Günther Hildebrand: "Unsere Bedenken gegen das Gesetz der Union überwiegen"
FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Nr. 284/2002 Dr. Christel Happach-Kasan, MdL Stellvertretende Vorsitzende Kiel, Mittwoch, 9. Oktober 2002 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Christel Aschmoneit-Lücke, MdL Joachim Behm , MdL Es gilt das gesprochene Wort! Dr. Heiner Garg, MdL Günther Hildebrand, MdL Justiz/nachträgliche SicherungsverwahrungGünther Hildebrand: „Unsere Bedenken gegen das www.fdp-sh.de Gesetz der Union überwiegen“ In seinem Redebeitrag zu TOP 2 (Nachträgliche Sicherungsverwahrung) erklärte der innen- und rechtspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Günther Hildebrand:„Die Verbrechen der vergangenen Wochen- die Ermordung eines Elfjährigen in Frankfurt sowie - die Ermordung der sechzehnjährigen Jennifer Haack in Neumünstermachen eine sachliche Auseinandersetzung mit dem uns vorliegenden Gesetzentwurf der CDU-Fraktion nicht leicht.Ich will dabei klarstellen, dass wir menschlich großes Verständnis für das Anliegen haben, das hinter dem Gesetzentwurf steht. Auch wir wollen, dass die Allgemeinheit und unsere Kinder vor Verbrechern geschützt werden.Auch wir sind jedesmal wütend und auch ein Stück hilflos, wenn ein Straftäter, der schon in der Vergangenheit mehrfach anderen Menschen seelisch und körperlich großes Leid zugefügt hat, erneut nach Verbüßung einer Haftstrafe rückfällig wird. Wir stellen dann immer wieder fest, dass unsere Mittel zum Schutz der Bevölkerung begrenzt sind.Unsere Aufgabe als Parlamentarier ist es, geeignete Gesetze zu erlassen, die die Bevölkerung größtmöglichen Schutz bieten. Wir dürfen aber auch vor dem Hintergrund aktueller Geschehnisse nicht vergessen, dass auch Straftäter Menschen mit Rechten sind, die wir beim Erlass neuer Vorschriften vollständig berücksichtigen müssen. Dieser Grundsatz gilt auch für die heutige Debatte.Ich warne daher davor, sich auf das Niveau des Bundeskanzler herabzulassen, der im Sommer 2001 nach einem Sexualverbrechen an einem Kind forderte:Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 “Wegschließen von Sexualstraftätern und zwar für immer.“ Daher war ich auch nicht über die Presseerklärung vom Kollegen Lehnert begeistert, die zu einer weiteren Emotionalisierung, aber nicht zur Versachlichung der Debatte beiträgt.Die FDP-Fraktion kann dem Ansinnen der CDU nicht zustimmen, eine nachträgliche Sicherungsverwahrung auch dann anordnen zu lassen, wenn es im vorherigen Strafurteil keinen entsprechenden Vorbehalt gegeben hat.Diese Möglichkeit führt nicht zu einer endgültigen Sicherheit vor besonders gefährlichen Rückfalltätern. So wird es immer wieder Fälle geben, in denen die Gefährlichkeit einer Person bis zuletzt nicht erkannt wird, diese dann entlassen und möglicherweise Straftaten begehen wird.Darüber hinaus gibt es weitere Gründe.Wir stimmen dem Richterverband in seiner Auffassung zu, dass die hier zu treffende Regelung in die Kompetenz der Bundesgesetzgebung fällt. Der Bundesgesetzgeber hat von seiner Regelungskompetenz auch Gebrauch gemacht und die Möglichkeit geschaffen, im Strafurteil einen Vorbehalt zur nachträglichen Sicherungsverwahrung zu schaffen. Er hat darüber hinaus das Problem der nachträglichen Sicherungsverwahrung ohne Vorbehalt diskutiert und ausdrücklich auf eine solche Regelung verzichtet.Darüber hinaus besteht weiterhin das verfassungsrechtliche Problem der Doppelbestrafung bei einer nachträglichen Sicherungsverwahrung. Aber ich gebe zu, auch hierzu gibt es verschiedene Auffassungen.Wir haben bereits in der letzten Debatte darauf hingewiesen, dass uns der Therapiezwang des Gesetzentwurfes nicht überzeugt. Kann eine Therapie einen Heilungserfolg versprechen, die ein Täter unter der Androhung annimmt, ansonsten weggeschlossen zu werden? Praktiker bestätigen diese Zweifel.Außerdem gibt es auch das „Gesetz zur Hilfe und Unterbringung psychisch kranker Menschen (PsychKG)“. Nach diesem Gesetz können psychisch kranke Menschen gegen oder ohne ihren Willen in einem geeigneten Krankenhaus untergebracht werden, wenn und solange sie infolge ihrer Krankheit Rechtsgüter anderer erheblich gefährden und die Gefahr nicht anders abgewendet werden kann. Das ist doch genau das, was Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, wollen. Nur mit dem Ansatz, den Menschen zu heilen und auch eine Zukunftsperspektive zu eröffnen.Ich glaube nicht, dass jemand, der objektiv besonders rückfallgefährdet und hochgefährlich für die Allgemeinheit sein soll, kerngesund ist. Wenn die Gefährlichkeit aber pathologisch bedingt ist, besteht demnach bereits heute die Möglichkeit eine Person nach dem PsychKG unterzubringen. Auch diese Möglichkeit bietet zwar keinen Schutz vor Fehleinschätzungen, das gilt aber auch für die nachträgliche Sicherungsverwahrung.Wie unterschiedlich die Auffassungen zu diesem Thema sind, zeigte die gestrige Sendung „Frontal“ im ZDF: Herr Mackenroth, Bundesvorsitzender des Deutschen Richterverbandes, ist für eine solche Nachbesserung, während Generalstaatsanwalt Rex sich ebenfalls aus Gründen dagegen aussprach.Zusammenfassend stelle ich fest, dass dem Gesetzentwurf der CDU verständliche Erwägungen zu Grunde liegen. Unsere Bedenken überwiegen aber.“Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/