Wirtschaftsbericht 2002
PRESSEINFORMATION Kiel, den 17.5.2002 Es gilt das gesprochene WortTOP 56 Wirtschaftsbericht 2002 (Drs. 15/1847)Lars Harms „Gute Verkehrspolitik ist die Grundvoraussetzung für eine gute wirt- schaftliche Entwicklung !“Der Erst einmal möchte ich mich beim Wirtschaftsministerium für den umfangreichen Bericht be- danken. Der Bericht zeigt die Vielschichtigkeit der Probleme aber auch die Chancen der Wirt- schaftspolitik des Landes. Zu Anfang möchte ich auf die Grundvoraussetzung, die für eine gute wirtschaftliche Entwicklung notwendig ist, eingehen: die Verkehrspolitik. Ohne eine vernünftige Anbindung an das europäische Verkehrsnetz, können alle anderen Maßnahmen nur sehr begrenzt greifen. Die Qualität der Ver- kehrspolitik hat aber auch etwas mit der richtigen Verteilung von Ressourcen zu tun; beziehungs- weise mit der richtigen Schwerpunktsetzung. Der größte verkehrspolitische Flop war sicherlich die Entscheidung für den Ausbau der Startbahn des Flughafens Kiel-Holtenau auf 1799 Meter plus 300 Meter Overrun. Diese Entscheidung führt dazu, dass riesige Finanzmittel gebunden werden, die anderen Projekten nicht zugute kommen kön- nen. Das an sich wäre, wenn es an notwendigen Projekten oder Ideen hierzu fehlen würde und das Holtenau-Projekt sinnvoll wäre, nicht so gravierend. Was aber noch schlimmer wiegt ist die Tatsa- che, dass die derzeit von Kiel aus fliegende Fluggesellschaft Cimber-Air mitgeteilt hat, dass für sie eine Startbahnverlängerung nicht notwendig sei, sondern man mit den derzeitigen Flugzeugtypen auch weiterhin fliegen wolle. Begründet wird dies mit wirtschaftlichen Erwägungen. Wenn es sich also nicht für die derzeitige Fluggesellschaft lohnt, die längere Bahn auszunutzen, für wen oder was dann? Sei´s drum. Was sich auf jeden Fall feststellen lässt ist, dass die Anbindung der hiesigen Ge- schäftswelt sich auch im bestehenden Rahmen ohne Schwierigkeiten sichern lässt. Die Flughafen- entscheidung der rot-grünen Landesregierung ist damit eine krasse Fehlentscheidung. Kommen wir nun zu den Schienenanbindungen. Hier kann man feststellen, dass die Landesregie- rung wirklich zukunftsorientiert handelt und das möglich macht, was möglich gemacht werden 2kann. Da sind zum einen die Verbesserungen der Schieneninfrastruktur, die dazu führen, dass wir dem integralen Taktfahrplan immer näher kommen. Das andere sind aber auch die effizient einge- setzten Regionalisierungsmittel mit deren Hilfe wir immer wieder Defizite, die uns die Deutsche Bahn AG beschert, ausgleichen können. Letztendlich ist es aber für uns wichtig, dass unsere po- litische Forderung nach Trennung von Netz und Betrieb im Bahnbereich Wirklichkeit wird. Nur bei einem fairen Wettbewerb auf der Schiene erreichen wir die Effekte, die wir gerne haben wollen. Hier sind wir völlig einig mit der Landesregierung. Aus regionaler Sicht will ich aber zwei Dinge noch gesondert ansprechen. Die Verkehrsverbindun- gen über Flensburg nach Norden sind in den vergangenen Jahren immer schlechter geworden. Ein überregionaler Zug nach dem anderen wird gestrichen. Es muss das besondere Landesinteresse sein, die schienengebundenen Verkehre über Flensburg nach Norden zu erhalten und auszubauen. In Ost- deutschland hat man nun länderübergreifend den Interregioverkehr zwischen Gera und Rostock ausgeschrieben und so eine Strecke erhalten können, die anscheinend auch wirtschaftlich ein Erfolg zu werden scheint. Dieses Modell sollten wir uns vielleicht einmal näher ansehen. Die zweite regional wichtige Bahnverbindung ist die zwischen Niebüll und Esbjerg. Nachdem die dänische Seite ihre Verkehre ausgeschrieben hat und die britische Gesellschaft Arriva das Rennen gemacht hat, ist es wichtig, dass das kleine Stück zwischen Niebüll und Tondern ebenfalls befahren wird. Die Signale, die aus Dänemark und von der Landesregierung kommen, lassen hoffen, dass wir eine ganzjährige Verbindung hinbekommen könnten. Nach den erfolgreichen Anfängen der NVAG mit ihren Sommerverkehren, könnten wir es nun wieder schaffen, zwei Regionen, die zusammen gehören, miteinander zu verbinden. Das möchte ich ausdrücklich begrüßen. Nach der Erfolgsstory im Bereich Schiene nun wieder zum Sorgenkind Straße. Aus Sicht des SSW hat sich die Landesregierung bisher zu sehr auf die Fehmarnbelt-Querung als das wichtigste Projekt konzentriert. Ich bin natürlich auch etwas ungeduldig, denn ich weiß, dass die westliche Elbquerung riesige Chancen für die Westküste und für den nördlichen Landesteil mit sich führen wird. In der Vergangenheit haben wir unsere Planungen immer wieder verschieben müssen. Das hang sicherlich auch mit der Uneinigkeit zwischen den beteiligten Bundesländern zusammen. Von daher begrüßt der SSW ausdrücklich die grundsätzliche Entscheidung der Landesregierung am letzten Dienstag für eine Elbquerung der A20 bei Glückstadt. Jetzt geht es aber darum die finanziellen Vorausset- zungen dafür zu schaffen und das Projekt auch auf Bundesebene abzusichern. Hier muss die Lan- desregierung schnell handeln, damit endlich eine Perspektive hinsichtlich der Elbquerung absehbar wird. Erst, wenn wir dieses Projekt in Sack und Tüten haben, können wir uns um so unsichere Projekte wie die Fehmarnbelt-Querung kümmern. Ich verhehle allerdings nicht, dass ich persönlich der Feh- 2 3Fehmarnbelt-Querung eher kritisch gegenüberstehe. Wenn es nun um den Schiffsverkehr geht, möchte ich damit auf eine der in den letzten Jahren wichtigsten Branchen überleiten: der Windener- gie. Gerade an der Westküste hat die Produktion von Windenergieanlagen einen Boom hervorgeru- fen, den wir sicherlich in den letzten Jahrzehnten so in keiner Branche erleben konnten. Damit diese Branche sich ihren Bedürfnissen entsprechend weiterentwickeln kann, könnte es notwendig werden, eine entsprechende Seeanbindung zu schaffen. Dies sage ich vor allem vor dem Hintergrund der Offshore-Windnutzung aber auch vor dem Hintergrund möglicher Exportchancen, die sich bieten könnten. In Husum haben sich inzwischen drei große Anbieter von Windkraftanlagen angesiedelt und maßgeblich dazu beigetragen, dass es rund um Husum wirtschaftlich bergauf geht. Alleine in den letzten rund zehn Jahren wurden hier über 1.000 Arbeitsplätze durch die Windbranche geschaf- fen. Für eine strukturschwache Region wie Nordfriesland eine enorme Entwicklung. Um nun die zukünftigen Offshoore-Windenergieanlagen warten und bestücken zu können, wird es notwendig sein, einen Versorgungshafen an der Westküste zu etablieren. In Frage kommen Esbjerg, weil dort vieles schon vorhanden ist und Husum, aufgrund seiner Nähe zu den einzelnen Standorten und wegen der Betriebe, die schon in Husum ansässig sind. Brunsbüttel kommt wegen seiner Standortferne nicht in Frage. Wenn wir wollen, dass wir sowohl die Firmen als auch die Arbeits- plätze in und um Husum erhalten, dann müssen wir auch die infrastrukturellen Voraussetzungen schaffen. Das heißt, das Land muss hier finanzielle Unterstützung leisten. Meiner Meinung nach ist dieses Projekt landespolitisch sogar so wichtig, dass auch eine erhöhte Förderung aus dem Regio- nalprogramm gerechtfertigt wäre. Zur Bauwirtschaft wird im Bericht erwähnt, dass der Wirtschaftsminister mit den Verbänden der Bauwirtschaft ein 5-Punkte-Programm verabschiedet hat. Unter anderem wird dabei auf die Einhal- tung der Tarifbestimmungen abgehoben. Dies unterstützen wir natürlich, wie wir auch schon bei der Beratung zum Tariftreuegesetz deutlich gemacht haben. Interessant ist aber, dass im 5-Punkte- Priogramm auch darauf hingewiesen wird, dass in der Vergabepraxis die VOB eingehalten werden soll. Im Umkehrschluss heißt dies, sie wird derzeit nicht eingehalten oder besser, die Möglichkei- ten, die sie bietet, werden nicht ausgeschöpft. Und hier ist genau der Haken. Es fehlt immer noch an der festen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, um beispielsweise in Ausschreibungen qualitative Anforderungen zu stellen. Bevor der ausschreibende öffentliche Auftraggeber hier ein Risiko ein- geht vergaberechtlich angreifbar zu sein, verzichtet er lieber auf Qualität. Und genau das schadet den heimischen Baubetrieben, die genau diese Qualität bieten können. In unseren Vergabegesetz, das wir letztes Jahr eingebracht haben, wollen wir nun eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage schaffen, dass in Zukunft problemlos Qualität in Ausschreibungen eingefordert werden kann. Wenn wir das Vergabegesetz beschließen, können wir der Bauwirtschaft auch schnell helfen, zumindest 3 4einige Probleme aus dem Weg zu schaffen und wir können einen der wichtigsten Forderungen aus dem 5-Punkte-Programm umsetzen. Eigentlich wollte ich nun noch auf einen Bereich eingehen, der den Weg aus der wirtschaftlichen Misere zeigen sollte. Immerhin sind wir mit 0,2 % Wirtschaftswachstum ziemlich am Ende der westdeutschen Bundesländer und da kann Hoffnung ja nicht schaden. Ich habe deshalb, vor dem Hintergrund der in der Regierungserklärung der Ministerpräsidentin angekündigten Wellness- Offensive, die zwei Seiten Gesundheitswirtschaft aufgeschlagen. Allerdings außer dem Logo der Gesundheitsinitiative Schleswig-Holstein und einem Schaubild über die Kernsektoren der Gesund- heitswirtschaft habe ich nicht viel gefunden. Ich denke mir, hier fehlt einiges und die Landesregie- rung hat hier durchaus Perspektiven erarbeitet. Es ist natürlich auch wichtig, was in den letzten Monaten geschehen ist, aber noch wichtiger ist es, was in den nächsten Monaten geschehen wird, um den erhofften Wirtschaftsaufschwung in die We- ge zu leiten. Daher möchte ich vorschlagen den Wirtschaftsbericht im allgemeinen Teil ein wenig abzukürzen, um so näher auf die angekündigten zukunftsträchtigen Wirtschaftsbereiche und die entsprechenden Aktivitäten der Landesregierung einzugehen. Der nächste Wirtschaftsbericht sollte daher die Schwerpunkte Life Science, Neue Energien, IT und Elektronik, Lebensmittelverarbeitung und Biotechnologie sowie Gesundheitswirtschaft haben. 4