Karl-Martin Hentschel zum Flughafen Kiel-Holtenau
Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 14 – Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau - Düsternbrooker Weg 70 24105 KielDazu sagt der Fraktionsvorsitzende Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 von Bündnis 90/Die Grünen, Telefax: 0431/988-1501 Karl-Martin Hentschel: Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.gruene-landtag-sh.de Nr. 085.02 / 21.03.2002Weder Pauschalreiseverkehr noch internationale DrehscheibeIch weiß, dass es die Opposition freut, wenn die beiden Regierungsparteien sich mal nicht einig sind. Ich finde aber, wir haben in den letzten zwei Jahren so gut zu- sammengearbeitet, dass das in Ordnung ist.Zum Glück sind sich die Oppositionsparteien ja auch mal wieder nicht einig. So hat sich der Fraktionsvorsitzende der FDP in Altenholz populistisch für ein Raumord- nungsverfahren ausgesprochen, sich dann aber in seiner Fraktion überstimmen lassen, damit er keinen Landtagsantrag dazu stellen muss.Und die CDU schickt auf alle Veranstaltungen zu diesem Thema die Abgeordneten Sylvia Eisenberg und Werner Kalinka, die zu den härtesten Gegnern dieses Projek- tes gehören. Aus dem schwarzen Zentrum hört man andere Töne.Auch in der KERN-Region hat die Stadt Kiel nicht alle überzeugen können. Beide Landkreise der Region – Plön und Rendsburg-Eckernförde – haben ein Raumord- nungsverfahren gefordert und sich gegen jeglichen Ausbau von Holtenau ausge- sprochen und der Kreistag Rendsburg-Eckernförde hat letzte Woche sogar be- schlossen: „Der Kreis [...] scheut bei Verletzung seiner Rechte keinen Rechtsstreit.“In dieser Lage möchte ich zunächst die Gemeinsamkeiten zwischen den Regie- rungsfraktionen betonen. Wir wollen alle einen lebensfähigen Flughafen für den Regionalverkehr in Kiel. Nur über die Art und Weise der Realisierung gibt es Diffe- renzen. Der Rat der Stadt Kiel hat beschlossen, dass für den Ausbau des Flughafens Kiel- Holtenau drei Ausbauvarianten geprüft werden sollen: Der Ausbau auf 1600 Meter, der Ausbau auf 1600 plus 300 Meter Overrun und der Ausbau auf 1800 plus 300 Meter Overrun. Weiterhin sollen unterschiedliche Ausbauvarianten der Straßen mit Tunnel und Umfahrung geprüft werden.Diese Zielsetzung des Ausbaus hat der Stadtrat Dr. Rethage ausführlich erläutert: „Sie können der Beschreibung des Luftfahrtreferats [...] entnehmen, wie sich die er- forderliche Start- und Landebahnlänge nach Greifen der JAR-OPS im Jahr 2004 entwickeln wird. [...] Sie werden sehr schnell erkennen, dass wir für die beiden Flugzeuge, die wir heute hauptsächlich im Linienverkehr einsetzen [...] die „ATR 42“ und „ATR 72“ [...] auf jeden Fall tätig werden müssen. [...] Wenn also nichts passiert [...] wird der Flughafen sukzessive Fluggastpotential verliegen, damit wird er dann an Attraktivität verlieren [...] und damit [...] an Bedeutungslosigkeit verlieren.“Im einem folgenden Redebeitrag sagt Herr Rethage dann: „Am liebsten wäre [...] mir, wenn Sie meiner Vorlage zustimmen würden mit der Variante 1800 Meter plus 300 Meter. [...] Ich akzeptiere allerdings [...], dass Sie sagen, wir haben noch zu- sätzlichen Untersuchungsbedarf. [...] wir wollen genau [...] untersucht wissen, was kostet der Tunnel, [...] reicht die 1600 Meter-Variante nicht doch mit und ohne Over- run. [...] Das sind mathematisch sechs technische Lösungen. [...] Wenn Sie jett den Auftrag geben, diese Lösungen zu untersuchen, dann muss die Ratsversammlung [...] sich für eine Lösung entscheiden, [...] muss [...] vor der Planfeststellung [...] nochmals Ratsbeschluss her.“Der Auftrag der Ratsversammlung Kiel lautet also, zu prüfen, welcher Ausbau des Flughafens nötig ist, damit der bestehende Turbopropverkehr für die kommenden zehn Jahre fortgesetzt werden kann. An keiner Stelle ist im Beschluss oder in den Redebeiträgen der Antragsteller von einem Ausbau des Flughafens für Regionaljets die Rede. Dagegen prüfen die zuletzt vorgelegten Gutachten nicht diese Frage, sondern sie prüfen, welcher Ausbau für die beiden Regionaljets CRJ 200 und EMB 145 erforderlich ist.Vor dem Hintergrund dieser Fakten muss ich feststellen, dass der Auftrag der Rats- versammlung Kiel durch die vorliegenden Gutachten nicht umgesetzt wurde. Er wurde sogar schlicht ignoriert.Ich verzichte jetzt auf eine ausführliche Diskussion der Horrorszenarien über den Zusammenbruch des Flugverkehrs. Dazu nur soviel: Ich war selbst in Sonderburg bei dem Vorsitzenden der Cimber-Air, und erhat mir versichert, dass die Cimber-Air weiter fliegen will, mit und ohne Ausbau der Landebahn. Er hat auch gesagt, dass ein kleiner Ausbau hilfreich wäre. Und er hat übereinstimmend mit den Recherchen der Bürgervereinigung erläutert, dass für Flugstrecken von unter 600 Meilen – also 1100 km, Turboprop-Maschinen erheblich wirtschaftlicher sind. Ich denke, wenn man angesichts der Finanzknappheit des Landes 50 Mio. Euro in die Hand nehmen will, dann sollte man doch zumindest alle Alternativen gründlich geprüft haben. Genau das ist aber nicht der Fall.Bemerkenswert ist auch, dass bis zum heutigen Tag kein Finanzierungskonzept vorliegt.Die Ratsversammlung in Kiel war von einer Förderung des Ausbaus des Flughafens mit einer 70-prozentigen Förderung, und von einer Finanzierung der Straßenverle- gung zu 100 Prozent durch den Bund ausgegangen. Auch diese Zahlen haben heu- te längst keinen Bestand mehr.Der Bund ist maximal bereit, eine Förderung von einem Drittel der Kosten für die Straße zu leisten, und das auch nur, wenn dieser die Kriterien des Bundesver- kehrswegeplans erfüllt. Genau das ist aber nicht der Fall. In den vorliegenden Gut- achten ist der volkswirtschaftliche Nutzen-Kosten-Quotient knapp über zwei, also weit unterhalb des Faktors drei bis vier, der üblicherweise die Förderwürdigkeit be- gründet. Wenn man die offensichtlichen Fehler dieses Gutachtens korrigiert, dann rutscht der Nutzen sogar unter eins – das heißt der Schaden durch die zusätzlich notwendigen längeren Fahrten wegen der Verlegung der B 503 ist größer als der volkswirtschaftliche Nutzen des Flughafens. Das heißt: Eine Förderung steht in den Sternen.Auch die Kosten geben viele Rätsel auf: Der Gutachter hat allein für den Ausbau des Flughafens ohne Straße Kosten von 36,4 Mio. Euro ausgerechnet. Das Ministe- rium hat in seiner Presse einfach die Zahlen ohne Mehrwertsteuer gewählt – also 31 Mio. Euro.Auch die Förderquote stimmt nicht. Denn es handelt sich bei dem Flughafen Kiel um eine lokales Projekt: Es gibt nur Fluggäste aus Kiel und einige wenige aus der Umgebung. Dafür beträgt die Förderquote aber nur 50 Prozent. Dazu kommt, dass Grunderwerb durch GA-Mittel nicht förderfähig ist.Vergessen wurde auch, dass der bisherige Flughafen immer noch der Bundeswehr gehört, und erst mal gekauft werden muss. Vermutlich weitere 3 Mio. Euro. Nach meinen Berechnungen auf Basis der vorliegenden Zahlen – die mögen sicher falsch sein, aber dann wäre ich gespannt auf die Richtigen - beträgt die Belastung der Stadt Kiel und der KFG das Doppelte bis Dreifache der Summe, von der in dem Ratsbeschluss ausgegangen wird.Dazu kommt, dass Land und Stadt die wachsenden Verluste des Flughafens zu tragen haben, die durch die zusätzlichen Kreditaufnahmen noch mal anwachsen. Dafür hat Dr. Rethage in seinem Vortrag vor dem Rat bereits damals zirka acht Mio. Euro zusätzlich vorgesehen. Als 55 Prozent-Eigentümer muss dann aber auch das Land diese Summe tragen, die sich nun aufgrund der neuen Zahlen noch mal deut- lich erhöhen wird. Und diese Gelder können nicht aus GA-Mitteln beglichen werden, sondern aus reinen Landesmitteln.Ich meine: Bevor wir so etwas beschließen, sollte die Notwendigkeit der Maßnahme dreimal nachgewiesen werden.In den Lübecker Nachrichten war zu lesen, dass die Ryan-Air bis zum Ende des Jahres 2002 innerdeutsche Linien aufbauen will, genannt sind Frankfurt, München und Stuttgart. Das ist die volle Konkurrenz zu Kiel, was sonst.Damit ist sind die bisherigen Prognosen Makulatur. Wenn wir erst eine Bahnanbin- dung zum Flughafen Lübeck in einer Stunde bzw. direkten Autobahn-Anschluss über die A21 und die A20 zum Flughafen Lübeck haben, dann werden die Billigflü- ge ab Lübeck eine ernste Konkurrenz werden, die bei den Planungen berücksichtigt werden müssen.Angesichts dieser Entwicklung scheint mir die Forderung der CDU nach einem Flughafenkonzept des Landes nicht mehr so abwegig.Ich glaube, Herr Minister Rohwer und Frau Ministerin Franzen, in dieser Lage wer- den wir um ein Raumordnungsverfahren kaum noch herum kommen. Zwar ist die- ses Verfahren nur eine Soll-Vorschrift, aber eine Soll-Vorschrift lässt nur gut be- gründete Ausnahmen zu. Hier ist es aber eher umgekehrt, Es gibt gute Gründe es durchzuführen, allein schon der Wunsch von zwei benachbarten Kreisen spricht da- für. Es gibt kaum Gründe, es nicht durchzuführen.Am 2. März erschien in den Altenholzer Nachrichten eine Anzeige, in der die Grü- nen aufgefordert werden, „ihre Schlüsselposition im Landeskabinett zur Verhinde- rung der Startbahnverlängerung zu nutzen.“ Unterschrieben ist diese Anzeige von Dr. Heinrich Terwitte, SPD, Jens Ruge, FDP und Dr. Harry Maatz, CDU.Ich bin selbstredend beglückt, dass Vertreter der drei stärksten Parteien ausge- rechnet den Grünen die Schlüsselstellung im Kabinett zuordnen und es nicht mal für nötig halten, sich an die anderen Parteien im Landtag oder zumindest an die SPD zu wenden. Für mich hat die Schlüsselstellung jedoch immer noch die Minis- terpräsidentin. Aber ich fühle mich durch das Vertrauen dieser Menschen natürlich geehrt.Heute ist nicht die Stunde der Entscheidung. Aber so viel kann ich für meine Person sagen: Ich werde mich dafür einsetzen, dass im Interesse der Stadt Kiel sowie der umliegenden Kreise und Gemeinden, im Interesse der BürgerInnen und der Wirt- schaft und vor allem im Interesse der SteuerzahlerInnen, die das alles bezahlen sollen, eine gute Entscheidung getroffen wird. ***