Wolfgang Kubicki zum Landeshaushalt 2003
FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Dr. Christel Happach-Kasan, MdL Nr. 256/2002 Stellvertretende Vorsitzende Dr. Ekkehard Klug, MdL Kiel, Mittwoch, 11. September 2002 Parlamentarischer Geschäftsführer Christel Aschmoneit-Lücke, MdL Sperrfrist: Redebeginn Joachim Behm , MdL Dr. Heiner Garg, MdL Es gilt das gesprochene Wort! Günther Hildebrand, MdLSchleswig-Holstein/Finanzpolitik/Haushaltsentwurf 2003 www.fdp-sh.de Wolfgang Kubicki: „Ich brauche mir keine Argumente zu suchen, um die Landesregierung schlecht zu reden—die Wirklichkeit ist schlimm genug“Zum Haushaltsentwurf 2003 und dem Finanzplan 2002-2006 (TOP 7 & 38) sagte der Vorsitzende und finanzpolitische Sprecher der FDP- Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:„Dies wäre der Platz für eine Generalabrechnung mit der Landesregierung—gerade so kurz vor der Bundestagswahl. Wie schön, wenn dies angebracht wäre: Die Opposition würde alle möglichen Argumente bemühen, um die Landesregierung schlecht zu reden. Aber es ist nicht an der Zeit: Ich brauche mir keine Argumente zu suchen, um die Landesregierung schlecht zu reden—die Wirklichkeit ist schlimm genug: Die Argumente liefern die amtlichen Statistiken.Wenn Politik die Geschicke einer Gesellschaft beeinflusst—und davon sind wir hier ja alle überzeugt—dann sind die Regierung und die sie tragenden Kräfte zumindest mitverantwortlich für diesen Einfluss. Dann ist die Regierung Simonis auch verantwortlich für die vergleichbar schlechte Entwicklung in Schleswig-Holstein, und dann ist die Regierung Schröder verantwortlich für die vergleichbar schlechte Entwicklung in Deutschland.Seit 1988 trägt die SPD die politische Hauptverantwortung für die Entwicklung in Schleswig-Holstein. Aber ich will noch etwas früher anfangen—viel früher. Bevor Adam und Eva aus dem Paradies hinausgeschmissen wurden, gab es für alle alles zum Nulltarif: Das Paradies auf Erden. Seit dem Fiasko im Paradies ist auf dieser Erde zwar vieles umsonst—aber nichts ist kostenlos.Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2Das ist Ihr Problem, meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen: Was Sie anstellen, ist meist umsonst—aber die Menschen müssen trotzdem bezahlen. Sie bezahlen mit hoher Arbeitslosigkeit, mit Wachstumsschwäche, mit erdrückenden Steuerlasten, mit nahezu zahlungsunfähigen Sozialsystemen, mit maroden Bildungssystemen, mit kaputten Straßen, mit zuwenig Lehrern und Polizisten und mit staatlicher Gängelei allerorten und zu allen Zeiten. Als Ausgleich bieten Sie wohlfeile sozial-ökologisch-romatische Luftschlösser.Arbeit, Bildung, Innovation—das sollten die Schwerpunkte sein. Arbeitslosigkeit, Bildungskatastrophe und Ideenlosigkeit kennzeichnen die tatsächliche Regierungsarbeit.Eine erste Statistik als Beleg: Rot-grün regiert noch im Bund, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Alle drei Gebietskörperschaften sind in ihren Vergleichsgruppen die wirtschaftlichen Absteiger. Beim Wirtschaftswachstum ist Deutschland Letzter in Europa, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sind unter den westdeutschen Bundesländern die Letzten:Wo rot-grün regiert, ist Schluss mit Wachstum und Wohlstand. Deshalb muss sich etwas ändern—und zwar so schnell wie möglich: • Damit Tagträumereien nicht mehr die Schicksale der Menschen besiegeln, • damit die immer noch drittgrößte Industrienation der Erde ihre Kräfte zum Wohle der Menschen endlich wieder entfaltet und • damit Schleswig-Holstein endlich aus dem Mauerblümchendasein unter den Bundesländern herauskommt.Kommen wir zu den erklärten Schwerpunkten Ihrer Regierungskoalition: Arbeit, Bildung und Innovation. Zunächst zur Arbeit—oder besser zur Arbeitslosigkeit. Über 4 Millionen offiziell arbeitslose Menschen, über 1,7 Millionen verdeckt arbeitslose Menschen, das macht fast 6 Millionen Menschen und deren Angehörige in Deutschland, denen eine der wesentlichsten Quellen für ein selbstbestimmtes Leben verwehrt ist: das selbst erarbeitete Einkommen.Fast 6 Millionen Menschen, deren Kraft nicht zu Wachstum und Wohlstand Deutschlands beitragen kann. Warum? Weil es zu teuer ist, diese 6 Millionen Menschen zu beschäftigen. Und der einzige Weg, diese 6 Millionen Arbeitslosen in Beschäftigung zu bringen, besteht darin, Arbeit preiswerter zu machen, damit die Unternehmen bereit sind, mehr Menschen einzustellen. Denn Unternehmen beschäftigen nur dann eine zusätzliche Arbeitskräfte, wenn deren Arbeit mehr einbringt, als sie kostet. In Deutschland bedeutet 1 € Bruttolohnerhöhung, dass die Arbeitskosten der Unternehmen um 1,2 € steigen—u.a. wegen der Sozialversicherungsbeiträge.In Kürze werden diese Beiträge steigen: Die Erhöhung des Beitrages zur Rentenversicherung konnte vor der Bundestagswahl nur verhindert werden, weil die Umlaufreserve um 20% gekürzt wurde: Sie reicht jetzt nicht mehr für einen Monat sondern nur noch für 24 Tage. Der Rentenversicherungsbeitrag wird steigen. Die gesetzlichen Krankenversicherungen hatten im ersten Halbjahr ein Defizit von 2,4 Mrd. €, und das wird im zweiten Halbjahr bestimmt nicht abgebaut, wahrscheinlich wird es nicht nur nicht sinken, sondern steigen. Daran werden auch das Weihnachtsgeld oder Tariferhöhungen nichts ändern. Die Krankenkassenbeiträge werden steigen. Und dann wird Arbeit noch teurer. Die Unternehmen werden noch weniger Menschen zusätzlich einstellen und mehr Menschen entlassen.Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 Aber nicht nur die Unternehmen werden von den Kosten der Arbeit abgeschreckt. Beim deutschen Durchschnittsverdiener werden für 1 € zusätzliche Bruttowertschöpfung 65,6 Cent Steuern und Abgaben fällig. Es bleiben 34,4 Cent zusätzlicher Nettolohn. Steigende Sozialversicherungsbeiträge und Steuern verschlechtern die Anreize zu arbeiten weiter.Das sind die Ursachen für die deutsche Massenarbeitslosigkeit. Und nur wenn Arbeit preiswerter wird, werden mehr Menschen Arbeit finden.Was sagt rot-grün dazu? Letzte Woche wurden die neuesten Arbeitslosenzahlen verkündet. Schleswig-Holstein 8,3% Arbeitslosenquote, Westdeutschland 7,8%, Bayern 5,9%, Baden-Württemberg 5,5%. Frau Ministerin Moser kommentierte dies mit erfolgreicher Stagnation, und Kollege Baasch forderte daraufhin, den günstigen Trend in Schleswig-Holstein zu konsolidieren.Stagnierende Massenarbeitslosigkeit als Erfolg zu verbrämen, das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Und die Träumereien des Kollegen Baasch werden hoffentlich niemals Wirklichkeit: Der Anteil der schleswig-holsteinischen Arbeitslosen an den westdeutschen Arbeitslosen hat sich seit 1995 um 18% erhöht; dieser Trend zeigt nach oben. Zum Vergleich: Unsere Bevölkerung ist in diesem Zeitraum nur um 3% gestiegen, und die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nur um 6 Promille. Ergebnis: Die Arbeitslosigkeit entwickelt sich in Schleswig-Holstein schlimmer als in Westdeutschland— trotz oder vielleicht auch gerade wegen ASH 1 bis ASH 200X. Diesen schlimmen Trend—in den Augen des Kollegen Baasch allerdings „günstigen“ Trend—den wollen wir auf gar keinen Fall konsolidieren: Wir wollen, dass die Massenarbeitslosigkeit zu Ende geht—in Deutschland und in Schleswig-Holstein—die Landesregierung will das anscheinend nicht.Ich wiederhole noch einmal die dicksten Sargnägel für die Beschäftigung in Deutschland: Gesetzlicher Anspruch auf Teilzeit, Einschränkung geringfügiger Beschäftigungen und befristeter Arbeitsverträge, Verschärfung der Mitbestimmung und der Regelungen zur sogenannten Scheinselbstständigkeit. Alle Experten bestätigen die schädliche Wirkung dieser Arbeitsmarktgesetze, vor allem diejenigen, die vom Staat für ihre Beurteilung von Gesetzes wegen beauftragt sind: die Wirtschaftsforschungsinstitute und der Sachverständigenrat. Deshalb sollten sie über die „Hartz-Kommission“ ja auch wieder zurückgenommen werden.Wenn Sie mir nicht glauben wollen, dann glauben sie bestimmt einem Prominenten, der es nach Ansicht der Sozialdemokraten wissen muss, ich zitiere: “Deutschland als eine der reichsten Nationen der Welt leidet unter einer bedrückend hohen Massenarbeitslosigkeit. Die Ursachen dafür sind nur zum Teil, höchstens zu einem Viertel, konjunkturell, sie sind überwiegend, also mindestens zu drei Vierteln, strukturell. Einige Indikatoren lassen sich nennen: • zu hohe Arbeitskosten, - mangelnde Flexibilität bei den Arbeitszeiten und in den Erwerbsbiographien überhaupt, • eine unzureichend entwickelte Dienstleistungs-Industrie, • zu hohe Regulierungsdichte durch den Staat und die Bürokratie, • ein Steuerrecht, dem es an Transparenz fehlt und das Unternehmen und Haushalte über Gebühr belastet, • zu geringe Innovationsgeschwindigkeiten und zu lange Transferzeiten zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und Umsetzung in der Produktion. Aus all diesen Gründen liegt die Beschäftigungsschwelle bei uns unerträglich hoch." Zitat Ende. So Bundeskanzler Gerhard Schröder 1999 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos.Die Landesregierung, die sich ständig ihrer wirtschaftspolitischen Weitsicht rühmt, hat im Bundesrat gehorsam die Hand gehoben für die Beschäftigungsvernichtungsgesetze. AusChristian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 4 jeweils sozialen Gründen selbstverständlich. Die größte gesellschaftliche Ungerechtigkeit in Deutschland aber ist die politisch verursachte Massenarbeitslosigkeit.Zweiter Schwerpunkt der Landesregierung: Bildung. Ihre Bildungspolitik—eine Katastrophe. Nicht gemessen an den Absichten—aber im Leben zählen die Ergebnisse.• Erstens: Die PISA-Studie bestätigte, was alle längst wussten, Sie aber beständig selbstgefällig abtaten: Das deutsche Bildungssystem ist international auf einem Abstiegsplatz. Im Lande der Dichter und Denker lernen immer weniger Kinder richtig lesen, rechnen und schreiben. In Schleswig-Holstein sieht es auf den meisten Gebieten noch schlimmer aus als im Bundesdurchschnitt.• Zweitens: Schleswig-Holsteinische Kinder bekommen weniger Unterricht als anderswo. Ein Studie der Kultusministerkonferenz belegt, dass in Schleswig-Holstein 10% weniger unterrichtet wird als im Bundesdurchschnitt. In zehn Schuljahren bekommen schleswig-holsteinische Schüler nur neun Jahre Unterricht. Wie reagiert die Landesregierung? Sie behauptet, kleinere Klassen würden dies ausgleichen. Das können nur Leute glauben, die von Frau Erdsiek-Rave unterrichtet wurden: Wenn die kleineren Klassen den massiven Unterrichtsausfall ausgleichen würden, warum liegen wir dann bei der innerdeutschen PISA-Studie so weit hinten?• Drittens: Laut einer Untersuchung des Landesrechungshofes fehlen derzeit in Schleswig-Holstein 1500 Vollzeitlehrer—volle Übereinstimmung mit der GEW. Bis zum Schuljahr 2004/2005 müssten insgesamt 4.400 Lehrer eingestellt werden und bis zum Schuljahr 2009/2010 insgesamt 9.700. Die Landesregierung hatte versprochen, bis 2005 jährlich wenigstens 200 zusätzliche Stellen zu schaffen. In der Haushaltspressekonferenz kündigte die Ministerpräsidentin an, 2003 würden 150 neue Stellen geschaffen und 50 erwirtschaftet. Im Haushaltsentwurf steht auf der letzten Seite des Bildungshaushaltes: Von 2002 auf 2003 sinkt die Zahl der Lehrerstellen um 10.Bildung ist die Grundlage des Wohlstandes, besonders des zukünftigen. Und diese Grundlage wird immer schneller zerstört. Das mindert das Wachstum des Wohlstandes. Damit sind wir beim Thema Innovationen. Neue Produkte, neue Verfahren, neue Organisationen: Sie sind bekanntlich der entscheidende Motor des wirtschaftlichen Wachstums—also gibt das Wachstum Auskunft über den politischen Erfolg auf diesem Gebiet. Wer es nicht glaubt, möge hierzu ein Lehrbuch lesen oder frage Prof. Dr. Rohwer.Beim Wirtschaftswachstum verweist der Wirtschaftsminister gern und richtigerweise auf die Bedeutung der Trends. Er hat recht. Nicht jeder Schlenker des Bruttoinlandsproduktes nach unten bedeutet den Untergang der Marktwirtschaft—auch nicht der sozialen—und nicht jeder Schlenker nach oben den Eintritt ins Paradies. Aber der Trend gibt Auskunft darüber, wie gut es einer Gesellschaft gelingt, den Wohlstand der Menschen zu steigern—oder auch nicht. Und wie wir alle wissen, ist Politik in höchstem Maße mitverantwortlich für diesen Trend.Was sagen die Zahlen? Von 1991 bis 2001 wuchs das reale Bruttoinlandsprodukt Deutschlands um 15,7%, das Westdeutschlands um 12,3% und das Schleswig-Holsteins um 9,6%. Im Vergleich zu Westdeutschland hängt Schleswig-Holstein damit um knapp 22% zurück. Und es wird schlimmer: Seit 1996 geht der Anteil des schleswig- holsteinischen BIP am westdeutschen BIP immer schneller zurück. Die durchschnittliche Wachstumsrate Schleswig-Holsteins lag von 1991 bis 2001 unter einem Prozent. Daran können auch noch so viele Beschwörungen hoher Bruttogründungszahlen nichts ändern. Schleswig-Holstein fällt im nationalen und im internationalen Vergleich immer weiter zurück—und dies muss seine Ursachen auch in der Politik haben.Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 5Der Beschäftigungsvernichtungspolitik und der Bildungsvernichtungspolitik folgt die Wachstumsvernichtungspolitik.Eine weitere Statistik: 1995 war der Aufschwung Ost zu Ende. Die gesamtwirtschaftliche Produktivität erreichte 60,6% der westdeutschen und das war’s. 2002 ist die ostdeutsche Produktivität auf 58,4% der westdeutschen gesunken. Vergleichen wir das Wachstum Schleswig-Holsteins mit dem Ost- und Westdeutschlands: Westdeutschlands Wirtschaft wuchs seit 1996 um 9,6%, Ostdeutschlands um 5,5 % und Schleswig-Holsteins um 4,9%. Selbst Ostdeutschland wächst schneller als Schleswig-Holstein—obwohl Ostdeutschland langsamer wächst als Westdeutschland. Ist das ein Ausweis erfolgreicher Politik?Arbeit, Bildung und Innovation sind hehre, wünschenswerte politische Ziele. Aber das Ergebnis Ihrer Politik sieht völlig anders aus. Das verwundert wenig, denn die mangelnde Wahrnehmung von Chancen ist bei Ihnen gängige Übung. Betrachten wir zum Beispiel das Landesvermögen.Seit 1994 hat die Landesregierung unter der Führung von Ministerpräsidentin Simonis stetig Landesvermögen unter Wert veräußert: 1994 die Landesbankanteile, 1995 die Provinzialanteile, 1997 Forderungen, 1998 Anteile am Flughafen Hamburg, ab 2000 der Immobiliendeal und 2001 die LEG-Anteile. Außerdem gab es 1998 noch die Sonderausschüttung aus dem Vermögen der LEG und 1999 die Entnahme aus dem Vermögen der I-Bank. Insgesamt nominal 1,16 Mrd. € Einnahmen.Diese einmaligen Einnahmen haben Sie nachhaltig verfrühstückt. Nichts davon ist genutzt worden, um die Schulden des Landes zu verringern. Nein, der Staatsverbrauch wurde dauerhaft erhöht. Sie betreiben konsequente Vermögensvernichtungspolitik. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, wie viel Geld das Land hätte mehr einnehmen können, wenn rational verkauft worden wäre: einen hohen dreistelligen Millionenbetrag. Dieses und nächstes Jahr soll das betrübliche Spiel bei der Landesbank fortgesetzt werden.Das Ergebnis, meine Damen und Herren: Die Schulden steigen und steigen und steigen. Seit 1988 hat sich die Pro-Kopf-Verschuldung in Schleswig-Holstein fast verdoppelt. 2001 waren es 6017 € für jeden Menschen in Schleswig-Holstein. Endlich waren wir mal Erster unter den westdeutschen Flächenländern! Dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen unter diesen Umständen noch von nachhaltiger Politik sprechen mögen, spricht für sich und—aus meiner Sicht—gegen rot-grün.Damit zur Ihrer Finanzpolitik. Die Schulden zeigen es: Sie regieren über die schleswig- holsteinischen Verhältnisse. Seit 1988 verspricht die SPD, das Haushaltsdefizit in einigen Jahren auf Null zu senken—das wäre verantwortungsvoll und sogar nachhaltig—aber jedes Jahr wird das Ziel um ein Jahr nach hinten verschoben. Und jedes Jahr gibt es neue und schlechtere Ausreden.Wenn das viele Geld wenigstens sinnvoll ausgegeben würde. Das wird es aber nicht. Ein Beweis dafür ist die Bildungskatastrophe. Das große Investitionssterben in Schleswig- Holstein ist ein zweiter Beweis. Seit 1988 hat sich die Investitionsquote stetig verringert: Waren es 1988 noch 15,8% der Nettoausgaben des Landes, so sollen es 2003 nur 9,1% sein. Wobei 15,8% der IST-Wert für 1988 ist, die 9,1% für 2003 leider nur der SOLL- Wert—leider, weil er im Haushaltsvollzug regelmäßig um einen Prozentpunkt sinkt. Die öffentlichen Investitionsanteile haben sich seit 1988 halbiert. So wird Investitionsvernichtungspolitik betrieben.Traurig müssen wir uns der Zeiten erinnern, in denen Björn Engholm die mangelnden Investitionen des Landes beklagte, und sie erhöhen wollte—genauso traurig an die Zeiten, in denen Wirtschaftsminister Peer Steinbrück die sinkenden Investitionen des Landes öffentlich und gegen die eigene Regierung kritisierte. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 6Stattdessen haben wir eine Vielzahl von Programmen mit knallenden Namen wie ziel und zal, aber die Daten zeigen es: Sie verpuffen wirkungslos mit zack und knall. Und dabei freut sich die Ministerpräsidentin noch, dass wir so viel Geld von anderen bekommen, z. B. der EU. Wir bekommen dieses Geld, weil in immer größeren Teilen unseres Landes weniger als 75% des EU-Durchschnittes erwirtschaftet werden. Die Ministerpräsidentin ist stolz darauf, dass Schleswig-Holstein unter ihrer Regierung immer abhängiger von der Hilfe anderer wird—ein vernichtenderes Urteil kann eine Ministerpräsidentin sich und ihrer Politik kaum ausstellen.Jetzt wird wahrscheinlich gleich jemand sagen: Alles Quatsch, unsere Finanzkraft ist doch fast auf den Bundesschnitt gestiegen—so wie die Ministerpräsidentin dies in der Haushaltspressekonferenz formulierte. Als Volkswirtin hätte sie allerdings erkennen müssen, dass dies nur daran lag, dass die Steuereinnahmen in den anderen Bundesländern im letzten Jahr noch stärker zurückgingen als bei uns. Und das lag an der Körperschaftssteuer, denn in den anderen Ländern haben sich eben mehr leistungsfähige Großunternehmen angesiedelt als bei uns. Diesen Mangel an Wettbewerbsfähigkeit als Erfolg ausweisen zu wollen, beweist erneut, dass die Ministerpräsidentin der schleswig-holsteinischen Wirklichkeit längst entfleucht ist. Die Menschen Schleswig-Holsteins bezahlen diese Tagträumerei mit hoher Arbeitslosigkeit, schlechter Bildung, mangelndem Wachstum und immer schlechteren Straßen bei steigenden Steuern und Abgaben.Die Menschen müssen für immer weniger immer mehr zahlen. Das ist die Wirklichkeit.Der Haushaltsentwurf und der Finanzplan sind eine konsequente Fortsetzung dieser Abbruchpolitik. Sie haben diese Namen nicht verdient—besser wäre es, sie eine weitere Folge in der Reihe „Möllers Märchenbücher“ zu nennen.Das fängt bei den Einnahmen an. Sie werden wie üblich zu hoch angesetzt. Der Finanzminister beruft sich—formal richtig—auf die gesetzlichen Grundlagen der Steuerschätzung. Aber die dort getroffenen Annahmen sind für Schleswig-Holstein zu günstig. Beispiel Wirtschaftswachstum: In der letzten Steuerschätzung wurde für die Jahre ab 2003 für Deutschland ein reales Wachstum von 2,5% unterstellt. Ob wir das erreichen können, sei dahingestellt. Schleswig-Holstein wird es nicht erreichen. Schleswig-Holsteins Wirtschaft wächst seit 1991 jährlich mit durchschnittlich 0,93%. Es wäre verantwortungsbewusst, diese Tatsache in die Einnahmenansätze einfließen zu lassen—es wäre sozusagen ein Ausdruck nachhaltiger Politik. Aber Sie schert das nicht. Deshalb ist die Halbwertszeit der Ihrer Haushalte ja auch kaum höher als die von Softeis in der Sommersonne.Ein Beispiel dieser Softeispolitik ist die Finanzierung der Fluthilfe: Virtuelle Einnahmen finanzieren konkrete und überaus notwendige Ausgaben. Die Steuererhöhung wegen Verschiebung der 2. Stufe der Steuerreform soll Schleswig-Holstein rechnerisch 116 Mio. € eintragen. Diese 116 Mio. € zahlen wir in den Fluthilfefonds ein. Das ist der gerechtfertigte Anteil Schleswig-Holsteins an der nationalen Anstrengung zur Beseitigung der Flutfolgen.Schäden von ungefähr 10 Mio. € werden uns ersetzt. Netto zahlen wir also 106 Mio. €. Und die müssen wir zahlen, denn ganz gleich, wie die Konjunktur sich entwickelt: Den Opfern der Flut muss selbstverständlich auf jeden Fall geholfen werden. Aber woher nehmen wir die 106 Mio. €, wenn die Steuereinnahmen nicht entsprechend steigen, z. B. weil die Konjunktur nicht so anspringt, wie erhofft—unter anderem weil die Steuererhöhungen sie abwürgen? Darauf hat die selbsterkorene Nachhaltigkeits- Regierung keine Antwort. Warum auch? Ihr fällt ja nicht einmal die Frage ein, weil in ihren ökonomischen Luftschlössern immer Aufschwung ist. Aber in Schleswig-Holstein leider nicht. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 7Ich schlage daher vor, die Landesregierung legt zur nächsten Tagung schon einmal einen Plan vor, wie sie die unbedingt notwendige Fluthilfe finanziert, wenn die Steuereinnahmen in Schleswig-Holstein nicht so sprudeln wie in den rot-grünen Luftschlössern.Ein weiteres Beispiel von der Ausgabenseite. Es passt zum heutigen, traurigen Jahrestag der schrecklichen Anschläge des 11. September. Im Haushalt des Innenministeriums soll die Zahl der planmäßigen Polizeibeamtinnen- und beamten um 30 steigen. Dafür erhöht sich der Ansatz der Bezüge um 298.000 €. Das gibt zwei Probleme: • Erstens wird nur der Ansatz für die Bezüge erhöht, nicht die Ansätze für die Zulagen und die Überstundenentschädigung. Kommen die neuen Beamtinnen und Beamte nicht in deren Genuss? • Zweitens reicht die Erhöhung der Bezüge gemäß der Personalkostentabelle des Finanzministers nicht aus. Es fehlen rechnerisch über 1 Mio. €, wenn man die Veränderungen in den einzelnen Besoldungsgruppen gemäß des Stellenplans heranzieht. Will das Innenministerium dem Bildungsministerium auf dem Weg ins 35- Million-Loch folgen?Sie sehen, „Möllers Märchenbücher“ sind ihr Papier nicht wert. So wie die rot-grüne Politik im Ganzen. Das ist auch nicht verwunderlich, denn schließlich ist der Haushalt geronnene Regierungspolitik.Schleswig-Holstein hat sich in den letzten Jahren schwächer entwickelt, als es möglich gewesen wäre—auch im Vergleich zu anderen westdeutschen Bundesländern: Wir sind leider das wirtschaftliche Mezzogiorno Westdeutschlands. Das ist nicht schön, aber für die Vergangenheit nicht mehr zu ändern.14 Jahre sozialdemokratische und 6 Jahre rot-grüne Regierung haben viele Chancen vernichtet—viel zu viele. Hohe Arbeitslosigkeit, Bildungskatastrophe, unverantwortliche Verschuldung auf Kosten der Zukunft. Das ist die Bilanz einer Landesregierung, die Arbeit, Bildung und Innovationen zu ihren Zielen erklärte und Nachhaltigkeit zum höchsten Prinzip erkor.Die Bilanz ist vernichtend. Das einzig Nachhaltige an der Politik der Regierung Simonis ist die Verweigerung der Wirklichkeit und der Herausforderungen der Zukunft. Das einzig Positive besteht darin, dass die vollmundigen Absichtsbeschwörungen der Regierung die Welt nicht wärmer machen: Sie sind ja nicht einmal heiße Luft, sondern nur lauwarme.Deutschland und Schleswig-Holstein sollen wieder den Weg zu Wachstum und Wohlstand finden. • Wir brauchen eine Politik, die sich nicht an Luftschlössern ausrichtet, sondern an der Wirklichkeit. • Wir brauchen eine Politik, die den Menschen viel mehr Möglichkeiten einräumt, sich zu entfalten und ihr Leben zu gestalten. • Wir brauchen flexible Arbeitsmärkte, bessere Bildungssysteme, mehr Innere Sicherheit und mehr wachstumsfördernde Infrastruktur durch öffentliche Investitionen. • Wir brauchen langfristig finanzierbare soziale Sicherungssysteme, damit die Renten endlich sicher werden, angemessene Gesundheitsversorgung bezahlbar bleibt und Schwächeren geholfen werden kann. Rot-grün ist diesen Herausforderungen ganz offensichtlich nicht gewachsen. Die Daten für Deutschland und Schleswig-Holstein beweisen es, ohne dass ich mir ein Argument aus den Fingern saugen musste. Deshalb brauchen wir einen grundlegenden Politikwechsel nicht nur in Deutschland, sondern auch in Schleswig-Holstein.“ Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/