Brita Schmitz-Hübsch: Wohin soll die Reise der Sparkassen gehen?
LANDTAGSFRAKTION S C H L E S WI G - H O L S T E I N Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.dePRESSEMITTEILUNG Nr. 208/02 vom 15. Mai 2002TOP 7 Brita Schmitz-Hübsch: Wohin soll die Reise der Sparkassen gehen? Nach jahrelangen Diskussionen haben sich die EU-Kommission und die Bundesregierung am 17. Juli 2001 in der „Brüsseler Verständigung“ darauf geeinigt, Rechtssicherheit bezüglich der Haftungsgrundlagen öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute in Deutschland herzustellen. Am 28. Februar diesen Jahres wurde diese Verständigung konkretisiert und beschlossen, dass sie von allen Bundesländern zu übernehmen sei.Die Landesregierung kommt heute dieser Aufforderung nach und legt einen Gesetzentwurf vor, der in harmlosem Gewande daherkommt. Fast 40 mal sei der Begriff „Gewährträger“ durch „Träger“ zu ersetzen, heißt es zu Beginn in Artikel 1. Der bisherige Gewährträger hat als zukünftiger Träger der Sparkasse nur noch eine unterstützende Funktion bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Er kann die Sparkasse mit Geldmitteln versehen, die sich aber am „Prinzip eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers“ orientieren und mit den Beihilfe-Bestimmungen der EU konform gehen müssen.Vor allem aber: Der neue Träger haftet nicht mehr für den Insolvenzfall, sondern die Sparkasse selbst haftet mit ihrem ganzen Vermögen, jedenfalls nach Ende der vierjährigen Übergangsfrist, die auch voll ausgeschöpft wird.In Artikel 1 Nr. 3 des Gesetzesentwurfes heißt es, „Sparkassen sind selbständige Unternehmen in kommunaler Trägerschaft mit der Aufgabe ...“. In der Begründung dazu wird gesagt, dass sich durch diese Änderungen keine materiellen Auswirkungen ergäben. Insbesondere änderte sie nichts an der eigentümerähnlichen Stellung der kommunalen Träger, die sich vor allem aus den unverändert gebliebenen Vorschriften zum Satzungsrecht, zum Gremienbesetzungsrecht und zum Anspruch auf einen ausgeschütteten Gewinn ableite.Dies kann durchaus anders gesehen werden! Uns allen liegt ein Schreiben der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Landesverbände vom 22. 4. 2002 vor, in dem der Hinweis auf die „eigentümerähnliche Stellung“ der kommunalen Träger als interpretationsbedürftig bezeichnet wird. Schließlich sei es für die Zukunft nicht auszuschließen, dass die Sparkassen ganz oder teilweise privatisiert würden. Spätestens dann würde sich die Frage stellen, wem die Sparkassen eigentlich gehören. Deshalb sei es schon heute notwendig, deutlicher zu formulieren, wie es z.B. das Land Bayern in seinem Gesetzentwurf getan habe. Die kommunalen Landesverbände schlagen deshalb vor, § 2 folgendermaßen beginnen zu lassen: „Sparkassen sind selbständige kommunale Unternehmen mit der Aufgabe, ...“ und so weiter. Meines Erachtens ist mit der jetzigen Formulierung im Gesetzentwurf die bisherige„eigentümerähnliche Stellung“ der Kommunen geschwächt worden. So fürchterlich stark ist sie in den vergangenen Jahren ja auch nicht gewesen. Zwar obliegt das Besetzungsrecht des Verwaltungsrates immer noch den tragenden Kommunen, doch dessen Einwirkung auf den laufenden Geschäftsbetrieb ist begrenzt und kann vor allem nicht gegen den Willen des Vorstandes erfolgen. Und über den Hinweis auf den angeblichen Anspruch auf Gewinnausschüttung können Eingeweihte nur lachen: Nach wie vor steht dieser Anspruch nur als Kann-Vorschrift im Gesetz, und da die Sparkassen unter chronischem Mangel an Haftungskapital leiden, haben sich die Vorstände in den meisten Fällen erfolgreich den Ausschüttungswünschen ihrer Gewährträger widersetzen können.Nein, ohne Zweifel steht der neue „Träger“ nach dieser Novelle in einer schwächeren Beziehung zu seiner Sparkasse als der ehemalige Gewährträger. Nach meiner Meinung ist mit dieser Formulierung auch die Eigentümer-Frage bereits entschieden. Bei einer Privatisierung würden die Sparkassen darauf drängen können, dass sie sich selbst gehören. Die Preisfrage ist nur: Hat die Landesregierung bewusst bereits über dieses Problem entschieden und verschweigt sie diese Tatsache dem interessierten Publikum, oder hat sie es übersehen?Spätestens bei der sich schon abzeichnenden weiteren Novelle des Sparkassengesetzes im Frühjahr 2003 wenn es um die Zukunft der Landesbank geht, wird die Diskussion neu entflammen. In der heute vorliegenden Novelle werden lediglich, analog zu den Sparkassen, Gewährträgerhaftung und Anstaltslast aufgehoben.In der nächsten Novelle sollen die einzelnen Umstände der Fusion der Landesbank Schleswig-Holstein mit der Hamburger Landesbank in Gesetzesform gebracht werden. Dieses zukünftige Gesetz muss auch die beabsichtigte Umwandlung der fusionierten Landesbank in eine Aktiengesellschaft enthalten. Und spätestens dann wird man auch über die Umwandlung der Sparkassen in Aktiengesellschaften diskutieren müssen.Der Gesetzentwurf der FDP mit diesem Ziel liegt ja noch auf dem Tisch. In ihm werden übrigens die jetzigen Gewährträger als die Eigentümer zukünftiger Sparkassen- Aktiengesellschaften festgeschrieben. Ich frage die FDP: Gilt das auch für die neu formulierten Träger?Es ist notwendig, diesen Gesetzentwurf in Ruhe im Innen- und Rechtsausschuss gemeinsam mit dem Wirtschaftsausschuss und dem Finanzausschuss zu diskutieren. Zeit ist genug vorhanden. Die Behörden des Bundes und der Länder müssen die notwendigen rechtlichen Maßnahmen spätestens bis zum 31. Dezember verabschieden.Ich schlage vor, dass wir zu diesem Gesetz, das so grundlegende Weichen für die Zukunft stellt, eine Anhörung machen, wie es so üblich ist. Die Kernfrage ist: Wohin soll die Reise der Sparkassen gehen? Was dient ihnen am meisten? Wie können sie am ehesten im schärfer werdenden Wettbewerb bestehen? Was dient am besten der regionalen Versorgung des Mittelstandes mit Krediten? Wer soll in Zukunft Eigentümer sein?Auch in meiner Fraktion gibt es noch nicht auf alle diese Fragen endgültige Antworten. Dem einen oder anderen Parlamentarier mag es ähnlich gehen. Deshalb appelliere ich an die Regierungsfraktionen, der gründlichen Beratung zuzustimmen, damit später alle wissen, worüber wir wie abstimmen.