massiven Fördermaßnah- men in der Region. Leider wird nicht untersucht, ob bei Einsatz dieser Fördermaßnah- men ohne eine feste Querung nicht viel mehr Arbeitsplätze in der Region entständen.
Zum Dritten: Im Sommer dieses Jahres haben wir nun endlich die Ergebnis des Markter- kundungsverfahren erfahren. Bevor ich auf die Ergebnisse eingehe, möchte ich an die Beschlusslage des Landeskabi- netts und der Bundesregierung von 1999 sowie die gleichlautende Passage im Koaliti- onsvertrag erinnern, die im Bericht dankenswerterweise zitiert wird:
„Die Finanzierung soll nur mit privatem Kapital erfolgen. Private Investoren sollen ange- messen am Risiko beteiligt werden. Die Anschlüsse auf deutscher Seite unterliegen der üblichen Bewertung im Bundesverkehrswegeplan.“
Das Markterkundungsverfahren kommt nun zum Ergebnis, für eine rein private Finanzie- rung 1,7 Mrd. Euro Subventionen erforderlich sind, das sind zwei Drittel der Baukosten. Dazu kommt auf deutscher Seite noch mal zirka 1 Mrd. Euro für die Anschlüsse an Land.
Die Studie bewertet das ganze so: „Die prognostizierten Einnahmen aus dem Verkehr werden (von der Privatwirtschaft) als zu gering erachtet, um die notwendigen finanziellen Kennzahlen zu erreichen und unter- liegen dazu noch dem Wettbewerb (Fährbetrieb, Maugebührenhöhe am Großen Belt und Öresund), auf die der private Sektor keinen Einfluss hat.“ „Zusammenfassend betrachtet der private Sektor das Projekt als nicht finanzierbar ohne erhebliche Subventionen/Garantien.“
Mittlerweise gibt es auch erste Zahlen über die Bewertung der Anschlüsse im Bundes- verkehrswegeplan. Während der A7-Ausbau immerhin mit dem Faktor 5 bewertet wurde und die A20-Varianten mit dem Faktor 2 bis 3 schon unter dem nötigen Limit landen, liegt der Ausbau der A1 bis Puttgarden mit dem Faktor 0,8 weit im negativen Bereich. Damit ist dies nach meiner Kenntnisse das unrentabelste aller angemeldeten Vorhaben in der ganzen Bundesrepublik.
Daraus ziehe ich folgende Schlüsse:
Natürlich ist die Privatwirtschaft grundsätzlich an einem solchen Projekt interessiert: Die Banken wollen Kredite geben, die Baukonzerne wollen Bauen, die Planungs- und Finanzierungsgesellschaften wollen planen und finanzieren.
Aber alle schätzen das Projekt als so unwirtschaftlich ein, das sie nicht bereit sind, eige- nes Geld zu riskieren. Nur wenn der Staat die Anschlüsse kostenlos zur Verfügung stellt, Garantien für die Planungsverfahren übernimmt, das Risiko der Mauteinnahmen absi- chert, den Bahnbetrieb in eigene Regie nimmt, eine Dividende von 17 Prozent garantiert und darauf noch 1,7 Mrd. Euro Subventionen zahlt, sind sie zur Investition bereit.
Oder anders ausgedrückt: Die private Wirtschaft ist nicht bereit, eine feste Fehmarnbelt- Querung zu bauen, sie ist aber bereit, sich vom Staat eine Lizenz zum Gelddrucken schenken zu lassen.
Daraus schließe ich: Die Fehmarnbelt-Querung wird nur kommen, wenn der Bundes- kanzler den Sack aufmacht und jenseits aller üblichen Finanzierungswege einen Gold- klumpen von zirka 3 Mrd. Euro auf den Tisch legt. Danach sieht es aber angesichts der Kassenlage nicht aus.
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