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19.06.02
10:28 Uhr
CDU

Klaus Schlie: Rot-Grüne Vorschläge aus der Rubrik Bürokratie und Ideologie

LANDTAGSFRAKTION S C H L E S WI G - H O L S T E I N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Innenpolitik TOP 2 Klaus Schlie: Rot-Grüne Vorschläge aus der Rubrik Bürokratie und Ideologie Die Kommunalverfassungstradition in Schleswig-Holstein steht auf zwei Grundpfeilern – einem breiten, ehrenamtlichen Engagement der Bürgerinnen und Bürger und einem fruchtbaren Konsens zwischen dem Haupt- und dem Ehrenamt in der kommunalen Selbstverwaltung.
Die vielen ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sind die größte und machtvollste Bürgerinitiative in unserem Schleswig-Holstein. Wir als Landesgesetzgeber haben die besondere Verpflichtung und Verantwortung, diesen ehren- und hauptamtlichen Menschen, die die Daseinsvorsorge für alle Bürgerinnen und Bürger gestalten, mit der Änderung der Kommunalverfassung die Rahmenbedingungen zu geben, die es ihnen ermöglichen, dies möglichst effektiv durchzuführen.
Anlass für die aktuelle Änderung der Kommunalverfassung ist die Einführung der Direktwahl der Hauptverwaltungsbeamten, also der Bürgermeister und der Landräte. Die Union hat – Sie erinnern sich verehrte Kolleginnen und Kollegen - gegen den entschiedenen Widerstand der Sozialdemokraten in diesem Land dieses neue Bürgerrecht erkämpft. Leider wurde dann in der 13. Legislaturperiode ein Kommunalverfassungsrecht von der SPD durchgepaukt, dass mit der heißen Nadel gestrickt war und vor allem im Bereich der Ehrenamtler zu erheblichen Frustrationen führte, weil zwar das notwendig gewordene Trennungsgebot aufgrund der Direktwahl der Hauptverwaltungsbeamten anerkannt wurde, viele Regelungen aber dazu führten, dass der Einfluss, die Gestaltungsmöglichkeiten und die Kontrollbefugnisse der Kommunalpolitiker zurückgedrängt wurden.
Die Unzufriedenheit bei den Ehrenamtlern wuchs ständig. Dies war auf die zusammengeschusterte Kommunalverfassung zurückzuführen, aber natürlich auch auf die kommunalfeindliche Politik der rot-grünen Landesregierung. Ein mehrmaliger unverschämter Eingriff in die Kommunalfinanzen, ein gescheiterter Versuch der Aufgabenübertragung vom Land auf die Kommunen und die mangelnde Kraft der Landesregierung eine ernsthafte Deregulierung und Entbürokratisierung durchzuführen sind Bausteine dieser kommunalfeindlichen Politik von Rot-Grün. Die von den Grünen verhinderte Standardfreigabe ist ein weiterer unrühmlicher Baustein. In allen Parteien wuchs die Erkenntnis, dass wir bei diesen schlechten Rahmenbedingungen zumindest die Kommunalverfassung so umgestalten müssen, dass auch in Zukunft Bürgerinnen und Bürger bereit sind, ehrenamtlich in Gemeinde- und Stadtvertretungen und in den Kreistagen mitzuarbeiten. Der Landesgesetzgeber war gezwungen, die erst 1997 in Kraft getretene Kommunalverfassung zu novellieren, damit kommunale Selbstverwaltung gesichert werden konnte.
Die CDU schritt mutig voran und legte dem Parlament in der 22. Plenartagung einen Gesetzentwurf zur Änderung der Kommunalverfassung vor. Wir haben in der Folgezeit eine breite Diskussion in unserer Partei, aber auch weit darüber hinaus mit Kommunalpolitikern aus allen Ebenen gehabt. Nun, fast eineinhalb Jahre später, können wir endlich in zweiter Lesung eine neue Kommunalverfassung verabschieden. Es ist auch der letzte Zeitpunkt, um dies rechtzeitig vor der Kommunalwahl am 2. März 2003 durchzuführen.
Unumwunden gebe ich zu, dass wir vor allem mit unserem Vorschlag, den Hauptausschuss in den Städten und Kreisen wieder zu einem verwaltungsleitenden Organ umzugestalten, auf massiven Widerstand – vor allem auch im Bereich der Hauptamtler – gestoßen sind. Trotzdem war dieser Diskussionsprozess absolut notwendig. Wir haben zwischenzeitlich unseren Ursprungsgesetzentwurf revidiert und dies vor allem auf der Grundlage der Landesparteitagsbeschlüsse vom Weißenhäuser Strand gemacht.
Für uns ist es schon eine Genugtuung, wenn wir heute als die große Oppositionsfraktion im schleswig-holsteinischen Landtag feststellen können, dass die Regierungsfraktionen keinen eigenen Gesetzentwurf vorlegen konnten, sondern ihre Änderungen auf der Grundlage unseres Gesetzentwurfs vollzogen haben.
Dabei sind wir überhaupt nicht zufrieden mit den Änderungsanträgen von Rot-Grün. Leider sind unsere Grundsätze von kommunaler Selbstverwaltung in vielen Bereichen konterkariert worden.
Das große Ziel aller Fraktionen hieß „Stärkung des Ehrenamtes“. Haben wir dieses Ziel mit den vorliegenden Vorschlägen wirklich erreicht?
Wir als CDU wollten in unserem Gesetzentwurf eine tatsächliche Neudefinition der Aufgaben des Hauptausschusses. So sollte der Hauptausschuss Fachausschussbeschlüsse durch ein eigenes Votum ersetzen können. Dieser Vorschlag wurde nicht angenommen; der Hauptausschuss hat jetzt lediglich das Recht, ein ergänzendes Votum abzugeben.
Noch in der Sitzung des Landtages am 25.1.2001 hat Innenminister Klaus Buß u.a. ausgeführt: „Die erforderliche Stärkung des Hauptausschusses und damit des Ehrenamtes lässt sich auch – und vielleicht besonders – unter Beibehaltung des Prinzips der klaren Zuteilung der Verantwortung erreichen. Notwendig“ – so Innenminister Klaus Buß wörtlich – „ist eine weitere Konzentration der Kompetenzen des Ehrenamtes im Hauptausschuss.“
Dieses Ziel, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist aus unserer Sicht mit den Änderungsvorschlägen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen leider nicht erreicht worden. Wobei ich allerdings unumwunden einräume, dass die neuen Regelungen besser sind als die bisher gültigen Bestimmungen zum Hauptausschuss. Leider sind aber in den letzten Wochen im Sonderausschuss Kommunalverfassung von Rot-Grün im Schnellverfahren Änderungen durchgepaukt worden, die leider nicht dem Anspruch genügen, der noch von allen Rednern in der 1. Lesung postuliert wurde. Es sollte eine Kommunalverfassung werden, die von einer bereiten Mehrheit im Parlament getragen und – von einer politisch breiten Mehrheit im kommunalen Bereich akzeptiert wird. Leider hat der Zwang von Rot-Grün Koalitionskompromisse zu erzielen, dieses Postulat völlig ausgehöhlt. Als Erfolg verbuchen wir als CDU, dass unser vorbehaltloser Einsatz für die Direktwahl der hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte dazu geführt hat, dass diese wichtige Bürgerbeteiligung beibehalten wird. Trotz einer grandiosen Verlustserie bei diesen Direktwahlen haben Sie es als Sozialdemokraten nicht gewagt, dieses Bürgerrecht wieder einzusammeln – und das ist nun wirklich gut so.
Leider haben Sie unseren Vorschlag, auch die ehrenamtlichen Bürgermeister direkt zu wählen abgelehnt.
Gut ist auch der Tatbestand, dass das ursprüngliche Ziel der SPD, die personenbezogenen Direktwahlen mit den Kommunalwahlen zusammenzulegen erst gar nicht zur Abstimmung gestellt wurde. Dies hätte eine völlig unnötige Politisierung bedeutet und hätte die Bedeutung der Direktwahlen eliminiert.
Unser Abstimmungsverhalten zur Kommunalverfassung wird aber dadurch bestimmt, dass zum Schluss noch eine Reihe von rot-grünen Vorschlägen unterbreitet wurden, die unter der Rubrik „Bürokratie und Ideologie“ abzubuchen sind.
Leider haben SPD und Bündnis 90/Die Grünen nicht begriffen, dass die kommunale Selbstverwaltung Freiräume braucht. Die Kommunalpolitiker vor Ort können selbstverantwortlich entscheiden, wie sie ihre Aufgaben zu erfüllen haben.
Herausragendes Beispiel hierfür ist die Tatsache, dass unser Vorschlag, die Kommunen zu ermächtigen, in eigener Verantwortung darüber zu entscheiden, in welcher Form der Gleichheitsgrundsatz gefördert wird, abgelehnt wurde. Stattdessen kommt es zu weiteren bürokratischen Regelungen im Zusammenhang mit der Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten.
Auch die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bei Planungen zur „Muss- Vorschrift“ zu erheben, stellt eine weitere Bürokratisierung dar und schafft Rechtsunsicherheit. Völlig unverständlich ist aus unserer Sicht die Regelung zur Repräsentation durch Bürgervorsteher und Bürgermeister, bzw. Kreispräsident und Landrat. Eine politische Festlegung der Repräsentation in der Hauptsatzung ist unsinnig. Wir setzen weiterhin auf das partnerschaftliche Miteinander der kommunalen Repräsentanten über Parteigrenzen hinweg.
Das auf Druck der Grünen eingeführte „Quasi-Grundmandat“ wird die Arbeit in den kommunalen Vertretungskörperschaften weiter erschweren und unattraktiv machen. Das Antrags- und Rederecht von bürgerschaftlichen Mitgliedern in allen Ausschüssen mindert die demokratische Stellung der vom Volk gewählten Gemeindevertreter und Kreistagsabgeordneten. Diese Regelung ist ein Beitrag, um kommunale Selbstverwaltung zu lähmen und potentielle Bewerber um ein kommunales Mandat abzuschrecken. Wir halten es als CDU auch für verkehrt, dass der Mindestkanon an Qualitätsanforderungen für die Hauptverwaltungsbeamten nun völlig wegfallen soll. Offensichtlich haben die SPD und die Grünen nicht genügend Persönlichkeiten, die Eignung, Befähigung und Sachkunde haben, um für das Amt eines Bürgermeisters oder Landrats zu kandidieren. Anders ist die Abschaffung dieser Qualitätsanforderungen nicht zu erklären.
Auch unsere weitgehenden Forderungen zur wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen haben Sie abgelehnt. Statt ordnungspolitisch sinnvoll die Privatwirtschaft zu stärken, ist die Möglichkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen erweitert worden.
Wir halten diese Kommunalverfassung nicht für zustimmungsfähig. Wir bedauern, dass es nicht zu ernsthaften Beratungen über alle Fraktionsgrenzen hinweg gekommen ist. Leider haben wir nun doch nicht eine, sondern eine rot-grüne Kommunalverfassung.
Gestatten Sie mir abschließend noch folgenden Hinweis. Wir waren im Zuge der Gesetzesberatungen gehalten, und aufgrund der Urteile mehrerer Länderverfassungsgerichte verpflichtet, uns sehr eingehend mit der 5 %-Klausel auseinander zusetzen. Mehrmals habe ich im Sonderausschuss angemahnt, dass wir als Parlament sehr sorgfältig begründen müssen, warum wir bei Kommunalwahlen an der 5 %-Sperrklausel festhalten wollen. Wir hätten nachweisen müssen, dass bei Abschaffung der 5 %-Klausel die Funktionsfähigkeit der kommunalen Vertretungskörperschaften nicht mehr gewährleistet ist. Leider ist dies aufgrund der etwas chaotischen Ausschussberatungen nicht geschehen. Jetzt werden die Gerichte über die Beibehaltung oder Abschaffung der Sperrklausel entscheiden müssen.
Den Gesetzentwurf zum kommunalen Verfassungsrecht lehnen wir ab.