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29.04.02
11:02 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki: "Heide allein zu Haus"

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Dr. Christel Happach-Kasan, MdL Nr. 144/2002 Stellvertretende Vorsitzende Dr. Ekkehard Klug, MdL Kiel, Montag, 29. April 2002 Parlamentarischer Geschäftsführer Christel Aschmoneit-Lücke, MdL Sperrfrist: Redebeginn Joachim Behm , MdL Dr. Heiner Garg, MdL Es gilt das gesprochene Wort! Günther Hildebrand, MdL
Kieler Affäre/Sondersitzung Landtag/Einsetzung des 2. PUA



www.fdp-sh.de Wolfgang Kubicki: „Heide allein zu Haus“ In der heutigen Sondersitzung des Landtages zur Einsetzung des 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses sagte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:
„Der Schleswig-Holsteinische Landtag ist der Ministerpräsidentin bzw. dieser Landesregierung erneut zu außerordentlichem Dank verpflichtet, uns mit dem Innenleben der Regierung und den herzlichen persönlichen Beziehungen untereinander im Regierungsapparat beschäftigen zu müssen und nicht mit den wirklichen Problemen der Menschen dieses Landes. Aber die Bürgerinnen und Bürger Schleswig-Holsteins haben ein Anspruch darauf und wollen es auch wissen, von wem sie wirklich und vor allen Dingen wie sie regiert werden.
Dank der weitsichtigen Entscheidung der CDU-Fraktion dieses Hauses, erst heute den Einsetzungsbeschluss für den 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu fassen, sind wir in den vergangenen Wochen einer regelrechten Flut von Informationen ausgesetzt worden, wie Regierungsarbeit in Schleswig-Holstein unter Führung der Ministerpräsidentin Heide Simonis organisiert wurde und wird und welche tiefgreifende Bedeutung für die Fortentwicklung unseres Landes die Psychologie von Beziehungen einiger Weniger untereinander hat, die ja immerhin aus Steuermitteln bezahlt werden.
Um es vorweg zu sagen: Weder die Lohmann-Affäre, noch die Affäre Pröhl, die nach dessen Auffassung völlig zu Unrecht diesen Namen trägt und wohl eher die Geschichte „Heide allein zu Haus“ heißen sollte, sind Affären der SPD dieses Landes oder solche der SPD-Landtagsfraktion, obwohl ich schon der Auffassung bin, dass die Regierungsfraktion ihren parlamentarischen Kontrollauftrag durchaus hätte ernster nehmen können. Dies hätte möglicherweise Heide Simonis und unser Land davor bewahrt, bei der Aufklärung der Vorgänge um Pröhl und Gärtner bundesweit mit Spott und Häme überzogen zu werden.

Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 Beide Affären, so unterschiedlich sie im einzelnen sind, haben eine Gemeinsamkeit:
Es fehlt am Bewusstsein der Beteiligten, sich zumindest stillos verhalten zu haben. Und es fehlt am Bewusstsein der jeweiligen Dienstvorgesetzten oder Leitungsspitzen, in ihren notwendigen Kontrollfunktionen kläglich und vollständig versagt zu haben.
Es geht – obwohl es reizvoll wäre, auch die menschlichen Hintergründe aufzuhellen und persönliche Motivforschung zu betreiben – ausschließlich um Recht und Gesetz, den öffentlichen Dienst und die Art und Weise der Aufgabenerledigung. Wir sollten uns deshalb vor vorschnellen Urteilen hüten, zumal ein Untersuchungsausschuss kein Gremium ist, das Urteile fällt. Aber selbstverständlich ist das Parlament berufen, Feststellungen darüber zu treffen, ob der Organisationsablauf in Ministerien und Behörden unseres Landes dem entspricht, was wir uns unter einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung der öffentlich Bediensteten, der öffentlichen Verwaltung, vorstellen.
Für Herrn Dr. Lohmann, für Herrn Dr. Pröhl und für Herrn Brückner gilt die Unschuldsvermutung bis zu ihrer Verurteilung. Ihre strafrechtliche Verantwortung wird durch Gerichte geklärt, möglicherweise auch ihre dienstrechtliche. Aber die politische Verantwortung der entsprechenden Entscheidungsträger stellt in einer parlamentarischen Demokratie das Parlament fest. Dies werden wir feststellen, nachdem der Untersuchungsausschuss seine Arbeit erledigt haben wird.
Ich bin in den letzten Wochen immer wieder gefragt worden, ob Heide Simonis nicht zurücktreten sollte. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann nur sie selbst dies entscheiden.
Ich tue mich schwer mit einer Rücktrittsforderung an die Ministerpräsidentin, nicht weil ich nicht glaubte, dass allein die Vielzahl ihrer eigenen öffentlichen Äußerungen dies rechtfertigen würde, sondern weil ich glaube, dass sie sich verantworten sollte vor der Öffentlichkeit, vor den Wählerinnen und Wählern, die ihrerseits die Chance behalten müssen, durch ihre künftige Stimmabgabe deutlich zu machen, was sie von dieser Ministerpräsidentin und ihrer Politik halten.
Konnten die Menschen unseres Landes bisher noch die Vermutung hegen, sie würden nur schlecht regiert, werden sie durch den Untersuchungsausschuss und seine Feststellungen zu der Erkenntnis gelangen, dass in Schleswig-Holstein überhaupt nicht regiert, sondern nur die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen betrieben wird.
Das Problem des schlechten Ratings unseres Landes hat einen Namen: Heide Simonis.
In dem Bemühen, dem wirklichen Glanz des immer noch schmerzlich vermissten Björn Engholm für die SPD dieses Landes und das Land insgesamt eigene Highlights entgegenzusetzen, besser, schneller und kompetenter zu sein, hat Heide Simonis doch nur ein mittelprächtiges Feuerwerk abgefackelt, dessen Effekte schnell verglühten und nichts zurückließen außer Ruß, Staub und verbrannter Asche.
Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 Da ist zunächst der Verkauf der HDW-Anteile an die Preussag, wobei sie sich mündlich von Herrn Frenzel zusichern ließ, dass die Werkswohnungen nicht veräußert würden und falls doch, das Land am Erlös nachträglich beteiligt würde.
Als die Wohnungen schließlich veräußert wurden: Fehlanzeige fürs Land, da ein entsprechender Vertrag ja gerade nicht abgeschlossen worden war.
Da ist weiter der Verkauf der Provinzial an den Sparkassen- und Giroverband zu einem Schnäppchenpreis, so, als handele es sich hierbei um wertlosen Trödel. Zwar ist hier eine Beteiligungsklausel für den Fall der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft vorgesehen, jedoch derart unprofessionell vereinbart, dass das Land auch hierum wird hart ringen müssen.
Schließlich folgt die Veräußerung der Landesbankanteile an die Westdeutsche Landesbank, wiederum zu einem Schnäppchenpreis, wobei hier erstaunlicherweise auf eine Wertausgleichsklausel für den Fall der Umwandlung der Bank in eine Aktiengesellschaft verzichtet wurde. Diese Nachlässigkeit dürfte das Land so nebenbei 500 Mio. € kosten.
Nicht unerwähnt bleiben darf die Entbeamtungspolitik für die Lehrerinnen und Lehrer unseres Landes, aus heutiger Sicht geradezu grotesk, die das Land endgültig auch einen dreistelligen Millionenbetrag in Euro gekostet haben dürfte, ohne jeden positiven Effekt. Wenn Heide Simonis, die darauf ungeheuren Wert zu legen scheint, wenigstens von ihren Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Ländern in wahrhafter Anerkennung ihrer Sanierung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gelobt worden wäre. Aber nicht mal das.
Ein weiteres Highlight ist der LEG-Verkauf mit einem definitiven Verlust für das Land von mindestens 150 Mio. € für beide Tranchen, wobei ich gelernt habe, dass Verluste dieser Art in der Argumentation der Landesregierung strategische Investitionen heißen.
Schließlich erinnern wir uns an den Immobiliendeal, den wir gerade wieder rückgängig machen, die Einführung der KLR und eine besondere Form der public private partnership, die Schleswig-Holstein ganz weit nach vorne bringen sollte und uns nun eins der Probleme beschert, die der Untersuchungsausschuss abarbeiten muss.
Zur Affäre Lohmann/Möller haben wir bereits debattiert. Ich kann insofern Bezug nehmen auf meine Ausführungen in der 53. Sitzung am 20. Februar 2002, wobei mich doch interessieren würde, ob die Sozialdemokraten auch heute noch erklären würden, alle Sachverhalte seien aufgeklärt, dem Land sei kein Schaden entstanden und die SPD-Fraktion stehe geschlossen und einstimmig hinter Claus Möller. Dies ist deshalb wichtig, weil sich meine Fraktion nach wie vor fragt, weshalb bis heute keine Disziplinarverfahren gegen Mitarbeiter des Finanzministeriums eingeleitet wurden, die ihrerseits ohne Remonstration sehenden Auges die Verstöße gegen Haushalts- und Vergaberecht bei der Auftragserteilung an SAP/Debis hingenommen haben. Es gibt doch eine vergebenden Stelle im Finanzministerium, der alle Kriterien bekannt sind.
Was war mit den dortigen Mitarbeitern, dem Abteilungsleiter?
Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 4 Genauso wenig, wie wir – und da teile ich die Auffassung der Ministerpräsidentin – erwarten dürfen, dass Claus Möller alles selbst macht und die Vergabeakte allein führt, dürfen wir dies von Herrn Staatssekretär a.D. Dr. Lohmann annehmen.
Was muss in einem Ministerium los sein, in dem das halbe Haus sich mit der EDV gestützten Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung in die Landesverwaltung beschäftigt, aber niemand bei der Abwicklung des größten Investitionsprojektes der Nachkriegsgeschichte für die Landesverwaltung auf eine Einhaltung der gesetzlichen und administrativen Vorschriften achtet, zumindest aber auf eine ausreichende Dokumentation?
Spricht dies für die Mitarbeiter des Ministeriums? Spricht dies für die Kompetenz und Effektivität der Leitung des Hauses? Der SPD-Fraktionsvorsitzende Lothar Hay hat am 20. Februar 2002 hierzu erklärt, Claus Möller habe eingeräumt, dass es im Verfahren zu Fehlern gekommen sei, die für die Zukunft abgestellt werden würden. Wie, bitte schön, kann dies geschehen, außer durch eine Demission des verantwortlichen Ministers? Denn die Fehler, soweit es denn nur Fehler waren, hätten im Finanzministerium eigentlich gar nicht passieren dürfen und, hätte man Herrn Minister Möller noch Mitte des Jahres 2001 befragt, auch gar nicht passieren können.
Möglicherweise war aber das Vorbild für die abgrundtiefe Schlamperei und für angeblich mangelnde Information der Leitungsspitze die Staatskanzlei. Die Affäre Pröhl weist dabei Facetten auf, bei deren Betrachtung sich der geneigte Zuschauer nur noch kopfschüttelnd auf die Schenkel klatschen kann.
Neben den vielen kleinen Apercus möchte ich mich auf drei wesentliche Dinge konzentrieren, jedes für sich bereits Anlass genug zu zweifeln an der Handlungsfähigkeit der Ministerpräsidentin.
Zunächst wissen wir bis heute nicht genau, wer Pröhl eigentlich wie seit 1996 beaufsichtigt hat.
Er ist mit Wirkung vom 01.09.1996 an die Staatskanzlei versetzt worden, war zu keiner Zeit räumlich der Staatskanzlei zugeordnet, gleichwohl Mitarbeiter der Staatskanzlei, er hat keine originären Aufgabenbereiche der Staatskanzlei bearbeitet und war daher auch nicht im Organisations- und Geschäftsverteilungsplan der Staatskanzlei ausgewiesen, gleichwohl organisatorisch der Regierungspressestelle zugeordnet – so erfahren wir es von der Regierung in Drucksache 15/1796. Und die Regierung erläutert weiter, dass die Expo-Projektgruppe organisatorisch an die Investitionsbank angebunden wurde, das personelle Weisungsrecht allerdings bei der Staatskanzlei verblieb, so ebenfalls die Drucksache 15/1796. Der Regierungspressesprecher Hildenbrand hat dpa am 25.03.2002 hingegen erklärt, auch das Controlling sei nicht aus der Staatskanzlei gemacht worden, sondern aus der Investitionsbank. Und die Ministerpräsidentin hat im Hamburger Abendblatt am 30.03.2002 erklärt:
„Er saß nicht in der Staatskanzlei, sondern war zur I-Bank abgeordnet, hatte dort sein Büro. Die Bank hatte die Dienstaufsicht, genehmigte Urlaub und
Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 5 Reisen. Für seine Arbeit, die Fachaufsicht, war ein Lenkungsausschuss unter Herrn Gärtner zuständig.“
Der Aufgabenübertragungsvertrag zwischen LB und Land Schleswig-Holstein ist in gleicher Weise eindeutig zweideutig:
„Für die Dauer der Abordnung unterliegen die Beschäftigten der Weisungsbefugnis der Geschäftsleitung der Investitionsbank. Diese überträgt die fachliche Weisungsbefugnis auf den Lenkungsausschuss.“
Kein Wunder also, dass Herr Dr. Pröhl zum Satelliten-Satelliten mutieren konnte, da eigentlich keiner für ihn richtig zuständig war.
Dieser Mitarbeiter, von wem auch immer, fährt nun am 22.11.1999 zusammen mit Herrn Brückner - wie genau Herr Brückner ins Spiel gekommen ist, wissen wir noch nicht - ins arabische Katar, um dort den Bau einer Sport- und Rehaklinik voranzutreiben. Er unterschreibt in Doha „für die schleswig-holsteinische Landesregierung“ ohne Genehmigung der Staatskanzlei eine Absichtserklärung über die gemeinsame Errichtung einer Klinik. Das ist an sich schon verwunderlich, weil der Bau von Kliniken nicht zum originären Aufgabenbereich der Verwaltung des Landes Schleswig-Holstein gehört. Der Drucksache 15/1794 ist hierzu folgendes zu entnehmen:
„Zur Unterzeichnung dieser Absichtserklärung hatte Herr Dr. Pröhl weder einen Auftrag noch eine Erlaubnis der Landesregierung. Dr. Pröhl wurde nach Bekanntwerden vom damaligen Chef der Staatskanzlei darauf hingewiesen, dass er vor Unterzeichnung eine Genehmigung hätte einholen müssen.“
Die Ministerpräsidentin ließ sich in ihrem Report-Interview vom 05.04.2002 hierzu wie folgt ein:
„Das haben die akzeptiert (dass statt Gärtner Pröhl kommt), haben aber gesagt: Wenn der kommt, dann müsst ihr uns bitte sagen, dass er in Eurem Namen kommt und dass er auch mit Eurem Wissen dort ist, also dass er eine gewisse Verhandlungsposition hat, damit wir uns nicht mit irgend jemand unterhalten, der dann hinterher sagt: Weiß ich nicht, habe ich nie gedurft – oder ich das vielleicht sagen könnte“.
Unterstellen wir einmal, Herr Pröhl durfte nicht so handeln, wie er gehandelt hat: Was wäre für einen öffentlich Bediensteten die logische Konsequenz?
Wir erahnen es schon: Ein Disziplinarverfahren wegen Überschreitung der eingeräumten Befugnisse.
Was geschieht statt dessen: Der Chef der Staatskanzlei erläutert freundschaftlich, Herr Pröhl hätte doch vorher eine Genehmigung einholen müssen. Genehmigung? Hier wird das Wort bereits verräterisch, da es ja nicht um die Genehmigung einer Nebentätigkeit geht, sondern um eine Vollmachtserteilung. Er hätte also eine Vollmacht erhalten müssen, um entsprechend im Ausland auftreten zu können. Denn Herr Pröhl war ja offenkundig vollmachtloser Vertreter.
Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 6 Wie gesagt, wir reden über den öffentlichen Dienst. Die Tatsache, dass Herr Dr. Pröhl für diese Überschreitung seiner Vertretungsbefugnisse nicht zur Verantwortung gezogen wurde, ist der erste Punkt, der zum tieferen Nachdenken zwingt. Hier muss es bereits zu diesem frühen Zeitpunkt eine tiefere Interessenidentität zumindest zwischen dem Chef der Staatskanzlei, Herrn Brückner und Herrn Dr. Pröhl gegeben haben, von dem selbstverständlich die Ministerpräsidentin weder etwas wusste, noch ahnte, noch hätte vermuten können.
Mitte des Jahres 2000 schickt Herr Dr. Pröhl nach eigenen Angaben an die Staatskanzlei ein Schreiben, in dem er erklärt, dass er ein Angebot habe, nach Ablauf des Expo-Projektes in eine Hamburger Firmengruppe „einzusteigen“ und hierüber wolle er mit seinem Dienstherrn sprechen. Dieses Schreiben, so erklärt der Regierungspressesprecher, ist in der Staatskanzlei nie angekommen, jedenfalls nicht auffindbar. Gleichwohl, so wird der Pressesprecher der Landesregierung in den Lübecker Nachrichten vom 16.03.2002 zitiert, habe es Gespräche zwischen dem Personalreferenten und Herrn Dr. Pröhl über seine künftige Tätigkeit nach der Expo im Landesdienst oder aber auch in der Privatwirtschaft im Juli 2000 gegeben. Selbstverständlich sind – wir wissen es bereits -, weder die Ministerpräsidentin, noch der Chef der Staatskanzlei mit diesem Thema befasst worden.
Zwischenzeitlich, das heißt spätestens um die Jahreswende 2000/2001 und im ersten Halbjahr des Jahres 2001 erreichen die Landesregierung, das heißt sowohl die Staatskanzlei, als auch das Finanzministerium bzw. nachgeordnete Behörden eine Reihe von Schreiben, in denen für unterschiedliche Gesellschaften der Brückner-Gruppe Herr Dr. Pröhl bereits als Vorstandsmitglied auftaucht oder in den jeweiligen Anlagen benannt wird, ohne dass dies von irgendeinem Mitarbeiter in der Staatskanzlei, im Finanzministerium oder der GMSH zur Kenntnis oder zum Anlass genommen wird, dies näher zu hinterfragen.
Im März 2001 kommt es zu einer Begegnung mit der Ministerpräsidentin, deren Ablauf nunmehr auch die ordentlichen Gerichte beschäftigen wird.
Jedenfalls wird klar, dass Herr Brückner sich unter Beteiligung von Herrn Dr. Pröhl und zumindest mit Kenntnis des Chefs der Staatskanzlei um den Erwerb des Kieler Schlosses bewirbt, dessen Vergabe zugunsten der Brückner-Gruppe aus Gründen, die heute immer weniger nachvollziehbar erscheinen, durch das Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein geradezu betrieben wird, in dem andere Bewerber vertrieben werden.
Erstaunlich hieran ist, dass uns erst vor wenigen Tagen Herr Dr. Büchmann aus der Staatskanzlei hat wissen lassen, dass ihm nunmehr ein- und aufgefallen sei, dass er bereits am 05. Juli 2001 in dienstlicher Funktion von Herrn Dr. Pröhl Kenntnis darüber erhielt, dass dieser mit Herrn Brückner zusammenarbeite und jedenfalls aktuell oder potentiell in dessen Firmenkonglomerat als Vorstandsmitglied mitwirke oder mitzuwirken beabsichtige. Das war einen Tag nach dem Geburtstagsessen mit Heide Simonis, in dem es selbstverständlich in Anwesenheit der Ehepartner nur um die künftige Verwendung des Wikingerschiffes, nicht um die künftige Verwendung Pröhls ging.

Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 7 Es ist doch erstaunlich, dass für die Frage einer möglichen Nebentätigkeit und ihrer Genehmigung die Staatskanzlei mehr als sieben Monate benötigte, um eine Antwort zu finden.
Wir müssen glauben, dass in dieser Zeit weder der Chef der Staatskanzlei, noch die Ministerpräsidentin durch Herrn Dr. Büchmann informiert wurden. Ist das, Kolleginnen und Kollegen, nun für uns der Inbegriff ordnungsgemäßer Dienstausübung oder aber der Inbegriff einer schweren Dienstpflichtverletzung?
Es ist ja nicht so, dass bis zum 20. Februar 2002 zwischenzeitlich nichts passierte. Das Kabinett befasste sich mit der Veräußerung des Kieler Schlosses und befürwortete, so jedenfalls ließ sich der Staatssekretär Finanzen Döring öffentlich vernehmen, die Veräußerung des Kieler Schlosses an die Brückner-Gruppe. Im Holsteiner Courier, der in Neumünster herausgegeben wird, erschien am 13.10.2001 ein Artikel, in dem es u.a. heißt:
„Unklar bleibt weiterhin, wer als Käufer des Schlosses auftreten soll. „Es wird ein Fonds sein“, sagte Falk Brückner, Geschäftsführer der b&b gerRelations AG. Das Hamburger Unternehmen fungiert als Projektentwickler. Brückner und der designierte Mit-Geschäftsführer Karl Pröhl sind in Kiel keine Unbekannten. Brückner hatte in Kiel das umstrittene Erlebniszentrum Cap am Bahnhof gebaut und geriet damit in Finanzprobleme. Pröhl war zunächst Sprecher des Wirtschaftsministeriums und später Geschäftsführer der Schleswig-Holsteinischen Expo- Gesellschaft.“
Wir müssen glauben, dass diesen Artikel niemand gelesen hat, weder der Regierungspressesprecher, noch weitere Mitarbeiter der Pressestelle, noch Herr Staatssekretär Döring, der ja in Neumünster wohnt. Denn hätte irgend jemand diesen Artikel gelesen, es hätte doch sicher Nachfrage- und Aufklärungsbedarf bestanden mit der Folge, dass die Verhandlungen mit der Brückner-Gruppe abgebrochen worden wären. Oder war zum damaligen Zeitpunkt allen Beteiligten nicht nur alles klar, sondern auch bereits alles entschieden?
Mehr als ein Dutzendmal, so wissen wir bereits jetzt, ist Herr Dr. Pröhl im Zusammenhang mit dem Verkauf des Kieler Schlosses jedenfalls nicht für das Land Schleswig-Holstein aufgetreten – und wir müssen glauben, dass dies niemanden gewundert hat. Und es wundert mich auch nicht mehr, dass die Aussage von Staatssekretär Döring, er habe schließlich Herrn Brückner gebeten, Herrn Dr. Pröhl nicht mehr mitzubringen, die Regierungsfraktionen teilnahmslos lässt.
Die Ministerpräsidentin beharrt darauf, dass sie selbst vor dem 20.02.2002 von den Nebentätigkeiten des Herrn Dr. Pröhl nichts gewusst habe. Aber nachdem sie dies erfahren hatte, was hat sie veranlasst?
Was hat sie eigentlich veranlasst, nicht die weiteren Verhandlungen mit der Brückner-Gruppe zu stoppen? Noch am 28. Februar 2002 hat Herr Staatssekretär Döring dem Finanzausschuss in einem knapp 10-minütigen Vortrag dargelegt, dass und warum die Veräußerung des Kieler Schlosses ausschließlich an die Brückner-Gruppe im Interesse des Landes und der Stadt läge sowie
Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 8 überhaupt nötig sei, um sowohl einen angemessenen Erlös zu erzielen, als auch eine sinnvolle Nutzung zu gewährleisten.
Wir haben gelernt, dass man miteinander nicht mehr redet. Weder der Amtschef des Finanzministeriums mit dem Chef der Staatskanzlei, noch der Personalreferent bzw. der Abteilungsleiter mit dem Chef der Staatskanzlei und der Ministerpräsidentin, noch der Chef der Staatskanzlei mit der Ministerpräsidentin. Man muss auch miteinander nicht mehr reden. Wer alles weiß, hat keinen Gesprächsbedarf. Deshalb ist die Erklärung der Ministerpräsidentin im Hamburger Abendblatt vom 25.03.2002 nur folgerichtig, wenn sie sagt:
„Alles, was Klaus Gärtner wusste, weiß ich. Und umgekehrt.“
Wir leben also in einer „Wissensgesellschaft“. Und diese Gesellschaft ist „ehrenwert“.
Beide Affären sind eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses wert.
Denn zumindest das Controlling in dieser Regierung und durch diese Regierung hat eklatant versagt.
Wenn der Landesvorsitzende der SPD Franz Thönnes für seine Partei den ehemaligen Chef der Staatskanzlei auffordert „alles auf den Tisch zu legen“, damit die Ministerpräsidentin nicht weiter beschädigt werde, beleuchtet dies die Notwendigkeit weiterer Aufklärung. Und es müssen Mittel und Wege gefunden werden, von vornherein zu verhindern, dass sich potentielle Hochstapler und Betrüger im Zentrum des Regierungsapparates einnisten können.
Es ist die Aufgabe des Schleswig-Holsteinischen Landtages, der Öffentlichkeit zu verdeutlichen, dass jedermann, gleich in welcher Funktion, sich an Recht und Gesetz halten muss und dass die öffentliche Verwaltung, der Staat, seine Entscheidungen nicht willkürlich trifft. Günstlingswirtschaft und Nestwärme statt Sacharbeit und Flickschusterei in der Aufgabenstellung und Aufgabenerledigung dürfen nicht das bestimmende Merkmal schleswig-holsteinischer Landespolitik werden.
Ich habe meine Zweifel, ob die Ministerpräsidentin Heide Simonis aus diesen Affären „gestärkt“ hervorgehen wird, wie einige Sozialdemokraten und Grüne sich dies erträumen. Aber ich bin mir sicher, dass die parlamentarische Demokratie, dass das Vertrauen in die Funktionstüchtigkeit öffentlicher Verwaltung durch diesen Untersuchungsausschuss und seine Arbeit gestärkt werden wird.
In diesem Sinn stimmt die FDP-Landtagsfraktion den Anträgen von CDU und SPD zu. Wohl an zur Tat.“



Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/